Handels- und Gesellschaftsrecht

Photovoltaikanlage, Solarmodule und Unterkonstruktion – Anspruch auf Herausgabe

Aktenzeichen  6 U 11/19

Datum:
10.12.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55449
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 93, § 94 Abs. 1, § 95 Abs. 1, § 929 S. 1, § 930, § 985

 

Leitsatz

Die Solarmodule und die Unterkonstruktion sind keine wesentlichen Bestandteile der Photovoltaikanlage. Der Eigentumsübergang ist rechtmäßig. Als Eigentümer hat der Beklagte somit einen Anspruch gegen den Kläger auf Herausgabe der Module. Zudem kann der Beklagte auch die Einräumung von Mitbesitz an der Unterkonstruktion verlangen.  (Rn. 24 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

13 O 209/18 2019-01-10 Endurteil LGASCHAFFENBURG LG Aschaffenburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 10.01.2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass
a) Ziffer 1. des Tenors wie folgt lautet:
Der Kläger wird auf die Widerklage hin verurteilt, 60 Stück Solarmodule des Typs V. (0,210 kWp), verbaut auf der Freilandanlage auf dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch des Grundbuchamtes N., Grundbuch von K., Blatt …, Gemarkung M., Flurstück … – in der dem Urteil als Bestandteil angefügten Anlage 1 zum Kaufvertrag Nr. 13xx mit den Anlagenummern xx1, xx2, xx3 bezeichnet und mit einem Pfeil gekennzeichnet – an den Beklagten herauszugeben;
b) Ziffer 2. des Tenors wie folgt lautet:
Der Kläger wird verurteilt, dem Beklagten Mitbesitz an der Unterkonstruktion der PV-Anlage inklusive aller Schienen, Schrauben, Halterungen und Dachanbindungen sowie sämtlicher Leitungen und Zubehör zum Betrieb der Anlage, verbaut auf der Freilandanlage auf dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch des Grundbuchamtes N., Grundbuch von K., Blatt …, Gemarkung M., Flurstück …, zu verschaffen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 60.000,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 60.000,00 € leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Parteien streiten im Wege der Widerklage – den Klageanspruch hat der Kläger in der ersten Instanz für erledigt erklärt – um die Herausgabe von 60 Modulen einer Solaranlage und die Einräumung von Mitbesitz an der Unterkonstruktion.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin war Eigentümerin einer aus 5.000 Modulen und 9 Wechselrichtern bestehenden Photovoltaikanlage (Freilandanlage) mit einer Gesamtleistung von 1.050 kWp auf einem im Eigentum eines Dritten stehenden Grundstück, an dem die Schuldnerin ein dinglich gesichertes Nutzungsrecht hat. Die Photovoltaikanlage wurde im Jahr 2009 errichtet.
Die Schuldnerin und der Beklagte schlossen am 29.11./19.12.2010 als Kapitalanlagemodell einen Vertrag „Nr. 13xx über den Erwerb einer Photovoltaikanlage und die Überlassung von Freilandflächen zum Betrieb der Anlage sowie eines Mietverhältnisses über die Anlage“. Gegenstand des Vertrags war unter anderem der Erwerb von 60 Modulen der Photovoltaikanlage sowie eines Anteils an der Unterkonstruktion. Zudem schlossen die Schuldnerin als Mieterin und der Beklagte als Vermieter einen Mietvertrag über die Module und die Unterkonstruktion, der sodann von einer Tochtergesellschaft der Schuldnerin übernommen wurde. Ebenfalls am 29.11./19.12.2010 unterzeichneten die Schuldnerin und der Beklagte ein „Angebot/Bestellung zur Lieferung einer Photovoltaikanlage und zum Abschluss eines Mietvertrages“. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 2 (Bl. 18 ff. und Bl. 106 ff. d. A.) und K 3 (Bl. 25 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte ist der Meinung, dass er Eigentümer der 60 Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion geworden sei.
Der Kläger macht geltend, dass die Module und die Unterkonstruktion durch den Einbau in die Photovoltaikanlage wesentliche Bestandteile der (Gesamt-)Photovoltaikanlage geworden und deshalb nicht sonderrechtsfähig seien. Darüber hinaus bestimme der Vertrag zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten den Gegenstand der Übereignung nicht hinreichend. Dem Vertrag sei insbesondere nicht zu entnehmen, welche Module der Gesamtanlage an den Beklagten übereignet werden sollen. Schließlich enthalte der Vertrag in § 1 Nr. 3 eine aufschiebende Bedingung, die nicht eingetreten sei, weil im Grundbuch eine gegenüber dem Nutzungsrecht der Schuldnerin vorrangige Dienstbarkeit zugunsten eines Dritten eingetragen sei.
