IT- und Medienrecht

Erfolglose Klage auf weitere angemessene Vergütung

Aktenzeichen  33 O 74/17

Datum:
13.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2018, 44170
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UrhG § 32a

 

Leitsatz

Ein Anspruch auf eine weitere angemessene Vergütung nach den Grundsätzen zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen kommt nicht in Betracht, wenn es an der Urhebereigenschaft fehlt. § 32a UrhG findet in diesem Fall keine Anwendung.  (Rn. 71 – 73) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten.

Gründe

Die zulässige Klage ist, soweit über sie nach Teilrücknahme gegenüber der Beklagten zu 1 noch zu entscheiden war, nicht begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten zu 2 und 3 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf weitere angemessene Vergütung nach § 32a UrhG zu, weil sie nach dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt keinen urheberrechtlich relevanten Beitrag zu dem Film „D… U…“ geleistet hat.
A. Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist gemäß § 254 ZPO als Stufenklage zulässig. Die beantragte Auskunft (Klageantrag Ziffer I) dient der Bestimmung des Leistungsantrages, so dass der (einstweilen) fehlenden Bezifferung des Leistungsantrages in Ziffer II nicht § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entgegensteht.
Unschädlich ist auch, dass die Klägerin ihre Stufenklage mit einer bezifferten Teilklage verbunden hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist in einem solchen Falle die Klage nur hinsichtlich des Begehrens, das das bezifferte Zahlungsbegehren übersteigt, als Stufenklage i.S. des § 254 ZPO anzusehen und hinsichtlich des bereits bezifferten Teils von einer bestimmten Teilklage auszugehen (vgl. BGH NJW-RR 2003, 68 m.w.N.; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 5. Auflage 2016, ZPO, § 254 Rdn. 18). Eine Entscheidung über die bestimmte Teilklage kann bereits auf der ersten Stufe der Stufenklage ergehen (MüKoZPO/Becker-Eberhard, 5. Auflage 2016, ZPO, § 254 Rdn. 20).
B. Die Klage ist allerdings nicht begründet.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) nach dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf eine weitere angemessene Vergütung an den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes „D… U…“ zu.
Da es bereits an einer materiell-rechtlichen Grundlage für den in zweiter Stufe verfolgten Zahlungsanspruch fehlt, war die Klage insoweit bereits in der Auskunftsstufe zusammen mit dem daneben geltend gemachten bezifferten und unbezifferten Zahlungsantrag durch Endurteil abzuweisen (vgl. BGH NJW 2002, 1042, 1044; Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 254 Rdn. 9).
I. Ein Anspruch auf weitere angemessen Vergütung ergibt sich nicht aus § 32a Abs. 1 bzw. § 32a Abs. 2 UrhG. Es fehlt insoweit bereits an der Anspruchsberechtigung der Klägerin, da sie nicht Miturheberin des Werkes „D… U…“ ist. Tatsächliche Umstände, die den zuverlässigen Schluss auf einen urheberrechtlich erheblichen schöpferischen Beitrag der Klägerin zu dem Film „D… U…“ zulassen, sind weder ersichtlich noch von der darlegungsbelasteten Klägerin vorgetragen, insbesondere nicht, worin im Einzelnen der Beitrag der Klägerin bestanden und sich im Werk „D… U…“ niedergeschlagen hat.
Auch beim Filmwerk gilt das Schöpferprinzip (§ 7 UrhG). (Mit-) Urheber ist derjenige, der das urheberrechtlich geschützte Filmwerk tatsächlich geschaffen hat. Entscheidend ist, dass die jeweilige Person einen schöpferischen Beitrag zum Film geleistet hat, welcher allein oder zusammen mit den Beiträgen anderer Urheber das selbständig schutzfähige Filmwerk ausmacht. Er muss in dem Filmwerk aufgehen (vgl. Schricker/Loewenheim/Katzenberger/N.Reber, 5. Auflage 2017, Vor §§ 88 ff. Rdn. 52; Dreier/Schulze, 6. Auflage 2018, § 6 Rdn. 6).
