IT- und Medienrecht

Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens –  Organisationsgewalt des Dienstherrn

Aktenzeichen  AN 16 E 20.00368

Datum:
18.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10406
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens hinsichtlich eines höherwertigen Dienstpostens.
Der Antragsteller ist Regierungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 12 BBesO) im Dienst des Antragsgegners. Er bewarb sich im März 2018 erfolglos um den mit der Besoldungsgruppe A 13 BBesO bewerteten Dienstposten „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ am Standort … Weil die damals getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen auf einem fehlerhaften Leistungsvergleich beruht hat, untersagte auf Antrag des Antragstellers hin die Kammer dem Antragsgegner mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 (Az. AN 16 E 18.00766) im Wege der einstweiligen Anordnung, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Antragsgegner brach das Auswahlverfahren daraufhin ab und führte ein erneutes Auswahlverfahren bezüglich des verfahrensgegenständlichen Dienstpostens durch, aus dem wiederum der Beigeladene erfolgreich hervorging. Da die wiederholte Auswahlentscheidung ebenfalls auf einem fehlerhaften Leistungsvergleich beruht hat, untersagte auf Antrag des Antragstellers hin die Kammer dem Antragsgegner mit Beschluss vom 21. Juni 2019 (Az. AN 16 E 19.00885) abermals im Wege der einstweiligen Anordnung, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Am 8. November 2019 beantragte der Leiter der Dienststelle Süd des Antragsgegners die Zusammenlegung der Aufgaben der Dienstposten „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden/Pfalz“ mit Dienstort … und „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ mit Dienstort … zu einem mit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz“ mit Dienstort … sowie die Rücknahme der Ausschreibung des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“.
Zur Begründung des Antrags wurde ausgeführt, dass der Dienstposteninhaber des Dienstpostens „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden/Pfalz“ am … 2019 in den Ruhestand versetzt worden ist. Die Prüfung einer Nachbesetzung seines Dienstpostens habe ergeben, dass sich sowohl die Arbeiten auf diesem als auch auf dem zur Besetzung ausgeschriebenen Dienstposten „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ erheblich reduziert haben. Mangels Vollauslastung sei es zweckmäßig, die Dienstposten zusammenzulegen. Insbesondere das zu betreuende Buspersonal habe sich infolge nicht vorhersehbarer Zurruhesetzungen und Verrentungen verringert, auf dem Dienstposten GA 211 würden derzeit noch 30 Personen, auf dem Dienstposten GA 215 46 Personen betreut. In den kommenden Jahren werde sich das Buspersonal aufgrund des hohen Altersdurchschnitts weiter reduzieren. Durch den inzwischen stark verringerten Personalbestand hätten sich die Verantwortlichkeiten und zu erledigenden Aufgaben zudem auf eine Wertigkeit von G 12 reduziert. Diese Entwicklung mache somit auch die Ausschreibung des Dienstpostens GA 215 entbehrlich. Im Hinblick auf ein künftiges rationelles und reibungsloses Arbeiten im Sachgebiet 21 sei es zweckmäßig, für den neu einzurichtenden Dienstposten den Dienstort … festzulegen. Dort sei die überwiegende Zahl der Busgesellschaften angesiedelt, mit denen DÜ-Verträge bestünden. Kontakte zu diesen könnten somit auf kurzem Wege gepflegt werden, kostenintensive Dienstreisen entfielen. Aufgrund weiteren Schwindens des Personalbestandes sei eine Auslastung des Dienstpostens künftig durch die Verlagerung von Aufgaben aus dem Sachgebiet 21 geplant. Am Dienstort … seien zudem eine effektivere Einarbeitung und interne Abstimmungen sowohl innerhalb des Sachgebiets 21 als auch fachübergreifend besser und schneller möglich als bei Bestimmung eines anderen Dienstortes.
Am 20. November 2019 ließ der Antragsteller Klage erheben mit dem Ziel der Verpflichtung des Antragsgegners, ihm den ausgeschriebenen Dienstposten GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg zu übertragen, bzw. hilfsweise neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seine Bewerbung zu entscheiden. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen AN 16 K 19.02275 geführt.
