IT- und Medienrecht

Anspruch auf Veröffentlichung von Petitionen auf der Internetseite des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags

Aktenzeichen  6 C 28/16

Datum:
15.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:150317U6C28.16.0
Spruchkörper:
6. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Dezember 2015, Az: OVG 3 B 9.14, Urteilvorgehend VG Berlin, 17. Oktober 2012, Az: 2 K 6.12

Tatbestand

1
Die Klägerin will erreichen, dass der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags ihre Petitionen auf seiner Internetseite “epetitionen” veröffentlicht. Der Petitionsausschuss betreibt diese Seite auf der Grundlage der von ihm erlassenen Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen (BT-Drs.18/8370 S. 138 f.). Diese Richtlinie legt im Wesentlichen Folgendes fest: Petitionen können unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formblatts elektronisch eingereicht werden. Voraussetzung für die Veröffentlichung einer solchen Petition auf der Internetseite für regelmäßig vier Wochen, d.h. für die Behandlung als öffentliche Petition, ist, dass sie ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und für eine öffentliche Diskussion geeignet ist. Darüber hinaus führt die Richtlinie Gesichtspunkte auf, aus denen eine Veröffentlichung unterbleiben kann oder muss. Ein Rechtsanspruch auf die Veröffentlichung besteht nicht. Die Entscheidung über die Veröffentlichung soll dem Petenten, im Falle der Ablehnung unter Angabe der Gründe, mitgeteilt werden. Solange die öffentliche Petition auf der Internetseite steht, können Dritte sie elektronisch mitzeichnen oder einen Diskussionsbeitrag leisten. Danach nimmt das allgemeine Petitionsverfahren nach den das Petitionswesen betreffenden Regelungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags und den Behandlungsgrundsätzen des Petitionsausschusses seinen Lauf. Dies gilt auch für Petitionen, deren Veröffentlichung der Petitionsausschuss abgelehnt hat.
2
Die Klägerin reichte 2011 und 2012 elektronisch zwei Petitionen zur Veröffentlichung auf der Internetseite “epetitionen” ein. Zum einen regte sie an, der Bundestag solle Maßnahmen ergreifen, um Arbeitsplätze denjenigen Personen vorzubehalten, die das dafür vorgesehene Studium absolviert hätten. Zum anderen machte sie geltend, der Bundestag solle die Forschung auf dem Gebiet der Herstellung künstlicher menschlicher Organe fördern. Der Petitionsausschuss lehnte die Veröffentlichungen jeweils ab und teilte dies der Klägerin mit. In der Folgezeit beschloss der Bundestag auf die Empfehlungen des Petitionsausschusses, die Petitionen abzuschließen, d.h. nichts zu veranlassen. In den Empfehlungen, die der Mitteilung an die Klägerin beigefügt waren, heißt es, das erste Anliegen habe keine Erfolgsaussichten, weil es nicht mit der Berufsfreiheit vereinbar sei, das zweite Anliegen sei wegen des kürzlich erlassenen Transplantationsgesetzes nicht erfolgversprechend.
3
Die Klage, mit der die Klägerin Ansprüche auf Veröffentlichung ihrer Petitionen auf der Internetseite des Petitionsausschusses geltend macht, hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, derartige Ansprüche folgten weder aus dem Petitionsgrundrecht nach Art. 17 GG noch aus dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG oder dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Petition der Klägerin genüge dem Schriftlichkeitserfordernis des Art. 17 GG, weil die Urheberin und deren Postanschrift ersichtlich seien und die Klägerin das im Internet zur Verfügung gestellte Formular verwendet habe. Die Ablehnung der Veröffentlichung greife nicht in den Schutzbereich des Art. 17 GG ein, weil sie die dadurch gewährleisteten Ansprüche auf ungehinderte Vorbereitung und Einreichung der Petition sowie auf deren inhaltliche Prüfung unberührt lasse. Der Gleichheitssatz sei gewahrt, weil der Petitionsausschuss seine Veröffentlichungskriterien sachgerecht auf die Petitionen der Klägerin angewandt habe. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Behandlung der zur Veröffentlichung auf der Internetseite eingereichten Petitionen dem Gesetzesvorbehalt unterliegen. In diesem Fall schieden Veröffentlichungen aus, weil der Petitionsausschuss die Internetseite rechtswidrig betreiben würde.
4
Mit der Revision trägt die Klägerin vor, es sei aus Gründen des effektiven Grundrechtsschutzes geboten, den Zugang zu der Internetseite des Petitionsausschusses als Teil des durch Art. 17 GG geschützten Petitionierens zu behandeln. Es liege auf der Hand, dass die Veröffentlichung einer Petition auf dieser Seite deren Erfolgsaussichten erheblich steigern könne. Aufgrund der vorbehaltlosen Gewährleistung des Petitionsgrundrechts könne der Zugang zu der Internetseite nur auf gesetzlicher Grundlage verweigert werden; das Gesetz dürfe nur die Knappheit der für den Betrieb bereitstehenden Ressourcen als Ablehnungsgrund vorsehen. Dies folge auch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG: Der Petitionsausschuss habe die Internetseite als öffentliche Einrichtung in Form eines Meinungsforums ausgestaltet. Daher sei für den Zugang das Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Zugangskriterien, die eine Bewertung des Inhalts des Petitionsanliegens oder seiner Erfolgsaussichten vorsähen, seien unvereinbar mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 13.07.2017 – 2 BvR 1165/17 – nicht zur Entscheidung angenommen.

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