IT- und Medienrecht

Auskunftsanspruch einer Bürgermeisterin gegen die Gemeinde

Aktenzeichen  AN 4 E 19.02474

Datum:
17.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34340
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 3
ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

Es fehlt an einem Anordnungsanspruch für die begehrten Auskünfte einer Ersten Bürgermeisterin gegen die Gemeinde, wenn ihr Stellvertreter im Amt ihr die begehrte Auskunft erteilt; ein damit einhergehender Verweis auf Statusberichte, Sitzungsniederschriften und Auskünfte der zuständigen Mitarbeiter ist nicht zu beanstanden.  (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist amtierende Erste Bürgermeisterin der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2019 hat die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin Klage (AN 4 K 19.02634) mit folgendem Antrag erhoben:
„Mir unverzüglich insbesondere die unten konkret benannten und alle sonstigen, für eine verantwortungsvolle Aufgabenerfüllung erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen sowie das gezielte Vorenthalten von relevanten Informationen/ Unterlagen zu unterlassen.“
Gleichzeitig beantragt sie:
„einstweiligen Rechtsschutz mindestens hinsichtlich der Rechtsangelegenheit …“
Zur Begründung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass ihr gezielt und systematisch entscheidungsrelevante Informationen und Unterlagen aus ihrem Verantwortungsbereich vorenthalten worden seien. Dies behindere sie unangemessen und rechtswidrig in der Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Erste Bürgermeisterin. Es bestehe die akute Gefahr von Fehlentscheidungen, Fristversäumnissen, Unmöglichkeit der Pflichterfüllung usw. Es sei nicht auszuschließen, dass sogar ein Organisationsversagen herbeigeführt werden solle, womöglich um es ihr letztlich anzulasten. Bei der Rechtsangelegenheit … handele es sich um eine wesentliche Angelegenheit für die Antragsgegnerin, in der es um einen Betrag von 100.000,- EUR gehe. Hier sei ein Gerichtstermin am 15. Januar 2020 anberaumt und das persönliche Erscheinen eines Vertreters der Antragsgegnerin angeordnet worden. Ohne die nötigen Informationen sei eine angemessene Vertretung der Antragsgegnerin nach Art. 38 GO aber nicht möglich. Zur Glaubhaftmachung legte die Antragstellerin diversen E-Mail-Verkehr mit dem Zweiten Bürgermeister, dem Dritten Bürgermeister, mehreren Bediensteten sowie dem in der Angelegenheit … bevollmächtigten Rechtsanwalt der Antragsgegnerin aus der Zeit vom 2. Oktober bis 4. Dezember 2019 vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2019 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antrag unbestimmt sei. Zudem sei die Antragstellerin aktuell krankgeschrieben, sodass sich gerade aus Fürsorgegründen verbiete, sie zu belasten. Wenn sie wieder gesunde, stünden ihr alle Unterlagen im Rathaus zur Verfügung. Im gerichtlichen Verfahren gegen die … werde die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten. Letztlich erweise sich das Vertrauensverhältnis der Antragstellerin zum Stadtrat der Antragsgegnerin als politisch belastet, was einer Kontrolle durch die Judikative nicht zugänglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhalts hat die Antragstellerin den erforderlichen Anordnungsanspruch – entgegen § 123 Abs. 3 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO – nicht glaubhaft gemacht.
Nach dem Vorbringen der Antragstellerin und dem von ihr vorgelegten E-Mail-Verkehr ist nicht im Ansatz erkennbar, dass ihre Stellvertreter im Amt oder die städtischen Mitarbeiter nicht auskunftswillig oder -fähig gewesen wären. Vielmehr sind der Zweite und der Dritte Bürgermeister in der E-Mail vom 2. Dezember 2019 auf jede einzelne ihrer Fragen eingegangen. Dabei ist die Verweisung auf Statusberichte, Sitzungsniederschriften bzw. die jeweils zuständigen Sachbearbeiter im Hinblick auf die hochgradig arbeitsteilige Verwaltungsorganisation nicht zu beanstanden. Das Verlangen nach einer umfassenden Auskunft durch den Zweiten Bürgermeister persönlich würde angesichts des breiten Aufgabengebiets, der großen Arbeitsmenge (welche die Antragstellerin selbst beklagt) und der langen Vertretungszeit (vom 19. Juli bis 26. November 2019 nur drei Tage im Dienst) die Anforderungen an einer loyalen und vertrauensvollen Zusammenarbeit überspannen.
Insbesondere wurde in Bezug auf die Rechtsangelegenheit … durch den Zweiten Bürgermeister bzw. dem Sachbearbeiter … am 2. Dezember 2019 mitgeteilt, dass eine Besprechung mit der Gegenseite zur Erlangung eines Überblicks über die Situation und vor allem zur Fristwahrung notwendig gewesen sei. Es solle geprüft werden, ob einvernehmlich eine Lösung durch Erstellung eines Parkplatzes möglich wäre. Hinsichtlich des von der Antragstellerin angefragten Ergebnisses dieser Besprechung wurde ihr mit Schreiben des Rechtsanwalts … vom 3. Dezember 2019 mitgeteilt, dass ein gütliches Ergebnis nicht erzielt worden sei. Welche wesentlichen Informationen hierüber die Antragstellerin zur angemessenen Vertretung der Antragsgegnerin noch benötige, aber auf entsprechende Rückfrage nicht erhalten würde, bleibt unklar. Darüber hinaus hat sie ausweislich ihrer E-Mail an den Rechtsanwalt … vom 4. Dezember 2019 die Vertretung der Antragsgegnerin in dem anberaumten Gerichtstermin an den geschäftsleitenden Beamten … delegiert.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 22.7, Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Von einer Anhebung des Streitwerts bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (10.000,00 EUR) wird abgesehen.


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