IT- und Medienrecht

Deckung durch Veranstaltungsausfallversicherung bei Veranstaltungsverbot wegen Corona-Pandemie

Aktenzeichen  3 O 925/20 Ver

Datum:
16.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19541
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 304

 

Leitsatz

In der Veranstaltungsausfallversicherung wird der durch ein wegen der Corona-Pandemie behördlich verfügtes Veranstaltungsverbot verursachte Ausfallschaden für das abgesagte Festival gedeckt, wenn durch die Vereinbarung der Klausel TRKL 0073 201701 (Klausel 73) trotz einer Ausschlussklausel für Schäden durch Epidemien und Seuchen auch Schäden durch ein behördlich angeordnetes Veranstaltungsverbot ersetzt werden sollen. (Rn. 21 – 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Leistungsanspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag Transport-Versicherung Nummer … für den Ausfall der Veranstaltung des „…-Festival 2020“ ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

Die zulässige Klage ist im Hinblick auf die Haftung dem Grunde nach aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag begründet.
Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen ist nach Auffassung des Gerichts der Eintritt des Versicherungsfalls gegeben, aus welchem sich dem Grunde nach Ansprüche der Klägerin ergeben.
I. Zunächst ist zwischen den Parteien unstreitig, dass nach Nummer 3 f der Allgemeinen Versicherungsbedingungen hier Epidemien und Seuchen als Grund für den Ausfallschaden ausscheiden.
Corona als Pandemie, und zwischenzeitlich aufgenommen als solche nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz, erfüllt daher beide Voraussetzungen, um zu einem Ausschluss zu kommen.
II. Strittig war zwischen den Parteien, inwieweit durch Zusatzvereinbarungen im Versicherungsvertrag hier dennoch der Versicherungsfall eingetreten ist.
Der Versicherungsfall ist nach Ziffer 2 zunächst eingetreten, unabhängig davon ob es sich um den Ausfall oder die Änderung der Veranstaltung handelt. Allerdings wäre aufgrund der Ausschlussklausel in Ziffer 3 bei einem dort genannten Tatbestand die Voraussetzung für den Leistungseintritt nach Ziffer 2 nicht gegeben, da das Risiko als ausgeschlossen gilt.
Nach Auffassung des Gerichts ist allerdings aufgrund der zusätzlich vereinbarten Klausel TRKL0073 2301701, künftig Klausel 73, der Ausschlusstatbestand in Ziffer 3 wieder aufgehoben, da hier ein Ausnahmetatbestand geschaffen wurde, welcher auf den vorliegenden Schadensfall zutrifft. Nach diesem Ausnahmetatbestand ist die Ziffer 3 der Ausschlussklausel für bestimmte Fälle nicht anwendbar, sodass dennoch der Versicherungsfall nach Ziffer 2 vorliegt. Im Versicherungsschein heißt es hierzu, dass die Ausschlussklausel als gestrichen gilt.
Die Klausel 73 weitet den Versicherungsumfang dadurch aus, dass in Erweiterung der Ausschlussklausel der Ziffer 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Veranstaltung-Ausfall-Versicherung Form A hier eben auch weitere Umstände aufgenommen werden, welche dennoch zu einem Schadenseintritt im Sinne des vereinbarten Versicherungsumfanges führen, obwohl diese durch die Ausschlussklausel eigentlich zunächst ausgeschlossen wurden.
Zweifel könnte man hieran haben, soweit hier in den Versicherungsbedingungen und der Überschrift in den Klauseln zu den Allgemeinen Bedingungen für die Veranstaltung-Ausfall-Versicherung Form A von „politischen Gefahren“ die Rede ist. Zudem nehmen die Allgemeinen Bedingungen vom Wortlaut her in Ziffer 1 die Tatbestände in Ziffer c) der Ausschlussklausel auf.
