IT- und Medienrecht

Auslegung eines Vollstreckungstitels

Aktenzeichen  18 W 1281/19

Datum:
3.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
K & R – 2020, 449
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 278 Abs. 6, § 793, § 794 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 779 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Einen Titel, dessen Fassung zu Zweifeln über Inhalt oder Umfang der Vollstreckungsforderung Anlass gibt, hat das Vollstreckungsorgan, d.h. im Zwangsgeldverfahren das Prozessgericht und in der Beschwerdeinstanz an dessen Stelle das ihm übergeordnete Gericht, auszulegen. Dabei darf auf den Inhalt des Titels und gesetzliche Vorschriften zurückgegriffen werden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Löschung von ins Internet gestellten Beiträgen handelt es sich um nicht vertretbare Handlungen, zu denen die Schuldnerin nach § 888 ZPO durch Zwangsgeld angehalten werden kann. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wird im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gemäß § 888 ZPO der Anspruch erfüllt, nachdem der Zwangsvollstreckungsantrag gestellt wurde, so erledigt das die Hauptsache des Zwangsmittelverfahrens. Das gilt auch, wenn ein Zwangsgeldbeschluss erlassen wurde und die Erfüllung vor Eintritt seiner formellen Rechtskraft während des Beschwerdeverfahrens eintrat. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

25 O 3400/19 2019-12-09 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 11.10.2019, Az. 25 O 3400/19, in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 9.12.2019, abgeändert und neu gefasst wie folgt:
1. Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung der Löschung folgender Darstellungen mit namentlicher Erwähnung des Gläubigers ein Zwangsgeld von insgesamt 3.600 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 200 € ein Tag Zwangshaft festgesetzt:
a) des gesamten Artikels „…-Professor N.: Der … und seine Doktorarbeit“ vom … 2016 in www.m…de/m…/ (Anlage AG 20) 1.200 €,
b) des gesamten Artikels „In eigener Sache: … N. scheitert vor Gericht“ vom … 2016 in www.m…de/l…-gericht/ (Anlage AG 21) 1.200 €,
c) des ersten, dritten, vierten und fünften Absatzes des Artikels „…“ vom … 2015 in www.w…-aktuell.de/a…-experten.html (Anlage AG 26 a) 600 € und
d) des ersten, dritten und fünften der vom Gläubiger rot markierten Absätze des Artikels www.m…de/m…/ vom … 2018 (Anlage AG 26 b, „Seltsam wird es jedoch … Forschungsbericht der Hochschule.“, „Auch bei den im Forschungsbericht … im August 2016 heraus.“ und „An der X. School … an der Uni nie.“) 600 €.
2. Der weitergehende Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Zwangsgelds wird zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin 3/4, der Gläubiger 1/4.

Gründe

I.
Die Parteien schlossen in dem Verfügungsverfahren des Landgerichts München I, Az. 25 O 3400/19, am 27.5.2019 einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO, in dem sie sich u.a. wechselseitig verpflichteten, sämtliche Darstellungen mit namentlicher Erwähnung der jeweils anderen Partei in den von ihnen verantworteten Veröffentlichungen zu löschen, und zwar die Artikel vollständig, wenn Gegenstand der Veröffentlichung die jeweils andere Partei ist, und Passagen in Artikeln, wenn dies nicht der Fall ist. Wegen des genauen Inhalts des Vergleichs wird auf Bl. 98/100 d.A. Bezug genommen. Der Antragsgegner und Gläubiger erhielt am 4.7.2019 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs, die der Antragstellerin und Schuldnerin am 5.7.2019 zugestellt wurde.
Mit Schriftsätzen vom 15.7.2019 und 28.8.2019, auf die Bezug genommen wird (Bl. 105/109 und Bl. 119/127 d.A.), beantragte der Gläubiger die Festsetzung eines Zwangsgelds von mindestens 10.000 € mit der Begründung, dass trotz wiederholter Löschungsaufforderungen noch fünf Veröffentlichungen, deren Gegenstand der Gläubiger sei, und den Gläubiger betreffende Passagen in vier weiteren Artikeln im Internet auffindbar seien.