Am 10. Januar 2020 brach der Antragsgegner das Stellenbesetzungsverfahren bezüglich des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ aus organisatorischen und personalwirtschaftlichen Gründen endgültig ab und berief sich zur Begründung auf den Antrag des Leiters der Dienststelle Süd vom 8. November 2019. Ergänzend wurde festgestellt, dass die Maßnahme der Zusammenlegung der Dienstposten GA 211 und GA 215 zum Zeitpunkt der Ausschreibung des Dienstpostens GA 215 am Standort … noch nicht absehbar war. Der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens unterfalle jedoch dem weiten Anwendungsbereich der Organisationsregelungsbefugnis des Dienstherrn und sei vorliegend sachlich gerechtfertigt.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2020 setzte der Antragsgegner den Antragsteller und den Beigeladenen über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens bezüglich des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ in Kenntnis.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2020 übertrug der Antragsgegner dem Beigeladenen den Dienstposten „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz“.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. Februar 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangen am 28. Februar 2020, beantragte der Antragsteller:
I.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im Rahmen der vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach anhängigen Konkurrentenklage, AZ: AN 16 K 19.02275, das Stellenbesetzungsverfahren bezüglich des ausgeschriebenen Dienstpostens GA 215, HgL Bus Württemberg, aus organisatorischen und personalwirtschaftlichen Gründen endgültig abzubrechen.
II.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, den bei der Dienststelle Süd des Bundeseisenbahnvermögens vorhandenen Dienstposten GA 211, Hauptgruppenleiter Bus Baden/Pfalz mit Dienstort … und den Dienstposten GA 215, Hauptgruppenleiter Bus Württemberg mit Dienstort … zu einem Dienstposten GA 211, Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz mit Dienstort … zusammenzulegen.
Zur Antragsbegründung führten die Antragstellerbevollmächtigten aus, dass der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sachlich nicht gerechtfertigt sei. Die zur Begründung angeführte Zusammenführung der Dienstposten GA 211 und GA 215 zu einem Dienstposten GA 211 mit Dienstort … sei offensichtlich im Hinblick auf das Stellenbesetzungsverfahren erfolgt; der Antragsgegner wolle den Anspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG vereiteln und dem Beigeladenen einen Vorteil verschaffen. Auf Anfragen zum Sachstand des hinsichtlich der Stellenbesetzung noch laufenden Widerspruchsverfahrens vom 8. Oktober 2019 und 4. November 2019 hin habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 18. November 2019 mitgeteilt, dass über den Widerspruch des Antragstellers im Stellenbesetzungsverfahren noch nicht entschieden werden könne, da noch eine fachdienstliche Stellungnahme ausstehe. Am 8. November 2019 habe der Antragsgegner allerdings bereits entschieden gehabt, das Stellenbesetzungsverfahren endgültig abzubrechen. Allein die zeitliche Folge zeige, dass die Antragsgegnerin versuche, das wiederum fehlerhaft eingeleitete Auswahlverfahren einer gerichtlichen Entscheidung zu entziehen. Sachliche Gründe für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens lägen nicht vor. Der zusammengelegte Dienstposten GA 211 mit Dienstort … erweise sich für den Beigeladenen als vorteilhaft. Es werde bestritten, dass sich die Arbeiten erheblich reduziert hätten und keine Vollauslastung mehr gegeben sei. Weiter sei der Rückgang des Personals vorhersehbar gewesen. Zudem könne man auch nicht von einem erheblichen Personalrückgang sprechen, wenn man die Statistiken der DÜV-Kräfte Bus und Reinigung der Dienststelle Süd …/ … vom 31. März 2019 und 30. November 2019 vergleiche. Die Dienststelle Süd halte zudem viele Sachgebiete vor, die doppelt besetzt seien, wie aus einer übermittelten Anwesenheits-/Abwesenheitsliste hervorgehe. Der Antragsgegner hätte den Dienstposten GA 211 Baden/Pfalz auch beispielsweise mit der Hauptgruppe Bahnreinigung zusammenschließen können. Da sich die Mehrheit der Mitarbeiter am Dienstort … befinde, führe die Festlegung des neuen Dienstortes … auch