IT- und Medienrecht

Aufsicht über Rechtsdienstleistungen; hinreichend genaue Bezeichnung von bei einer Inkassotätigkeit geltend gemachten Nebenforderungen

Aktenzeichen  3 K 412/21.NW

Datum:
25.4.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Neustadt (Weinstraße) 3. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGNEUST:2022:0425.3K412.21.NW.00
Normen:
§ 133 BGB
§ 280 BGB
§ 286 BGB
Art 12 Abs 1 GG
§ 10 Abs 1 S 1 RDG
§ 10 Abs 3 S 1 RDG
§ 10 Abs 3 S 2 RDG
§ 13a Abs 1 Nr 2 RDG
§ 13a Abs 1 Nr 5 RDG
§ 14 RDG
§ 2 Abs 2 S 1 RDG
§ 20 RDG
§ 11a Abs 1 S 1 Nr 2 RDG
§ 11a Abs 1 S 1 Nr 5 RDG
§ 1 RDGZustV RP
§ 4 ZPO
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. § 13a RDG unterscheidet bei der Formulierung der Anforderungen an die Darlegungs- und Informationspflichten ausdrücklich zwischen Fremdforderungen des Gläubigers wovon auch Nebenforderungen erfasst sind und Inkassokosten im Sinne von Eigenforderungen des Inkassounternehmens.(Rn.21)

2. Eine Auflage nach § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG in Bezug auf die Geltendmachung von Inkassokosten ist nur gerechtfertigt, wenn Verstöße gegen die Informations- und Darlegungspflichten des § 13a RDG bei der Beitreibung solcher Forderungen begangen wurden.(Rn.21)

3. Die in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG geforderte Information über den Forderungsgrund ist nur dann klar und verständlich formuliert, wenn sie Darlegungen zu dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt und der Höhe der Haupt- und Nebenforderungen enthält. Nebenforderungen sind hinreichend konkret zu bezeichnen, was im Falle der Verwendung pauschaler Begriffe wie Mahnkosten, Mahngebühren oder Nebenforderung nicht anzunehmen ist.(Rn.30)

4. Soweit eine Auflage nach § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG in Bezug auf die Geltendmachung von Nebenforderungen des Gläubigers die in § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG statuierten Anforderungen übernimmt, konkretisiert sie die in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG niederlegten Voraussetzungen in zulässiger Weise.(Rn.31)

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2020 wird aufgehoben, soweit dort eine Auflage für die Geltendmachung von Inkassokosten als Eigenforderung der Klägerin erteilt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Die Beteiligten streiten im Kern um die Frage, ob einzelne von der Klägerin im Rahmen ihrer Inkassotätigkeit gegenüber den Forderungsschuldnern ihrer Auftraggeber geltend gemachte Forderungen hinreichend genau bezeichnet sind.
Die Klägerin ist ein registriertes Inkassounternehmen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), das der Aufsicht des Präsidenten des Landgerichts Mainz untersteht.
In den Jahren 2018 und 2019 kam es bei dem Beklagten zu Beschwerden von Schuldnern, bei denen die Klägerin im Namen einer bestimmten Auftraggeberin Nebenforderungen in Höhe von 50 € bis 60 € anmeldete, die pauschal als „Mahngebühren“, „Mahnkosten“ oder „Nebenforderung“ bezeichnet und nicht näher aufgeschlüsselt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf das der Akte beigefügte Heft „erledigte Beschwerden …“ des Präsidenten des Landgerichts Mainz verwiesen.
Mit Bescheid vom 15.8.2019 erteilte die Vizepräsidentin des Landgerichts Mainz der Klägerin die Auflage, bei der Geltendmachung von Nebenforderungen, insbesondere Inkasso- und sonstigen Beitreibungskosten, gegenüber den Schuldnern ihrer Mandanten sämtliche Einzelpositionen jeweils gesondert auszuweisen sowie konkrete Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund zu machen. Die Vorgehensweise der Klägerin mache es Schuldnern unmöglich, die geltend gemachten Beträge nachzuvollziehen und ihre Berechtigung zu prüfen. Zudem bestehe der Verdacht, dass hinter den als „Mahnkosten“ der Auftraggeberin der Klägerin bezeichneten Beträgen keine tatsächlich entstandenen Kosten stünden, sondern schlichtweg ein Pauschalbetrag für allgemeine Aufwendungen geltend gemacht werde, für den es keine Rechtsgrundlage gebe. Die Auflage solle es den Schuldnern ermöglichen, die Kosten im Einzelnen zu prüfen. Eine Beschränkung der Inkassotätigkeit der Klägerin sei mit der Auflage nicht verbunden. Es handele sich vielmehr um eine klarstellende Konkretisierung der gemäß § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. ohnehin zu übermittelnden Informationen, die erforderlich sei, da die Klägerin in der Vergangenheit trotz entsprechender Aufforderung durch die Aufsichtsbehörde im Rahmen der entsprechenden Beschwerdeverfahren die von ihr geltend gemachten Inkassokosten nicht in für den jeweiligen Schuldner prüfbarer Form dargelegt habe.
