Handels- und Gesellschaftsrecht

Insolvenzverwalter, Insolvenzverfahren, Berufung, Mietvertrag, Vertrag, Kaufvertrag, Wirksamkeit, Frist, Arbeit, Feststellung, Lageplan, Anlage, Photovoltaikanlage, Vermietung, Wirksamkeit des Vertrages, keinen Erfolg, Zahlung des Kaufpreises

Aktenzeichen  1 U 122/19

Datum:
5.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48604
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

71 O 1050/18 Ins 2019-04-01 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 01.04.2019, Az. 71 O 1050/18 Ins, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Würzburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über das Eigentum an Photovoltaikmodulen und deren Unterkonstruktion samt Zubehör.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der A. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin).
Auf einer im Dritteigentum stehenden landwirtschaftlichen Fläche in der Gemarkung M. wurde – wie dem Senat aus dem unter dem Aktenzeichen 1 U 88/19 bereits entschiedenen, gleichgelagerten Fall bekannt ist – im Jahr 2009 eine Photovoltaikanlage bestehend aus 5.000 Photovoltaikmodulen des Typs V. errichtet. An dieser Anlage hatte die Schuldnerin Eigentum mit Vertrag vom 11.11.2010 erworben.
Die Schuldnerin verkaufte die gesamte Anlage an insgesamt 65 Käufer, die jeweils lt. Vertrag Alleineigentum an einer bestimmten Anzahl von PV-Modulen und Miteigentum an der übrigen Konstruktion erhalten sollten.
Der Beklagte bestellte am 25.02.2011 mit „Angebot/Bestellung zur Lieferung einer Photovoltaikanlage“ bei der Schuldnerin die Anlage 1xx laut Belegungsplan, 20 Solarmodule des o.g. Typs sowie die Unterkonstruktion zum Bruttopreis von 18.762,50 €. Am selben Tag unterzeichnete der Beklagte auch einen Vertrag über den Erwerb und die Errichtung der Photovoltaikanlage, wonach er das Alleineigentum an 20 Modulen sowie Miteigentum an der Unterkonstruktion erhalten sollte. Dieser Vertrag wurde von der Schuldnerin am 25.03.2011 unterzeichnet.
In § 1 Ziffer 3 des Vertrages wurde vereinbart:
„Zum Schutz des Käufers steht der Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Verkäufers mit Rang vor etwaigen Belastungen in Abteilung III des Grundbuchs erfolgt und die Abteilung II, soweit sie den Vertragszweck gefährden, um die Befugnis zur Nutzung der Freiflächen des Grundstücks grundbuchmäßig abzusichern. Die Bewilligung hierzu wurde vom Grundstückseigentümer notariell erteilt.“
Weiter enthielt der Vertrag in § 8 „Eigentumsvorbehalt“ folgenden Text:
„Die zu errichtende Photovoltaikanlage einschließlich der Zubehörteile bleibt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises im Eigentum des Verkäufers. Nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises geht das Eigentum und Miteigentum der Anlage (Vorb. Ziff. 2 und § 1 Abs. 1) auf den Käufer über, worüber sich die Parteien einig sind. Die Übergabe gilt als erfolgt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kaufpreis vollständig bezahlt ist.“
Nach § 13 des Kaufvertrages enthält der Vertrag mehrere Anlagen, so auch die Anlage 1
„Lageplan des Grundstücks und der Freilandfläche.“
Wegen weiterer Einzelheiten des Vertragsinhaltes wird auf den Vertragstext verwiesen.
Gleichfalls am 25.02.2011 unterzeichnete der Beklagte einen Vertrag zur Vermietung der Anlage an eine hundertprozentige Tochter der Schuldnerin, die A. S. GmbH, die diesen Vertrag am 25.03.2011 gegenzeichnete. Der Vertrag enthält auf den Seiten 4 – 6 einen Lageplan, der ebenfalls bezeichnet ist mit „Lageplan des Grundstücks und der Freifläche“. Im Mietvertrag ist die „Nummer laut Belegungsplan: 1xx“ genannt.
