Handels- und Gesellschaftsrecht

Mieter, Sachschaden, Wohnung, Brandschaden, Kostenfestsetzungsbeschluss, Zahlung, Mietausfallschaden, Gutachten, Schaden, Mietausfall, Verfahren, Anspruch, Klage, Vollstreckbarkeit

Aktenzeichen  6 C 24/21

Datum:
8.7.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25665
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Hersbruck
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.986,44 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung gegenüber der Beklagten der Kosten, die durch einen Vorprozess entstanden sind, gem. §§ 284, 286, 288 BGB, da gem. § 286 Abs. 4 BGB kein Verzug eingetreten ist.
1. Verzug tritt gem. § 286 Abs. 4 BGB nicht ein, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den der Schuldner nicht zu vertreten hat (Palandt/Grüneberg, 78. Auflage, 2019, § 286 RN. 32). Die Darlegungs- und Beweislast der tatsächlichen Voraussetzungen liegt hierbei beim Schuldner, in diesem Fall somit bei der Beklagten (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 124). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Risiko der falschen Beurteilung der Sachlage auch bei unübersichtlichen Sachverhalten grundsätzlich der Schuldner trägt; eine falsche Einschätzung der Sachlage kann nur ganz ausnahmsweise den Eintritt des Verzuges verhindern (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 122). In diesem Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei einem Versicherer, dessen Kernaufgabe gerade darin bestehe, seine Eintrittspflicht in einem konkreten Schadensfall zu prüfen, und der dafür über speziell dafür aus- und fortgebildetes Personal verfüge, besonders strenge Anforderungen zu stellen sind (OLG Hamm, Urteil vom 28.09.2012 – 20 U 42/12). Bei einer Ablehnung durch die Versicherung wegen zweifelhafter Tatfragen liegt ein schuldhaftes Handeln dann vor, wenn die Sachlage nicht sorgfältig geprüft wurde und daher die Erfüllungsverweigerung nicht durch ausreichende Tatsachen begründet war. Insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (Prölss/Martin/Armbrüster, 31. Aufl. 2021, VVG § 14 Rn. 32).
2. Der Feuerschaden an der Mietwohnung datiert auf den 08.04.2016.
Am 15.04.2016 erstellte der Sachverständige Architekt … im Auftrag der Beklagten nach Besichtigung am gleichen Tag einen Schadenbericht, wonach neben der thermischen Entwicklung im Bereich der Steckdose als Schadensursache, ebenso eine weitere Schadensursache im Zusammenhang mit einer Zigarette zur Entzündung des Inventars geführt haben könnte (Anlage Gutachten vom 15.04.2016, Seite 3 von 19).
Am 03.05.2016 erfolgte ein Telefonat mit Herrn … von der …, wonach dieser laut dem Aktenvermerk (Anlage B 1) bereits mitteilte, dass der Schaden aus der Sphäre des Mieters entstanden sei und ein Bericht in den nächsten Tagen folgen werde.
Per Mail vom 10.05.2016 gab Herrn … sodann schriftlich eine weitere Erstbewertung zum Brandschaden ab. Hierzu führt dieser aus, dass an der einzigen Steckdose im Brandbereich lediglich äußere Schäden durch Hitzeeinwirkung vorliegen würden. Aus Gutachterlicher Sicht sei die gebäudeseitige Elektroinstallation als Schadenursache auszuschließen. Der Schadenschwerpunkt befinde sich auf dem Boden. Als einzige Brandursache sei eine Entzündung brennbarer Materialien durch eine heran getretene Zündquelle möglich. Hinweise auf eine andere Brandursache lägen nicht vor (s. Anlage E-Mail vom 10.05.2016, page 2).
Mit Schreiben vom 19.09.2016 lehnte die Beklagte die Zahlung des Mietausfalls endgültig ab (Anlage der Klägerin), wie dies bereits im Telefonat vom 03.05.2016 angekündigt worden sei (Anlage K Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 19.09.2016). Das Telefonat fand somit nach dem durchgeführten Telefonat mit Herrn … statt.
Zu einer Ablehnung war die Beklagte berechtigt, da die Klägerin als Versicherungsnehmerin hätte beweisen müssen, dass der Mieter den Untergang der Mietsache nicht selbst zu vertreten habe (OLG München, Urteil vom 07.08.2015 – 25 U 546/15, r+s 2016, 35). Dies richtet sich hierbei nach der mietrechtlichen Beweislastverteilung, weshalb die Klägerin hätte beweise müssen, dass der Mieter die Zahlung des Mietzinses nach den hierfür einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen berechtigt verweigern konnte (OLG München, Urteil vom 07.08.2015 – 25 U 546/15, r+s 2016, 35, RN. 19). Ein Verweis auf die Rechtsprechung des BGH des Erstreckens des Regressverzichtes auf den durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfall ist für den vorliegenden Streitfall nicht weiterführend, da hierbei die Vorfrage zu klären gilt, ob ein gedeckter Mietausfall vorliegt (OLG München, Urteil vom 07.08.2015 – 25 U 546/15, r+s 2016, 35, RN. 18).
Zudem war die Erfüllungsverweigerung aufgrund der angefragten Gutachten, welche zu dem Ergebnis kamen, dass zumindest (auch/nur) eine Schadensursache aus der Sphäre der Mieter möglich sei (s. oben), durch ausreichend Tatsachen begründet. Insbesondere der Schadenbericht vom 15.04.2016 geht hierbei sehr detailliert auf den vorliegenden Sachverhalt sowie auf die verschiedenen Ursprungsmöglichkeiten nachvollziehbar ein und begründet, warum entgegen der Ansicht der Kriminialpolizei eine andere Schadensursache aus der Sphäre des Mieters für möglich erachtet wird. Somit wurde die Erfüllungsverweigerung zuvor durch die Beklagte sorgfältig geprüft.
Es kann somit dahin stehen, inwiefern zu dem Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts überhaupt Verzug vorlag, da bereits gem. § 286 Abs. 4 BGB kein Verzug vorlag.
3. Eine anderweitige Anspruchsgrundlage auf Ersatz der Kosten für den Vorprozess liegt nicht vor.
4. Mangels bestehenden Hauptsacheanspruchs ergibt sich auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen.
II.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO.


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