1. Die Klägerin beruft sich hinsichtlich ihrer Miturheberschaft an dem Werk „D… U…“ zunächst auf ihre Miturheberschaft an dem Buch „B… z… I… S…“, welches – so die Klägerin – „als Vorlage“ für den Film „D… U…“ gedient habe.
Eine Urheberstellung würde hierdurch aber nur vermittelt, wenn der Film „D… U…“ eine abhängige Nachschöpfung des Buches „D… I… S…“ im Sinne von § 23 S. 2 UrhG darstellen würde. Allein aus der Benutzung des Buches „D… I… S…“ als vorbestehendem Werk lässt sich dies noch nicht ableiten. Denn eine Verfilmung kann auch zu einem in freier Benutzung (§ 24 UrhG) des zugrundeliegenden Werks geschaffenen selbständigen Werk führen (vgl. OLG München GRUR 1990, 674, 675 – „Forsthaus Falkenau“; Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 5. Auflage 2017, UrhG, § 3 Rdn. 32). Für die Frage, inwieweit das Buch „D… I… S…“ frei oder unfrei benutzt wurde, ist darauf abzustellen, ob angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen. In diesem Fall ist von einer freien Benutzung auszugehen (BGH GRUR 1999, 984, 987 – Laras Tochter, OLG München NJOZ 2010, 2112 – Tannöd).
a) Hierzu ist zunächst, auf einer ersten Prüfungsstufe, festzustellen, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des Werkes „D… I… S…“ bestimmt wird; welche Elemente des Buches also für sich gesehen oder in ihrer Gesamtheit eine eigenschöpferische Leistung darstellen und eigenpersönlich geprägte Bestandteile enthalten (OLG München NJOZ 2010, 2112 – Tannöd). Erst dann ist ein Vergleich der beiden Werke „D… I… S…“ und „D… U…“ anzustellen (vgl. BGH GRUR 1978, 302, 305 – Wolfsblut) und zu prüfen, ob gerade die individuellen Züge des älteren Werkes auch in dem jüngeren Werk enthalten sind (hierzu unten Ziffer b). Denn eine unfreie Bearbeitung kann nur in Betracht kommen, wenn die Übereinstimmung der zu vergleichenden Werke gerade in schutzfähigen Bestandteilen des benutzten Werkes besteht (OLG München GRUR 1990, 674, 675 – Forsthaus Falkenau).
Bei dem Buch „B… z… I… S…“ handelt es sich – was zwischen den Parteien unstreitig ist – um eine Biografie, nämlich die Biografie von T… J…. Das Buch setzt sich zusammen aus einem Vorwort, verfasst von T… J… (Seite 9 bis 12 des Buches, Anlage B13), dem Kapitel „E… K… u… J… i… D…“, verfasst von der Klägerin (Seite 13 bis 33 des Buches, Anlage B13), dem Kapitel „M… Z… b… A… H… – aufgezeichnet 1947“ verfasst von T… J… (Seite 35 bis 215 des Buches, Anlage B13) und dem Kapitel „C… e… S… – a… 2…“, verfasst von der Klägerin (Seite 231 bis 263 des Buches, Anlage B13). Alle Kapitel geben ein tatsächliches Geschehen, das Leben von T… J…, wieder.
Für die Frage der Urheberrechtsfähigkeit ist zu differenzieren: Während die konkrete Textfassung sowie die unmittelbare Formgebung des Gedankens ebenso wie eigenpersönlich geprägte Bestandteile und Form bildende Elemente des Werkes Urheberschutz genießen können, sind historische, nicht auf der Phantasie des Autors beruhende Umstände oder tatsächliche Begebenheiten in ihrem Kern dem Schutz nicht zugänglich (OLG München NJOZ 2010, 2112 – Tannöd; vgl. auch Wandtke/Bullinger, 4. Auflage 2014, UrhG, § 2 Rdn. 49; Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 2 Rdn. 39, 40). Die tatsächlichen Gegebenheiten und Ereignisse können von jedermann und immer wieder zum Gegenstand einer Darstellung gemacht werden und fallen als solche auch dann, wenn sie künstlerisch bearbeitet werden, nicht in den Schutzbereich des Urheberrechts, sondern bleiben gemeinfrei (vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 5. Auflage 2017, § 24 Rdn. 3). Ein Autor, auch wenn er mit großem Aufwand die Lebensgeschichte einer anderen Person recherchiert hat, genießt folglich für die Lebensgeschichte der beschriebenen Person keinen Urheberschutz (vgl. Wandtke/Bullinger, 4. Auflage 2014, UrhG, § 2 Rdn. 49; Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 5. Auflage 2017, § 24 Rdn. 3).
