IT- und Medienrecht

Anspruch auf Herausgabe verschiedener Gegenstände von früherem gemeinsamen Hausstand

Aktenzeichen  001 F 618/15

Datum:
3.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bad Kissingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG FamFG § 113 Abs. 1, § 266 Abs. 1 Nr. 3
GVG GVG § 17a Abs. 2 S. 3, S. 6
BGB BGB § 562b, § 858, § 861
ZPO ZPO § 253 Abs. 2

 

Leitsatz

Bei dem Herausgabeverlangen von Hausratsgegenständen sind diese nach der Art und Weise Ihrer Beschaffenheit bezogen auf die Größe, Form, Farbe und Material so zu beschreiben, das sie eindeutig konkretisiert werden können. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Herausgabe verschiedener Gegenstände des früheren gemeinsamen Hausstands in Anspruch und verlangt für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe Auskunft über den Verbleib der Gegenstände und Schadensersatz.
Die Beteiligten lebten seit 1982 zusammen, heirateten am 14.12.1990 und wurden am 16.12.2003 rechtskräftig geschieden. Die Antragsgegnerin war bereits im Sommer 2002 aus dem Anwesen … in …, welches in ihrem Eigentum stand und den Beteiligten als Ehewohnung diente, ausgezogen. Eine Hausratsteilung war bei Trennung und Scheidung unterblieben. Der Antragsteller nutzte das Anwesen weiter aufgrund eines Mietvertrags mit der Antragsgegnerin, wobei er sich verpflichtete, die Raten für das Hausdarlehen zu bedienen und die verbrauchsabhängigen Nebenkosten zu tragen. Gleichwohl wurde das Anwesen der Antragsgegnerin schließlich zwangsversteigert. Am 21.08.2013 wurde der Fa. …-GmbH der Zuschlag erteilt, welche am 13.08.2014 als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde. Aufgrund eines neuerlichen Mietvertrages mit der Ersteherin nutzt der Antragsteller das Anwesen weiter als Zweitwohnsitz.
Vor der Zwangsversteigerung im August 2013 räumte die Antragsgegnerin während einer krankheitsbedingten Abwesenheit des Antragstellers eine Vielzahl von Gegenständen aus dem Anwesen.
Der Antragsteller verlangt die Herausgabe der Gegenstände von der Antragsgegnerin. Er ist der Auffassung, es handele sich dabei um sein Eigentum. Den Perserteppich habe er bereits vor der Eheschließung erworben. Die übrigen Gegenstände habe er seit dem Auszug der Antragsgegnerin im Jahr 2002 allein in Besitz gehabt, sodass die Vermutung des § 1006 BGB für sein Alleineigentum spreche. Zudem habe die Antragsgegnerin bei Auszug und Scheidung erklärt, dass sie von ihm nichts wolle. Der Herausgabeanspruch ergebe sich aus verbotener Eigenmacht und Schadensersatz.
Der Antragsteller hat zunächst mit Schriftsatz vom 25.09.2013 Klage zum Landgericht Schweinfurt erhoben und von der Antragsgegnerin die Herausgabe eines Schlafzimmerschranks, eines Bettes, einer dreiteiligen Bettumrandung, einer Biedermeieruhr und eines Perserteppichs verlangt, deren Gesamtwert er mit 35.000,00 Euro bezifferte. Sodann hat er mit Schriftsatz vom 06.06.2014 die Klage um einen Auskunftsantrag erweitert. Schließlich hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 26.01.2015 eine Klageerweiterung mit Zusammenfassung der bisher gestellten Anträge eingereicht und macht seither die Herausgabe der in einer Anlage aufgelisteten Gegenstände geltend und für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe der Gegenstände Auskunft über deren Verbleib und Schadensersatz. Den Gesamtwert der herausverlangten Gegenstände gibt der Antragsteller mit 84.265,00 Euro an. Der Schriftsatz vom 26.01.2015 wurde der Antragsgegnerin am 06.07.2015 zugestellt, obwohl auch bis dahin nicht der angeforderte Gerichtsgebührenvorschuss vom Antragsteller eingezahlt worden war.
