Insolvenzrecht

Abgewiesene Klage im Streit um Veranlagung zur Einkommensteuer

Aktenzeichen  9 K 644/18

Datum:
13.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2018, 1705
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 20 Abs. 2 S.1 Nr. 1, S. 2, Abs. 4

 

Leitsatz

Keine steuerliche Berücksichtigung des Wertverlusts von Aktien im Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Aktiengesellschaft.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1. Die Klage ist unbegründet.
a) Der Wertverlust der Aktien der N-AG ist im Streitjahr nicht zu berücksichtigen, da es an einem Tatbestand fehlt, der gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und Abs. 4 EStG einer Veräußerung gleichgestellt werden könnte.
aa) Gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbar. Im Streitfall ist eine Veräußerung nicht erfolgt
bb) Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Es ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung, dass der Umstand, dass Aktien infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wie hier massiv an Wert verlieren, keinen dieser Tatbestände erfüllt. Darüber hinaus wurde im Streitjahr 2013 kein Tatbestand verwirklicht, der einer Veräußerung gleichzustellen ist, insbesondere hat kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden und es ist auch kein endgültiger Verlust der Werthaltigkeit der Aktien eingetreten. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens reicht hierfür in der Regel nicht aus (vgl. BFH-Urt. vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15, BFH/NV 2018, 280). Die bereits im Jahr 2012 erfolgte Eintragung der Auflösung der AG ins Handelsregister nach § 262 Aktiengesetz (AktG) führte nicht unmittelbar das Ende der AG als juristischer Person herbei. Vielmehr begann die Liquidation (Abwicklung), während der die AG als solche fortbesteht. Erst nach Abschluss der Liquidation wird die Gesellschaft gelöscht, § 273 Abs. 1 AktG, und ist damit voll beendet; die juristische Person geht unter (vgl. Kraft in Kölner Kommentar, 2. Aufl., Vorb. § 262, Rz. 1). Da die Insolvenzordnung ein spezielleres Abwicklungsverfahren zur Verfügung stellt, findet keine Abwicklung nach §§ 264 ff AktG statt, § 264 Abs. 1 AktG. Das Insolvenzverfahren ist zwar auf Liquidation der Insolvenzmasse angelegt, muss aber nicht zur Zerschlagung führen. Gemäß § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG kann die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen werden, wenn sie durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst worden ist, das Verfahren aber auf Antrag des Schuldner eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben worden ist. Vorliegend ist die N-AG im Streitjahr 2013 nicht erloschen. Die Beendigung des Insolvenzverfahrens, die gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB) ins Handelsregister einzutragen gewesen wäre, fand nicht statt. Die Aktien wurden auch nicht aus dem Depot des Klägers ausgebucht. Vielmehr wurden sie – trotz Auflösung der N-AG zum 21. März 2012 – zum 31. Dezember 2012 von der B-Bank mit 0,047 € /Aktie bewertet. Zum 31. Dezember 2013 betrug dieser Wert 0,029 € / Aktie. Ein endgültiger Wertverlust ist somit weder im Jahr 2012 noch im Streitjahr 2013 eingetreten.
b) Im Streitjahr 2013 wurden die Depotgebühren zu Recht nicht in Abzug gebracht.
Gemäß § 20 Abs. 9 EStG ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten ein Betrag von 801 € anzuziehen (Sparer-Pauschbetrag); der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Werbungskosten in Deutschland oder im EU-Ausland entstanden sind.
Danach können im Streitfall die Depotgebühren nicht zusätzlich zum Sparer-Pauschbetrag berücksichtigt werden. Da inländische und ausländische Sachverhalte gleich behandelt werden, ist eine europarechtswidrige Diskriminierung nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, 137 Satz 1 FGO. Trotz der Teilabhilfe für das Streitjahr 2013 waren dem Kläger auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, da er erst im gerichtlichen Verfahren die Günstigerprüfung beantragt und erklärt hat, dass keine weiteren Kapitaleinkünfte erzielt wurden. Zu den Tatsachen im Sinne des § 137 Satz 1 FGO gehören auch Anträge und Erklärungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (BFH-Beschluss vom 28. November 2007 X S 9/07, BFH/NV 2008, 585).
Die Entscheidung durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung beruht auf §§ 6, 90 Abs. 2 FGO.


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