Danach kann sich die Klägerin zwar hinsichtlich der individuellen Form der Darstellung der Lebensgeschichte von T… J… in dem Buch „D… I… S…“ auf Urheberschutz berufen, nicht jedoch hinsichtlich des Inhalts, der Lebensgeschichte selbst, welche gemeinfrei bleibt.
Hinzu kommt, dass sich im vorliegenden Fall, entgegen der Ansicht der Klägerin, klar zwischen dem Beitrag der Klägerin und dem Beitrag von T… J… unterscheiden lässt. Die Kapitel „E… K… u… J… i… D…“ und „C… e… S… – a… 2…“, welche von der Klägerin verfasst wurden, behandeln T… J… Leben vor bzw. nach ihrer Zeit bei A…H…, während sich der Beitrag von T… J… in dem Kapitel „M… Z… b… H… – …, 1…“ mit ihrer Zeit bei A… H… befasst. Dem Kapitel „M… Z… b… A… H… – a… 1…“ von T… J… ist zudem eine editorische Notiz vorangestellt, in welcher es wörtlich heißt:
„Die folgenden Aufzeichnungen von T… J… aus den Jahren 1947/1948 geben ihre subjektiven Erinnerungen wieder und werden hier in der ursprünglichen Fassung veröffentlicht Der Text wurde lediglich den aktuellen orthographischen Regeln angepasst und – in Zusammenarbeit mit Frau J… – dort geringfügig verändert, wo er manuskripttypische Schwächen aufwies (uneinheitliche Orthographie, fehlerhafte Namensschreibung, einzelne Wortauslassungen etc.). Die wenigen, inhaltlich unbedeutenden Streichungen sind durch Auslassungszeichen gekennzeichnet“ (Seite 34 des Buches, Anlage B13).
Nur hinsichtlich der individuellen Form der Darstellung der Lebensgeschichte in den von ihr verfassten Kapiteln „E… K… u… J… i… D…“ u… „C… e… S… – a… 2…“ kann die Klägerin folglich Urheberschutz geltend machen.
b) Aus dem Vergleich des schöpferischen Beitrages der Klägerin in dem Buch „D… I… S…“ mit dem Werk „D… U…“ ergibt sich keine Urheberrechtsverletzung.
Der Film „D… U…“ beginnt im November 1942 mit T… J… Vorstellungsgespräch bzw. dem „P… b… A… H…“ (Film „D… U…“, Anlage B14). Er endet mit der Flucht T… J… (und weiterer Filmfiguren) aus dem Führerbunker und aus dem umkämpften Berlin im Mai 1945 (Film „D… U…“ Anlage B14).
Das von der Klägerin verfasste Kapitel „E… K… u… J… i… D…“ endet demgegenüber kurz vor dem Umzug T… J… nach B… im Frühjahr 1942. Das weitere von der Klägerin verfasste Kapitel „C… e… S…- a… 2…“ behandelt sodann die Aufarbeitung der Geschehnisse durch T… J…, eingebettet in Lebensstationen der T… J… nach ihrer Flucht aus dem Führerbunker.
Der Film „D… U…“ beginnt mithin dort, wo die Schilderungen der Klägerin aufhören, und endet dort, wo der Bericht der Klägerin wieder einsetzt. Rückblenden auf die Zeit vor ihrer Tätigkeit für A… H… oder ein Ausblick auf die Zeit nach der Flucht aus dem Bunker erfolgen in dem Film „D… U…“ nicht. Die gemeinfreien Geschehnisse, welche die Klägerin in dem Buch „D… I… S…“ behandelt, werden in dem Film „D… U…“ folglich gar nicht aufgegriffen. Auch die allein urheberrechtsfähige konkrete Textfassung oder die unmittelbare Formgebung durch die Klägerin können in dem Film deshalb keinen Niederschlag gefunden haben.
