Handels- und Gesellschaftsrecht

Keine Rechtsscheinsvollmacht des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Aktenzeichen  3 U 70/18

Datum:
20.3.2019
Fundstelle:
ZMR – 2021, 998
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 27 Abs. 3
BGB § 177 Abs. 1, § 779
VOB/B § 14 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das Landgericht verkennt schon, dass die Teilnahme des Verwalters an dem fraglichen Termin für sich genommen keinen Rechtsschein für eine Vertretungsmacht begründet. Dies würde ein entsprechendes Verhalten der Beklagten bei oder im Vorfeld des Termins voraussetzen (OLG Düsseldorf IBRRS 2013, 3074). (Rn. 52 und 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Annahme, dass der Verwalter der Beklagten „freie Hand“ bei der Festlegung des Werklohns der Klägerin unter Verzicht einer Kontrollmöglichkeit erhalten hatte, war auch aus der Sicht der Klägerin fernliegend, so dass diese auf das Bestehen einer Vollmacht nicht vertrauen durfte (vgl. hierzu statt aller MüKo-BGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, § 167 Rnrn. 106, 121). (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

32 O 283/17 2018-03-27 Endurteil LGBAYREUTH LG Bayreuth

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 27.03.2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Berufungsverfahren wird abgesehen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

II.
Die Berufung der Beklagten führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Auffassung des Landgerichts, dass die Vereinbarung vom 22.04.2014 (Anlage K5) Bestand und die Klägerin auf dieser Grundlage einen Zahlungsanspruch hat, beruht auf schwerwiegenden Verfahrensfehlern und ist unter mehreren Aspekten nicht haltbar.
1. Richtig ist allerdings die Auffassung des Landgerichts, dass entgegen der Ansicht der Beklagten das vorgenannte Schriftstück keine „Absichtserklärung“ darstellt, sondern nach dem Willen der Parteien grundsätzlich ein bindender Vertrag abgeschlossen werden sollte.
a) Für die Auffassung des Landgerichts spricht der Wortlaut „Vereinbarung“ und „wird zwischen den Vertragsparteien folgendes vereinbart“. Geschäftlich erfahrenen Personen wie den hier Handelnden wird man einen Rechtsbindungswillen unterstellen müssen.
b) Zutreffend ordnet das Landgericht auch die Vereinbarung vom 22.04.2014 als Vergleich im Sinne des § 779 BGB ein, der vorliegend schuldändernde Wirkung hat. Der Vergleich enthält jedenfalls eine Streitbeilegung über Mängel.
c) Damit ist jedoch noch nicht festgelegt, über welche Punkte sich die Parteien abschließend geeinigt haben.
Die Vereinbarung beinhaltete ihrem Wortlaut nach neben der Nachbesserung der Regen- und Fallleitungen und der pauschalen Minderung in Höhe von 10.000,00 € auch die Zahlung einer „Abrechnungssumme“ von 403.899,29 € netto. Die Beklagte hat jedoch vorgetragen, dass gerade hinsichtlich der Abrechnungssumme keine endgültige Einigung erzielt worden sei. Diesem Vortrag ist das Landgericht nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht gefolgt. Die Würdigung der erhobenen Beweise durch das Landgericht ist jedoch fehlerhaft. Insbesondere hat das Landgericht die Aussage des Zeugen E. sowie den Umstand, dass die Parteien tatsächlich noch einmal ein Gespräch zur Erläuterung der Schlussrechnung geführt haben, nicht umfassend gewürdigt. Hierauf kommt es im Ergebnis jedoch nicht an.
2. Die vorbeschriebene Fehlerhaftigkeit der Beweisaufnahme würde grundsätzlich eine Wiederholung der Beweisaufnahme und eine erneute Würdigung der vorhandenen Beweismittel zur Folge haben. Dies ist jedoch vorliegend nicht erforderlich, weil selbst für den Fall, dass die Vereinbarung vom 22.04.2014 auch die abschließende Vereinbarung einer Abrechnungssumme beinhaltete, die Vereinbarung unwirksam ist, weil die Beklagte hierbei nicht durch ihren Verwalter vertreten wurde. Sie hatte ihrem Verwalter weder eine Vollmacht für deren Abschluss eine noch diese nachträglich gemäß § 177 Abs. 1 BGB genehmigt. Auch die Grundsätze für das Vorliegen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht greifen nicht. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts beruht auf der Übergehung von Tatsachenvortrag der Beklagten und der unterlassenen Kenntnisnahme vom Inhalt des Verhandlungsprotokolls vom 02.08.2012 (Anlage K1) und des Vertrags vom 09.08.2012 (Anlage K2).