Die Klägerin hat am 9.9.2019 Widerspruch gegen diesen Bescheid erhoben. Zur Begründung trug sie u.a. vor: Von der Ermächtigungsnorm des § 10 Abs. 3 Satz 1 und 3 a.F. i.V.m. § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. sei es nicht gedeckt, dass der Inhalt einer Auflage über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehe. Die Auflage weiche in zweifacher Hinsicht von § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. ab. Zunächst verweise der Tenor auf „Inkasso- und sonstige Beitreibungskosten“, obwohl § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG nur auf „sonstige Inkassokosten“ Bezug nehme. Weiter seien ausweislich des Tenors des Bescheids Nebenforderungen, „insbesondere“ die Inkassokosten und sonstigen Beitreibungskosten, auszuweisen. Von dem Regelungsgehalt des Tenors würden damit neben den Inkassokosten und sonstigen Beitreibungskosten weitere „Nebenforderungen“ erfasst, obwohl sich in § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. keine korrespondierende Regelung finde. Auch sei § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. aus näher dargelegten Gründen nicht einschlägig. Der Tenor sei darüber hinaus zu unbestimmt, da unklar sei, in welchem Umfang und mit welcher Aufgliederung die Klägerin Angaben an den Schuldner zu übermitteln habe. Es bleibe offen, welches neben den Inkassokosten konkret die „sonstigen Beitreibungskosten“ seien. Weiter sei unklar, welche neben den Inkassokosten und sonstigen Beitreibungskosten die weiteren zu benennenden Nebenforderungen seien. Zudem unterlägen die dem Inkasso vorgelagerten Kosten von vorneherein nicht den Darlegungs- und Informationspflichten des § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F., der nur für Forderungen gelte, die das Inkasso selbst beträfen. Daher umfasse § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. auch ausdrücklich nur die Inkassovergütung im Sinne der Vergütung, die das Inkassounternehmen für die Erbringung von Inkassodienstleistungen verlangen dürfe und sonstige Inkassokosten, die ebenfalls nur die beim Inkassounternehmen anfallenden Kosten umfasse. Zu einer Aufschlüsselung der Kosten des Auftraggebers sei ein Inkassounternehmen nicht verpflichtet und im Zweifel auch nicht in der Lage. Die Auflage sei zum Schutz der Rechtsuchenden und des Rechtsverkehrs nicht erforderlich, da die Klägerin neben der Hauptforderung nur die mit dem jeweiligen Auftraggeber vereinbarte Vergütung für Inkassodienstleistungen und die jeweils als Verzugsschadenersatz konkret anfallenden Kosten des Inkassos geltend mache. Weiter tätige sie stets hinreichende, marktübliche Angaben zu Art, Höhe und Entstehungsgrund von Inkassovergütung und Inkassokosten. Dadurch, dass der Beklagte den gesetzlichen Rahmen verlassen habe, habe dieser auch von dem ihm zustehenden Ermessen nicht ordnungsgemäß Gebrauch gemacht. Schließlich habe der Posten „Mahnkosten“ infolge von Automatisierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen auf 12,50 € gesenkt werden können, was deutlich unter Marktniveau liege.
Der Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 6.11.2019 nicht ab.
Die Präsidentin des OLG Koblenz wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.3.2020 mit der Maßgabe zurück, dass der Tenor des Bescheids insoweit neu gefasst werde, dass die Auflage nur für den Fall der Beitreibung von Forderungen gegenüber Privatpersonen gelte und auch auf die Geltendmachung von Mahnkosten erstreckt werde. Das Fehlen der mit der Auflage eingeforderten Angaben führe dazu, dass Privatpersonen über ihre Zahlungspflicht verunsichert seien und noch seltener gerichtlich gegen die geltend gemachten Forderungen vorgingen. Die Höhe der geltend gemachten Forderung sei dabei ohne Bedeutung. Die Verpflichtung zur genauen Bezeichnung von Nebenforderungen in Form von Mahngebühren und Mahnkosten ergebe sich aus § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. Die Kosten der Rechtsverfolgung, die dem Gläubiger selbst vor oder neben der Beauftragung des Inkassounternehmens entstanden seien, seien als Nebenforderungen nach Nr. 2 zu deklarieren. Auch für diese gälten die dort vorgesehenen Darlegungspflichten hinsichtlich des jeweiligen Forderungsgrundes. Die erteilte Auflage gehe damit nicht über die gesetzlichen Anforderungen des RDG hinaus, sondern konkretisiere diese in schutzzweckkonformer Weise. Die beanspruchten Inkassokosten und Inkassovergütungen seien gemäß § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. mit Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund darzulegen. Insoweit enthalte die Auflage eine reine Wiederholung der sich bereits aus dem Gesetz ergebenen Verpflichtung. Aufgrund der undurchsichtigen und wechselhaften Formulierungen in den Rechnungen der Klägerin habe sich die Auflage vollständigkeitshalber auf Mahn-, Inkasso- und sonstige Beitreibungskosten zu erstrecken, um einer anderweitigen, missverständlichen Verwendung durch Umgehung der bisher verwendeten Begriffe vorzubeugen. Im Widerspruchsbescheid seien zur Klarstellung auch Mahnkosten in den Tenor der Auflage aufgenommen worden, die vor der Beauftragung der Klägerin als Inkassodienstleister entstanden seien. Der Begriff der Nebenforderungen entspreche jenem des § 4 ZPO, weshalb die Auflage auch hinreichend bestimmt sei. Dabei sei es für die Klägerin hinsichtlich der übrigen Beitreibungs- und Mahnkosten ohne weiteres möglich, den tatsächlich entstandenen Aufwand, etwa in Form von Kosten für Adressermittlungen, Rücklastschriften oder vorgenommenen Mahnungen im Einzelnen aufzuführen. Die Formulierung „Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund“ ergebe sich für die Inkassovergütung und Inkassokosten unmittelbar aus § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. und diene hinsichtlich der nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. zu konkretisierenden Nebenforderung insoweit gerade der ausreichenden Bestimmtheit der Auflage, ohne dass damit inhaltlich eine von § 11a Abs. 1 Satz 1 RDG a.F. und dessen Regelungszweck nicht gedeckte Anforderung an die Klägerin verbunden sei. Die Auflage sei auch zum Schutz des Rechtsverkehrs erforderlich, was aus den zahlreichen Beschwerdefällen beispielhaft zu ersehen sei. Die Auflage sei auch verhältnismäßig, insbesondere handele es sich in Ansehung ebenfalls möglicher Sanktionen wie dem Widerruf der Registrierung nach § 14 RDG und der Möglichkeit, bereits bei erstmaliger Verletzung eine Geldbuße nach § 20 RDG zu verhängen, um das mildeste Mittel.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (2.4.2020) hat die Klägerin am 21.4.2020 Klage erhoben.
