Aktenzeichen 44 T 95/17
Leitsatz
Mit der Zahlung durch den Schuldner ist die Zwangsvollstreckung vollständig beendet und das Rechtsschutzbedürfnis für einen Rechtsbehelf ist durch prozessuale Überholung entfallen. Auf die Frage, ob die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt ist oder nicht, kommt es nicht an. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 3330/16 2017-01-18 AGGUENZBURG AG Günzburg
Tenor
Beschluss
I. Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 22.01.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Günzburg vom 18.01.2017 (Az.: M 3330/16) wird kostenfällig als unzulässig verworfen.
II. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 117,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Ausstandsverzeichnisses des Landkreises … mit einer Hauptforderung in Höhe von 117,00 Euro. Auf dieser Grundlage erteilte der Gläubiger unter dem 09.11.2016 (Gerichtsvollzieher-Dienstakte) Zwangsvollstreckungsauftrag. Die zuständige Gerichtsvollzieherin forderte den Schuldner unter dem 22.11.2016 (Gerichtsvollzieher-Dienstakte) zur Zahlung auf und bestimmte gleichzeitig Termin zur Durchführung der Zwangsvollstreckung vor Ort auf den 14.12.2016. Daraufhin teilte der Schuldner mit Schriftsatz vom 28.11.2016 (Gerichtsvollzieher-Dienstakte) mit, dass ein Besuch bei ihm überflüssig sei. Außerdem habe er keine den Gebühren entsprechende Menge an Restmüll verursacht. Im Rahmen des Termins in der Wohnung des Schuldners am 14.12.2016 erklärte der Schuldner ausweislich des bei der Gerichtsvollzieher-Dienstakte befindlichen Protokolls, dass er nicht zur Zahlung bereit sei, da keine entsprechende Verpflichtung bestehe. Daraufhin bestimmte die zuständige Gerichtsvollzieherin unter dem 16.12.2016 (Gerichtsvollzieher-Dienste) Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 24.01.2017. Die entsprechende Ladung wurde dem Schuldner ausweislich der bei der Gerichtsvollzieher-Dienstakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 17.12.2016 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2016 (Bl. 1/4 d.A.) legte der Schuldner beim Amtsgericht Günzburg Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckungssache ein und führte zur Begründung aus, dass er lediglich eine geringe Menge an Restmüll produziere und mit dem Gläubiger keinen Vertrag geschlossen habe. Das Amtsgericht Günzburg bat den Schuldner mit Verfügung vom 27.12.2016 (Bl. 4 Rückseite d.A.) um Mitteilung, ob der vorgenannte Schriftsatz als Rechtsbehelf ausgelegt werden solle und gegen welche Zwangsvollstreckungsmaßnahme sich der Schuldner ggf. wenden wolle. Daraufhin teilte der Schuldner mit Schriftsatz vom 30.12.2016 (Bl. 5 d.A.) mit, dass er die Forderung nicht einsehe und nicht anerkenne. Mit weiterem Schriftsatz vom 01.01.2017 (Bl. 6 d.A.), legte der Schuldner erneut Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckungssache ein und legte erneut dar, dass er nicht zur Zahlung von „Wuchergebühren“ bereit sei. Das Amtsgericht Günzburg wies mit Verfügung vom 02.01.2017 (Bl. 7 d.A.) darauf hin, dass Einwendungen gegen die Forderung an sich nur im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden könnten. Eine solche Klage dürfte jedoch keine Aussicht auf Erfolg haben. Daraufhin teilte der Schuldner mit Schriftsatz vom 16.01.2017 (Bl. 8/9 d.A.) mit, dass von ihm Geld für Leistungen verlangt werde, die er nicht in Anspruch nehme. Das Amtsgericht bearbeitete die Einwendungen des Schuldners nunmehr als Erinnerung und entschied mit Beschluss vom 18.01.2017 (Bl. 10/11 d.A.), die Erinnerung zurückzuweisen. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass lediglich materiell rechtliche Einwendungen vorgetragen wurden, die im Vollstreckungsverfahren nicht berücksichtigt werden könnten. Gegen diesen Beschluss, der dem Schuldner ausweislich der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde am 21.01.2017 zugestellt worden war, legte der Schuldner mit Schriftsatz vom 22.01.2017, beim Landgericht Memmingen eingegangen per Telefax am 24.01.2017 (Bl. 15 d.A.), Widerspruch ein.
Zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft am 24.01.2017 erschien der Schuldner ausweislich des bei der Gerichtsvollzieher-Dienstakte befindlichen Protokolls unentschuldigt nicht. Daraufhin ordnete die zuständige Gerichtsvollzieherin unter dem 24.01.2017 (Gerichtsvollzieher-Dienstakte) die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft an. Diese Eintragungsanordnung wurde dem Schuldner ausweislich der bei der Gerichtsvollzieher-Dienstakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 26.01.2017 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 01.02.2017 (Bl. 16/21 d.A.) teilte der Schuldner erneut mit, dass bei ihm kein Müll in nennenswerter Menge anfalle und er daher nicht zur Zahlung bereit sei. Das Amtsgericht Günzburg entschied mit Beschluss vom 02.02.2017 (Bl. 22/23 d.A.), der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und legte die Akten dem Landgericht Memmingen zur Entscheidung vor. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Einwendungen des Schuldners nach wie vor allenfalls im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden könnten. Tatsachen oder Verfahrensmängel, die eine Vollstreckung hindern würden, seien nicht ersichtlich. Mit Schriftsatz vom 05.02.2017 (Bl. 25 d.A.) teilte der Schuldner mit, dass er nunmehr eine Vollstreckungsgegenklage wolle.
Das Beschwerdegericht wies mit Verfügung vom 15.02.2017 (Bl. 36 d.A.) darauf hin, dass die Forderung vollständig bezahlt wurde und das Rechtsschutzinteresse weggefallen sein dürfte. Daher stellte das Beschwerdegericht eine Rücknahme der Beschwerde anheim. Der Schuldner teilte mit Schriftsatz vom 19.02.2017 (Bl. 37 d.A.) mit, dass die Zahlung lediglich unter Vorbehalt erfolgt sei, um die bevorstehende Verhaftung zu vermeiden. Daraufhin wies das Beschwerdegericht mit Verfügung vom 06.03.2017 (Bl. 38 d.A.) erneut darauf hin, dass der zu vollstreckende Betrag an den Gläubiger ausgekehrt worden sei und damit die Zwangsvollstreckung vollständig beendet sei. Durch prozessuale Überholung sei daher das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Auf die Frage, ob die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt sei oder nicht, dürfte es nicht ankommen. Daraufhin teilte der Schuldner mit Schriftsatz vom 15.03.2017 (Bl. 41 d.A.) mit, dass er nach wie vor nicht wisse, was er hätte tun sollen. Bei Nichtzahlung hätte er sich 6 Monate unschuldig einsperren lassen müssen.
II.
Die statthafte (§ 793 ZPO) sofortige Beschwerde ist bereits unzulässig. Das Amtsgericht Günzburg hat die Schriftsätze des Schuldners mangels Konkretisierung durch denselben zu Recht als Erinnerung behandelt und diese zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Schuldner mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde. Allerdings ergibt sich aus der beigezogenen Gerichtsvollzieher-Dienstakte, dass der zu vollstreckende Betrag am 07.02.2017 bezahlt und der Titel an den Schuldner ausgehändigt wurde. Am 08.02.2017 wurde der vereinnahmte Betrag an den Gläubiger ausgekehrt.
Damit ist die Zwangsvollstreckung vollständig beendet (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, vor § 704 Rn. 29) und das Rechtsschutzbedürfnis ist durch prozessuale Überholung entfallen (vgl. Wall, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, § 572 Rn. 12; Wulf, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 23. Edition, Stand 01.02.2016, § 572 Rn. 14; Lipp, in: Münchener Kommentar ZPO, 5. Auflage 2016, § 572 Rn. 26; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage 2016, § 572 Rn. 18). Auf die Frage, ob die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt ist oder nicht, kommt es nicht an (vgl. zum Parallelfall der Abgabe der Vermögensauskunft unter dem Eindruck der bevorstehenden Verhaftung Voit, in: Musielak/derselbe, ZPO, 13. Auflage 2016, § 802 g Rn. 10).
Die sofortige Beschwerde war nach alledem als unzulässig zu verwerfen. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache findet nicht statt. Ebensowenig ist es dem Beschwerdegericht möglich, Ausführungen dazu zu tätigen, was der Schuldner hätte tun können bzw. sollen.
Soweit der Schuldner mit Schriftsatz vom 05.02.2017 ausgeführt hatte, dass seine Schreiben an das Amtsgericht Günzburg als Vollstreckungsgegenklage gewertet werden sollen, wird dies durch das Amtsgericht Günzburg nach Aktenrückleitung zu prüfen sein.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren erfolgt entsprechend § 25 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 RVG auf die Höhe der der Vollstreckung zugrundeliegenden Hauptforderung.