In der Folgezeit wurden von der A. S. GmbH regelmäßig als „Mietzahlung“ deklarierte Zahlungen an den Beklagten geleistet.
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 01.03.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger beabsichtigt, die gesamte Anlage zugunsten der Insolvenzmasse zu verkaufen. Da der Beklagte dem nicht zustimmte und vorrangige Rechte geltend macht, begehrt der Kläger Feststellung, dass der Beklagte nicht Eigentümer der PV-Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion samt Zubehör (geworden) ist.
Erstinstanzlich hat der Kläger hat geltend gemacht, die Regelung über den Eigentumsübergang sei rechtlich unmöglich. Bei den Modulen handele es sich um wesentliche Bestandteile einer Sache der gesamten Solaranlage, sodass gemäß § 93 BGB kein Sonderrecht an den Modulen habe entstehen können. Unter Beweisantritt durch Sachverständigengutachten hat er behauptet, eine Entnahme einzelner Module erfordere eine komplette Neukonzeption der Anlage und die entfernten Teile könnten nicht wirtschaftlich weiter betrieben werden.
Die Module seien außerdem bei Übereignung nicht hinreichend bestimmt worden. Bei Vertragsschluss habe kein Lageplan vorgelegen und die mittlerweile vorgelegten Pläne seien unzureichend, da auf diesen die Nummern nicht erkennbar gewesen seien. Zudem enthalte der Vertrag unter § 1 Nr. 3 eine aufschiebende Bedingung, nämlich die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Schuldnerin, die aber nicht eingetreten sei.
Der Wirksamkeit des Vertrages stünden auch die gesetzlichen Verbote der §§ 305, 305a, 316b StGB entgegen, sodass er gemäß § 134 BGB nichtig sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1.Es wird festgestellt, dass der Beklagte aufgrund des Vertrages 13xx zwischen dem Beklagten und der A. GmbH, … vom 25.02.2011/25.03.2011 nicht Eigentümer vom Photovoltaikmodulen geworden ist, insbesondere nicht von 20 Stück Photovoltaikmodulen V..
2.Es wird festgestellt, der Beklagte aufgrund des Vertrages 13xx zwischen dem Beklagten und der A. GmbH, … vom 25.02.2011/25.03.2011 nicht Eigentümer von der Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage inklusive Zubehör geworden ist.
Der Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.
Er ist der Ansicht, rechtswirksam Eigentum erworben zu haben. Bei den Solarmodulen handele es sich allenfalls um Scheinbestandteile und die Bedingungsklausel im Kaufvertrag sei gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Bei Vertragsschluss habe ihm ein Lageplan vorgelegen, in dem die von ihm erworbenen Module unter Nummer 1xx auch eingetragen und zu ersehen gewesen seien.
Das Landgericht hat nach informatorischer Anhörung des Beklagten und Vernehmung der Zeugin R. die Klage mit Endurteil vom 01.04.2019 abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte mit Vertrag vom 25.02.2011/25.03.2011 Alleineigentümer der streitgegenständlichen Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion geworden sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils verwiesen.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 11.04.2019 zugestellte Urteil am 24.04.2019 Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt, die er am 08.07.2019 innerhalb verlängerter Frist begründet und zu der er mit Schriftsätzen vom 10.10.2019 sowie vom 05.02.2019 weiteres vorgetragen hat.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich begehrten Feststellungen weiter mit folgender Begründung:
1. Die streitgegenständlichen Objekte seien als wesentliche Bestandteile des Solarkraftwerkes im Sinne des § 93 BGB nicht sonderrechtsfähig.
Das Solarkraftwerk verliere nach technischwirtschaftlichem Standpunkt seinen Wert und werde – ebenso wie die jeweiligen Module – durch die Trennung nachhaltig zerstört. Die Kosten der Trennung seien unverhältnismäßig. Das Gericht habe ohne dahingehende Sachkunde und ohne Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens unzutreffend festgestellt, dass die einzelnen Photovoltaik-Module nach ihrem Ausbau weiter hätten verwendet werden können.