Sie trägt ergänzend vor: Die von der Aufsichtsbehörde angeordnete Auflage könne nur den gesetzlichen Status quo wiederholen. Dieser habe sich auch durch die Neufassung des § 11a RDG a.F. durch § 13a RDG n.F. nicht geändert. Der Gesetzgeber habe vielmehr ausdrücklich davon abgesehen, die Anforderungen in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG zu erhöhen. Eine Gleichstellung der Anforderungen in § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. (nunmehr § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG) mit denjenigen der Nr. 5 habe der Gesetzgeber nicht vorgenommen. Die Auflage sei in Bezug auf die geforderten Angaben zu „Inkassokosten“ rechtswidrig, da die Klägerin insoweit stets ihre Darlegungs- und Informationspflichten nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. erfülle. Auch aus Sicht des Beklagten bestehe hierfür augenscheinlich keine Veranlassung, da von dem Beklagten Versäumnisse allein in Bezug auf Nebenforderungen im Verhältnis zwischen Forderungsgläubiger und Forderungsschuldner gerügt würden. Soweit sich der Beklagte nunmehr auf § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. stütze, könnten Angaben zu Art, Höhe und Entstehungsgrund grundsätzlich nicht gefordert werden, da diese Regelung Angaben allein zum Vertragsgegenstand und dem Datum des Vertragsschlusses fordere. Anzugeben sei danach allein die rechtliche Grundlage für die Erhebung der Mahnkosten bzw. Mahngebühren. Der Rechtsgrund für die Geltendmachung von Nebenforderungen sei der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) normierte Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens. Auf die entsprechenden Bestimmungen des BGB weise die Klägerin in ihren Inkassobriefen stets hin. Für den Schuldner sei damit offenkundig, auf welchen Lebenssachverhalt sich die Mahnkosten bezögen und zwar Verzugskosten wegen Nichtzahlung der Hauptforderung. Die Auflage sei auch nicht im Sinne des § 10 Abs. 3 RDG erforderlich, da sich der Beklagte ohne Beleg und Nachweis auf den bloßen Verdacht stütze, dass hinter den geltend gemachten Nebenforderungen keine tatsächlich entstandenen Kosten stünden. Selbst gesetzeswiederholende Auflagen seien daher zu unterlassen, weil sie in dieser Konstellation als Grundlage für einen Widerruf der Registrierung dienen könnten. Auch die Ausweisung des Forderungsgrundes im Sinne des § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F. sei immer zutreffend erfolgt. Damit habe der Beklagte den Nachweis einer besonderen bzw. erhöhten Gefahrenlage nicht erbracht. Die Auflage, „sämtliche Einzelpositionen“ auszuweisen, lasse sich nicht befolgen, da der Inhalt der Verpflichtung weiter unklar sei. Zudem sei ein entsprechender Aufwand nicht zu leisten. Insbesondere könnten Rücklastschriften in vielen Fällen nicht belegt werden, weil der Gläubiger mit seiner Bank eine Pauschale vereinbart habe. Weiter sei nicht bekannt, dass der Beklagte anderen Inkassodienstleistern ähnliche Informationsanforderungen abverlange, wobei davon auszugehen sei, dass sich deren Geschäftsgebaren von jenem der Klägerin im Grundsatz nicht unterscheide. Wenn nun die Klägerin die angegriffene Auflage erfüllen müsste, entstünde ein Wettbewerbsnachteil. Die Klägerin habe den Posten „Mahnkosten“ mittlerweile signifikant abgesenkt. Die auf 12,50 € reduzierten Kosten umfassten Rücklastkosten für bis zu drei Einzüge, die Auslagen für bis zu sechs Mahnungen, Callcenter-Kosten sowie weitere Kosten. Diese laufende Entwicklung und damit die gegenwärtige und zukünftige Geschäftspraxis der Klägerin werde von dem Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt. Weder die Klägerin noch die Aufsichtsbehörde könnten dem Gläubiger vorschreiben, wie dieser seinen Geschäftsbetrieb zu führen habe. Ob die bei dem Gläubiger angefallenen Mahnkosten der Höhe nach als Verzugsschadenersatz berechtigt seien, sei ein zivilrechtlich zu klärendes Problem.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 15.8.2019 (Az. …) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2020 (Az. …) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert unter Bezugnahme auf den ergangenen Widerspruchsbescheid: Der Verstoß der Klägerin gegen die Informationspflichten sei insbesondere in den Beschwerdevorgängen … und … hinreichend belegt. Dort seien neben ausdrücklich ausgewiesenen Nebenkosten wie Rücklastschriftkosten und Adressermittlungen weitere „Mahnkosten“ bzw. „Mahngebühren Gläubiger“ geltend gemacht worden, deren Grundlage auch auf Nachfrage nicht nachvollziehbar erläutert worden sei. Insbesondere sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den vorgenannten Kostenpositionen durchweg um bereits gesondert in Rechnung gestellte Positionen oder um nicht erstattungsfähige allgemeine Geschäftskosten handeln dürfte. Die Anforderungen an die Informationspflichten ergäben sich, soweit § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F. betroffen sei, insbesondere aus der Gesetzesbegründung. Danach sei die pauschale Bezeichnung „Mahngebühren“ nicht ausreichend, da es sich hierbei um eine Forderung handele, die sich aus mehreren unterschiedlichen Kostenpositionen bzw. Einzelforderungen zusammensetze. Dies gelte umso mehr, wenn diese Einzelforderungen – wie hier – auf Sachverhalten beruhten, von denen der Schuldner