Für eine Ausnahme von dem Ausschluss spricht jedoch zum einen, dass hier über die in Ziffer c) der Ausschlussklausel zu den dort genannten Voraussetzungen zusätzlich aufgenommen wurde, dass auch ein „behördlich angeordnetes Veranstaltungsverbot“ den Versicherungsschutz wiederherstellt. Dieser Tatbestand findet sich in Ziffer 3, also der Ausschlussklausel, nicht. Damit zeigt sich auch, dass die Klausel 73 sich grundsätzlich nicht nur auf eine Ziffer, insbesondere Ziffer c) der Ausschlussklausel bezieht. Hier liegt es nahe, das Veranstaltungsverbot zu Ziffer d) zu sehen, also einen Fall von Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand.
Wesentlich aus Sicht des Gerichts ist hier der Rückschluss aufgrund der Ziffer 2 in der Klausel 73.
Hier wird ausdrücklich noch einmal aufgeführt, dass die Ausschlusstatbestände Ziffer 3 h) und Ziffer 3 i) unberührt bleiben. Damit kann sich das Veranstaltungsverbot aus Ziffer 1 der Klausel 73 nicht allein auf die Ziffer c) der Ausschlussklausel beziehen, sondern muss auch weitere Ausschlussgründe herausnehmen.
Das behördlich angeordnete Veranstaltungsverbot in Klausel 73 nimmt auch keinen Bezug auf die zuvor genannten Tatbestände, so dass hier ein isolierter Tatbestand geschaffen wurde.
Damit hat die Beklagte letztlich durch ihre erweiterten Versicherungsbedingungen den Versicherungsfall auch für den Fall von behördlich angeordnetem Veranstaltungsverbot in den Versicherungsschutz mitaufgenommen, indem sie durch die Aufführung des Tatbestands die Ausschlussklausel Ziffer 3 außer Kraft setzt.
Diese Erweiterung der Tatbestandsvoraussetzungen für das Nichteintreten der Ausschlussklausel ergibt sich für das Gericht auch durch den Vergleich zur gleichfalls mit vereinbarten Klausel TRKL0075 2301701. Diese bezieht sich vom Wortlaut her eindeutig allein auf Ziffer d) der Ausschlussklausel, da sie wortgleich ist. Hier wäre dann der Ausschlusstatbestand einer Pandemie nicht ausgenommen.
Die Klägerin hat unstreitig vorgetragen, dass auf Grundlage einer behördlichen Verfügung, die Veranstaltung untersagt war. Dies hat die Beklagte im Schriftsatz vom 25.01.2021 ausdrücklich bestätigt. Damit steht die Haftung der Beklagten insoweit dem Grunde nach fest, da durch ein behördlich angeordnetes Veranstaltungsverbot, welches vom Versicherungsumfang her den Versicherungseintritt umfasst, die Veranstaltung nicht stattfinden konnte.
III. Entgegen der Ausführung der Beklagten ist das Gericht doch der Auffassung, dass es sich vorliegend bei dem Nichtstattfinden der Veranstaltung nicht nur meine Verlegung, sondern einen Ausfall der Veranstaltung handelt.
Mit der Absage des Festivals im Jahr 2020 konnte das Festival 2020 nicht mehr durchgeführt werden. Nachdem es sich hier um eine jährliche Wiederholung von Festivals handelt, vermag auch die Beibehaltung von Programmteilen oder die Gültigkeit von Tickets nichts daran zu ändern, dass diese Veranstaltung ausgefallen ist.
Wenn im Jahr 2021 wiederum ein Festival stattfindet, dann ist es aus dem natürlichen Verständnis heraus die Veranstaltung für das Jahr 2021 und nicht für das Jahr 2020.
Wenn die Klägerin hier beispielsweise erklärt, dass die Tickets ihre Gültigkeit behalten, so sichert dies letztlich nur die Möglichkeit der Klägerin, dass die Tickets nicht zurückgegeben werden und unmittelbar Auszahlungen vorgenommen werden müssten.
Von einer Verlegung könne nur gesprochen werden, wenn es dann im Jahr 2021 zwei Festivals geben würde, davon ist aber hier im Sachvortrag nichts bekannt. Insoweit ist das Gericht Auffassung, dass hier ein Ausfall der Veranstaltung vorliegt.
Damit erweist sich die Klage dem Grunde nach für den bestehenden Anspruch als begründet, sodass insoweit durch Grundurteil diese Haftung festgestellt werden kann.
IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Da das Grundurteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, ist eine Entscheidung über dessen vorläufige Vollstreckbarkeit nicht veranlasst.


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