Aber auch, soweit die Klägerin auf die Figur der T… J… und deren Perspektive auf die Ereignisse abstellt und ausführt, dass diese Perspektive klar sichtbar als Grundlage für die Dramaturgie des Films übernommen worden sei, ist eine Urheberrechtsverletzung nicht erkennbar. Denn der Charakter und die Rolle der T… J… sind real und historisch vorgegeben. Dass insoweit Raum für eigenschöpferische Gestaltung geblieben, von der Klägerin genutzt worden und sodann und in welcher Form als schöpferischer Beitrag in den Film eingeflossen wäre, ist weder ersichtlich noch dem Vortrag der Klägerin konkret und nachvollziehbar zu entnehmen. Zumal eigenschöpferische Gestaltung in diesem Bereich auch in Widerspruch zu dem biografischen Anspruch des Buches stünde.
2. Die Klägerin kann ihre Miturheberschaft an dem Werk „D… U…“ auch nicht erfolgreich auf Gespräche und Briefwechsel stützen, die während der Drehbucharbeiten zwischen ihr und dem Produzenten (und Drehbuchautor) B… E… sowie dem Regisseur O… H… stattgefunden haben.
Zu ihrer Einbindung in die laufende Drehbuchgestaltung hat die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 11.10.2018 nach Schluss der mündlichen Verhandlung substantiiert vorgetragen. Sie hat zum Nachweis zwei von der Klägerin verfasste Briefe an B… E… bzw. an B… E… und O… H… vorgelegt (Anlage K5).
Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen noch von der in der mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatzfrist gemäß § 283 ZPO gedeckt oder als verspätet im Sinne des § 296a S. 1 ZPO anzusehen ist, da der Vortrag und die vorgelegten Briefe jedenfalls nicht geeignet sind, eine Miturheberschaft der Klägerin an dem Werk „D… U…“ zu begründen.
Der Vortrag der Klägerin lässt bereits Ausführungen dazu vermissen, inwieweit die von ihr vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich Eingang in das Werk „D… U…“ gefunden haben. Die mit Anlage K5 vorgelegten Briefe der Klägerin vom 15.11.2002 an B… E… bzw. an B… E… und O… H… enthalten zudem keine ein (Mit-)Urheberrecht an dem Werk „D… U…“ begründenden Elemente. Sie vermögen deshalb auch keine urheberrechtlich begründeten, über die im Beratervertrag (Anlage B1) vereinbarten hinausgehenden Vergütungsansprüche auszulösen.
Im Einzelnen:
a) Der Brief vom 15.11.2002, welchen die Klägerin ausschließlich an B… E… adressiert hat (Anlage K5), beginnt mit den Worten
„vergangenen Mittwoch haben wir darüber gesprochen, ob (Antwort: natürlich!) und wie H… Mitarbeiter sich untereinander über ihr persönliches Schicksal im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches unterhalten haben…“
Es folgen sodann zwei wörtliche Zitate aus dem Kapitel „M… Z… b… A… H… – a… 1…“ von T… J… (S. 118 des Buches „B… z… I… S…“, Anlage B13). Die Klägerin merkt hierzu an, dass sie eine Unterhaltung zwischen H… und T. J… im Führerbunker, die „diese [im Zitat genannten] schon länger gehegten Zweifel aufgreifen, für SEHR glaubwürdig“ halte. Sie weist darauf hin, dass es in einem Gespräch zwischen H… und T-J… möglicherweise auch um die Frage „Selbstmord – ja oder nein“ gehen könnte, da sich H… schließlich wohl umgebracht habe. Sie ergänzt sodann, dass T… J… mit G… „bestimmt viel über H…-H… J… und über H… Verfall gesprochen“ habe und zitiert zum Beleg ihrer Einschätzung erneut T… J…. Sodann folgt die Kommentierung einer Stelle des Drehbuches, welche mit „E… B… & T… J…: ‚gestern hat er mir sein politisches Testament diktiert…‘“ beschrieben wird, mit den Worten „Genau so kann das Gespräch zwar nicht stattgefunden haben, aber prinzipiell halte ich ein Gespräch zwischen den beiden über das Testament doch für möglich“. Zum Beleg ihrer Ansicht zitiert die Klägerin im Folgenden erneut eine Passage aus dem Kapitel „M… Z… b… A… H… a… 1…“ von T… J….