Der Beklagte hat in der ersten Instanz die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Widerklageanträge gestellt. Der Kläger hat Abweisung der Widerklage beantragt.
Das Landgericht hat den Kläger mit Endurteil vom 10.01.2019 antragsgemäß verurteilt. Wegen der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 16.01.2019 zugestellte Urteil am Montag, dem 18.02.2019 Berufung beim Oberlandesgericht Bamberg eingelegt, die er am 13.03.2019 begründet hat.
Die Berufung rügt, dass das Urteil des Landgerichts nicht vollstreckungsfähig sei, weil der in Ziffer 1. des Tenors so bezeichnete „Belegungsplan“ weder Urteilsbestandteil sei noch existiere.
Bei den streitgegenständlichen Solarmodulen handele es sich um wesentliche Bestandteile der Gesamtphotovoltaikanlage im Sinne von § 93 BGB, die nicht sonderrechtsfähig sein könnten. Der Kläger habe hierzu vorgetragen und unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass ein einfacher Austausch der Module nicht möglich sei, sondern der Ausbau der Module eine komplette Neukonzeption der Gesamtanlage erforderlich mache, wodurch Kosten entstünden, die im Verhältnis zu dem Wert der abgetrennten Module außer Verhältnis stünden. Das Landgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, den Sachverständigenbeweis zu erheben.
Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Übereignung seien unrichtig. Der Kaufgegenstand sei nicht wirksam gemäß § 930 BGB übereignet worden, weil es an der sachenrechtlichen Bestimmtheit des zu übereignenden Gegenstands fehle. Dem Vertrag sei als Anlage 1 lediglich ein so bezeichneter „Lageplan des Grundstücks und der Freifläche“ beigefügt, aus dem sich eine Bezifferung der Module nicht ergebe. Ein „Belegungsplan“ sei dem Vertrag nicht beigefügt. Soweit das Landgericht auf den Mietvertrag Bezug nehme, enthalte auch dieser Vertrag lediglich einen Lageplan des Grundstücks und der Freifläche. Durch die Berücksichtigung des Sachvortrags des Beklagten im Schriftsatz vom 20.12.2018 nebst Anlagen habe das Landgericht das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, weil es dem Kläger hierzu keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Die vom Beklagten als Anlage B 21 ff. vorgelegten Pläne seien nicht mit demjenigen im Vertrag identisch und stellten auch keine Vergrößerungen dieses Plans dar.
Auch die Argumentation des Landgerichts zum Eintritt der Bedingung in § 1 Nr. 3 des Vertrags treffe nicht zu. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 630 ff. d. A.) verwiesen.
Der Beklagte verteidigt das Ersturteil. Es wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung vom 29.03.2019 (Bl. 643 ff. d. A.). Im Übrigen wird auf sämtliche weitere Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:
Das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 10.01.2019 wird abgeändert und die Widerklage abgewiesen.
Der Beklagte hat nach Hinweis des Senats den Widerklageantrag zu Ziffer 1 c) (= Tenor Ziffer 2.) wie folgt abgeändert:
Der Kläger wird verurteilt, dem Beklagten Mitbesitz an der Unterkonstruktion der PV-Anlage inklusive aller Schienen, Schrauben, Halterungen und Dachanbindungen sowie sämtlicher Leitungen und Zubehör zum Betrieb der Anlage, verbaut auf der Freilandanlage auf dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch des Grundbuchamts N., Grundbuch von K., Blatt …, Gemarkung M., Flurstück …, zu verschaffen.
Im Übrigen hat der Beklagte die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Der Senat hat am 10.09.2019 mündlich verhandelt. Er hat sodann mit Zustimmung beider Parteien in das schriftliche Verfahren übergeleitet.
B.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Beklagte Eigentümer der streitgegenständlichen Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion geworden ist und deshalb einen Anspruch gegen den Kläger aus § 985 BGB auf Herausgabe der Module hat. Zudem kann der Beklagte auch die Einräumung von Mitbesitz an der Unterkonstruktion verlangen.
Der Urteilsausspruch war in Ziffer 2. entsprechend dem in der Berufungsinstanz zutreffend korrigierten Antrag anzupassen, und dem Urteil war zur Klarstellung im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit als Bestandteil die Anlage 1 zum Kaufvertrag anzufügen, aus der die betroffenen Module ersichtlich sind.
I.
Der in der Berufungsinstanz auf Hinweis des Senats neu formulierte Klageantrag zu Ziffer 1. c) ist zulässig. Der Beklagte hat nach dem Inhalt des Kaufvertrags (vgl. dessen Vorbemerkung Nr. 2) an der Unterkonstruktion einen Miteigentumsanteil nach Bruchteilen in Höhe von 60/5000 erworben.
Wenn der Beklagte insoweit nur Ansprüche bezüglich seines Anteils geltend machen will, kann er – entsprechend dem korrigierten Klageantrag – Einräumung von Mitbesitz verlangen (vgl. P. Müller in: beckonline.GROSSKOMMENTAR, § 1011 BGB Rn. 22; Palandt-Herrler, BGB, 78. Aufl., § 1011 Rn. 1).
II.
Das Landgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 985 BGB mit Recht bejaht.
1. Der Kläger ist unstreitig Besitzer der Module und der Unterkonstruktion.
2. Der Beklagte ist Eigentümer der streitgegenständlichen 60 Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion.
a) Es ist im Ausgangspunkt unstreitig, dass die Schuldnerin Eigentümerin der Photovoltaikanlage und damit auch der Module und der Unterkonstruktion war.
Dies trifft auch zu, insbesondere sind die Module und die Unterkonstruktion nicht wesentliche Bestandteile des nicht im Eigentum der Schuldnerin stehenden Grundstücks geworden, auf dem die Photovoltaikanlage errichtet worden ist (§ 94 Abs. 1 BGB). Denn die Photovoltaikanlage ist bei ihrer Errichtung im Jahr 2009 nur für einen vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden und soll nach Ablauf der Nutzungsdauer wieder abgebaut werden (vgl. Anl. B 9, Seite 16, Bl. 174 f. d. A.). Es handelt sich deshalb um einen Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 07.04.2017 – V ZR 52/16, Tz. 6 ff. – zitiert – wie auch sämtliche Entscheidungen im Folgenden – nach juris).
b) Die Module und die Unterkonstruktion sind aber auch nicht wesentliche Bestandteile der 2009 errichteten Photovoltaikanlage geworden, § 93 BGB, so dass sie sonderrechtsfähig blieben und dem Beklagten übereignet werden konnten.
aa) Die Module und die Unterkonstruktion sind zwar Bestandteile der Photovoltaikanlage.
Bestandteile einer Sache sind diejenigen körperlichen Gegenstände, die entweder von Natur aus eine Einheit bilden oder die – hier allein in Betracht kommend – durch die Verbindung miteinander ihre Selbständigkeit dergestalt verloren haben, dass sie fortan, solange die Verbindung dauert, als eine einzige Sache erscheinen. Maßgebend dafür ist die Verkehrsanschauung und – wenn diese fehlt oder nicht festgestellt werden kann – die natürliche Betrachtungsweise eines verständigen Beobachters, wobei Zweck und Wesen der Sache und ihrer Bestandteile vom technischwirtschaftlichen Standpunkt aus zu beurteilen sind (BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, Tz. 11).
Die Solarmodule sind dazu ausgelegt, in Reihen zusammengeschaltet und mit anderen Anlageteilen, z. B. einem Wechselrichter verbunden zu werden. Nur so können sie ihren Zweck (Strom zu erzeugen) erfüllen. Deshalb sind die Module durch die Verbindung Bestandteile der Photovoltaikanlage geworden.
bb) Die Module und die Unterkonstruktion sind aber nicht wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage.
(1) Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass der Anlagenbegriff des EEG für die sachenrechtliche Beurteilung keine Relevanz hat. Maßgeblich ist vielmehr § 93 BGB. Danach können nur Bestandteile, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.
Die Frage, ob die Module und die Unterkonstruktion wesentlicher Bestandteil der Photovoltaikanlage geworden sind, bestimmt sich daher nach den Wirkungen eines Ausbaus der Module und der Unterkonstruktion (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 14).
Eine Wesensveränderung des abgetrennten Teils, d.h. der Module und der Unterkonstruktion, liegt nicht deshalb vor, weil diese für sich allein nicht funktionsfähig sind. Eine Wesensveränderung eines abgetrennten Bestandteils ist nämlich zu verneinen, wenn dieser in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion (hier Strom zu erzeugen) erfüllen kann (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O, Tz. 15).