2. Entsprechend der vom Oberlandesgericht Karlsruhe im Urteil vom 24.01.2020 (Az: 1 U 175/18) vertretenen Rechtsauffassung komme es auf § 93 BGB nicht an, da die gegenständliche Solaranlage als größeres Bauwerk und damit selbst als Gebäude im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB anzusehen sei. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 27.03.2015, V ZR 216/13) gehörten zum Gebäudebegriff des § 94 Abs. 2 BGB nicht nur Gebäude im baurechtlichen Sinn, sondern auch größere Bauwerke. Als Bauwerk im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB sei eine durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache und somit auch die gegenständliche Solaranlage anzusehen. Weiter habe der BGH in seinen Entscheidungen vom 02.06.2016 (AZ: VII ZR 348/13 Rdnr. 28 ff.) und vom 07.12.2017 (Az. VII ZR 101/14) auch unmittelbar mit dem Erdboden verbundene Solaranlagen im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht als Bauwerke angesehen. Entsprechend sei auch die streitgegenständliche Photovoltaikanlage als Gebäude i.S.d. § 94 BGB zu qualifizieren mit der Folge, dass die zum dauerhaften Betrieb der Solaranlage auf der Unterkonstruktion montierten und verkabelten Solarmodule ebenso wie die Unterkonstruktion keine Scheinbestandteile gemäß § 95 BGB sondern wesentliche Bestandteile der Solaranlage seien.
3. Rechtsfehlerhaft habe das Erstgericht einen Eigentumsübergang nach § 930 BGB angenommen. Der zu übereignende Gegenstand sei im Hinblick auf die dingliche Einigung und das Besitzkonstitut in den maßgeblichen Unterlagen (Vertrag, Pläne) sachenrechtlich nicht hinreichend bestimmt gewesen und die Beweiswürdigung des Erstgerichts sei in diesem Zusammenhang fehlerhaft gewesen.
4. Das Erstgericht habe weiterhin rechtsfehlerhaft angenommen, die dingliche Einigung des Vertrages sei aufschiebend bedingt gewesen.
5. Das Landgericht habe außerdem verkannt, dass die Unterkonstruktion auf keinen Fall identifizierbar sei, ohne dass ein Sachverständiger die Verkabelung und Schaltung exakt prüfe.
Der Kläger beantragt,
Unter Abänderung des angegriffenen Urteils wird festgestellt,
1. dass der Beklagte aufgrund des Vertrages 13xx zwischen dem Beklagten und der A. GmbH, … vom 25.02./25.03.2011 – 25.03.2011 nicht Eigentümer von Photovoltaikmodulen geworden ist, insbesondere nicht von 20 Stück Photovoltaikmodulen V.
2. dass der Beklagte aufgrund des Vertrages 13xx zwischen dem Beklagten und der A. GmbH, … vom 25.02.2011/25.03.2011 nicht Eigentümer der Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage inklusive Zubehör geworden ist.
Der Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags und Bestätigung der erstinstanzlichen Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien samt beigefügter Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Eigentumserwerbs des Beklagten an den streitgegenständlichen Modulen und der Unterkonstruktion gemäß §§ 929, 930 BGB zu Recht bejaht.
1. Es ist im Ausgangspunkt unstreitig, dass die Schuldnerin Eigentümerin der Photovoltaikanlage und damit auch der Module und der Unterkonstruktion gewesen ist.
Die Module und die Unterkonstruktion sind nicht wesentliche Bestandteile des nicht im Eigentum der Schuldnerin stehenden Grundstücks geworden, auf dem die Photovoltaikanlage errichtet worden ist (§ 94 Abs. 1 BGB). Denn die Photovoltaikanlage ist bei ihrer Errichtung nur für einen vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden und soll nach Ablauf der Nutzungsdauer wieder abgebaut werden (vgl. Anl. K2). Es handelt sich deshalb um einen Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 07.04.2017, V ZR 52/16, Tz. 6 ff. – zitiert – wie auch sämtliche Entscheidungen im Folgenden – nach juris).
