Handels- und Gesellschaftsrecht

Honoraranspruch bei Baubetreuungs- und Bauleitungsvertrag

Aktenzeichen  11 O 383/18 Bau

Datum:
10.10.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50208
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 611 Abs. 1, § 631 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Vereinbaren die Parteien eines Baubetreuungsvertrags, dass der Baubetreuer für seine Tätigkeit ein Pauschalhonorar von 10 Prozent der tatsächlichen entstandenen Baukosten erhält, so kann der Auftraggeber dem Honoraranspruch des Baubetreuers Mängel der Bauleistungen der Bauunternehmer nicht anspruchsmindernd entgegenhalten. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verletzt der Baubetreuer seine Pflichten zur Bauleitung und Baubetreuung führt dies nicht zu einer direkten Minderung des Honoraranspruchs des Baubetreuers, weil auch eine mangelhafte Dienstleistung zur Bezahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet. Vielmehr muss der Auftraggeber etwaige Schadensersatzansprüche wegen dieser Pflichtverletzungen selbstständig oder im Wege der Aufrechnung geltend machen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag von 39.435,38 € nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.06.2018 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
I. Grundlage des vorliegend zu beurteilenden Rechtsverhältnisses ist der als Anl. K1 vorgelegte und am 24.07.2018 von beiden Parteien unterzeichnete Bauvertrag.
1. Nach diesem Vertrag wurden der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Bauleitung zur Erstellung der Gewerbehalle mit Büroräumen übertragen und unter Einbeziehung der VOB die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragspartner festgelegt.
Für die streitgegenständliche Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob die Einbeziehung der VOB wirksam erfolgt ist oder nicht. Die hier relevante Honorarvereinbarung ist allein auf Grundlage der Vertragsbedingungen unter § 3 und § 4 zu würdigen.
2. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die Abwicklung des Bauvorhabens tatsächlich nicht so „gelebt“ worden sei, wie es den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, ist dies unbeachtlich. Wenn die Abwicklung des Bauvorhabens tatsächlich vom zugrunde liegenden Vertrag abgewichen haben sollte, wäre dies ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Pflichtverletzungen von Relevanz, solange in der tatsächlichen Abweichung nicht eine einvernehmliche Vertragsänderung zum Ausdruck gekommen wäre. Hierfür liegt jedoch kein ausreichender Sachvortrag des beweisbelasteten Beklagten vor.
3. Die Beklagte beruft sich im nachgereichten Schriftsatz vom 01.10.2018 ohne Erfolg auf das AGB-Recht des BGB. Das Gericht hat die im mündlichen Termin angedeutete Rechtsauffassung, dass es sich um einen Verbrauchervertrag handeln könnte, nochmals überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte bei Vertragsschluss nicht als Verbraucher aufgetreten ist. Dagegen spricht die Tatsache, dass es sich beim Bauvertrag um die Errichtung einer Gewerbehalle mit Büroräumen handelte, die der Beklagte für seine berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der … GmbH nutzt.
II. Die Klägerin fordert mit Rechnungsnummer … berechtigt einen Betrag i.H.v. 12.691,26 € brutto. Dieser Rechnungsbetrag ergibt sich aus der Differenz der Zahlungen der Klägerin an die Firma … GmbH auf Grund der Schlussrechnung vom 02.08.2017 abzüglich bereits geleisteter Abschlagszahlungen des Beklagten.
Die Berechnung des Differenzbetrages ist unstreitig.
Anspruchsgrundlage für diese Forderung ist § 3 des Bauvertrages vom 24.02.2017. Der Beklagte ist nach dieser insoweit eindeutigen Klausel verpflichtet, der Klägerin die von ihr verauslagten Kosten für Handwerkerleistung zuzüglich eines Aufschlages von 10 % zu erstatten. Zahlungen an die Firma … gemäß Schlussrechnung vom 02.08.2017 i.H.v. 163.900,22 € sind unstreitig.
III. Die Klägerin fordert mit Rechnungsnummer … ebenfalls berechtigt einen weiteren Betrag i.H.v. 26.744,12 €.
1. Dieser Forderung ist i.H.v. 19.504,12 € als Honorar für die Bauleitung begründet. Die Parteien haben unter § 4 des Bauvertrags vom 24.02.2017 die Vereinbarung getroffen, dass die Klägerin für ihre Leistungen im Rahmen der Bauleitung ein Pauschalhonorar i.H.v. 10 % aus der Bausumme erhält.
Die Klägerin stützt diesen Teilbetrag auf die Bauleistungen, die tatsächlich über sie abgewickelt worden sind und geht insoweit berechtigt von einem Betrag in Höhe von 163.900,22 € aus. Dieser Betrag ist durch Schlussrechnung der Firma … GmbH vom 02.08.2017, in der diese die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben erbrachten Leistungen abgerechnet hat, nachgewiesen im Übrigen aber auch unstreitig.
Soweit der Beklagte Mängel und Abrechnungsfehler der Firma … GmbH bestreitet, ist dies für das hiesige Verfahren unbeachtlich, weil die Berechnung der Honorarforderung sich ausschließlich nach den entstandenen Kosten richtet. Das war laut Bauvertrag auch nicht anders gewollt, weil nach § 7 des Bauvertrags Gewährleistungsansprüche gegen die beauftragten Handwerker an den Beklagten abgetreten wurden und dieser diese Ansprüche deshalb in eigenem Namen gegen die betroffenen Handwerker (hier die Firma … GmbH) geltend machen kann.
Soweit die Beklagtenvertreterin im Termin darauf hingewiesen hat, dass es insoweit um formale Probleme bei der Geltendmachung der Ansprüche gegen die Firma … GmbH gegeben hat, ändert dies an der grundsätzlichen Vorgabe des Bauvertrags nichts. Soweit Mitwirkungshandlungen der Klägerin bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die Firma … erforderlich sind, hat sich diese jedenfalls nach Erklärung im Termin hiergegen nicht gesträubt und wird entsprechenden Aufforderungen auch nachkommen. Gegebenenfalls könnte die Mitwirkung auch gerichtlich eingefordert werden.
Im direkten Rechtsverhältnis der Parteien reduzieren deshalb selbst berechtigte Mängeleinreden die Honorarforderung nicht.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Bezahlung des weiteren Teilbetrags i.H.v. 7240 € ist ebenfalls nach § 4 des Bauvertrags vom 24.02.2017 begründet. Dieser Teilbetrag bezieht sich auf Bauleistungen, die die Klägerin nicht erbracht hat, aber im ursprünglichen Bauvolumen enthalten waren. Die Klägerin beruft sich insoweit auf ein erstelltes Angebot über weitere Bauleistungen der Firma … i.H.v. 72.399,98 € und macht hieraus das Bauleitungshonorar i.H.v. 10 % geltend. Das Angebot der Firma … wurde nicht bestritten.
Der Beklagte schuldet diesen Honoraranteil unabhängig davon, dass die zu Grunde liegenden Bauleistungen nicht über die Klägerin abgewickelt worden sind. Die Honorarvereinbarung gemäß § 4 des Bauvertrags vom 24.02.2017 nimmt als Grundlage für die Honorarpauschale die Bausumme, die den Gesamtbetrag der anfallenden Kosten für das Bauvorhaben erfasst.
Dem steht nicht entgegen, dass § 4 Satz 2, 2. Halbsatz auf 10 % der entstehenden Baukosten verweist. Dies hebt die Vereinbarung im 1. Halbsatz nicht auf sondern stellt lediglich klar, dass nicht die kalkulierte Bausumme sondern die tatsächlich entstehenden Baukosten maßgeblich sind. Honorarpflichtig sind daher auch Baukosten, die nicht über die Klägerin direkt abgewickelt worden sind.
Die Höhe der weiteren Baukosten hat die Klägerin mit dem Kostenangebot der Firma … ausreichend nachgewiesen. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass die tatsächlichen Baukosten niedriger waren.
IV. Soweit der Beklagte behaupten lässt, dass die Klägerin ihre Pflichten zur Bauleitung und Baubetreuung nach § 2 des Bauvertrags verletzt habe, ist dies nicht entscheidungserheblich weil eventuell hieraus resultierende Gegenforderungen nicht konkret dargelegt und insbesondere nicht aufrechnend oder widerklagend zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind. Die behaupteten Mängel führen dagegen nicht zu einer direkten Minderung des Honoraranspruchs weil auch eine mangelhafte Dienstleistung zur Bezahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet.
Selbst wenn die Firma … daher eine überhöhte Kiesmenge berechnet haben sollte, wäre dies allenfalls ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Pflichtverletzung begründen. Ebenso wenn die Klägerin durch vorbehaltlose Zahlung der Schlussrechnung Gewährleistungsansprüche zunichte gemacht hätte. Soweit der Beklagte im nachgereichten Schriftsatz vom 01.10.2018 die Höhe eines solchen Schadensersatzanspruches auf mindestens 40.000 € beziffert fehlt es auch weiterhin an einer Aufrechnungserklärung.
V. Die Klage war insoweit unbegründet, als Zinsen bereits seit 08.12.2017 gefordert wurden. Die Klägerin hat ihre Forderung dem Beklagten persönlich erst im laufenden Verfahren mit Rechnung vom 18.05.2018 mit Zahlungsziel von 8 Tagen in Rechnung gestellt. Verzug ist deshalb nach § 286 III S. 1 BGB erst zum 17.06.2018 eingetreten.
VI. Nachdem der Beklagte erst im Juni 2018 in Verzug geraten ist, besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Bezahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
VII. Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 I, 709 ZPO.


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