Für die Frage, ob eine Wesensveränderung der nach Abtrennung der Module verbleibenden Restsache, d. h. der Photovoltaikanlage, vorliegt, ist entscheidend, ob die Restsache nach der Abtrennung des Bestandteils noch in der bisherigen Weise benutzt werden kann, sei es auch erst, nachdem sie zu diesem Zweck wieder mit anderen Sachen verbunden wird. Kann das auszubauende Teil durch ein gleiches oder ähnliches Aggregat ersetzt und dadurch die Gesamtsache in gleicher oder ähnlicher Funktion wieder hergestellt werden, ist der abzutrennende Bestandteil grundsätzlich als unwesentlich anzusehen (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 16).
Für die Wesentlichkeit eines abtrennbaren Bestandteils ist die Wertzerstörung oder -minderung durch die Trennung, jedoch nicht der Aufwand des Besitzers der Restsache für eine Ersatzbeschaffung maßgeblich. § 93 BGB bezweckt den Schutz volkswirtschaftlicher Interessen. Es soll verhindert werden, dass wirtschaftliche Werte ohne einen rechtfertigenden Grund zerstört werden und dadurch der Volkswirtschaft Schaden zugefügt wird. Das individuelle Interesse des Besitzers einer solchen Sache, nach einer Abtrennung eines Bestandteils von den Aufwendungen für eine Ersatzbeschaffung verschont zu bleiben, wird vom Schutzzweck des § 93 BGB dagegen nicht erfasst (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 21 f.).
Ob ein Bestandteil einer zusammengesetzten Sache wesentlich und damit nicht sonderrechtsfähig ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Verbindung, hier also dem Jahr 2009, weil sich zu diesem Zeitpunkt entscheidet, ob eine Sache sonderrechtsfähig bleibt oder diese Eigenschaft durch Verbindung mit einer anderen Sache verliert. Auf nachfolgende Wertveränderungen kommt es deshalb nicht an (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 23).
Zu berücksichtigen ist allerdings, wie hoch der Aufwand für eine Trennung der Module von der Photovoltaikanlage ist. Maßgeblich ist insofern, ob die Kosten der Trennung im Verhältnis zu dem Wert des abzutrennenden Bestandteils unverhältnismäßig hoch sind. Auch insofern kommt es auf den Zeitpunkt der Verbindung, hier also auf das Jahr 2009 an (BGH, Urt. v. 11.11.2011 a.a.O., Tz. 26 f.).
(2) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Module und die Unterkonstruktion nicht wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage geworden sind.
Der Kläger behauptet schon nicht, dass die unstreitig serienmäßig produzierten Module und die Teile der Unterkonstruktion an die Photovoltaikanlage besonders angepasst werden mussten und nur mit dieser verwendet werden können, so dass sie durch ihre Abtrennung wirtschaftlich wertlos würden. Dies ist auch nicht ersichtlich, ebenso wenig, dass sie durch den Ausbau beschädigt oder zerstört würden.
Auf die in der ersten Instanz aufgeworfene Frage, ob bei einem Ausbau der Module zum jetzigen Zeitpunkt noch die ursprüngliche Einspeisevergütung erzielt werden kann, kommt es nicht an. Denn maßgeblich ist nicht der Jetzt-Zeitpunkt, sondern der Zeitpunkt der erstmaligen Verbindung der Module mit der Anlage im Jahr 2009. Dass zu diesem Zeitpunkt die ursprüngliche Einspeisevergütung erzielt werden konnte, steht außer Frage.
Dass die Module seit Jahren nicht mehr auf dem Markt sind, spielt ebenfalls keine Rolle, weil es auf den Zeitpunkt 2009 ankommt. Dass es zu diesem Zeitpunkt die Module bzw. andere vergleichbare Modelle nicht mehr gab, behauptet der Kläger nicht.
Das Landgericht hat auch mit Recht davon abgesehen, das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten zu der Behauptung, dass ein einfacher Austausch der Module nicht möglich sei, sondern der Ausbau der Module eine komplette Neukonzeption der verbleibenden Gesamtanlage erforderlich mache, wodurch Kosten entstünden, die im Verhältnis zu dem Wert der abgetrennten Module außer Verhältnis stünden, zu erholen.