nicht zu positiven Effekten auf die Anzahl von Dienstreisen, vielmehr wäre der Dienstort … sachgerecht gewesen. Gegen die Reduzierung der Wertigkeit der zu erledigenden Aufgaben auf G 12 spräche, dass die Anzahl der Mitarbeiter für die Bewertung eines Dienstpostens nur sekundär von Bedeutung sei, primär komme es auf die Schwere und Komplexität der Aufgaben an. Der Stellenausschreibung lag eine Höherbewertung des ausgeschriebenen Dienstpostens GA 215 nach G 13 zugrunde, weil dem Dienstposten die Aufgabenorganisation und Betreuung des Arbeitskreises DÜV des Referats 21 der Hauptverwaltung Bundeseisenbahnvermögen übertragen wurde. Es sei fraglich, wo diese Arbeitsinhalte nunmehr verbleiben.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2020 brachten die Antragstellerbevollmächtigten ein Organigramm der Dienststelle Süd des Antragsgegners, Stand März 2020, in Vorlage, und führten dazu aus, dass sich aus diesem die Auflösung des Dienstpostens Hauptgruppenleiter Bus 215, Dienstort …, ergebe. Dem Beigeladenen sei der neue Dienstposten Hauptgruppenleiter 211 Bus Baden-Württemberg/Pfalz ohne jegliche Ausschreibung übertragen worden.
Mit Schriftsatz vom 17. April 2020 beantragte der Antragsgegner, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO abzulehnen, und erwiderte auf den Antrag des Antragstellers wie folgt:
„Soweit der Antragsteller eine Untersagung der Dienstposten GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden/Pfalz und GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg zu einem Dienstposten GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz begehre, werde darauf hingewiesen, dass diese Zusammenlegung bereits erfolgt ist. Sie erweise sich auch weder als willkürlich noch als ermessensfehlerhaft. Die Arbeiten der beiden Dienstposten könnten von nur einer Vollzeitkraft erledigt werden, da sich das zu betreuende Buspersonal insoweit verringert habe und sich auch in den nächsten Jahren noch weiter reduzieren werde. Es werde auf die tabellarische Aufstellung des Fachdienstes auf Bl. 3 ff. des Verwaltungsvorgangs verwiesen. Zudem hätten sich auch die DÜV-Kräfte, die von der Dienststelle Süd …/ … zu betreuen seien, erheblich reduziert, wie die beigefügten Anlagen 1 – 4 zeigen. Auf dem ehemaligen Dienstposten GA 211 seien zuletzt 28 Personen, auf dem Dienstposten GA 215 zuletzt 44 Personen zu betreuen gewesen; 2002 seien dies 353 bzw. 311 Personen gewesen. Im Übrigen sei das Ausscheiden von Beschäftigten vor der gesetzlichen Altersgrenze nicht kalkulierbar. Beschäftigte würden ihren Dienstherrn nur teilweise über derartige Absichten informieren, zudem erfolgten auch vorzeitige Zurruhesetzungen aufgrund Dienstunfähigkeit. Die Zusammenlegung der beiden Dienstposten sei aus personalwirtschaftlicher und organisatorischer Sicht sachlich gerechtfertigt. Soweit der Antragsteller auf eine Besetzung einzelner Sachgebiete mit mehreren Sachgebietsleitern verweist, handle es sich neben dem jeweils zuständigen Sachgebietsleiter um keinen zweiten Sachgebietsleiter, sondern eine führende Kraft, die diese Geschäfte wie ein Sachgebietsleiter führt. Zudem verkenne der Antragsteller Umfang und Bedeutung der einzelnen Sachgebiete, die teilweise die Angelegenheiten von über 8000 Mitarbeitern zu betreuen hätten. Die Schaffung sowie der Zuschnitt von Dienstposten unterfiele jedoch ohnehin der Organisationsgewalt des Dienstherrn. Es bestünden auch keine subjektiven Rechte des Antragstellers gegen den neuen Zuschnitt des Dienstpostens, die Schaffung und Bewirtschaftung von Planstellen diene vielmehr dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Der für den neu einzurichtenden Dienstposten festgelegte Dienstort … erweise sich als zweckmäßig, da aufgrund Ruheständen in den Jahren 2020/2021 eine engere Verzahnung des Sachgebiets 21 und der Hauptgruppe Bus absehbar bevorstehe, in deren Rahmen ein reibungsloser Übergang von Aufgaben sowie ein optimaler Arbeitsablauf dann gewährleistet sei, wenn der Sachgebietsleiter 21 und der Hauptgruppenleiter Bus am Dienstort … eingesetzt seien. Zudem sei … der Standort der DB Regio Bus Baden-Württemberg, bei der die überwiegende Zahl der Busgesellschaften in Baden-Württemberg, mit denen Dienstleistungsüberlassungsverträge bestehen, zentralisiert sei. Die Zusammenlegung der