Handels- und Gesellschaftsrecht

Scheidungsverfahren, Schmerzensgeldanspruch, Antragsgegner, Kostenentscheidung, Eheleute, Ehe, Wohnung, Rechtsverfolgung, Anspruch, Zinsen, FamFG, Vergangenheit, Interesse, Notwehr, Kosten der Rechtsverfolgung, drei Jahre

Aktenzeichen  110 F 402/21

Datum:
8.7.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 46083
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt mit dem am 28.9.2020 zunächst bei der Zivilabteilung des Amtsgerichts Nürnberg eingegangenen und dem Antragsgegner am 25.11.2020 zugestellten Antrag die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Das Scheidungsverfahren wird beim Amtsgericht Nürnberg unter dem AZ 110 F geführt.
Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegner habe ihr am 1.2.2017 mit der Faust gegen die Nase geschlagen. Sie habe hierdurch einen Nasenbeinbruch erlitten. Sie habe unter starken Schmerzen gelitten und sei zwei Wochen arbeitsunfähig gewesen. Der Antragsgegner habe sie plötzlich und unvermittelt angegriffen. Sie habe Aufwendungen in Höhe von 20.- € für Fahrten zum Arzt und Medikamentenzuzahlungen gehabt.
Es seien weiter vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 403.- € angefallen.
Vorgerichtlich habe der Antragsteller eine Zahlungsaufforderung durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 11.9.2020 zurückgewiesen.
Sie beantragt daher:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin aufgrund des Vorfalls vom 1. Februar 2017 ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.9.2020 zu bezahlen, wobei die genaue Höhe des Schmerzensgeldes in das Ermessen des gerichts gestellt wird.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.9.2020 zu bezahlen,
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 403,22 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.9.2020 zu bezahlen.
Der Antragsgegner beantragt
Antragsabweisung.
Er trägt vor, es werde nicht bestritten, dass der Antragsgegner im Februar 2017 geschlagen habe. Allerdings habe ihn die Antragstellerin zuerst angegriffen, er habe sich nur zur Wehr gesetzt.
Darüber hinaus sei ein möglicher Anspruch verwirkt. Man habe sich bereits im Mai 2017 versöhnt und wieder friedlich zusammengelebt.
Die Antragstellerin bestritt eine Versöhnung zunächst, trug jedoch im Termin vom 17.6.2021 selbst vor, sie habe dem Antragsgegner eine neue Chance geben wollen und man habe in der Folge tatsächlich friedlich zusammengelebt. Sie ist aber in Anbetracht des nunmehr laufenden Scheidungsverfahrens der Auffassung, dass der Antragsgegner (wieder) zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet sei. Dass der Antragsgegner in Notwehr gehandelt hat, bestreitet sie unter Antritt eines Zeugenbeweises.
II.
Dier Antrag war abzuweisen, da die Forderung zur Zeit ihrer Geltendmachung verwirkt war.
Es kommt daher nicht darauf an, ob der Antragsgegner wie vorgetragen in Notwehr gehandelt hat oder nicht. Abgesehen davon, dass in Anbetracht, dass der Antragsgegner der Antragstellerin unstreitig die von dieser genannten Verletzungen zugefügt hat und nach Auffassung des Gerichts deswegen für das Vorliegen einer Notwehrsituation beweisbelastet wäre, bestand auch deswegen kein Grund, die von der Antragsgegnerin benannten Zeugen zu laden.
Das Gericht geht davon aus, dass sich die Beteiligten nach dem streitgegenständlichen Vorfall versöhnt haben. Dies ist auch der beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte (259 JS) zu entnehmen. Bereits darin hatte die Antragsgegnerin gegenüber der Polizei erklärt, dass kein Interesse an einer Strafverfolgung mehr bestünde, da man sich „vertragen“ habe und wieder in der gemeinsamen Wohnung zusammenlebe.
Ob es erneut zu einem „ehelichen Zusammenleben“ gekommen ist, wie der Antragsgegner vorträgt, oder ob man „wie Bruder und Schwester zusammengelebt“ hat, wie die Antragstellerin angibt, ist nach Auffassung des Gerichts dabei unerheblich.
Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, sie habe dem Antragsgegner noch eine Chance geben wollen und man habe tatsächlich „friedlich“ zusammengelebt.
Eine „Versöhnung“ in der Ehe bedeutet nach Auffassung des Gerichts, dass die Streitparteien davon ausgehen, dass die Vergangenheit als abgeschlossen gelten soll und man im Interesse eines zukünftig friedlichen Zusammenlebens gegenseitige Ansprüche aus der Vergangenheit nicht mehr geltend macht. Die Antragstellerin hat in der Folge auch über drei Jahre lang den Schmerzensgeldanspruch weder außergerichtlich noch gerichtlich geltend gemacht. Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsgegner nach einer so langen Zeit des weiteren unstreitig friedlichen Zusammenlebens in der gemeinsamen Wohnung nach einer stattgehabten Versöhnung darauf vertrauen durfte, dass ein Schmerzensgeldanspruch wegen des Vorfalls vom Februar 2017 nicht mehr geltend gemacht wird. Dass die Antragstellerin, wie zunächst schriftsätzlich vorgetragen, nur aus Angst vor dem Antragsgegner ihren Schmerzensgeldanspruch nicht geltend gemacht habe, hat diese selbst gerade nicht bestätigt.
Unter diesen Umständen ist nach Überzeugung des Gerichts das für die Verwirkung des Anspruchs auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach dem Rechtsgedanken des § 242 BGB erforderliche Zeitmoment ebenso erfüllt wie das Umstandsmoment.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 FamFG, § 91 Abs. 1 ZPO.


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