Insolvenzrecht

Erweiterte Gewerbeuntersagung

Aktenzeichen  M 16 K 19.3261

Datum:
14.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18779
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1
GewO § 35 Abs. 1 S. 2
GewO § 12

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Die Klage ist aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Untersagung des vom Kläger ausgeübten Gewerbes ist § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Danach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
a) Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, wie eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände und die Nichterfüllung von Erklärungspflichten kommt es nicht an, da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach objektiven Kriterien bestimmt. Daher ist es grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm „mildernde Umstände“ zur Seite stehen (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff; BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris).
Vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese – durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete – Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris).
Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan auch effektiv eingehalten wird (BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 22 C 13.1163 – juris).
Da über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist zudem die Regelung des § 12 GewO zu beachten. Danach finden Vorschriften, die die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Insolvenzordnung (InsO) angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Dies gilt jedoch nach § 12 Satz 2 GewO nicht für eine nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO freigegebene selbständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn dessen Unzuverlässigkeit mit Tatsachen begründet wird, die nach der Freigabe eingetreten sind. Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner, der eine selbständige Tätigkeit ausübt, zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Im vorliegenden Fall hat der Insolvenzverwalter am 6. Juli 2017 gegenüber dem Kläger erklärt, dass das Vermögen aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Damit wurde die selbständige Tätigkeit des Klägers freigegeben.
Nach diesen Maßstäben rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers aus der Zusammenschau der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen. So hatte der Kläger für den nach der im Insolvenzverfahren erfolgten Freigabeerklärung liegenden Zeitraum von Mai 2018 bis September 2018 Beitragsrückstände bei der K. Krankenkasse, die sowohl nach ihrem absoluten Betrag wie auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Gewerbes erheblich erscheinen. Der Kläger arbeitete auch nicht nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept. Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan effektiv eingehalten wird. Wie die K. Krankenkasse der Beklagten mitgeteilt hat, bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Zahlungsvereinbarung. Zudem wurde der Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 10. Januar 2018 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in neun Fällen gemäß §§ 266a Abs. 1, 53 Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig verurteilt und hat sich damit als gewerberechtlich unzuverlässig erwiesen.
Im Hinblick auf die strafrechtliche Verurteilung ist auszuführen, dass sich die von der Behörde anzustellende Prognose, wonach der Gewerbetreibende auf Grund der für die Vergangenheit festgestellten Verstöße auch für die Zukunft als unzuverlässig gilt, schon auf eine erhebliche gewerbebezogene Straftat stützen kann. Maßgeblich ist dabei nicht die Verurteilung als solche, sondern die der Verurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen. Die Behörde hat zu prüfen, ob diese die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dartun. Eine zeitliche Grenze für die Heranziehung von Straftaten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ergibt sich aus dem Verwertungsverbot des § 51 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (BZRG) (Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand März 2019, § 35 Rn. 37, 41). Nach alledem durfte die Beklagte die Unzuverlässigkeit des Klägers auf den der Verurteilung vom 10. Januar 2018 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zugrunde liegenden Sachverhalt, wie er vom Amtsgericht München ermittelt wurde, stützen. Danach hat der Kläger im Zeitraum von Juli 2016 bis März 2017 Arbeitnehmeranteile in Höhe von insgesamt 3.335,04 Euro nicht an die gesetzlichen Krankenkassen abgeführt. Zwar führten unter anderem die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Schulden bei der B. Krankenkasse zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31. Mai 2017, allerdings liegt in dem der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt ein Unwertgehalt, der über die bloße Nichtzahlung der Krankenkassenbeiträge hinausgeht, so dass § 12 Satz 1 GewO der Berücksichtigung im Gewerbeuntersagungsverfahren nicht entgegensteht (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2020 – 22 ZB 20.127 – juris). Die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 266a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass dem Täter die Abführung der Beiträge möglich und zumutbar ist. Unmöglichkeit kann zwar bei Zahlungsunfähigkeit vorliegen, jedoch genügt es dafür nicht, dass der Täter nicht mehr alle Verbindlichkeiten erfüllen kann, sondern ihm müssen konkret die Mittel für die – vorrangige – Entrichtung der fälligen Arbeitnehmerbeiträge fehlen (BGH, B.v. 28.5.2002 – 5 StR 16.02 – juris; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 266a Rn. 10). Als Fälle der Unzumutbarkeit kommen im Wesentlichen nur solche in Betracht, in denen die Bezahlung zu einer Gefahr für höchstpersönliche Rechtsgüter des Pflichtigen oder ihm nahestehender Personen führt (Perron in Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 266a Rn. 10). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Zahlung der Arbeitnehmeranteile an die Krankenkasse unmöglich oder unzumutbar war, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Maßgeblich für die Beurteilung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit mit Blick auf den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt sind somit nicht die ungeordneten Vermögensverhältnissen, die zur Nichtzahlung der Krankenkassenbeiträge geführt haben, als solche. Vielmehr wird aus dem Verhalten des Klägers, die Arbeitnehmeranteile, die nicht ihm selbst, sondern der Krankenkasse zustehen und der sozialen Absicherung der seiner Fürsorge unterstellten Arbeitnehmer dienen (vgl. BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 22 B 14.880 – juris Rn. 24), nicht ordnungsgemäß an die Krankenkasse abzuführen, deutlich, dass der Kläger um seines eigenen finanziellen Vorteils willen bereit ist, sich über Rechtsnormen hinwegzusetzen. Dies lässt auf einen Charakter des Klägers schließen, der die negative Zukunftsprognose, wie sie von der Beklagten angestellt wurde, trägt.
b) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu untersagen. Ein Ermessensspielraum steht der zuständigen Behörde insoweit grundsätzlich nicht zu. In Anbetracht der Beitragsrückstände bei der Krankenkasse sowie der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer gewerbebezogenen Straftat war die Untersagung der Gewerbeausübung auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich.
c) Die Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5/94 – juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen ex-tremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
2. Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit ist § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
a) Die Beklagte hat aus überzeugenden Gründen eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers angenommen.
Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Indem der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der K. Krankenkasse nicht nachgekommen ist, hat er Pflichten verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten. Zudem wurde der Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 10. Januar 2018 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in neun Fällen gemäß §§ 266a Abs. 1, 53 StGB rechtskräftig verurteilt, weil er nach den Feststellungen des Amtsgerichts München im Zeitraum von Juli 2016 bis März 2017 Arbeitnehmeranteile in Höhe von insgesamt 3.335,04 Euro nicht an die gesetzlichen Krankenkassen abgeführt hat. Dies rechtfertigt die Annahme, dass er ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen würde.
b) Die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist auch erforderlich.
Erforderlich ist die Erstreckung der Gewerbeuntersagung, wenn zu erwarten ist, dass der Gewerbetreibende auf entsprechende andere gewerbliche Tätigkeiten ausweichen wird. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich.
c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht im Ermessen der Behörde. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere – nicht ausgeübte – gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
d) Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz in Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1/93 – juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3. Hinsichtlich der Bemessung der Frist zur Einstellung der Gewerbeausübung und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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