Das Landgericht setzte mit Beschluss vom 11.10.2019 (Bl. 138/145) gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld von 8.000 € fest, wovon je 1.200 € auf die fünf vollständig zu löschenden Artikel, 800 € auf den Artikel „X. School: Alles Forschung“ und je 400 € auf die weiteren nur teilweise zu löschenden Veröffentlichungen entfielen.
Gegen diesen ihr am 16.10.2019 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 18.10.2019, beim Oberlandesgericht eingegangen am 22.10.2019, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.11.2019 (Bl. 159/171 d.A.) begründet. Der Gläubiger hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Die Schuldnerin hat von den Artikeln, deren vollständige Löschung angeordnet war, zwei vollständig und einen teilweise gelöscht und an den zu löschenden Passagen in den übrigen Artikeln Änderungen vorgenommen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 3.12.2019 die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt. Mit Beschluss vom 9.12.2019 (Bl. 181/183 d.A.) hat es das verhängte Zwangsgeld wegen der inzwischen vorgenommenen Löschungen auf 6.200 € herabgesetzt. Im Übrigen hat es der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 11.10.2019 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß § 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässig. Sie hat in der Sache jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen war sie zurückzuweisen. Der angegriffene Beschluss in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 9.12.2019 war allerdings bestimmter zu fassen, auch soweit er im Ergebnis der Sach- und Rechtslage entspricht.
A. Das Landgericht hat die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen zu Recht bejaht. Insbesondere ist der am 27.5.2019 zwischen den Parteien geschlossene gerichtliche Vergleich ein Vollstreckungstitel im Sinn des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Er ist entgegen der Ansicht der Schuldnerin inhaltlich ausreichend bestimmt. Der Schuldnerin ist zwar zuzugeben, dass der Vergleich die Löschungspflichten in Ziffer I., deren Vollstreckung der angegriffene Beschluss dient, nicht völlig eindeutig beschreibt. Einen Titel, dessen Fassung zu Zweifeln über Inhalt oder Umfang der Vollstreckungsforderung Anlass gibt, hat jedoch das Vollstreckungsorgan, d.h. im Zwangsgeldverfahren das Prozessgericht und in der Beschwerdeinstanz an dessen Stelle das ihm übergeordnete Gericht, auszulegen. Dabei darf auf den Inhalt des Titels und gesetzliche Vorschriften zurückgegriffen werden. Nur auf diesem Wege nicht zu beseitigende Unbestimmtheiten sind in einem gesonderten Erkenntnisverfahren aufzuklären (Zöller/Seibel ZPO 33. Aufl. § 704 Rn. 5 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall lässt sich durch Auslegung der Ziffern I.1., 1.2. und I.3. des Vergleichs in Zusammenschau mit den Einleitungssätzen der Ziffer I. feststellen, dass sich die Parteien jeweils verpflichtet haben, eigene Artikel, deren Gegenstand die jeweils andere Partei ist, vollständig zu löschen und von Veröffentlichungen, deren Gegenstand nicht die jeweils andere Partei ist, in denen sie aber namentlich erwähnt wird, diejenigen Passagen zu löschen, die die andere Partei betreffen. Das gilt auch für Artikel der jeweiligen Partei, die in einem nicht von ihr selbst herausgegebenen Medium veröffentlicht werden. Vor diesem Hintergrund ist ohne weiteres zu ermitteln, ob die verfahrensgegenständlichen Veröffentlichungen der einen oder der anderen Löschungspflicht unterfallen.