Im Termin vom 04.02.2015 vor dem Landgericht Schweinfurt ist u. a. der gerichtliche Hinweis erteilt worden, dass nach vorläufiger Einschätzung auch im klageerweiternden Schriftsatz vom 26.01.2015 die herausverlangten Gegenstände nicht in einer Art und Weise konkretisiert sind, die gemäß § 253 Abs. 2 ZPO erforderlich ist.
Zudem hat der damalige Antragstellervertreter nach entsprechendem richterlichen Hinweis die als Anlage 1 zum Schriftsatz vom 26.01.2015 eingereichte Liste der herausverlangten Gegenstände jeweils eigenhändig unterzeichnet.
Nachdem zunächst die Antragsgegnerin die Zuständigkeit des Landgerichts Schweinfurt gerügt und die Zuständigkeit des Familiengerichts für gegeben erachtet hatte, hat im Termin vom 04.02.2015 der Antragsteller die Verweisung der Sache insgesamt an das Amtsgericht – Familiengericht – Bad Kissingen beantragt. Die Antragsgegnerin hat dem Verweisungsantrag zugestimmt.
Mit Beschluss vom 11.09.2015 ist das Verfahren an das Amtsgericht – Familiengericht – Bad Kissingen verwiesen worden.
Der Antragsteller beantragt zuletzt, bezüglich Ziffer 2a und b im Wege der Klagehäufung, vorsorglich auch hilfsweise:
1.) Die Herausgabe der in der Anlage 1 aufgelisteten Gegenstände,
2.) für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe,
a) Auskunft über den Verbleib der nicht herausgebaren Gegenstände,
b) Schadensersatz zu den nicht herausgebaren Gegenständen, jeweils in Höhe von der in Anlage 1 genannten Beträge. Jeweils zzgl. 5%-Punkte über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes.
Die Anlage 1 wird als Seite 3a bis 3e zum Endbeschluss vom 03.05.2016 genommen.
Zur Fassung des Antrags hat der aktuelle Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers im Termin vom 07.04.2016 vor dem Amtsgericht Bad Kissingen die Auffassung vertreten, dass hinsichtlich der Konkretisierung der herausverlangten Gegenstände das zugrundeliegende Verhältnis beachtet werden müsse und die Antragsgegnerin wisse, welche Gegenstände gemeint seien.
Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung der Anträge.
Sie ist der Auffassung, dass es sich bei den herausverlangten Gegenständen als Hausrat um gemeinsames Eigentum der Beteiligten handelt. Daher habe sie keine verbotene Eigenmacht verübt. Hilfsweise werde das Vermieterpfandrecht an den Gegenständen geltend gemacht. Hilfsweise rechne sie mit Gegenansprüchen auf Entschädigung für ein durch Zwangsversteigerung erloschenes Wohnungsrecht an einem Hausgrundstück des Antragstellers und auf Schadensersatz auf, da der Antragsteller das Haus der Antragsgegnerin sowie die Möbel habe verfallen und vermodern lassen.
Ergänzend wird zum Sachverhalt auf die schriftlichen Ausführungen der Beteiligten und deren Vorbringen im Terminsprotokoll vom 07.04.2016 vor dem Amtsgericht Bad Kissingen Bezug genommen.
II
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bad Kissingen für die Entscheidung des Verfahrens als sonstige Familienstreitsache gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist gegeben. Zudem ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 11.09.2015 bindend, § 17a Abs. 2 S. 3, Abs. 6 GVG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Wohnsitz der Antragsgegnerin, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 12, 13 ZPO.
Die Anträge sind allerdings als unzulässig abzuweisen, da sie nicht den Vorgaben der §§ 113 Abs. 1 FamFG, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrages entsprechen.