2. Die Module und die Unterkonstruktion sind aber auch nicht wesentliche Bestandteile der errichteten Photovoltaikanlage geworden (§ 93 BGB), sodass sie sonderrechtsfähig geblieben sind und an den Beklagten übereignet werden konnten.
Zwar sind die Module und die Unterkonstruktion Bestandteile der Photovoltaikanlage, jedoch keine wesentlichen.
a) Der Anlagenbegriff des EEG hat für die sachenrechtliche Beurteilung keine Relevanz. Maßgeblich ist vielmehr § 93 BGB.
Der Senat teilt nicht die vom Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des OLG Karlsruhe vom 24.01.2020 (Az: 1 U 175/18) vertretene Rechtsauffassung, dass es sich bei der freistehenden Solaranlage um ein Gebäude im Sinne des § 94 BGB handelt, zu dessen Herstellung und Errichtung sowohl die Photovoltaikmodule als auch dessen Unterkonstruktion eingefügt worden und diese somit – unabhängig vom Maßstab des § 93 BGB – als wesentliche und damit nicht sonderrechtsfähige Bestandteile der Solaranlage gemäß § 94 Abs. 2 BGB zu qualifizieren sind.
aa) Zwar ist dem Oberlandesgericht Karlsruhe zunächst darin zu folgen, dass der Begriff des Gebäudes in § 94 BGB nicht nur den Gebäudebegriff des Bauordnungsrechtes und damit nur Bauwerke umfasst, die durch räumliche Umfriedung Schutz gewähren und den Eintritt von Menschen gestatten, sondern auch andere größere Bauwerke, weil sich sonst die Zielsetzung der Vorschrift, wirtschaftliche Werte zu erhalten und für rechtssichere Vermögensordnung zu sorgen, nicht erreichen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2015, V ZR 216/13). Entsprechend fallen nach h. M. neben Häusern z.B. auch Mauern und Brücken, Tiefgaragen und auch Rohbauten darunter. Der Begriff des Bauwerkes i. S. des § 94 setzt jedoch auch etwas mit Baustoffen „Gebautes“ voraus, sodass z. b. eine Straßenlaterne nicht unter den Bauwerksbegriff des § 94 BGB fällt (vgl. Staudinger, Stieper, (2017) BGB § 94, Rdnr. 23 m.w.N.). bb) Entgegen der vom Oberlandesgericht Karlsruhe seiner Emtscheidung zugrunde gelegten Definition des Gebäudebegriffs ist als Bauwerk/Gebäude i.S.d. § 94 BGB nicht jede „durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache“ anzusehen.
Zum einen unterschiede sich damit der Gebäudebegriff, der gemäß § 94 Abs. 1 BGB einen Sonder- bzw. Unterfall der dort gleichfalls beschriebenen „Sachen“ betrifft, nicht mehr von diesen, mit der Folge, dass sich die in § 94 Abs. 2 BGB ausdrücklich nur für „Gebäude“ geltende Sonderregelung zu den „wesentlicher Bestandteilen“ auf alle in § 94 Abs. 1 BGB genannten „Sachen“ erstrecken würde, was offensichtlich nicht dem Regelungsgehalt dieser Vorschrift entspricht.