Der erste Satz der Ziffer I.3. des Vergleichs beschreibt lediglich das beabsichtigte Vorgehen der Parteien bei der Geltendmachung der Löschungsverpflichtung. Er ist dagegen nicht so zu verstehen, dass die Löschungspflicht von einer Abstimmung zwischen den Parteien im Sinne eines beiderseitigen Einverständnisses abhängig gemacht wird, da in diesem Fall die Löschungspflichten in das Belieben des Schuldners gestellt und damit entwertet würden.
B. Bei der Löschung von ins Internet gestellten Beiträgen handelt es sich um nicht vertretbare Handlungen, zu denen die Schuldnerin nach § 888 ZPO durch Zwangsgeld angehalten werden kann.
C. Der angegriffene Beschluss gibt im Tenor zwar nur die der Vollstreckung zugrunde liegenden Klauseln des Vergleichs vom 27.5.2019 wieder und nicht die einzelnen Veröffentlichungen, deren Löschung mit dem festgesetzten Zwangsgeld erzwungen werden soll. Aus der Begründung sind diese jedoch ersichtlich. Für sie gilt im Einzelnen Folgendes:
I. Hinsichtlich der Artikel „…-Professor N.: Der … und seine Doktorarbeit“ vom … 2016 in www.m…de/mbs-p…/ (Anlage AG 20) und „In eigener Sache: … N. scheitert vor Gericht“ vom … 2016 in www.m…de/l…/ (Anlage AG 21) wurde das Zwangsgeld zu Recht festgesetzt.
a) „Gegenstand“ dieser beiden Veröffentlichungen ist zweifelsfrei der Gläubiger. Die erste äußert Zweifel an den akademischen Titeln des Gläubigers mit der Begründung, dass es das Universitätsinstitut, an dem er nach seinen Angaben promoviert habe, nicht gebe, seine Dissertation eine Zeitlang „verschwunden“ gewesen sei und der Gläubiger entgegen seinen Angaben weder Psychologie studiert noch einen „Master in …“ erworben habe. Der zweite Artikel schildert einen Rechtsstreit zwischen den Parteien über eine Berichterstattung der Schuldnerin, dessen Gegenstand ebenfalls Zweifel an den Studienabschlüssen des Gläubigers waren, und einen weiteren Rechtsstreit zwischen dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen und dem Gläubiger über dessen Berechtigung, sich als „Wirtschaftspsychologe“ zu bezeichnen.
b) Die Schuldnerin kann sich nicht auf ein berechtigtes Interesse an den genannten Veröffentlichungen berufen, sei es auf Grund eines öffentlichen Interesses an der Aufklärung über die – nach Ansicht der Schuldnerin fehlende – Qualifikation des Gläubigers oder auf Grund einer vorangegangenen – nach Ansicht der Schuldnerin falschen – sie betreffenden Darstellung durch den Gläubiger.
Die Schuldnerin hat sich durch den verfahrensgegenständlichen Vergleich nämlich, ebenso wie umgekehrt der Gläubiger, ohne Vorbehalte oder Einschränkungen verpflichtet, alle Veröffentlichungen über den Gläubiger mit Namensnennung zu löschen. Die Parteien haben damit, wie es dem Wesen des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB entspricht, den Streit oder die Ungewissheit darüber beseitigt, ob die Veröffentlichungen jeweils rechtmäßig waren oder die jeweilige Gegenpartei in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzten. Dabei waren der Schuldnerin die oben genannten Veröffentlichungen wie auch deren Hintergründe und Motive seit langem bekannt.
Berichte des Gläubigers über die Schuldnerin berechtigen diese unter den vorliegenden Umständen entgegen ihrer Ansicht nicht zu einem „Gegenschlag“. Es steht ihr vielmehr frei, deswegen nach Maßgabe sonstiger prozessualer Vorschriften durch Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Vergleich gegen den Gläubiger vorzugehen.
c) Dadurch, dass die Schuldnerin in den beiden Artikeln „einige Passagen vorübergehend geändert“ hat, ist der Löschungsanspruch nicht erfüllt und die Berechtigung der Zwangsgeldanordnung nicht entfallen, zumal sich der jetzige Inhalt der Artikel aus dem Beschwerdevorbringen nicht ergibt.
d) Die Höhe des festgesetzten Zwangsgelds mit jeweils 1.200 € erscheint angemessen.