überhaupt keine Kenntnis habe. Denn der Schuldner wisse nicht, welche konkreten Maßnahmen (wie bspw. die Durchführung einer Adressermittlung oder die Einholung einer Bankauskunft) der Gläubiger ggf. veranlasst habe. Wenn dem Schuldner indes nicht bekannt sei, dass in dem ihm gegenüber geltend gemachten Forderungsbetrag bspw. Kosten für eine Adressermittlung enthalten seien, sei er denklogisch nicht in der Lage, zu prüfen, ob dieser berechtigt sei, insbesondere, ob bspw. eine Adressermittlung überhaupt erforderlich gewesen sei, weil er auch weiterhin unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift wohne. Darüber hinaus würden gerade im Rahmen des Verzugsschadensersatzes häufig Kostenpositionen in Ansatz gebracht, für die es überhaupt keine rechtliche Grundlage gebe bzw. die jedenfalls in der geltend gemachten Höhe nicht erstattungsfähig seien, so dass in diesem Bereich stets eine besonders sorgfältige Prüfung angezeigt sei. Dies zeige auch der vorliegende Fall, in dem die Klägerin den konkreten Inhalt bzw. die rechtliche Grundlage der vorgenannten, beanstandeten Kostenpositionen auch auf mehrfache Nachfrage nicht habe erläutern können. Es handele sich dabei wohl um eine Art Pauschalvergütung für die „allgemeine Debitorenverwaltung“ durch einen externen Dienstleister, die als allgemeine Geschäftskosten anzusehen seien, für deren Erstattung es keine Rechtsgrundlage gebe und die auch nicht dadurch erstattungsfähig würden, dass die zu Grunde liegende Tätigkeit auf einen externen Dienstleister ausgelagert werde. Insbesondere bestehe bei Entgeltforderungen kein Anspruch auf Erstattung einer allgemeinen „Aufwandspauschale“. Damit sei im konkreten Fall ein abhilfebedürftiger Missstand gegeben. Der Umstand, dass es bezüglich einzelner Nebenforderungen in Form von Inkassokosten bislang nicht zu Beanstandungen gekommen sei, stehe der Erteilung einer allgemein gefassten Auflage nicht entgegen, da die Auflage darauf abziele, sicherzustellen, dass bei der Erhebung von Nebenforderungen gleich welcher Art generell stets sämtliche Einzelpositionen gesondert ausgewiesen sowie konkrete Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund gemacht würden. Inkassokosten seien, wie mit dem Zusatz „insbesondere“ gekennzeichnet, neben Mahn und sonstigen Beitreibungskosten lediglich zur Verdeutlichung als Beispiel für derartige Nebenforderungen genannt, ohne dass diese beispielhafte Aufzählung den Anwendungsbereich der Auflage erweitern würde. Die Auflage sei verhältnismäßig. Eine Einschränkung der Inkassotätigkeit sei nicht ersichtlich. Die Auflage sei auch nicht zu unbestimmt. Verlangt werde lediglich eine konkrete Zuordnung der Kosten zu der jeweils zu Grunde liegenden Maßnahme (wie z.B. „Adressermittlung“, „Rücklastschrift“, „Mahnschreiben“ etc.). Eine weitere kalkulatorische Aufspaltung in einzelne Kostenfaktoren wie Porto, Papier, Personalkosten etc. ergebe sich hieraus erkennbar nicht. Die Klägerin sei auch nicht daran gehindert, bspw. für Mahnschreiben einen „Pauschalbetrag“ von 2,50 € in Rechnung zu stellen, da sich der Betrag einer konkreten Maßnahme zuordnen lasse. Die Bezeichnung „Mahnkosten“ ermögliche es dem Schuldner hingegen nicht, die Berechtigung dieser Forderung zu überprüfen. Dies gelte insbesondere, wenn die „Mahnkosten“ – entsprechend der monierten Praxis der Klägerin – sowohl die zu Grunde liegende Hauptforderung, als auch die für eine einfache Mahnung üblicherweise entstehenden Kosten um ein Vielfaches überstiegen. Wenn die Klägerin mitteile, dass sie die Position „Mahnkosten“ nunmehr von bislang 35 € auf 12,50 € habe senken können, sei fraglich, ob es sich dabei – wie von der Klägerin behauptet – tatsächlich um Mahnkosten der Gläubigerseite handele, die diese als Inkassounternehmen lediglich weitergebe und auf deren Höhe sie keinen Einfluss habe. Insbesondere weise der Beklagte daraufhin, dass die nunmehr im Einzelnen erläuterten Kostenbestandteile der 12,50 € wiederum Pauschalpositionen enthielten (Rücklastkosten für bis zu drei Einzüge, die Auslagen für bis zu sechs Mahnungen, Callcenter-Kosten sowie weitere Kosten) die nicht erstattungsfähig seien, da es einen erheblichen Unterschied mache, ob im konkreten Fall lediglich ein einziges Mahnschreiben versandt worden sei oder drei erfolglose Rücklastschriftversuche erfolgt und drei Mahnschreiben versandt worden seien. Dass die Auflage verhältnismäßig sei, lasse sich auch daran ablesen, dass andere innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten tätige Inkassodienstleister ohne weiteres in der Lage seien, den Schuldnern eine detaillierte und nachvollziehbare Forderungsübersicht zur Verfügung zu stellen. In Bezug auf die von der Klägerin monierte Ungleichbehandlung werde mitgeteilt, dass es im Zuständigkeitsbereich des Beklagten bislang keine weiteren Fallkonstellationen gegeben habe, die Anlass dazu gegeben hätten, einem registrierten Inkassodienstleister entsprechende Vorgaben zu machen. Sollten der Klägerin andere Inkassodienstleister bekannt sein, die in vergleichbarer Weise pauschalierte „Mahnkosten“ oder sonstige Nebenforderungen geltend machen, möge sie diese benennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungs- und Sammelakten sowie Sonderhefte verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung des Gerichts.