Die in den Briefen zu findenden Anmerkungen der Klägerin stellen folglich Hinweise auf historische Fakten, größtenteils zudem in Form wörtlicher Zitate aus dem Kapitel „M… Z… b… A… H… – a… 1…“ von T… J…, dar. Sie beziehen sich damit auf gemeinfreie, jedenfalls nicht zu Gunsten der Klägerin (sondern allenfalls zu Gunsten T… J…) urheberrechtlich schutzfähige Gegenstände. Ein Urheberrechtsschutz zu Gunsten der Klägerin ist schon aus diesem Grunde zu verneinen.
b) Den weiteren Brief vom 15.11.2002 an B… E… und O… H… leitet die Klägerin ein mit den Worten „herzlichen Dank für die zweite Drehbuchfassung, die ich mit großer Spannung gelesen habe. Hier meine – wenigen – Anmerkungen“. Die „zweite Drehbuchfassung“ selbst liegt dem Gericht nicht vor.
Sodann heißt es im Wesentlichen (Auslassungen sind durch […] gekennzeichnet):
aa) „‚S. 34: ganz unten: T…: ‚…hab ich ihm Photos mitgebracht aus München … von der ganzen Zerstörung‘
T… J… hat H… zwar von der Zerstörung erzählt, aber sie hatte keine Photos davon. Auch wenn das als dramaturgisches Mittel natürlich legitim ist, kommt mir die Vorstellung, Frau J… habe wie ein Japaner die Münchener Trümmer photographiert, ein bisserl komisch vor.“
Die Anmerkung der Klägerin stellt hier lediglich eine redaktionelle Korrektur dar, welche keine eigene Individualität entfaltet, sondern nur fremde Individualität unterstützt, indem sie auf historisch überlieferte Fakten Bezug nimmt. Eine schöpferische Tätigkeit ist hierin nicht zu sehen (vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim/Pfeifer, 5. Auflage 2017, § 7 Rdn. 8).
bb) „‚S. 102 T… J. zu S…: ‚… wir können ihn doch nicht alle einfach allein lassen‘
Das mag zwar ihre offizielle Aussage gegenüber Menschen wie S… gewesen sein, tatsächlich fühlte sie sich aber offensichtlich nicht so sehr an H… gebunden, sondern wusste nicht, wohin sie gehen sollte […] Das hat sie mir gegenüber immer wieder betont, und das steht auch in ihren Aufzeichnungen, S. 184 ([…]). Ich fände es gut, wenn diese WAHRE MOTIVATION im Film auch rauskommt, denn sie galt wohl nicht nur für T… J…, sondern mehrere Menschen in H… Umfeld.“
Mit dieser Anmerkung nimmt die Klägerin erneut auf tatsächliche Gegebenheiten Bezug. Wer einem anderen ein tatsächliches Erlebnis berichtet, bringt indes nichts schöpferisches hervor und erfindet keine Fabel; er teilt vielmehr lediglich einen Stoff mit, der ebenso vorgegeben ist wie etwa ein geschichtlicher Sachverhalt, und kann dafür ebenso wenig wie für tatsächliche Angaben sonst auch Urhebereigenschaft in Anspruch nehmen (vgl. OLG München GRUR 1956, 432, 434 – So lange du da bist). Darüber hinaus handelt es sich um eine bloße Anregung, welche noch keine konkrete Ausgestaltung in Sprache und Bild erfahren hat und welcher auch insofern die schöpferische Individualität fehlt (vgl. BGH GRUR 1995, 47, 48 – Rosaroter Elefant; OLG München GRUR 1990, 674, 676 – Forsthaus Falkenau; Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 5. Auflage 2017, § 2 Rdn. 73).