beiden Dienstposten sei schließlich auch nicht erfolgt, um dem Beigeladenen einen Vorteil zu verschaffen, wobei ein solcher weder ersichtlich noch vorgetragen sei. Die nach G 13 bewertbaren Aufgaben auf dem neu geschaffenen Dienstposten hätten sich im Zuge des schwindenden Personals trotz Betreuung des Arbeitskreises DÜV für das Referat 21 der Hauptverwaltung des BEV reduziert, sodass eine Bewertung lediglich nach G 12 gerechtfertigt sei. Über die Bewertung von Dienstposten entscheide im Übrigen der Dienstherr im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit. Beamte hätten keinen Anspruch auf Beibehaltung oder Höherstufung der Wertigkeit eines Dienstpostens. Soweit der Antragsteller alternative Dienstpostenzuschnitte vorschlägt, falle dies nicht in seinen Kompetenzbereich. Da es sich um eine amtsgleiche Übertragung des neuen Dienstpostens an den Beigeladenen gehandelt habe, sei auch keine Ausschreibung erforderlich gewesen. Der Beigeladene habe einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, nachdem der bislang von ihm bekleidete Dienstposten GA 215 nicht mehr existiere.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen, weil er unbegründet ist.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet das Begehren des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Fortführung des abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens bezüglich des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ zu verpflichten. Dies ergibt die an § 88 VwGO orientierte Auslegung der unter Ziffer I und II gestellten Anträge aus dem Schriftsatz der Antragstellerbevollmächtigten vom 27. Februar 2020, die sich ihrem Wortlaut nach zwar auf eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterlassung des bereits erfolgten Abbruchs des verfahrensgegenständlichen Stellenbesetzungsverfahrens nebst Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterlassung der ebenso bereits ergangenen Organisationsentscheidung bezüglich des Dienstpostens GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg richten. In seiner Antragsbegründung wendet sich der Antragsteller jedoch eingehend gegen diese Entscheidungen des Antragsgegners. Effektiver Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG gegen einen unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann vorliegend daher nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden mit dem Ziel einer zeitnahen Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis.
2. Der so verstandene Antrag vom 28. Februar 2020 erweist sich als zulässig. Er wahrt insbesondere die Monatsfrist, welche durch den Zugang der Abbruchmitteilung ausgelöst wird und sich an dem für Beamte generell geltenden Rechtsmittelsystem orientiert (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 24). Der Antragsgegner hatte den Antragsteller mit Schreiben vom 29. Januar 2020 über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens bezüglich des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ in Kenntnis gesetzt.
3. In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg, da der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat.
a) Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Dieser liegt in dem aus dem Gebot der Rechtssicherheit folgenden Erfordernis einer zeitnahen Klärung. Sowohl der Dienstherr als auch der Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Das Begehren auf zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens kann durch eine Klage in der Hauptsache nicht erreicht werden. Der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ergibt sich insoweit aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens selbst, das nach dem Ergebnis der unter Ziffer 1. erfolgten Auslegung entsprechend § 88 VwGO auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet ist und deshalb bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 22; B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2/15 – juris Rn. 12).
b) Dem Antragsteller steht jedoch kein Anordnungsanspruch zur Seite, weil er eine Fortführung des streitgegenständlichen Verfahrens zur Dienstpostenvergabe nicht auf Grundlage seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG verlangen kann. Er ist nämlich durch den Abbruch insoweit nicht in seiner subjektiven Rechtsstellung betroffen.