2. Der Artikel „… N.: Der entlarvte …“ vom … 2015 in www.m…de/j…/ (Anlage AG 22) ist inzwischen unstreitig gelöscht. Damit ist der Zwangsgeldbeschluss insoweit rechtswidrig geworden und war in diesem Teil aufzuheben.
Wird im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gemäß § 888 ZPO der Anspruch erfüllt, nachdem der Zwangsvollstreckungsantrag gestellt wurde, so erledigt das die Hauptsache des Zwangsmittelverfahrens. Das gilt auch, wenn ein Zwangsgeldbeschluss erlassen wurde und die Erfüllung vor Eintritt seiner formellen Rechtskraft während des Beschwerdeverfahrens eintrat. Der Gläubiger kann dann das Verfahren für erledigt erklären. Tut er das nicht, ist der Zwangsgeldbeschluss aufzuheben, und der zugrunde liegende Antrag ist zurückzuweisen (OLG Bamberg, FamRZ 1999, 111; OLG Saarbrücken Beschluss vom 24.1.2014 – 5 W 121/13 – m.w.N.).
3. Der Artikel „…“ vom … 2015 in www.w…-aktuell.de/aerger/a…-experten.html (Anlage AG 26 a) war nicht nach 1.1. des Vergleichs vom 27.5.2019 vollständig zu löschen, da er den Gläubiger nicht zum Gegenstand hat. Die Schuldnerin setzt sich darin vielmehr mit insgesamt vier „…“ auseinander, die sie namentlich nennt und deren Tätigkeit sie beschreibt.
a) Nach I.2. des Vergleichs hat die Schuldnerin daher nur die vier Absätze zu löschen, die den – namentlich genannten – Gläubiger betreffen. Dass sie diese ganz oder teilweise bereits gelöscht hat, trägt sie selbst nicht vor. Sie gibt in der Beschwerdebegründung vielmehr an, die Anlage AG 26 a enthalte den von ihr gelöschten Absatz bereits nicht mehr. Dass sich der Gläubiger für diese Löschung bei ihr bedankt habe, wie sie unbestritten vorträgt, besagt nicht, dass er auf die Löschung der übrigen ihn betreffenden Passagen in der Veröffentlichung verzichtet hätte.
b) Das hierfür festgesetzte Zwangsgeld von – zuletzt – 600 € ist jedoch keinesfalls überhöht.
4. Hinsichtlich des Artikels www.m…de/m…/ vom … 2018 (Anlage AG 26 b) erscheint ebenfalls ein Zwangsgeld in Höhe von 600 € (200 € für jede zu löschende Passage) gerechtfertigt. Soweit ein höheres Zwangsgeld festgesetzt wurde, war der angegriffene Beschluss aufzuheben.
Das Landgericht hat zu Recht eine Löschungspflicht nach I.2. des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs für den ersten, dritten und fünften der vom Gläubiger markierten Absätze angenommen, zu Unrecht dagegen für den vierten markierten Absatz.
a) Der vierte markierte Absatz des als Anlage AG 26 b vorgelegten Artikels enthält in der von der Schuldnerin geänderten Fassung keine Äußerung über den Gläubiger mehr, so dass die diesbezügliche Löschungspflicht erfüllt ist.
Soweit die Schuldnerin betont, die Löschung sei nur vorübergehend, ist darauf hinzuweisen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich auch die – ggf. mit Ordnungsmitteln nach § 889 ZPO vollstreckbare – Verpflichtung enthält, die gelöschten Inhalte nicht erneut zu veröffentlichen.
b) Hinsichtlich des ersten, dritten und fünften Absatzes ist die Löschungspflicht dagegen nicht erfüllt. Der Vergleich ist nämlich so auszulegen, dass nicht nur der Name des Gläubigers gelöscht werden muss, sondern auch jede „Darstellung“, die mit seinem Namen in Verbindung steht.