Zum anderen vermag auch der Verweis auf die im Rahmen gewährleistungsrechtlicher Fragen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bauwerksbegriff in den o.g. Entscheidungen nicht die Feststellung begründen, dass auch die gegenständliche freistehende Solaranlage als Bauwerk/Gebäude i. S. des § 94 BGB anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits in seiner Entscheidung vom 03.12.1998 (Az: VII ZR 109/97) ausdrücklich festgestellt, dass im Hinblick auf den unterschiedlichen Regelungszweck sachenrechtlicher Bestimmungen (§§ 93 ff. BGB) und gewährleistungsrechtlicher Regelungen (§ 638 Abs. 1 S.1, 3. Fall a.F. BGB) der Begriff des Bauwerks im Sinne von § 638 Abs. 1 S.1, 3. Fall a.F. BGB) nicht identisch sondern weiter als der in den §§ 93 ff. BGB verwendete Begriff des Gebäudes ist, weshalb in einem gewährleistungsrechtlichen Zusammenhang auch ein abbaubarer Stahlturm, eine abbaubare Förderanlage des Bergbaus und eine abbaubare Rohrbrunnenanlage sowie Flutlichtmasten als Bauwerk eingeordnet bzw. deren Einordnung als Bauwerk in Erwägung gezogen werden könnten. In Fortführung dieses Grundsatzes, wonach dem Begriff des Gebäudes in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen unterschiedliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2010, Az. VIII ZR 277/09), ist auch die weitere, vom Berufungsführer in den oben genannten Entscheidungen jeweils getroffene Feststellung, dass eine technische (Photovoltaik-) Anlage als „Bauwerk“ zu qualifizieren ist, ausdrücklich nur im Hinblick auf die dort zu klärende gewährleistungsrechtliche Problematik getroffen worden. Aus dieser unmissverständlichen Differenzierung ergibt sich nach Ansicht des Senats, dass technische Anlagen wie die gegenständliche Solaranlage zwar gewährleistungsrechtlich (i.S. d. § 438 Abs. 1 Nr.2b BGB und § 638 Abs. 1 S.1, 3. Fall a.F. bzw. § 634 Abs. 1 Nr.2 BGB), nicht jedoch sachenrechtlich gemäß §§ 93 ff BGB als Bauwerke/Gebäude anzusehen sind.
b) Nach § 93 BGB können nur Bestandteile, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.
Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit dem Erstgericht die Auffassung, dass vorliegend die Bestandteile voneinander getrennt werden können, ohne dass die Anlage zerstört oder in ihrem Wesen verändert wird.
aa) Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 14) bestimmt sich die Frage, ob die Module und die Unterkonstruktion wesentlicher Bestandteil der Photovoltaikanlage geworden sind, nach den Wirkungen eines Ausbaus der Module und der Unterkonstruktion, wobei eine Wesensveränderung eines abgetrennten Bestandteils zu verneinen ist, wenn dieser in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion (hier: Strom zu erzeugen) erfüllen kann. Kann das auszubauende Teil durch ein gleiches oder ähnliches Aggregat ersetzt und dadurch die Gesamtsache in gleicher oder ähnlicher Funktion wiederhergestellt werden, ist der abzutrennende Bestandteil grundsätzlich als unwesentlich anzusehen und zwar unabhängig vom Aufwand für eine etwaige Ersatzbeschaffung, allerdings unter Berücksichtigung des Aufwands für eine Trennung der Module von der Photovoltaikanlage. Maßgeblich ist insoweit, ob die Kosten der Trennung im Verhältnis zu dem Wert des abzutrennenden Bestandteils unverhältnismäßig hoch sind, wobei es auf den Zeitpunkt der Verbindung (hier also auf das Jahr 2009) ankommt.
bb) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Module und die Unterkonstruktion nicht wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage geworden sind.
Auf die in der ersten Instanz aufgeworfene Frage, ob bei einem Ausbau der Module zum jetzigen Zeitpunkt noch die ursprüngliche Einspeisevergütung erzielt werden kann, kommt es nicht an. Denn maßgeblich ist nicht der Jetzt-Zeitpunkt, sondern der Zeitpunkt der erstmaligen Verbindung der Module mit der Anlage im Jahr ihrer Errichtung. Dass zu diesem Zeitpunkt die ursprüngliche Einspeisevergütung erzielt werden konnte, steht außer Frage. Dass die Module seit Jahren nicht mehr auf dem Markt sind, spielt ebenfalls keine Rolle, weil es auf den Zeitpunkt der Errichtung ankommt. Dass es zu diesem Zeitpunkt die Module bzw. andere vergleichbare Modelle nicht mehr gab, wird vom Kläger nicht behauptet.
Das Landgericht hat daher auch mit Recht davon abgesehen, das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten einzuholen.