a) Unter Zugrundelegung der Auffassung des Landgerichts war Inhalt der Vereinbarung vom 22.04.2014 auch die abschließende Verabredung einer erheblich höheren als im ursprünglichen Vertrag vereinbarten Vergütung. Sie beinhaltete dabei auch die Übernahme der Kosten, die bei dem Sondereigentum N. angefallen waren, und dann noch den Verzicht auf jegliche weitere Prüfung und Kontrolle der Rechnung und damit auch auf die Verpflichtung der Klägerin aus § 14 Abs. 1 S. 2, S. 3 VOB/B.
b) Ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der den Verwalter zum Abschluss der Vereinbarung ermächtigt hätte, liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch gar nicht behauptet. Ebenso wenig existiert eine nachträgliche Genehmigung. Tatsächlich ist in der Mitteilung an die Klägerin vom 03.06.2014 die Übermittlung der Verweigerung der Genehmigung durch die Beklagte zu sehen.
Ebenso wenig ist, wie das Landgericht insoweit zutreffend ausführt, der Abschluss einer Vereinbarung solchen Inhalts durch den Verwalter durch die gesetzlichen Vertretungsregelungen nach § 27 WEG, insbesondere nach § 27 Abs. 3 WEG gedeckt.
c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts und der Klägerin besteht auch keine Rechtsscheinsvollmacht, aufgrund derer die Klägerin annehmen durfte, dass der Verwalter H. mit der umfassenden Abwicklung des Bauvorhabens beauftragt bzw. zum Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014 bevollmächtigt worden sei.
Die Beklagte hat keinen Rechtsschein gesetzt (s. lit. aa). Im Übrigen wäre der Abschluss der Vereinbarung selbst von einer solchen durch Rechtsschein begründeten Vollmacht nicht gedeckt gewesen (s. lit. bb). Letztendlich befand sich die Klägerin auch nicht in gutem Glauben (s. lit. cc).
aa) Die Beklagte hat keinen Rechtsschein für eine umfassende Bevollmächtigung des Verwalters für die Abwicklung des Bauvorhabens bzw. den Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014 gesetzt. Die Voraussetzungen insbesondere für die Annahme einer Duldungsvollmacht sind nicht gegeben.
(1) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich über einen längeren Zeitraum, in Ausnahmefällen auch einmalig, geschehen lässt, dass ein anderer, der keine Vollmacht besitzt, für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist (BGH NJW 2002, 2325; BGH NJW 2011, 2421).
(2) Das Landgericht leitet seine Auffassung, dass die Beklagte den Rechtsschein für eine Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht des Verwalters H. gesetzt habe, daraus her, dass der Verwalter H. gegenüber der Klägerin vor Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014 mehrfach aufgetreten sei. Er habe das ursprüngliche Verhandlungsprotokoll und die Beauftragung unterzeichnet, Abschlagszahlungen beglichen, sei auf der Baustelle anwesend gewesen und habe Gespräche geführt und sei auch bei Abschluss der Vereinbarung als Vertreter der Beklagten aufgetreten. Dies trägt die Annahme einer Rechtsscheinsvollmacht, die nach der Ansicht des Landgerichts die gesamte Abwicklung des Bauvorhabens einschließen sollte, nicht.
(a) Die Tatsache, dass der Verwalter H. das Verhandlungsprotokoll vom 02.08.2012 und den nachfolgenden Auftrag unterschrieben hat, begründet keinen Rechtsschein. Der Verwalter hatte hierfür nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten eine Vertretungsbefugnis.
(b) Dasselbe gilt für die Empfangnahme und Bezahlung von Rechnungen. Auch hierzu war der Verwalter H. aufgrund des Auftrags befugt (Anlage K2).
(c) Die bloße Anwesenheit des Verwalters auf der Baustelle und das nicht näher beschriebene Führen von Gesprächen sind für sich genommen keine Vorgänge, die auf eine umfassende Bevollmächtigung des Verwalters für die Abwicklung des Bauvorhabens schließen lassen. Selbst wenn die Gespräche die Erteilung von Nachträgen namens der Beklagten zur Folge gehabt haben sollten, begründet dies keinen Rechtsschein. Insoweit bestand zugunsten des Verwalters H. eine Vertretungsbefugnis, die in 11.1 des Verhandlungsprotokolls ihre Grundlage hat. Danach war der Verwalter zur Erteilung von Nachtrags-, Zusatz- und Regieaufträgen“ berechtigt.
