IT- und Medienrecht

Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz: Vorliegen eines Massengeschäfts: nachrangige Bedeutung des Ansehens einer Person

Aktenzeichen  VII ZR 78/20

Datum:
5.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:050521UVIIZR78.20.0
Normen:
§ 2 Abs 1 Nr 8 AGG
§ 19 Abs 1 Nr 1 Alt 1 AGG
§ 19 Abs 1 Nr 1 Alt 2 AGG
§ 22 AGG
Spruchkörper:
7. Zivilsenat

Leitsatz

1. Ob es sich bei einem zivilrechtlichen Schuldverhältnis um ein Massengeschäft im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 AGG handelt, das typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt, bestimmt sich nach einer allgemeinen, typisierenden Betrachtungsweise. Abzustellen ist nicht auf den einzelnen Anbieter, sondern auf die Verkehrssitte. Für das Vorliegen einer solchen Verkehrssitte trifft denjenigen, der sich auf die Benachteiligung beruft, die volle Beweislast, § 22 AGG findet hierbei keine Anwendung.
2. Ob ein Ansehen der Person bei der Begründung eines zivilrechtlichen Schuldverhältnisses im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 AGG nachrangige Bedeutung hat, bestimmt sich nach der Art des zu betrachtenden Schuldverhältnisses in seiner konkreten Ausprägung.

Verfahrensgang

vorgehend LG München I, 31. März 2020, Az: 13 S 17353/18vorgehend AG München, 10. Oktober 2018, Az: 122 C 5020/18

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 31. März 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigungszahlung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), weil ihm nach seiner Behauptung wegen seines Alters der Zutritt zu einer Musikveranstaltung verweigert worden ist.
2
Der seinerzeit 44-jährige Kläger wollte am 26. August 2017 das von der Beklagten veranstaltete Open-Air-Event “I.          ” in M.       besuchen, bei dem über 30 Discjockeys elektronische Musik auflegten. Die Veranstaltung hatte eine Kapazität von maximal 1.500 Personen, ein Vorverkauf fand nicht statt. Ein Ticket konnte erst nach Passieren der Einlasskontrolle erworben werden. Dem Kläger sowie seinen beiden damals 36 und 46 Jahre alten Begleitern wurde der Einlass verwehrt.
3
Mit Schreiben vom 28. August 2017 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf, ihm aufgrund dieses Sachverhalts eine Entschädigung in Höhe von 1.000 € zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte ab und teilte zur Begründung mit, Zielgruppe der Veranstaltung seien Personen zwischen 18 und 28 Jahren gewesen. Aufgrund der beschränkten Kapazität und um den wirtschaftlichen Erfolg, der mit einer homogen in sich feiernden Gruppe verbunden sei, nicht negativ zu beeinflussen, habe es die Anweisung gegeben, dem optischen Eindruck nach altersmäßig nicht zur Zielgruppe passende Personen abzuweisen.
4
Der Kläger ist der Auffassung, dass eine Benachteiligung wegen des Alters vorliege und ihm daher ein Entschädigungsanspruch gemäß § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 2 AGG zustehe. Er begehrt von der Beklagten die Zahlung von 1.000 € sowie den Ersatz der Kosten eines vorangegangenen Schlichtungsverfahrens in Höhe von 142,80 €, jeweils nebst Zinsen.
5
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.


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