3. Der Eigentumserwerb der Module und der Unterkonstruktion durch den Beklagten erfolgte gemäß §§ 929 Satz 1, 930 BGB.
a) Die Parteien haben sich ausweislich ihrer jeweiligen Unterschriften über den Eigentumsübergang (aufschiebend bedingt) geeinigt (§ 8 des Kaufvertrags). Die Bedingung – die vollständige Zahlung des Kaufpreises – ist unstreitig eingetreten.
b) Der Inhalt der Einigung entspricht auch dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot.
Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist Rechnung getragen, wenn es infolge der Wahl einfacher, äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGH, Urt. v. 31.01.1979 – VIII ZR 93/78, Tz. 11; Urt. v. 03.07.2000 – II ZR 314/98, Tz. 14).
Vorliegend ergibt sich aus Ziffer 2 der Vorbemerkung i. V. m. § 3 Nr. 1 des Kaufvertrags, dass der Beklagte an der in der Anlage 1 zum Vertrag abgebildeten Photovoltaikanlage die Module erworben hat, die mit der im Angebot/Bestellung näher bezeichneten Nummer gekennzeichnet sind. Aus dem Angebot/Bestellung (Anl. K 3) ergibt sich die Nummer 1xx und die Anzahl der Module (20 Stück) sowie deren nähere technische Beschreibung. Gleiches ergibt sich auch aus den dem Kaufvertrag als Anlage 2a beigefügten Projektdaten (vgl. beklagtenseits übergebene Mappe mit Originalvertrag).
Wo in der Photovoltaikanlage sich die 20 mit der Nummer 1xx zusammengefassten Module befinden, folgt aus der dem Kaufvertrag beigefügten Anlage 1 S. 9 und der identischen beklagtenseits als Anlage B2 vorgelegten großformatigen Farbkopie, aus der zu ersehen ist, dass sich diese als „S. 1xx“ bezeichneten, aus 20 „Kästchen“ (= Modulen) bestehenden Module im Teilabschnitt C (T.) in der 25. Reihe von oben (rot markiert) befinden.
Es ist davon auszugehen, dass dem Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags ein solcher Plan vorlag und er diesem den Gegenstand seines Erwerbs, die als S. Nr. 1xx zusammengefassten Module, zuvor entnommen hat. Soweit das Erstgericht sich davon aufgrund der informatorischen Anhörung des Beklagten und der Vernehmung der Zeugin R. in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2019 überzeugt hat, ist dies berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.
c) Ein Besitzkonstitut im Sinne von § 930 BGB liegt in Form eines Mietvertrags mit der Schuldnerin bzw. deren Tochtergesellschaft vor, mittels dessen der Beklagte den mittelbaren Besitz an den gegenständlichen Modulen sowie der Unterkonstruktion erlangt hat, denn die Schuldnerin bzw. ihre Tochtergesellschaft übten ihren unmittelbaren Besitz ersichtlich für den Beklagten aus.
d) Die im Kaufvertrag in § 1 Nr. 3 vereinbarte aufschiebende Bedingung hindert die wirksame Übereignung der Module und der Unterkonstruktion an den Beklagten nicht.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der von der Schuldnerin als Verwenderin gestellten Vertragsklausel dient die Klausel ausschließlich dem Schutz des Käufers und damit dem des Beklagten, so dass sich der Kläger gemäß § 242 BGB (Einwand des Rechtsmissbrauchs) nicht zu dessen Nachteil darauf berufen kann.
e) Auch der im Übrigen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätete, weil erstmals in der Berufung geltend gemachte Einwand, das Landgericht habe verkannt, dass die Unterkonstruktionen auf keinen Fall identifizierbar seien, ohne dass ein Sachverständiger die Verkabelung und Schaltung exakt prüfe, führt hier bezogen auf die Unterkonstruktionen zu keiner anderen Beurteilung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2 ZPO). Über die hier entscheidungsrelevante Rechtsfrage, ob eine Freiland-Photovoltaikanlage als Gebäude im Sinn des § 94 BGB anzusehen ist, hat der Bundesgerichtshof noch nicht tragend entschieden und die vorliegende Entscheidung weicht insoweit von der oben zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe ab.
Verkündet am 05.03.2020


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