(d) Auch die von der Klägerin behaupteten „Entsendung“ bzw. Teilnahme des Verwalters an dem Termin vom 22.04.2014 begründet keine Rechtsscheinsvollmacht zum Abschluss der dort getroffenen Vereinbarung.
Das Landgericht verkennt schon, dass die Teilnahme an dem Termin für sich genommen keinen Rechtsschein begründet. Erforderlich ist vielmehr, dass es die Beklagte willentlich geschehen lassen hat, dass der Verwalter H. dort für sie als Vertreter auftritt. Für die Begründung eines Rechtsscheins ist damit ein entsprechendes Verhalten der Beklagten bei oder im Vorfeld des Termins erforderlich (OLG Düsseldorf IBRRS 2013, 3074).
Ein solches Verhalten ist nicht bewiesen. Die Klägerin sieht dies darin, dass die Beklagte ihren Verwalter zu dem Gespräch am 22.04.2014 entsandt haben soll. Dies hat die Beklagte bestritten. Einen Beweis dafür, dass die Eigentümergemeinschaft zuvor einen entsprechenden Beschluss oder einen Konsens erzielt hat, hat die Klägerin nicht angetreten.
bb) Selbst eine über einen Rechtsschein fingierte Vollmacht zur umfassenden Abwicklung des Bauvorhabens hätte den Verwalter H. nicht zum Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014 berechtigt.
(1) Diese Vereinbarung hätte, wie bereits erwähnt, eine den ursprünglichen Vertrag abändernde Zahlungspflicht für die Beklagte begründet, die weit über die ursprüngliche Auftragssumme hinausging. Sie beinhaltete daneben auch den Verzicht auf Vorlage einer prüfbaren Rechnung und damit auf die Verpflichtung der Klägerin aus § 14 Abs. 1 VOB/B mit der Folge, dass die Beklagte weder die Abrechnung kontrollieren noch das Zustandekommen ihrer deutlich höheren Zahlungsverpflichtung zuverlässig nachvollziehen konnte. Dies konnte jedoch schon deshalb nicht im Sinne der Beklagten sein, weil unter den Wohnungseigentümern Uneinigkeit bestand, wie die bei der Ladeneinheit Sondereigentum N. angefallenen Mehrkosten von 50.000,00 € zustande gekommen waren und ob diese Kosten Gemeinschaftskosten darstellen würden oder der Sondereigentümer diese zu tragen hätte. Die vorgenannten Umstände begründeten also ein besonderes Interesse der Beklagten an einer detaillierten und nachvollziehbaren Abrechnung der Leistungen der Klägerin. Die Vereinbarung vom 22.04.2014, die diesem Anliegen den Boden entzog und mit dem vorstehend geschilderten Interesse in krassem Widerspruch stand, konnte deshalb nicht von einer sich auf die umfassende Abwicklung des Bauvorhabens erstreckenden Vertretungsmacht gedeckt sein (vgl. BGH NJW 1991, S. 1812).
(2) Der Klägerin war die vorgeschilderte Interessenlage der Beklagten vollumfänglich bekannt. Sie hat diese durch die Vereinbarung vom 22.04.2014 bewusst beiseite geschoben, um das von ihr selbst verfolgte Ziel zu erreichen, nämlich die Forderung aus der Schlussrechnung vom 17.09.2013, in der sie angebliche Zusatzleistungen über ca. 180.000,00 € über eine Erhöhung der Massen eingepreist hatte, auf einen neuen Schuldgrund zu stellen mit der Folge, dass die Beklagte mit jeglichen Einwendungen gegen die Forderung abgeschnitten war. Dass eine derartige Vereinbarung nicht von einer etwaigen Vertretungsmacht gedeckt sein konnte, sondern bei einer Kenntnis des Verwalters sogar ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorgelegen hätte, war der Klägerin entweder bekannt oder hätte ihr bei nur geringer Gewissensanspannung klar sein müssen (BGH a.a.O.).
cc) Letztendlich fehlt es auch an einer Gutgläubigkeit der Klägerin an das Bestehen einer (umfassenden) Vertretungsmacht zum Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014.
(1) In dem Bauvertrag vom 09.08.2012 und dem Verhandlungsprotokoll vom 02.08.2012 (Anlage K1) war in Ziff. 11.1 dem Verwalter H. eine Vollmacht eingeräumt; diese war jedoch begrenzt auf die technische und rechtsgeschäftliche Abnahme sowie die Erteilung von Nachtrags-, Zusatz- und Regieaufträgen. Der Inhalt dieser Urkunden ist zwischen den Parteien unstreitig. Damit steht auch fest, dass darin eine Bevollmächtigung für den Abschluss einer Pauschalvereinbarung mit einer erheblich höheren Vergütung für das Vorhaben als ursprünglich vereinbart unter Verzicht jeglicher Kontrollmöglichkeit durch die Beklagte, darin nicht enthalten ist.