Entscheidungsgründe


Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -), ist zulässig und teilweise begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 15.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2020, der u.a. klargestellt hat, dass der Ausgangsbescheid nur die Geltendmachung von Forderungen gegen Privatpersonen betrifft, ist rechtswidrig, soweit dort eine Auflage für die Geltendmachung von Inkassokosten als Eigenforderung der Klägerin erteilt wird (I.). Im Übrigen – hinsichtlich der Geltendmachung von Nebenforderungen als Fremdforderungen der jeweiligen Mandanten der Klägerin – hat die Klage keinen Erfolg (II.).
Dabei ist einleitend darauf zu verweisen, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 15.8.2019 in Gestalt des ergangenen Widerspruchsbescheids aus Sicht eines objektiven Empfängers unterschiedliche Regelungsinhalte beinhaltet. Einerseits thematisiert der Verfügungsteil dieses Bescheids “Nebenforderungen” – also auch solche der Mandanten der Klägerin gegen deren Schuldner, somit Fremdforderungen – und andererseits Inkassokosten, also Eigenforderungen der Klägerin.
(I.)
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sind die §§ 13a, 10 Abs. 3 Satz 2 Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG n.F. Danach kann der Beklagte Auflagen im Zusammenhang mit der Erbringung von Rechtsdienstleistungen – hier in Gestalt von Inkassodienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG – anordnen. Die Anordnung kann gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG jederzeit, d.h. auch nachträglich und damit nach erfolgter Registrierung erfolgen und sich insbesondere auch auf die in § 13a RDG niedergelegten Darlegungs- und Informationspflichten beziehen (BT-Drs. 17/13057, S. 20). Dadurch, dass Bedingungen und Auflagen in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit eingreifen, sind sie nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig, geeignet und erforderlich sind (vgl. Schmidt, in: Krenzler, RDG, 2. Aufl. 2017, § 10 Rn. 121). Deshalb kommt die Anordnung einer Nebenbestimmung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 RDG nur in Betracht, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist. Dient bereits die Registrierung als solche dem Schutz des Rechtsverkehrs, bedarf deren Beschränkung einer besonderen Gefahrenlage, der mit der Anordnung der Nebenbestimmung Rechnung getragen werden kann (vgl. Deckenbrock/Henssler/Rillig, 5. Aufl. 2021, RDG § 10 Rn. 128; Günther, in: Beck-OK RDG, § 10 Rn. 85, Stand: 1.4.2022). Eine Bedingung oder Auflage, die auf anderen Schutzwecken beruht, ist ausgeschlossen (vgl. Schmidt, in: Krenzler, RDG, 2. Aufl. 2017, § 10 Rn. 121).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage in Bezug auf die Anordnung einer Auflage zur Einziehung von Inkassokosten als Eigenforderungen der Klägerin nicht vor.
Die Anforderungen an die Darlegungs- und Informationspflichtigen bei Inkassodienstleistungen gegenüber Privatpersonen zur Geltendmachung von Inkassokosten ergeben sich aus §§ 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RDG a.F., 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG. Danach hat der Inkassodienstleister Angaben zu Art, Höhe und Entstehungsgrund der Inkassokosten zu machen. Dass in Bezug auf die Betreibung von Inkassokosten durch die Klägerin ein Verstoß gegen die vorgenannten Verpflichtungen begangen wurde, der eine erforderliche Gefahrenlage begründen könnte, ist indessen weder dargetan, noch ersichtlich. Der Beklagte hat im Gegenteil selbst eingeräumt, dass ihm keine entsprechenden Vorkommnisse bekannt seien. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, dass die Auflage damit gerechtfertigt werden könne, dass sie dem Zweck diene, die hinreichende Ausweisung von Einzelpositionen bei der Geltendmachung von Nebenforderungen generell sicherzustellen und der mit dem Zusatz „insbesondere“ gekennzeichnete Begriff der Inkassokosten nur der „Verdeutlichung als Beispiel für derartige Nebenforderungen“ diene, ohne den Anwendungsbereich der Auflage zu erweitern, so kann dem aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. § 13a RDG unterscheidet ausweislich seiner Systematik ausdrücklich zwischen der Einziehung von Forderungen des Gläubigers und damit fremder Forderungen durch den Inkassodienstleister (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG), wovon auch Nebenforderungen umfasst sind (vgl. Schmidt, in: Krenzler, RDG, a.a.O., § 11a Rn. 21) und der Einforderung von Inkassokosten im Sinne von Kosten, die mit dem Inkasso selbst verbunden sind (vgl. Schmidt, in: Krenzler, RDG, a.a.O., § 11a Rn. 26) (§ 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG) und damit bei dem Inkassodienstleister anfallen und von diesem selbst im eigenen Namen geltend gemacht werden. Damit sind ausweislich der Gesetzessystematik von der Regelung des § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG auf der einen und § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG auf der anderen Seite unterschiedliche Forderungs- und Kostenarten betroffen. Bei dem Terminus der Inkassokosten handelt es sich folglich nicht um eine bloße Erläuterung des Begriffs der Nebenforderung im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG, sondern um ein Tatbestandsmerkmal der gesondert zu betrachtenden Regelung des § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG. Durch die hier streitgegenständliche Formulierung erfährt der Anwendungsbereich nunmehr auf § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG bezogenen Auflage indessen eine entsprechende Erweiterung. Diese kann nach § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG aber nur dann gerechtfertigt sein, wenn ein Verstoß des Inkassodienstleisters bei der Einziehung dessen eigener Inkassoforderungen, die wiederum Nebenforderungen umfassen können, gegen § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG tatsächlich vorliegt und hieraus wiederum eine entsprechende Gefahrenlage resultiert, was vorliegend gerade nicht angenommen werden kann. An dem gefundenen Ergebnis vermag auch der Verweis des Beklagten auf „undurchsichtige und wechselhafte Formulierungen in den Rechnungen der Klägerin“ und die zum Ausdruck gebrachte Besorgnis einer missbräuchlichen Verwendung des Begriffs der Inkassokosten zur Umgehung der auf einen Verstoß gegen § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG gestützten Auflage nichts zu ändern. Soweit hier in Zukunft Verstöße gegen § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG von der Klägerin begangen werden sollten, ist es dem Beklagten unbenommen, aufgrund einer hiernach festzustellenden Gefahrenlage eine entsprechende, weitergehende Auflage zu erlassen.