cc) „‚S. 130: M… G…: ‚… Ich glaube, wir werden heute alle noch weinen‘
Ich verstehe nicht, warum Sie dieses Gespräch, das zwischen E… B… und T… stattgefunden hat, zwischen M… G. und T… konstruieren. Ich finde, dass es im Film ohnehin nicht allzu viel Kontakt zwischen T… und E… B… gibt, das wäre doch eine Möglichkeit, die beiden einmal mehr zusammenkommen zu lassen???“
Auch in dieser Anmerkung nimmt die Klägerin lediglich auf tatsächliche Gegebenheiten Bezug, ohne selbständig schöpferisch tätig zu werden.
dd) „‚S. 133 Ende Diktat politisches Testament:‘
H… hat doch gleich im Anschluss an das politische sein privates Testament diktiert, in dem er auch sagt, dass er E… B… heiraten wird. So erfährt T… sozusagen aus erster Hand, was wenige Minuten später im Nebenraum stattfindet. Sie hatten – zurecht – angemerkt, dass das private Testament nicht spannend genug ist, um es im Film zu zitieren. Vielleicht bietet es sich trotzdem an, diese wahre Begebenheit einzuarbeiten.“
Es ist bereits nicht erkennbar, dass die Anmerkung der Klägerin Eingang in den Film „D… U…“ gefunden hätte, da das Diktat des privaten Testaments im Film nicht aufgegriffen wird (vgl. Film „D… U…“, Anlage B14). Zudem handelt es sich lediglich um einen Hinweis der Klägerin auf historische und damit gemeinfreie, nicht schutzfähige Fakten.
ee) „‚S.149: Gespräch zwischen G… und T…‘
Das könnte natürlich so ähnlich stattgefunden haben. Ich glaube aber nicht, dass T… damals bereits von einem BEKENNTNIS gesprochen hätte. Vielleicht könnte man statt ‚… vielleicht ein Bekenntnis…‘ so etwas wie ‚was falsch gelaufen ist‘ oder (‚was er für Fehler gemacht hat‘) sagen.“
Die Anregung der Klägerin stellt eine lediglich geringfügige redaktionelle Korrektur dar, welche nur fremde Individualität unterstützt ohne eigenes schöpferisches Gewicht zu erlangen (vgl. Ziffer aa).
ff) „‚S. 152f: T… folgt wie in Trance der kleinen Prozession die Treppe hinauf zum Notausgang.‘
T… J… hat die Leichen H… und E… B… nie gesehen und war auch nicht bei der Verbrennung dabei. Ist das nicht historisch so sehr verbrieft, dass man es aus dramaturgischen Gründen nicht ändern sollte? Und wäre es nicht ohnehin viel eindrucksvoller, wenn T…, während oben die Leichen verbrannt werden, unten die G… bei Laune hält? (In Wahrheit ist sie ja völlig erschöpft und wie gelähmt auf einem Stuhl gesessen und hat Steinhänger getrunken bzw. kaum mehr etwas wahrgenommen, bis G… zurückkam und ihr Vollzug meldete.)“
Es ist bereits nicht erkennbar, dass die Anregung der Klägerin, T… J… bei den G… verweilen zu lassen, Eingang in den Film „D… U…“ gefunden hat (vgl. Film „D… U…“, Anlage B14). Der Film lehnt sich vielmehr an die tatsächlichen Begebenheiten an, indem er T… J… zum Zeitpunkt der Verbrennung der Leichen alleine an einem Tisch stehend ein Glas Steinhäger trinkend zeigt (vgl. Film „D… U… “, Anlage B14). Anregungen auf Basis historischer Fakten vermögen eine Urheberstellung indes nicht zu begründen.