aa) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dieser sog. Bewerbungsverfahrensanspruch ist stets auf ein konkretes Stellebesetzungsverfahren gerichtet und besteht grundsätzlich nur, wenn eine Ernennung oder eine diese vorherbestimmende Dienstpostenvergabe vorgenommen werden soll. Entfällt der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung, weil die Planstelle nicht mehr zur Verfügung steht oder weil sich der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt entschieden hat, das ausgeschriebene Amt (so) nicht (mehr) zu vergeben, wird das hierauf bezogene Auswahlverfahren gegenstandslos, womit auch der Bewerbungsverfahrensanspruch untergeht (stRspr., vgl. etwa BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 16; B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2/15 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 3 CE 18.504 – juris Rn. 3 f.; OVG NW, B.v. 5.2.2018 – 1 B 1146/17 – juris Rn. 8 ff.; Hess. VGH, B.v. 5.9.2017 – 1 B 998/17 – juris Rn. 19 ff.). Die Entscheidung eines Dienstherrn über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens unterliegt dabei im Hinblick auf den Anspruch eines Bewerbers auf Fortführung des Verfahrens nicht stets den gleichen rechtlichen Anforderungen und Maßgaben. In Fällen, in denen der Dienstherr die Stelle unbeschadet der getroffenen Abbruchentscheidung unverändert weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält, bedarf es für die Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung über den Abbruch eines nach den Grundsätzen der Bestenauslese begonnenen Auswahlverfahrens zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügt (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 17 ff.). Bezieht sich seine Entscheidung, das in Gang gesetzte Auswahlverfahren abzubrechen, hingegen nicht auf die organisatorische Ausgestaltung des Auswahlverfahrens, sondern auf den Zuschnitt und die Gestaltung des Amtes, so unterfällt diese Entscheidung allein seiner Organisationsgewalt und wird nicht durch subjektive Bewerbungsverfahrensrechte eines Bewerbers beschränkt (BayVGH, a.a.O.). Denn es ist der Organisationsgewalt des Dienstherrn vorbehalten, zu entscheiden, ob und welche Ämter er schaffen und wie er seine Dienstposten zuschneiden will (BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 2 C 11.11 – juris Rn. 20). Will der Dienstherr eine Stelle nicht mehr oder nicht mehr so vergeben, unterliegt diese Entscheidung nach der zitierten Rechtsprechung deshalb allenfalls einem ungeschriebenen Missbrauchs- und Manipulationsverbot, das nur eine von einer Plausibilitätskontrolle zu unterscheidende Willkürprüfung nach sich zieht.
bb) Nach diesen Maßgaben verletzt die Entscheidung des Antragsgegners, das gegenständliche Auswahlverfahren zur Vergabe des Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ abzubrechen, bereits deshalb nicht den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers, weil die Abbruchentscheidung vorliegend ausschließlich der Organisationsgewalt des Dienstherrn unterfällt.
Der Antragsgegner stützt seine Abbruchentscheidung vom 10. Januar 2020 auf organisationsrechtliche und personalwirtschaftliche Gründe. Ihr liegt die Entscheidung des Leiters der Dienststelle Süd des … vom 8. November 2019 zugrunde, die Aufgaben des ausgeschrieben gewesenen Dienstpostens „GA 215 Hauptgruppenleiter Bus Württemberg“ sowie die Aufgaben des Dienstpostens „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden/Pfalz“ zusammenzulegen zu einem mit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten „GA 211 Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz“. Damit ist eine Neuausschreibung des ursprünglich ausgeschriebenen Dienstpostens weder weiter möglich, noch erfolgt noch geplant. Das konkrete Auswahlverfahren hat sich vielmehr erledigt, womit auch der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG untergegangen ist. Der Antragsteller hat auch nichts glaubhaft gemacht, was hieran in tatsächlicher Hinsicht Zweifel erwecken würde. Im Gegenteil ist der damals ausgeschriebene Dienstposten GA 215 in dem von ihm in Vorlage gebrachten Organigramm der Dienststelle Süd, Außenstelle …, des Antragsgegners zum Stand März 2020 tatsächlich nicht mehr enthalten. Die ursprünglich diesem Dienstposten zugewiesenen Aufgaben obliegen nunmehr dem Hauptgruppenleiter Bus Baden-Württemberg/Pfalz (GA 211). Letzterer wird nach statusgleicher Dienstpostenübertragung des Antragsgegners vom 18. Februar 2020 inzwischen von dem Beigeladenen bekleidet. Diese Verfahrensweise hat dem Beigeladenen entgegen der Auffassung des Antragstellers keinen rechtlich relevanten Vorteil verschafft und wahrt die Interessen des Antragstellers bereits deshalb, weil ihm insoweit kein Konkurrent vorgezogen wurde. Denn dem Beigeladenen ist kein höherwertiger Dienstposten übertragen worden, welcher einer Ausschreibung bedurft hätte. Ansprüche auf eine Schaffung oder Aufrechterhaltung von Beförderungsdienstposten vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG dagegen gerade nicht (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 40).
