IT- und Medienrecht

Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht für den Wasserbezug aus der Wasserversorgungseinrichtung

Aktenzeichen  B 4 K 15.648

Datum:
3.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WAS § 7 Abs. 1 S. 1
AVBWasserV AVBWasserV § 3 Abs. 1, § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Anspruch auf Teilbefreiung vom Wasserbezug aus der Wasserversorgungseinrichtung hängt von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung ab.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 31.07.2015 verpflichtet, den Wasserbezug des Klägers aus der öffentlichen Wasserversorgung auf den Wasserbezug für das Wohnhaus, die Reinigung der Melkanlage und den Tränkbedarf für den Jungviehstall zu beschränken.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2015 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, weil er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Kläger hat Anspruch auf Beschränkung der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung in dem von ihm beantragten Umfang. Deshalb war gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Verpflichtung der Beklagten wie in Ziffer 1 des Tenors auszusprechen.
Grundlage für das Beschränkungsbegehren des Klägers ist § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS der Beklagten vom 05.12.1995. Nach dieser Norm wird die Benutzungspflicht auf Antrag auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und andere Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO angeordneten, prinzipiell umfassenden Benutzungszwang an die bundesrechtliche Vorgabe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV (VO über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser v. 20.6.1980, BGBl I S. 750, ber. S. 1067) angepasst. Mit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS soll das Allgemeininteresse an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung mit den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse zum Ausgleich gebracht werden (vgl. BVerfG, B. v. 02.11.1981 – 2 BvR 671/81 – NVwZ 1982, 306/308; BVerwG, U. v. 11.04.1986 – 7 C 50.83 – NVwZ 1986, 754/755). Da die von der Satzung ermöglichte Beschränkung des Benutzungszwangs eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, mit der im Einzelfall auftretende Härten abgemildert werden können, ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS für die einzelnen Antragsteller bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf entsprechende Teilbefreiung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BayVGH, U. v. 26.04.2007 – 4 BV 05.1037 – DÖV 2007, 935).
Der Kläger erstrebt mit seinem Antrag eine Beschränkung des Benutzungszwangs auf einen „bestimmten Verwendungszweck oder Teilbedarf“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS, nämlich wie in der mündlichen Verhandlung beantragt, hinsichtlich des Wasserbezugs für das Wohnhaus, die Reinigung der Melkanlage und den Tränkbedarf für den Jungviehstall. Diesen Wasserbedarf will er weiter aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung beziehen. Dagegen soll der Wasserbedarf für die Tränke im Milchviehstall, für das Reinigen der Ställe und der Maschinen sowie für den Pflanzenschutz aus einer noch zu errichtenden eigenen Wasserversorgungseinrichtung bezogen werden.
Maßgebend für die Prüfung dieses Verpflichtungsbegehrens sind, da es um eine Beschränkung des Benutzungszwangs für die Zukunft geht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren (BayVGH, U. v. 03.04.2014 – 4 B 13.2455, juris Rn. 20), insbesondere also die derzeit geltenden örtlichen und regionalen Gebührensätze und die für das letzte Abrechnungsjahr ermittelten Wasserverbrauchsmengen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass als jährliche Wasserverbrauchsmenge für die maßgebliche Einrichtung (Wasserwerk II) 36.700 m³ und als Verbrauchsminderung durch das Beschränkungsbegehren des Klägers eine Wassermenge von ca. 2.000 m³ anzusetzen sind. Die satzungsmäßige Verbrauchsgebühr beträgt laut § 10 Abs. 1 BGS/WAS 1,67 EUR pro m³.
Bei der Prüfung, ob der geltend gemachte Rechtsanspruch auf Teilbefreiung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS am Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung“ scheitert, ob also die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit überschritten ist, weil als Folge der beantragten Beschränkung der Benutzungspflicht die Trinkwasserversorgung in der betroffenen Gemeinde zu erträglichen Preisen nicht (mehr) möglich ist, ist nicht nur das konkret zur Entscheidung stehende Beschränkungsverlangen mit seiner Auswirkung auf die Gebührenhöhe in den Blick zu nehmen, sondern neben den bereits früher positiv verbeschiedenen auch etwaige weitere anhängige Beschränkungsanträge, denen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste. Nicht als mögliche „Berufungsfälle“ zu berücksichtigen sind dagegen bloße Interessebekundungen, die noch nicht in schriftlich begründeten Anträgen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 WAS) zum Ausdruck gekommen, sondern dem Einrichtungsträger nur auf anderem Wege bekannt geworden sind (BayVGH, U. v. 03.04.2014, a. a. O., juris Rn. 21).
Gemessen daran bleibt es hier dabei, dass im Hinblick auf die „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ nur die Auswirkungen des Beschränkungsantrags des Klägers verfahrensrelevant sind. Weder bei der Beklagten noch bei Gericht sind weitere gleichgerichtete Anträge in schriftlicher Form anhängig. Die Beklagte trägt noch nicht einmal aktuelle „Interessensbekundungen“ vor. Sie vermutet lediglich, dass auch die Landwirte, die bereits im Jahr 2008 zusammen mit dem Kläger einen Beschränkungsantrag gestellt, dessen Ablehnung aber ohne Rechtsbehelf akzeptiert haben, im Falle des Obsiegens des Klägers erneut Anträge nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS stellen könnten. Das genügt nicht, um weitere fiktive Minderverbrauchsmengen in die Zumutbarkeitsberechnung einzustellen.
Bei einem Rückgang der jährlichen Verbrauchsmenge von 36.700 m³ auf 34.700 m³ (bereits früher positiv verbeschiedene Beschränkungsanträge liegen für das Wasserwerk II nicht vor) errechnen die Beteiligten übereinstimmend eine fiktive Erhöhung der Verbrauchsgebühr von 1,67 EUR pro m³ auf 1,76 EUR pro m³ (entspricht 6,6%). Dieses Ergebnis liegt weit unterhalb der in der Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 03.04.2014 entwickelten örtlichen bzw. überörtlichen Zumutbarkeitsschwellen (BayVGH, a. a. O., juris Rn. 24ff.), so dass sich weitere komplizierte Rechenschritte erübrigen.
Der Klage war daher stattzugeben und die Beklagte zu verpflichten, dem Antrag des Klägers auf Beschränkung der Benutzungspflicht zu entsprechen. Es wird noch darauf hingewiesen, dass die Beklagte bei ihrer zu treffenden Entscheidung nach § 7 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 WAS Nebenbestimmungen hinzufügen kann.
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.


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