gg) „‚S. 164: W… Aktion:‘
Ich finde es gut und spannend, dass man diese eigenmächtige Aktion zeigt. Aber sollten die Laien unter den Zuschauern nicht erfahren, dass die offizielle Mitteilung an das deutsche Volk eine völlig andere war (und das Vorgehen W… deshalb besonders mutig bzw. verzweifelt)? Am 1. Mai 1945 um 22.26 wurde der deutschen Wehrmacht und dem deutschen Volk vom Sender Hamburg folgendes mitgeteilt:
„[…]
‚S. 192: O… M… fiel am 02.05.1945 auf der Flucht in Berlin in die Hände der Russen.‘
T… J… beobachtete, wie zwei Russen die M… abführten. Ob sie vergewaltigt, erschossen… wurde… oder ob sie vorher die Giftkapsel zerbiss, weiß man angeblich bis heute nicht.“
In den Anmerkungen nimmt die Klägerin lediglich auf historische Fakten Bezug, welche zum frei benutzbaren Gemeingut zählen und somit nicht schutzfähig sind.
hh) Die Anmerkungen der Klägerin zu der zweiten Drehbuchfassung sind damit jeweils nicht geeignet, eine (Mit-)Urheberschaft der Klägerin an dem Werk „D… U…“ zu begründen.
Nichts anderes ergibt sich aus ihrer abschließenden Bitte in dem Brief:
„Zum Abschluss noch einmal meine bereits nach der ersten Fassung geäußerte Bitte, dass T… J… nicht zuuuuu naiv und dummes-Ding-mäßig rüberkommen sollte. Natürlich war sie unbedarft und uninformiert, natürlich hat sie H… sehr verehrt und wollte ihm jedes Wort glauben, aber immer war auch Skepsis dabei.“
Soweit die Klägerin nicht lediglich auf – gemeinfreie – historisch überlieferte Fakten Bezug nimmt, handelt es sich bei ihren Anmerkungen um bloße Ideen und Anregungen, die noch keine konkrete Ausgestaltung in Sprache und Bild erfahren haben und denen insofern die schöpferische Individualität fehlt. Darüber hinaus verblassen die abstrakten und knappen Anregungen und Anmerkungen auch gegenüber dem Grad der Individualität des neugeschaffenen Werkes „D… U…“.
c) Die – in den Worten der Klägerin – „wenigen“, Anmerkungen lassen sich auch nicht zu einer schutzfähigen Fabel zusammenfassen. Soweit den Anmerkungen überhaupt ein innerer Zusammenhang innewohnt, besteht dieser ausschließlich in der möglichst authentischen Wiedergabe eines historischen Geschehens. Es handelt sich nicht um das Ergebnis schöpferischer Phantasie der Klägerin.
II. Ein Anspruch der Klägerin auf eine weitere angemessene Vergütung an den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes „D… U…“ ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen.
Zwar sind die Grundsätze zur Vergütungspflicht bei Leerübertragungen im Urheberrecht entsprechend anwendbar (BGH GRUR 2012, 910, 911 – Delcantos Hits; offen gelassen noch von BGH NJW 1992, 232, 234 – Keltisches Horoskop). Diese besagen jedoch lediglich, dass ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk nicht deshalb unwirksam ist, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft (BGH GRUR 2012, 910, 912 – Delcantos Hits).
Ziel dieser Grundsätze ist es, dem Lizenzgeber nicht das Wagnis für die Rechtsbeständigkeit des Lizenzgegenstandes aufzuerlegen und ihm den Anspruch auf die Gegenleistung abzusprechen, obwohl er im Regelfall bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seine Leistung erbracht hat (vgl. BGH NJW 1977, 104 – Werbespiegel). Der Lizenzgeber erhält hierdurch jedoch nicht die Rechtsstellung eines Urhebers (vgl. BGH GRUR 2005, 935, 937 – Vergleichsempfehlung II). Folgerichtig kommt auch § 32a UrhG nicht zur Anwendung. § 32a Abs. 1 UrhG, der eine Durchbrechung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ darstellt, ist Ausfluss des mit Verfassungsrang ausgestatteten Gebotes, den Urheber an sämtlichen Früchten aus der Nutzung seines Werke angemessen zu beteiligen. Fehlt es an der Urhebereigenschaft, so ist der Lizenzgeber wie jeder andere Vertragspartner zu behandeln. Eine Rechtfertigung für die Durchbrechung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ und für eine weitere Beteiligung an Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des (fremden) Werkes fehlt in diesem Fall.