(II.)
Im Übrigen erweist sich der Bescheid in Gestalt des ergangenen Widerspruchsbescheids als rechtmäßig.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht vorab auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 15.8.2019 und in dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 27.3.2020, denen es nach eigener Sachprüfung folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend gilt das Folgende:
A) Die Anordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte im Zeitraum vor Erlass des Bescheids vom 15.8.2019 ausweislich der vorgelegten Akten und Unterlagen Gelegenheit, umfassend zur Frage der Darlegungs- und Informationspflichten bei der Geltendmachung von Nebenforderungen des Gläubigers Stellung zu nehmen (§ 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – LVwVfG – i.V.m. § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG -). Sowohl im Verwaltungs- als auch im Widerspruchsverfahren hat sie die Gelegenheit wahrgenommen, sich zu den maßgeblichen Streitpunkten zu äußern (§ 45 Abs. 3 VwVfG). Der Beklagte – hier handelnd durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landgerichts Mainz – ist zudem zuständig für die rechtliche Aufsicht i.R.d. durch das RDG eröffneten Aufgaben (§§ 19 RDG; 1 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über Zuständigkeiten nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz).
B) Die Anordnung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Bedenken.
1) Die Verstöße der Klägerin gegen die Darlegungs- und Informationspflichten des § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG sind in dem Anlagenband „erledigte Beschwerden – …“ hinreichend dokumentiert und stehen aus Sicht der Kammer außer Zweifel. Ergänzend gilt das Folgende: Gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG hat der Inkassodienstleister bei der ersten Geltendmachung einer Forderung gegenüber einer Privatperson den Forderungsgrund zu übermitteln. Forderung in diesem Sinne sind, wie im Widerspruchsbescheid und oben bereits ausgeführt, auch Nebenforderungen auf der Grundlage der §§ 280, 286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Anforderungen an die Darlegung und Information über den Forderungsgrund lassen sich wiederum der insoweit eindeutigen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/13057) zur damaligen Regelung des § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-5 RDG a.F., entnehmen. Danach müssen sämtliche dort genannten Informationen, wovon auch der Forderungsgrund für Forderungen und Nebenforderungen im Sinne des § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG a.F., dem heutigen § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG, umfasst ist,
„in klarer und verständlicher Weise erfolgen und für die durchschnittlichen Adressaten der Zahlungsaufforderung ohne weiteres verständlich sein. Sie müssen dem Schreiben ohne Inanspruchnahme weiterer Hilfe den Grund ihrer Inanspruchnahme und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt sowie die genaue Höhe und ggf. Berechnung der gegen sie erhobenen Haupt- und Nebenforderungen entnehmen können.“
„Werden neben der Hauptforderung sonstige Nebenforderungen geltend gemacht, ist auch für diese – soweit nicht für Zinsansprüche die besonderen Vorschriften gelten – der jeweilige Forderungsgrund darzulegen.“
Zu einer in diesem Sinne hinreichenden Darlegung des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts gehört aber, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, dass Nebenforderungen konkret bezeichnet werden. Eine pauschale Bezeichnung mit „Mahnkosten“, „Mahngebühren“ oder „Nebenforderung“, wie sie von der Klägerin in den von dem Beklagten zur Recht beanstandeten Fällen verwendet wurde, ist aus zweierlei Gründen nicht ausreichend. Erstens handelt es sich um einen inhaltsleeren Oberbegriff, der im Unklaren lässt, um welche Kosten es sich konkret handeln soll und der es dem jeweiligen Schuldner entgegen den Anforderungen, wie sie sich aus der Gesetzesbegründung ergeben, gerade nicht ermöglicht, ohne weiteres, d.h. ohne eine entsprechende Rückfrage oder die Inanspruchnahme fremder Hilfe die Rechtmäßigkeit der Forderung zu beurteilen. Dies ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil die Berechtigung zur Geltendmachung bestimmter Arten von Nebenforderungen der Höhe nach, wie etwa die Kosten eines Mahnschreibens, durch die sich ständig weiter entwickelnde Rechtsprechung der Zivilgerichte überprüft wird. Dies kann von dem damit konfrontierten Forderungsschuldner jedoch nur dann nachvollzogen werden, wenn diese entsprechend bezeichnet sind. An dieser Stelle greift auch die von der Klägerin angeführte Begründung, wonach es der Beurteilung der Zivilgerichte vorbehalten bleiben müsse, inwieweit die im Rahmen ihrer Inkassotätigkeit beigetriebenen Forderungen tatsächlich berechtigt seien, ersichtlich zu kurz. Angesichts des in der Gesetzesbegründung an mehreren Stellen hervorgehobenen, erheblichen Missbrauchspotentials des Inkassowesens, das insbesondere dazu genutzt werden kann, Informationen zum Auftraggeber, zum Forderungsgrund und zu den weiteren Nebenkosten zu verschweigen, liegt es auf der Hand, dass eine entsprechende, erschöpfende Informationsverpflichtung bereits im Rahmen der außer- bzw. vorgerichtlichen Geltendmachung von Forderungen besteht und durch die zuständigen Aufsichtsbehörden entsprechend durchzusetzen