cc) Schließlich hat der Antragsteller auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Organisationsgewalt oder ein sonstiges willkürliches Verhalten des Antragsgegners glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegner hat die Zurruhesetzung des Hauptgruppenleiters Bus Baden/Pfalz (GA 211) zum 1. November 2019 für seine Überlegungen zu einem Neuzuschnitt der Dienstposten der Hauptgruppenleiter Bus im Zuständigkeitsbereich der Dienststelle Süd zum Anlass genommen und kam dabei zu der Entscheidung, den damals ausgeschriebenen Dienstposten GA 215 mit einem weiteren Dienstposten aufgrund festgestellter Aufgabenreduktion unter Rückstufung auf die Wertigkeit eines Dienstpostens der Besoldungsgruppe A 12 BBesO zusammenzulegen. Dies begegnet im Rahmen einer Missbrauchskontrolle keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere musste der Antragsgegner entgegen der Auffassung des Antragstellers zum Zweck der Willkürprüfung keine genaueren Angaben zum Inhalt der geltend gemachten Reduzierung der auf den zusammengelegten Dienstposten anfallenden Aufgaben machen. Dasselbe gilt für die Bewertung der noch verbleibenden Aufgaben, auf die der Antragsgegner seine Entscheidung zur Reduzierung der Wertigkeit des neu geschaffenen Dienstpostens auf A 12 BBesO stützt. Denn unter welchen Umständen ein Personalbedarf für Dienstposten als bestehend bzw. wegfallend einzuschätzen ist, bestimmt ebenso wie die Neubewertung desselben im Kern allein der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens. Schließlich gibt auch der zeitliche Ablauf des Abbruchs der Stellenbesetzung keinerlei Grund für die Annahme einer willkürlichen oder missbräuchlichen Entscheidung des Antragsgegners. Zum einen hat er mit seiner Ausschreibung eines höherwertigen Dienstpostens keinen Vertrauensschutz begründet, der eine unwiderrufliche Bindung seiner ausgeübten Organisationsgewalt zur Folge hätte. Zum anderen hinderte auch der Umstand, dass das Auswahlverfahren mehrmals auf stattgebende Beschlüsse der Kammer vom 20. Dezember 2018 (Az. AN 16 E 19.00766) und vom 21. Juni 2019 (Az. AN 16 E 19.00885) zugunsten des Antragstellers hin zunächst fortgeführt wurde, den Antragsgegner nicht an einer Neubewertung der Situation im November 2019. Der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner wolle ein fehlerhaft eingeleitetes Auswahlverfahren einer gerichtlichen Kontrolle unterziehen, greift demnach nicht. Dass der Personalsachbereich des Antragsgegners dem Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2019 mitgeteilt hat, über seinen Widerspruch im Stellenbesetzungsverfahren aufgrund einer ausstehenden fachdienstlichen Stellungnahme noch nicht entscheiden zu können, lässt schon deshalb keinerlei Raum für die Annahme von Willkür oder Manipulation, weil die Abbruchentscheidung des Antragsgegners erst am 10. Januar 2020 getroffen worden ist.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, kann er eine Kostenerstattung für etwaige außergerichtliche Kosten nicht beanspruchen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aus. Denn für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens kommt allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht. Der Regelstreitwert ist angemessen, weil der Antrag lediglich auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens und nicht bereits auf die Vergabe des Dienstpostens an einen bestimmten Bewerber gerichtet ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4/18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36).


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