Handels- und Gesellschaftsrecht

Geltendmachung abgetretener Ansprüche durch eine von zwei Insolvenzverwaltern gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Aktenzeichen  262 C 8967/18

Datum:
17.10.2018
Fundstelle:
ZInsO – 2018, 2426
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 134, § 812 Abs. 1 S. 1, § 814

 

Leitsatz

Klagt eine von zwei Insolvenzverwaltern gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgetretene Ansprüche ein, welche die Insolvenzgläubiger beider Verfahren betreffen, hat die Gesellschaft differenziert dazu vorzutragen, inwieweit der eingeklagte Anspruch auf die jeweiligen Insolvenzgläubiger entfällt.  (Rn. 28 – 30 und 50 – 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 4.590,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 30.07.2018 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin und Widerbeklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.590,65 EUR festgesetzt.

Gründe

Es war ohne Veranlassung zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung aufgrund der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 5. und 9.10.2018 zu entscheiden weil nicht ersichtlich ist, weshalb die Beklagte nicht in der Lage gewesen sein sollte, den dort enthaltenen neuen Sachvortrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu erbringen.
Die Klage ist unzulässig, weil die konkreten Klagegegenstände nicht ersichtlich sind, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO.
Die Klagepartei macht angeblich auf sie übergegangene Ansprüche der Treuhänderin gegen die Beklagte aus deren Beteiligungen an zwei verschiedenen Schiffsfonds geltend.
Diese beiden Beteiligungen und die hieraus resultierenden gegenständlichen (indirekten) Ansprüche der jeweiligen Insolvenzgläubiger gegen die Beklagte stellen zwei selbständige Lebenssachverhalte dar.
Es wäre Aufgabe der Klagepartei gewesen, zwischen diesen beiden Sachverhalten wenigstens betragsmäßig zu differenzieren, also darzulegen, welche Beträge auf Forderungen der Gläubiger der … und welche auf Forderungen der … beruhen, worauf das Gericht hingewiesen hat.
Dies ist der Klagepartei nach Auskunft deren anwaltlicher Vertretung im Termin vom 22.8.2018 nicht möglich.
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass Gegenstand der Klage nicht die Ansprüche der Gläubiger der beiden Schiffsfonds direkt sind, sondern hieraus resultierende Ansprüche der Treuhänderin gegenüber der Beklagten.
Auch wenn man zu Gunsten der Klagepartei davon ausgeht, dass zwischen der Beklagten und der Treuhänderin für beide Beteiligungen ein einheitlicher Treuhandvertrag besteht, aus dem sich ein Anspruch der Treuhänderin auf Freistellung von Ansprüchen der Gläubiger der beiden insolventen Schiffsfonds ergeben soll, bewirkt dies nicht, dass es sich hierbei lediglich um unselbständige Rechnungspositionen eines einheitlichen Klagegegenstandes (Freistellungsanspruch der Treuhänderin) handelt.
Dies gilt umso mehr, als diese beiden Freistellungsansprüche dadurch, dass sie unterschiedlichen Vermögensmassen zustehen, unterschiedliche Verläufe genommen haben.
Die Klage daher schon aus diesem Grunde abzuweisen, ohne dass es auf deren Unbegründetheit ankäme, die sich aus den nachstehenden Ausführungen zur Widerklage ergibt.
Die Widerklage ist zulässig.
Die Widerbeklagte ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts prozess- und parteifähig.
Es mag dahinstehen, ob die beteiligten Insolvenzverwalter wirksame schriftliche Erklärungen zur Begründung einer BGB-Gesellschaft abgegeben haben.
Auch ist unerheblich, ob ein solcher Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig wäre, wie die Beklagte meint.
Die beteiligten Insolvenzverwalter haben sich jedenfalls durch die Erhebung der Klage formlos zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagte wirksam zu einer BGB-Gesellschaft verbunden, den geltend gemachte Betrag im Lauf des Rechtsstreits erhalten und müssen sich daher jedenfalls im Passivprozess als wirksam errichtete GbR behandeln lassen.
Die Widerklage ist auch begründet.
Die Beklagte und Widerklägerin kann von der Klägerin und Widerbeklagten Rückzahlung der an sie geleisteten EUR 4.590,65 aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (Leistungskondition) verlangen.
Die Zahlung der Beklagten an die klägerischen Anwälte ist angesichts des Umstandes, dass diese als Reaktion auf die von der Klagepartei erhobene Klage erfolgte, als Zahlung an die Klagepartei anzusehen.
Diese Zahlung ist unter Berücksichtigung des Vermerks auf der Überweisung und des Schreibens der Beklagten vom 31.01.2018 als Leistung der Beklagten mit Erfüllungswirkung anzusehen.
Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, von einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorerst absehen zu wollen. Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagte durch ihren Vorbehalt lediglich die Wirkung des § 814 BGB ausschließen wollte.
An dieser Auslegung ändert auch nichts, dass die Beklagte sich in der Folgezeit doch entschlossen hat, den Rechtsstreit fortzuführen. Dies gilt urnso mehr, als sie die innerhalb der vom Amtsgericht Hamburg durch Beschluss vom 28.02.2018 gesetzten Frist zu einer klarstellenden Äußerung über den erklärten Vorbehalt keine Erklärung abgegeben hat.
Damit ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte und Widerklägerin nicht auch vorbehalten hat, dass die Empfängerin der Zahlung weiterhin die Beweislast für die Berechtigung ihrer Forderungen hat.
Es ist daher Aufgabe der Klägerin und Widerbeklagten, das Bestehen ihres Anspruchs schlüssig darzulegen. Dessen Nichtbestehen hat die Beklagte und Widerklägerin zu beweisen, worauf das Gericht hingewiesen hat.
Der mit der Klage geltend gemachte und von der Beklagten und Widerklägerin bezahlte Anspruch besteht nicht, weshalb die Zahlung rechtsgrundlos erfolgte.
Obwohl die Beklagte und Widerklägerin nicht müde wurde, immer wieder auf die Unsubstantiiertheit der Klage, insbesondere darauf hinzuweisen, dass es Aufgabe der Klägerin und Widerbeklagten sei, zwischen den Ansprüchen der Gläubiger der beiden insolventen Schiffsfonds zu differenzieren, erfolgte dies nicht.
Obwohl die Beklagtenseite ausdrücklich darauf hinwies, dass die beiden beteiligten Insolvenzverwalter zwischen den Forderungen der beiden Schiffsfonds zu differenzieren hätten, erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin und Widerbeklagten im Termin vom 22.08.2018 ausdrücklich, eine derartige Differenzierung sei ihm nicht möglich.
Bereits aus diesem Grunde ist der klägerische Sachvortrag für die Beklagte inhaltlich nicht einlassungsfähig.
Da der Widerklage schon aus diesem Grund stattzugeben war, mag dahinstehen, ob die angeblichen Ansprüche der Treuhänderin wirksam an die Klagepartei abgetreten wurden, woran erhebliche Bedenken bestehen.
Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
Streitwert: § 3 ZPO i.V.m. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.


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