ist. Zum zweiten macht es die von der Klägerin gewählte Bezeichnung einer Nebenforderung mit einem der oben genannten Oberbegriffe dem Schuldner unmöglich, nachzuprüfen, ob die Klägerin eine bestimmte Nebenforderung – ggf. unbeabsichtigt – doppelt geltend macht, da unklar ist, welche Forderung (bspw. die Kosten einer Rücklastschrift) sich hinter dem Sammelbegriff tatsächlich verbirgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn zusätzlich zu der mit einem bloßen Sammel- bzw. Oberbegriff gekennzeichneten Nebenforderung weitere Kosten, z.B. eines Mahnschreibens oder einer entsprechenden Meldeabfrage, dem Schuldner in Rechnung gestellt werden, wie in dem von dem Beklagten bei der Begründung von Bescheid und Widerspruchsbescheid exemplarisch herangezogenen Verfahren …, in dem zusätzlich zu dem Posten „Mahngebühren Gläubiger“ „Auskunftsgebühren“ des Gläubigers geltend gemacht wurden. Damit ist im Ergebnis von einer entsprechenden Gefahrenlage auszugehen. Diese ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nicht zwischenzeitlich entfallen und eine entsprechende Gefahr für die Gegenwart und Zukunft damit auszuschließen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang anführt, die Höhe der Pauschal als „Nebenforderung“, „Mahngebühr“ respektive „Mahnkosten“ geltend gemachten Position habe zwischenzeitlich auf 12,50 € abgesenkt werden können, so vermag dies an der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Forderung offensichtlich nichts zu ändern, zumal es sich dabei ausweislich der Einlassung der Klägerin wiederum um die Summe mehrerer Pauschalpositionen handelt (Rücklastkosten für bis zu drei Einzüge, die Auslagen für bis zu sechs Mahnungen, Callcenter-Kosten sowie weitere Kosten), was wiederum gegen die Anforderungen des § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG verstößt. Die Höhe der Absenkung wirft zudem die berechtigte Frage auf, welche Kosten sich hinter der in der Vergangenheit deutlich höheren Position verbargen und ob diese insgesamt berechtigt waren. Diese Einschätzung wird durch die Einlassungen der Klägerin im laufenden Verfahren jedenfalls nicht durchgreifend erschüttert, da dort bis zuletzt eine plausible Erklärung zu den Kostenpositionen nicht abgegeben wurde.
2) Soweit sich die Klägerin auf den Standpunkt stellt, dass eine von dem Beklagten auf der Grundlage der §§ 13a Abs. 1 Nr. 2, 10 Abs. 3 Satz 2 RDG erlassene Auflage über den Wortlaut des § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG nicht hinausgehen könne, dringt sie damit nicht durch. Die Zulässigkeit der Auflage beurteilt sich nach § 10 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RDG. Soweit eine dort tatbestandlich vorausgesetzte Gefahrenlage besteht, erlässt die zuständige Aufsichtsbehörde eine Auflage nach pflichtgemäßem Ermessen. Dass eine Gefahrenlage vorliegt, ergibt sich im konkreten Fall aus einem Verstoß gegen § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG. Dass der Beklagte bei der Formulierung der von ihm erlassenen Auflage sodann das ihm zustehende Entschließungs- und oder Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt hat, indem er der Klägerin solche Angaben abfordert, die in Bezug auf Inkassokosten nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG bereits nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut notwendig sind, ist weder dargetan, noch ersichtlich. Dadurch, dass ein Verstoß gegen § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG in der Vergangenheit durch die Klägerin begangen wurde und die Klägerin ihre Abrechnungspraxis trotz mehrfacher Aufforderung des Beklagten nicht verändert hat, war dieser zunächst zum Erlass einer Auflage im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RDG dem Grunde nach berechtigt. Bei der Wahl der Mittel ist gegen die von dem Beklagten geforderten Angaben gleichfalls nichts zu erinnern. Dabei weist die Kammer erneut auf die insoweit eindeutige Gesetzesbegründung hin, die hinreichende Angaben bei der Geltendmachung von Nebenforderungen zu dem der jeweiligen Forderung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt fordert. Soweit die Auflage dabei die in § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG statuierten Anforderungen übernimmt, konkretisiert sie die in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG niedergelegten Voraussetzungen in zulässiger Weise.
3) Der angefochtene Bescheid verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 GG. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte beanstande nur in ihrem Fall die streitbefangenen Angaben, erfolgt “ins Blaue hinein”. Sie gibt keinen Anlass für eine weitere Sachaufklärung. Denn der Beklagte hat hierzu dargelegt, dass ihm keine weiteren Fälle bekannt seien, in denen entsprechende, beanstandungswürdige Bezeichnungen im Rahmen der Inkassotätigkeit gewählt worden seien. Die Klägerin selbst konnte auf entsprechende Nachfrage des Beklagten ebenfalls keinen vergleichbaren Fall benennen. Weiter hat der Beklagte im laufenden Verfahren bekräftigt, dass er aufsichtsbehördlich einschreiten werde, falls weitere vergleichbare Fälle bekannt würden. Er handelt auch dann noch systemgerecht, wenn er einen geeigneten Fall als “Musterfall“ auswählt, um erst nach einer gerichtlichen Bestätigung seiner Rechtsauffassung gleichartige Fälle aufzugreifen (vgl. OVG RP, Urteil vom 23.6.2010 – 8 A 10559/10.OVG).