(2) Die Klägerin wusste vorliegend von der Beschränkung der Vertretungsmacht. Sie wusste damit auch, dass der Verwalter H. bei Unterzeichnung der Vereinbarung vom 22.04.2014 seine im Verhandlungsprotokoll niedergelegte Vertretungsmacht überschritt. Eine Spezialvollmacht oder eine Urkunde nach § 27 Abs. 6 WEG lagen der Klägerin nicht vor. Dass der Verwalter H. entgegen Ziff. 11.1 des Verhandlungsprotokolls umfassend oder zumindest speziell für den Abschluss der Vereinbarung bevollmächtigt war, ergab sich für die Klägerin weder aus den vom Landgericht aufgezählten Gründen und auch sonst nicht. Im Gegenteil wusste die Klägerin, dass die Beklagte erhebliche Probleme mit der Schlussrechnung hatte und die Mitglieder der Beklagten keinen Konsens über die Zahlung der Rechnung erzielt hatten. Dies ergibt sich aus der E-Mail vom 13.02.2014 (Anlage B4). Die Annahme, dass der Verwalter der Beklagten unter diesen Umständen „freie Hand“ bei der Festlegung des Werklohns der Klägerin unter Verzicht einer Kontrollmöglichkeit erhalten hatte, war deshalb auch aus der Sicht der Klägerin fernliegend. Deshalb konnte die Klägerin auf das Bestehen einer Vollmacht auch nicht vertrauen (vgl. hierzu statt aller MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 167 Rn. 106, 121). Auch aus diesem Grund ist für die Annahme einer Rechtsscheinsvollmacht kein Raum.
(3) Rechtsirrig ist in diesem Zusammenhang der Ansatz des Landgerichts, dass in diesem Zusammenhang darauf abzustellen sei, dass der Verwalter H. Kenntnis von der fehlenden Bevollmächtigung gehabt habe und dies über § 27 Abs. 3 WEG der Beklagten zuzurechnen sei. Das Landgericht lässt es damit für die Annahme einer Duldungsvollmacht ausreichen, dass der Vertreter selbst von der fehlenden Bevollmächtigung weiß und dennoch als Vertreter auftritt, ohne dass der Vertretene hiervon Kenntnis hat. Diese Annahme ist ein Zirkelschluss und findet weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine Stütze.
4. Die aufgezeigten erheblichen Verfahrensmangel nötigen zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
a) Ein schwerer Verfahrensmangel i. S. des § 539 ZPO liegt vor, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt hat, dass es den Kern ihres Vorbringens verkannt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt oder einen wesentlichen Teil des Vortrags übergangen hat (BGH NJW 1993, 538).
b) Vorliegend hat das Landgericht Vortrag der Beklagten sowie den zwischen den Parteien seinem Inhalt nach unstreitigen Vertrag übergangen.
aa) Das Landgericht hat bei Annahme einer Rechtsscheinsvollmacht den von der Klägerin nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten übergangen, dass der Verwalter H. zum Abschluss des Bauvertrages berechtigt war. Es hat auch den Vortrag der Beklagten übergangen, dass es eine „Entsendung“ des Verwalters zu dem Termin nicht gegeben hat. Hierauf konnte das Landgericht also keinen Rechtsschein stützen, vielmehr wäre die Grundlage für eine Rechtsscheinsvollmacht entfallen.
bb) Darüber hinaus widerspricht die Begründung in dem angefochtenen Urteil, dass für die Klägerin kein Anlass bestanden habe, von einer beschränkten Vollmacht für den Verwalter H. auszugehen, den zwischen den Parteien unstreitigen Vertragsbestimmungen. Das Landgericht hat diese nicht lediglich inhaltlich unzutreffend gewürdigt, sondern offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen werden. Auch dies begründet einen schweren Verfahrensmangel (BGH, NJW 1993, 538).