Die genannten „Passagen“ enthalten auch in der von der Schuldnerin geänderten Fassung noch eine „Darstellung mit namentlicher Erwähnung“ des Gläubigers, da sich aus dem Zusammenhang zweifelsfrei ergibt, dass mit „demselben Professor“ im ersten und dritten markierten Absatz der Gläubiger gemeint ist. In den vorangehenden, nicht verfahrensgegenständlichen Absätzen wird der Gläubiger nämlich als einzige Person mehrfach namentlich und unter Beifügung des Professorentitels genannt. Entsprechendes gilt für die Bezeichnung „…“ in dem fünften markierten Absatz. Dieser nimmt auf den vorangehenden Absatz über „N.’s Konferenz“ Bezug, so dass aus Sicht des Lesers kein Zweifel daran besteht, dass der genannte „…“ der Gläubiger ist.
c) Soweit sich die Schuldnerin auf ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung beruft, wird auf die Ausführungen oben unter 1.b) Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.
5. Nach den oben dargestellten Grundsätzen ist die Verhängung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Löschung der markierten Passage in dem Artikel „…“ unter www.m…de/h…/ vom … 2016 (Anlage AG 26 c) nicht mehr gerechtfertigt. Der gesamte Artikel enthält in der geänderten Fassung keine Namensnennung des Gläubigers und auch sonst keinen so deutlichen Hinweis auf die Identität des erwähnten „Professor(s) einer … Privathochschule“, dass der Gläubiger identifizierbar wäre.
6. Entsprechendes gilt für die markierte Passage in dem Artikel „X. School: …-Bluff“ in www.m…de/mu…/ vom … 2015 (Anlage AG 26 d).
7. Die Beschwerde hat auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Verhängung eines Zwangsgelds zur Erzwingung der Löschung der markierten Passage in dem Artikel „…“ in www.m….de/g…/ vom … 2018 (Anlage AG 26 e) richtet, denn die beiden markierten Sätze wurden ersichtlich nach dem Vergleichsschluss in die Veröffentlichung eingefügt. Sie sind nämlich Teil eines Textes in einem Kasten auf der ersten Seite des Artikels, der sich auf einen Prozess vor dem Landgericht Hamburg bezieht, den „die Hochstaplerin“ „vor kurzem“, nämlich im August 2019, verloren habe.
Der Vergleich kann aber nicht so ausgelegt werden, dass die Löschungsverpflichtung der Parteien sich auch auf Äußerungen erstreckt, die sie noch nicht veröffentlicht hatten, sonder erst in Zukunft veröffentlichen würden, denn er unterscheidet eindeutig zwischen der Pflicht zur Löschung bereits erfolgter Veröffentlichungen in Ziffer I. Satz 1, und der Pflicht zur Unterlassung zukünftiger Veröffentlichungen in Ziffer I. Satz 2.
III.
Auch wenn damit die sofortige Beschwerde der Schuldnerin fast zur Hälfte Erfolg hat, waren ihr entsprechend § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu drei Vierteln aufzuerlegen. Diese Bestimmung bringt einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist der entsprechenden Anwendung zugänglich.
Wenn eine Partei erst im Rechtsmittelzug infolge eines neu eingetretenen Umstands obsiegt, der – wie im vorliegenden Fall die nachträgliche Veränderung oder Löschung der verfahrensgegenständlichen Veröffentlichungen – nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern dem Bereich des Rechtsmittelführers zuzurechnen ist, dann sind die dadurch entstandenen Mehrkosten in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO von dem obsiegenden Teil zu tragen (OLG München FamRZ 1998, 179; s. auch BGHZ 31, 350).


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