III. Eine weitere Vergütung kann die Klägerin auch nicht aus einer Sittenwidrigkeit der in § 4.4 des Options- und Verfilmungsvertrages (Anlage K1) festgelegten Vergütungsregelung herleiten. Für die Beklagte zu 2 folgt dies bereits aus dem Umstand, dass sie nicht Vertragspartnerin der Klägerin ist. Im Übrigen fehlt es, unabhängig von der Frage, ob die Klägerin insoweit überhaupt aktivlegitimiert ist, jedenfalls an konkreten Anhaltspunkten, die eine Sittenwidrigkeit der vertraglichen Klausel begründen könnten.
Die Klägerin hat insofern mit Schriftsatz vom 11.10.2018 nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Sittenwidrigkeit bestehe darin, dass die Beklagte zu 3 sich die Möglichkeit habe einräumen lassen, sämtliche Vertriebskosten und Provisionen in der konzerneigenen Verwertungskette vorab in Abzug bringen zu dürfen, zumal die Klägerin bei Unterzeichnung des Vertrages nicht habe beurteilen können, bei welchen Konzerntöchtern und Vertragspartnern pauschale und nicht nachvollziehbare Abzüge vorgenommen würden.
Die nach § 138 BGB erforderliche Gesamtwürdigung der vertraglichen Vereinbarung sowie der Umstände ihres Zustandekommens lassen § 4.4 des vorgelegten Options- und Verfilmungsvertrages (Anlage K1) indes nicht als sittenwidrig erscheinen.
Insbesondere ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass zwischen den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss eine derart ungleiche Verhandlungsposition bestanden hätte, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3 den Vertragsinhalt faktisch einseitig habe bestimmen können (vgl. hierzu BVerfG GRUR 2005, 880, 882 – Xavier Naidoo). Grundsätzlich ist deshalb davon auszugehen, dass der durch den Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien auf einen sachgerechten Interessenausgleich schließen lässt, den der Staat zu respektieren hat (BVerfG GRUR 2005, 880, 882 – Xavier Naidoo). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vertragsinhalt selbst, insbesondere nicht aus einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dass die Vergütungsvereinbarung des Options- und Verfilmungsvertrages in der Vertragspraxis faktisch leerlaufen würde, ist nicht erkennbar. Insofern ist die gesamte Vergütungsregelung in den Blick zu nehmen. Denn § 4 des Options- und Verfilmungsvertrages gewährt nicht nur eine Beteiligung in Höhe von 2,5 % des Nettogewinnes des Produzenten (Ziffer 4.4 des Options- und Verfilmungsvertrages), sondern darüber hinaus auch eine Beteiligung in Höhe von 10 % an den Produzentenerlösen (Bruttoerlöse abzüglich Mehrwertsteuer) aus der Verwertung der Produktion in den USA, UK und Japan (Ziffer 4.3 des Options- und Verfilmungsvertrages). Abzüge sind der Beklagten zu 3 hier nur eingeschränkt möglich. Unstreitig hat der Verlag aufgrund der vertraglichen Vereinbarung außerdem bislang bereits € 196.012,34 erhalten. Aus dem als Anlage B1 vorgelegten Beratervertrag zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3 folgt ferner, dass der Klägerin seitens der Beklagten zu 3 (weitere) € 12.000 für ihre Beratertätigkeit zugesagt wurden. Auch dies kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht außer Acht bleiben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin gerade nicht (Mit-) Urheberin des Werkes „D… U…“ ist. Der Anspruch auf eine Beteiligung an den Erträgen und Vorteilen aus der Verwertung des Filmes wird ihr bzw. dem Verlag lediglich durch § 4 des Options- und Verfilmungsvertrages eingeräumt. Ein hiervon losgelöster Rechtsgrund für eine Beteiligung an dem „wirtschaftlichen Erfolg“ des Filmes existiert indes nicht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.


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