Bei Ausschöpfung des Sachvortrags der Beklagten wäre das Landgericht zu dem Schluss gelangt, dass bei Abschluss der Vereinbarung vom 22.04.2014 durch den vollmachtlosen Vertreter H. eine Rechtsscheinsvollmacht nicht vorlag und die Vereinbarung mangels Genehmigung unwirksam ist. Dementsprechend hätte das Landgericht einen Anspruch der Klägerin aus dieser Vereinbarung verneint.
c) Ein weiterer Verfahrensfehler des Landgerichts liegt in der nicht vollständigen Ausschöpfung der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des Zeugen E.. Das Landgericht hat die Aussage nur dahingehend gewürdigt, dass die Parteien gegen den Willen des Zeugen die Vereinbarung ohne einen Zusatz „nach Prüfung der Schlussrechnung“ unterschrieben hätten. Dies steht jedoch schon nicht im Einklang mit der Angabe des Zeugen, dass sich die Parteien darüber einig gewesen seien, dass die Schlussrechnung noch nicht abschließend besprochen worden war. Im Übrigen hat das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Zeuge E. bei dem Vorhaben nur am Rande involviert war und kein oder allenfalls ein geringes persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hatte. Gleichfalls hätte es die Tatsache berücksichtigen müssen, dass es zu einem weiteren Gespräch gekommen ist, in der nur die Schlussrechnung besprochen wurde. Damit hat die Ansicht des Landgerichts, in der Vereinbarung vom 22.04.2014 sei die Vergütung der Klägerin abschließend geregelt worden, in der Beweisaufnahme keine Grundlage.
d) Ein Anspruch der Klägerin kann sich allerdings aus der hilfsweise gestellten Rechnung ergeben. Hier ist eine umfängliche Beweisaufnahme zu erwarten. Es ist zunächst zu klären, in welchem Umfang in Ausführung des Vertrags vom 09.08.2012 die Klägerin die von ihr abgerechneten Leistungen erbracht hat, soweit dies die Beklagte bestritten hat. Dasselbe gilt für die Anordnung von Eventualpositionen und die Berechtigung der von der Klägerin behaupteten Nachträge. Um dies zu klären, wird eine umfängliche Beweisaufnahme, insbesondere die Anhörung der insoweit angebotenen Zeugen und die Einholung eines oder mehrerer Sachverständigengutachten erforderlich sein.
5. Der Senat merkt an, dass die Vereinbarung vom 22.04.2014 wenn nicht schon durch die am 03.06.2014 verweigerte Genehmigung, dann jedenfalls durch die am 11.09.2014 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB nichtig ist. Basis der Vereinbarung war die Schlussrechnung vom 13.09.2013. Diese wurde unverändert der Vereinbarung vom 22.04.2014 zugrunde gelegt. Die Klägerin hatte diese im Einvernehmen mit dem Streithelfer bewusst falsch erstellt. Sie enthält Positionen, die die Klägerin nicht erbracht und auf deren Bezahlung sie keinen Anspruch hatte. Soweit sie darlegt, dass sie andere Leistungen dafür nicht berechnet hat, fehlt es -auch aus Sicht der Klägerinjedenfalls an deren Fälligkeit. Eine entsprechende Aufklärung der Fehlerhaftigkeit ist durch die Klägerin nicht erfolgt, obwohl sie hierzu verpflichtet war (vgl. hierzu Wendtland, Beck´scher Online-Kommentar, BGB, Stand 01.02.2013, Rz. 11 zu § 123 m.w.N). Die Tatsache, dass der Verwalter der Beklagten oder anderer Teilnehmer an der Besprechung die Rechnung anzweifelten, enthob die Klägerin nicht von dieser Verpflichtung und beseitigte vorliegend auch nicht die auf dem kollusiven Zusammenwirken mit dem Streithelfer gegründete Arglist (BGH, NJW-RR 1996, 690; OLG Düsseldorf, IBRRS 2016, 2127).
III.
1. Der Senat hat von dem in § 301 Abs. 2 ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht und vom Erlass eines Teilurteils hinsichtlich des Hauptantrags abgesehen. Der Erlass eines Teilurteils erscheint dem Senat nicht angemessen. Der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch findet wie der Hilfsantrag seine Grundlage in dem Verhandlungsprotokoll vom 02.08.2012 und den Vertrag vom 09.08.2012. Vorgänge wie die Schlussrechnung vom 13.09.2013 (Anlage K 5), die E-Mail des Verwalters H. vom 13.02.2014 (Anlage B4) und insbesondere die Leistungen betreffend das Sondereigentum N. sind bei der Bewertung beider Ansprüche von Belang. Deshalb hält der Senat eine Beschränkung des Prozessstoffs als Folge eines Teilurteils für untunlich und hat aus diesem Grund die Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits in vollem Umfang ausgesprochen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Senat hat allerdings von der Erhebung 3 U 70/18 – Seite 15 – von Gerichtskosten gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG abgesehen.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) sind vom Klägervertreter, der dies beantragt hat, nicht dargelegt worden und liegen auch nicht vor. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab. Es liegt weder ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


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