4) Die angefochtene Auflage ist auch hinreichend bestimmt.
a) Insbesondere ist für einen objektiven Empfänger (§ 133 BGB analog) ohne weiteres erkennbar, welche Vorgaben bei der Geltendmachung von Forderungen gegenüber Privatpersonen im Fall der Erhebung von Nebenforderungen gelten sollen. Der Bescheid regelt unmissverständlich, dass der Klägerin zur Auflage gemacht wird, im Rahmen ihrer Inkassotätigkeit gegenüber den Schuldnern ihrer Auftraggeber keine pauschalen Kosten als Nebenforderung geltend zu machen. Vielmehr sind sämtliche Einzelpositionen auszuweisen und konkrete Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund zu machen. Diese Anforderungen wurden von dem Beklagten zudem im laufenden Gerichtsverfahren nochmals ergänzend konkretisiert, wonach lediglich eine Zuordnung der Kosten zu der jeweils zu Grunde liegenden Maßnahme (wie z.B. „Adressermittlung“, „Rücklastschrift“, „Mahnschreiben“ etc.) erforderlich ist. Die Notwendigkeit einer weiteren Aufspaltung in einzelne Kostenfaktoren wie Porto, Papier, Personalkosten usf. ergibt sich aus dem Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids hingegen nicht. Die Klägerin ist – wie auch der Beklagte ausgeführt hat – nicht daran gehindert, bspw. für Mahnschreiben einen „Pauschalbetrag“ von 2,50 € in Rechnung zu stellen, da sich der Betrag einer konkreten Maßnahme zuordnen lässt. Unzulässig ist hingegen die Zusammenfassung mehrerer, nicht näher konkretisierter Kostenpositionen unter der Pauschalposition. Weshalb die so konkretisierte Auflage nicht hinreichend bestimmt sein sollte, erschließt sich nicht, zumal die Klägerin auch in der Vergangenheit entsprechende Einzelpositionen wie z.B. Adressermittlung sowie Einholung einer Bankauskunft im Einzelfall konkret ausgewiesen hat, was zugleich beweist, dass die streitige Auflage auch tatsächlich praktikabel ist.
b) Auch soweit die Klägerin die Unbestimmtheit der Auflage mit Blick auf die dort verwendeten Begriffe „Mahn-“ und „sonstige Beitreibungskosten“ sieht, folgt ihr das Gericht nicht. Dabei handelt es sich um ohne weiteres nachvollziehbare Oberbegriffe, denen entsprechende Kostenpositionen wie die eines Mahnschreibens oder einer Konto- oder Adressermittlung zwangslos zugeordnet werden können.
5) Schließlich hat der Beklagte im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid sein Ermessen auch ansonsten ordnungsgemäß ausgeübt. Er hat bei der Abwägung mit dem Geschäftsinteresse der Klägerin das öffentliche Bedürfnis nach einem Tätigwerden der Aufsichtsbehörde nach dem RDG im Sinne eines entsprechenden Interesses der Allgemeinheit deshalb als gewichtiger bewertet, weil die pauschale Geltendmachung von Nebenforderungen des Gläubigers durch die Klägerin – nach deren eigenen Einlassungen – eine seit Jahren nicht nur im Einzelfall geübte Praxis betrifft. Weiter hat der Beklagte Beschwerden von Forderungsschuldnern, die ihm von …. übermittelt wurden, nicht ermessensfehlerhaft berücksichtigt. Wie bereits unter Punkt II b) 1) der vorliegenden Entscheidungsgründe dargelegt, besteht aufgrund der üblichen Praxis der Klägerin, Nebenforderungen pauschal geltend zu machen, nicht nur im Einzelfall Bedarf nach Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Praxis. Damit kann der Beklagte als Aufsichtsbehörde nach dem RDG eine Klärung per Bescheid herbeiführen. Diese Verfahrensweise ist zudem geeignet, die Einheitlichkeit der gerichtlichen Praxis in diesem Punkt zu fördern (vgl. VG NW, Urteil vom 10.3.2021 – 3 K 802/20.NW). Die Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Rechtsklärung durch das jeweilige Zivilgericht steht dem Tätigwerden der Aufsichtsbehörde auch insoweit nicht entgegen. Denn ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde ist bereits dann erforderlich, wenn – wie im vorliegenden Fall – „Unregelmäßigkeiten bekannt werden“ (vgl. Schmidt, in: Krenzler, RDG, a.a.O., § 10 Rn. 137). Dass die aufsichtsbehördliche Unterbindung in Ansehung des Umfangs der Inkassotätigkeiten der Klägerin im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, bedarf vor diesem Hintergrund keiner vertieften Begründung. Ein milderes Mittel stand dem Beklagten zum Schutz der Rechtssuchenden oder des Rechtsverkehrs vor einer ungerechtfertigten Abwälzung von nicht erstattungsfähigen Kostenpositionen nicht zur Verfügung. Insbesondere stellt der Widerruf der Registrierung der Klägerin verglichen mit der angefochtenen Auflage kein milderes Mittel dar, da mit dem Widerruf die Befugnis der Klägerin vollständig entfiele, Dienstleistungen als Inkassounternehmen auf der Basis des RDG zu erbringen und abzurechnen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG; ebenso: Schmidt, in: Krenzler, RDG, a.a.O., § 10 RDG Rn. 137). Damit erweist sich die Auflage betreffend die Fremdkosten zugleich als insgesamt verhältnismäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).


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