Denn der Kläger behauptet nicht, dass die auszubauenden Module nicht durch gleiche oder ähnliche Module ersetzt und dadurch die Gesamtsache in gleicher oder ähnlicher Funktion – nämlich als Photovoltaikanlage mit einer Gesamtleistung von 1.050 kWp – wiederhergestellt werden kann, sondern lediglich, dass die Wiederherstellung der verbleibenden Restsache sehr aufwendig und sehr teuer wäre. Maßgeblich ist jedoch nicht der Aufwand, den der Besitzer der Restsache zu deren Wiederherstellung hat, sondern, was die Abtrennung der Module kostet und ob dies außer Verhältnis zu deren Wert im Jahr 2009 steht. Insoweit fehlt es jedoch – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – an Sachvortrag.
c) Der Erwerb der Module und der Unterkonstruktion erfolgte gemäß § 929 Satz 1, § 930 BGB.
aa) Die Parteien haben sich über den Eigentumsübergang (aufschiebend bedingt) geeinigt, § 8 des Kaufvertrags. Die Bedingung – die vollständige Zahlung des Kaufpreises – ist unstreitig eingetreten. Die Anlage 2a zum Kaufvertrag (Bl. 109 d. A) ändert entgegen der Ansicht der Berufung nichts an der wirksamen Einigung der Parteien über den Eigentumsübergang.
bb) Der Inhalt der Einigung entspricht auch dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot.
Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist Rechnung getragen, wenn es infolge der Wahl einfacher, äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGH, Urt. v. 31.01.1979 – VIII ZR 93/78, Tz. 11; Urt. v. 03.07.2000 – II ZR 314/98, Tz. 14).
Vorliegend ergibt sich aus Ziffer 2 der Vorbemerkung i. V. m. § 3 Nr. 1 des Kaufvertrags, dass der Beklagte an der in der Anlage 1 zum Vertrag abgebildeten Photovoltaikanlage die Module erworben hat, die mit der im Angebot/Bestellung näher bezeichneten Nummer gekennzeichnet sind. Aus dem Angebot/Bestellung ergeben sich die Nummern xx1, xx2 und xx3 und die Anzahl der Module (60 Stück) sowie deren nähere technische Beschreibung. Gleiches ergibt sich auch aus den dem Kaufvertrag als Anlage 2a beigefügten Projektdaten.
Wo in der Photovoltaikanlage sich die 60 mit den Nummern xx1 bis xx3 zusammengefassten Module befinden, folgt aus der dem Kaufvertrag beigefügten Anlage 1. Zwar ist die vom Beklagten zunächst vorgelegte Schwarz-Weiß-Kopie (Bl. 106 d.A.) schwer lesbar. Auf der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 20.10.2018 als Ergänzung zu Anlage K 2 vorgelegten Farbkopie der Anlage 1 (Bl. 561 ff. d. A.) ist aber – wie in der mündlichen Verhandlung am 10.09.2019 erörtert – ohne weiteres zu lesen, dass sich die Nummern xx1 bis xx3 im Teilabschnitt B in der 10. Reihe von unten befinden und die gesamte Reihe, die aus 60 „Kästchen“ (= Modulen) besteht, betreffen. Der Senat hat keinerlei Zweifel, dass die vom Beklagten vorgelegte Farbkopie identisch ist mit der von ihm zunächst vorgelegten Schwarz-Weiß-Kopie.
cc) Ein Besitzkonstitut im Sinne von § 930 BGB liegt in Form eines Mietvertrags mit der Schuldnerin bzw. deren Tochtergesellschaft vor, mittels dessen der Beklagte den mittelbaren Besitz an den Modulen sowie der Unterkonstruktion erlangt hat, denn die Schuldnerin bzw. ihre Tochtergesellschaft übten ihren unmittelbaren Besitz ersichtlich für den Beklagten aus.
dd) Die im Kaufvertrag in § 1 Nr. 3 vereinbarte aufschiebende Bedingung hindert die wirksame Übereignung der Module und der Unterkonstruktion an den Beklagten nicht.
Zwar trifft es zu, dass für die S.V. KG ein – gegenüber der Schuldnerin – vorrangiges Photovoltaikanlagenrecht im Grundbuch eingetragen ist (Anl. K 4, Bl. 40 f. d. A.).
Nach dem eindeutigen Wortlaut der von der Schuldnerin als Verwenderin gestellten Vertragsklausel dient die Klausel aber ausschließlich dem Schutz des Käufers und damit dem des Beklagten, so dass sich der Kläger nicht zu dessen Nachteil darauf berufen kann.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Der Fall hat keine Grundsatzbedeutung. Es handelt sich um die Subsumtion eines Einzelfalls unter feststehende Rechtsgrundsätze. Soweit für den Senat ersichtlich liegt auch keine divergierende Entscheidung eines gleich- oder höherrangigen Gerichts vor.


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