Soweit mit Ziffer 1 des Antrags vom 26.01.2015 die Herausgabe der in der Anlage 1 aufgelisteten Gegenstände verlangt wird, sind diese nicht in einer die Zwangsvollstreckung ermöglichenden konkreten Art und Weise bezeichnet. Zwar wird zurecht darauf hingewiesen, dass sich die Bestimmtheit des Klageantrags nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis und damit nach dem Einzelfall richtet, wie dies auch in der vom Landgericht im Termin vom 04.02.2015 zitierten Entscheidung des BGH vom 28.11.2002, I ZR 168/2000, Juris Rn 46 ausgeführt wird. Der Hinweis, die Antragsgegnerin wisse auch aus dem vorliegenden Antrag, welche Gegenstände gemeint seien, ist zutreffend. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Antragsgegnerin sich ausweislich ihrer Ausführungen zuletzt im Termin im Recht sieht – was sie freilich nicht ist, da sie verbotene Eigenmacht verübt hat und somit einem Anspruch aus §§ 861, 858 BGB ausgesetzt ist; mangels drohender Entfernung der Sachen oder Auszug des Mieters stand ihr auch kein Selbsthilferecht nach § 562b BGB zu. Aufgrund ihrer Haltung ist die Antragsgegnerin aber zu keiner freiwilligen Herausgabe der Gegenstände bereit. Im Rahmen einer Herausgabevereinbarung, die von beiden Beteiligten mitgetragen wird, mag eine Bezeichnung der Gegenstände in der Art und Weise, wie sie in der Anlage 1 zum Antrag vom 26.01.2015 enthalten ist, genügen, da beide wissen, welcher Gegenstand gemeint ist. Vorliegend kann eine Herausgabe jedoch nur im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Insoweit ist zu fordern, dass Haushaltsgegenstände, um die es sich vorliegend handelt, möglichst genau nach Aussehen (Farbe, Größe, Form) bezeichnet werden (vgl. Zöller, § 86 FamFG Rn 8). Dies ist in der Auflistung in Anlage 1 durchweg nicht der Fall. Wo eine gegenständliche Beschreibung erfolgt, fehlt eine weitere Konkretisierung hinsichtlich ungefährer Größe, Farbe oder Material. Selbst bei den besser gelungenen Beschreibungen fehlen weitere Angaben, um eine sichere Unterscheidung im Rahmen der Vollstreckung vornehmen zu können. So fehlt bei Position 3 die ungefähre Größe und die Beschaffenheit des Materials, bei Position 6 die Farbe, bei Position 7 (Lampe) die Größe und die Art: Stand- oder Tischlampe, bei Position 9 ist nicht klar, ob weiß die Grundfarbe oder Farbe der Verzierung ist, bei Position 11 c fehlt die Mitteilung, ob die weißen Streifen an beiden Rändern vorhanden sind oder nicht sowie die Größe der kleineren Läufer, bei Position 12 Material und Farbe, bei Position 13 Größe und Material, bei Position 18 (Schal) ungefähre Breite und Länge, mit Fransen oder ohne, bei den Brotkörbchen die Farbe und sonstige Beschaffenheit, bei Position 19 ebenfalls die Farbe. Die teilweise Bezugnahme auf Fotografien als Anlage zur Antragsschrift vom 26.01.2015 kann den Mangel an verbaler Konkretisierung nicht ausgleichen. Selbst soweit auf den Fotografien die ursprünglich vorhandenen Gegenstände abgebildet sind und nicht der leere Raum nach ihrer Entfernung, ersetzt dies keine verbale Beschreibung, da die Vollstreckung anhand der schriftlichen Entscheidungsformel erfolgt. Da im vorliegenden Familienstreitverfahren nicht der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, kann das Gericht anhand der beigelegten Bilder auch nicht selbst eine verbale Bezeichnung der herausverlangten Gegenstände vornehmen. Dies ist und bleibt Sache des Antragstellers, der seit dem Hinweis vom 04.02.2015 mehr als ein Jahr Zeit hatte, seinen Antrag entsprechend zu konkretisieren.
Antrag Ziffer 2 ist unzulässig, da nicht mitgeteilt wird, über welche Gegenstände Auskunft über deren Verbleib verlangt wird und keine Bezifferung des Schadensersatzes erfolgt ist. Beides hätte bis zur letzten mündlichen Verhandlung benannt werden müssen, um §§ 113 Abs. 1 FamFG, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen.
III
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO. Eine Anordnung der sofortigen Wirksamkeit nach § 116 Abs. 3 FamFG ist nicht veranlasst, da keine Sachentscheidung zu vollstrecken ist.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben