Aktenzeichen M 10 E 18.741
BayPrG Art. 4 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 1004
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Leitsatz
1 Der von der Rechtsprechung aus einer Analogie zu § 823 ff., § 1004 BGB bzw. aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG entwickelte äußerungsrechtliche Unterlassungsanspruchs setzt die objektive Rechtswidrigkeit der Äußerung voraus. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs können sich ergeben, wenn die Auskunft Grundrechte Dritter berührt. Geht es um die Bekanntgabe personenbezogener Daten, ist das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3 Wägt man das Öffentlichkeitsinteresse an einer Berichterstattung mit der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, die mit der identifizierenden Berichterstattung über Verfehlungen des Betroffenen verbunden ist, ab, verdient für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten unter Berücksichtigung des unantastbaren innersten Lebensbereichs sowie der Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit regelmäßig das Informationsinteresse den Vorrang. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist ein ehemaliger Profifußballer, der von 2004 – 2012 in der Bundesliga und von 2012 – 2014 in der spanischen Primera Division spielte. Gegen ihn wird derzeit strafrechtlich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung sowie eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt.
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München beantragt,
das Gericht möge im Wege einer einstweiligen Anordnung – wegen der Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – anordnen:
Dem Antragsgegner wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt, über den Stand und Ergebnisse des gegen den Antragsteller eingeleiteten Ermittlungsverfahrens mit dem Az.: 824 Cs 251 Js 222624/16 gegenüber den Medien Auskunft zu erteilen, soweit kein Termin zur öffentlichen Hauptverhandlung anberaumt ist.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antragsteller habe während seiner Zeit als Profifußballer oft in der Öffentlichkeit gestanden; das öffentliche Interesse habe sich sowohl auf seine sportlichen Leistungen als auch auf Ereignisse aus seinem Privatleben bezogen. Diese Lebensphase sei davon geprägt gewesen, dass der Antragsteller häufig auf Menschen vertraut habe, die dieses Vertrauen zu eigenen wirtschaftlichen Vorteilen hätten ausnutzen wollen. Er sei durch seine Gutgläubigkeit und Naivität in Situationen geraten, die zu Strafverfahren wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung geführt hätten. Dies sei in den Boulevard-Medien ausführlich thematisiert worden. 2015 habe der Antragsteller entschieden, sich gänzlich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, keine Interviews mehr zu geben und keine Storys über sein privates oder gesellschaftliches Leben zuzulassen. Er habe systematisch den Wunsch verfolgt, als Unternehmer im Immobilienbereich sein berufliches Leben und ein stilles zurückgezogenes Privatleben zu führen. Er habe den Medien mitgeteilt, dass er nicht mehr für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehe. Gleichwohl sei der Antragsteller immer wieder Situationen ausgesetzt gewesen, dass Menschen, die wirtschaftliche Forderungen gegen ihn stellten, die Medien einschalteten und sein Privatleben thematisierten; er sei immer systematisch gegen die Veröffentlichungen vorgegangen.
Im Jahr 2016 sei gegen ihn der Vorwurf erhoben worden, dass er seine damalige Freundin … im Mai 2016 auf Ibiza geschlagen habe. Wegen dieses Vorwurfs sei ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Die …-Zeitung habe hiervon in der bundesweiten Ausgabe vom 27. Januar 2017 auf S. 1 und S. 14 sehr ausführlich berichtet.
Am 29. März 2017 habe vor dem Amtsgericht München eine Verhandlung wegen Beleidigung mit großem Medieninteresse stattgefunden. Am Ende dieser Straf-verhandlung hätten die Ermittlungsbehörden öffentlichkeitswirksam dem Antragsteller einen Durchsuchungsbeschluss vorgelegt und mitgeteilt, dass nunmehr zeitgleich sein Privathaus wegen eines Betäubungsmittel-Verdachts durchsucht werde. Der Verdacht sei von einer Bekannten, mit der sich der Antragsteller überworfen habe, an die Ermittlungsbehörden herangetragen worden. Die …-Zeitung habe in ihrer Ausgabe vom 29. März 2017 wiederum bundesweit darüber berichtet, dass bei ihm eine Drogenrazzia stattgefunden habe und er im Gericht abgeführt worden sei. Tatsächlich sei der Antragsteller nicht abgeführt worden.
Wegen des Vorwurfs der Körperverletzung auf Ibiza und eines Betäubungsmittel-deliktes sei derzeit bei der Staatsanwaltschaft München und dem Amtsgericht München ein Ermittlungsverfahren anhängig; die Staatsanwaltschaft habe Strafbefehle beantragt. Ein Strafverteidiger des Antragstellers verhandle derzeit mit dem Amtsgericht über die Höhe des Strafbefehls. Es stehe noch nicht fest, ob es tatsächlich zur öffentlichen Verhandlung komme oder ob der Antragsteller – nicht zuletzt zur Vermeidung einer weiteren Öffentlichkeitswirkung – einen Strafbefehl akzeptieren werde. Sollte es zu einer von der Pressestelle des Amtsgerichts durch Informationen gestützten Berichterstattung der …-Zeitung oder anderer Medien kommen, sei es fraglich, ob der Antragsteller einen Strafbefehl akzeptieren werde. Die Pressestelle des Amtsgerichts habe sich am 5. Februar 2018 an den Strafverteidiger des Antragstellers gewandt und mitgeteilt, dass eine Anfrage der …-Zeitung vorläge. Es werde jedoch keine Auskunft erteilt, so lange der Strafbefehl nicht erlassen sei. In einem Gespräch vom 8. Februar 2018 sei zunächst nochmals wegen des erwarteten Strafbefehls in einem Verfahren nach dem Betäubungsmittelgesetz mit der Pressestelle gesprochen worden. Der Pressebeauftragte habe bestätigt, dass er keine Anfragen beantworten werde, so lange der Strafbefehl nicht ergangen sei. Sollte jedoch der Strafbefehl erlassen werden, werde er sinngemäß mitteilen, dass Durchsuchungen und Ermittlungen bei dem Antragsteller zu einem Ergebnis geführt hätten, aufgrund dessen ein Strafbefehl im niedrigstelligen Bereich erlassen worden sei. Zu einem späteren Zeitpunkt am selben Tage habe der Pressebeauftragte mitgeteilt, dass mittlerweile ein …-Reporter bei ihm gewesen sei und nachgefragt hätte, ob das Verfahren wegen Körperverletzung (Ibiza) abgeschlossen sei. Von diesem Verfahren habe der Pressebeauftragte nichts gewusst. Zwischenzeitlich habe er sich erkundigt und erfahren, dass in dieser Sache ein Strafbefehl erlassen worden sei. Dies müsse er dem Reporter, ohne weitere Einzelheiten zu nennen, mitteilen. Dagegen habe sich der Rechtsvertreter des Antragstellers verwahrt.
Dem Antragsteller stehe ein Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu, die Medien über den Ausgang der beiden anhängigen Strafverfahren wegen Körperverletzung und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht zu unterrichten, wenn es zu keiner öffentlichen Hauptverhandlung kommen sollte. Es handele sich nicht um angebliche Straftaten, an denen ein besonderes berechtigtes öffentliches Informationsinteresse bestehe. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Ex-Bundesliga-Profi handle und er bis in das Jahr 2015 an öffentlichen Medienberichterstattungen mitgewirkt habe, führe nicht dazu, dass er fortlaufend Freiwild für die Boulevard-Berichterstattung geworden sei.
Soweit öffentliche Strafverhandlungen gegen den Antragsteller stattfänden, müsse er das öffentliche Informationsinteresse unter Umständen hinnehmen. So lange jedoch derartige Strafverfahren außerhalb der Öffentlichkeit geführt würden, bestehe kein berechtigtes Informationsinteresse, den Antragsteller wegen angeblicher und in der Beweislage durchaus fraglicher Straftaten in die Öffentlichkeit zu ziehen. Die angekündigte Mitteilung des Amtsgerichts München über einen erwarteten Erlass eines Strafbefehls würde erneut zu einer groß aufgemachten Boulevard-Bericht-erstattung führen. Da es sich bei dem Amtsgericht München presserechtlich um eine privilegierte Quelle handele, hätte der Antragsteller nicht einmal die Möglichkeit, wegen der dann erfolgenden Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gegen die Berichterstattung mit Aussicht auf Erfolg vorzugehen. Der Antragsgegner müsse die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers im Rahmen seiner Medienarbeit berücksichtigen. Der presserechtliche Informationsanspruch sei nicht grenzenlos. Vielmehr sei auf die berechtigten Interessen des Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Da es sich bei dem Antragsteller nicht mehr um eine Person des öffentlichen Lebens handele und der Antragsteller seinerseits sich nicht in die Öffentlichkeit begebe, sei auf seine Privatsphäre Rücksicht zu nehmen, zumal an den angeblichen Taten als solchen kein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse bestehe. Das Interesse rühre alleine daher, dass es sich bei dem Antragsteller um einen früher bekannten Fußballspieler handele, dessen Leben und Lebenskrisen immer wieder von den Boulevard-Medien zum Zweck der Gewinnsteigerung dargestellt worden seien. Der Antragsteller habe auch keine Vorbildfunktion inne, die eine solche öffentliche Skandalisierung seines Privatlebens rechtfertigen könnte. Damit liege ein Anordnungsanspruch vor.
Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass möglicherweise eine Einigung über den Strafbefehl in den nächsten Tagen erzielt werde. Aufgrund der Ankündigungen des Amtsgerichts München sei mit einer entsprechenden Mitteilung an die …-Redaktion zu rechnen, wenn das erkennende Gericht die beantragte einstweilige Anordnung nicht erlassen würde.
Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 27. Februar 2018 beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es bestehe bei entsprechender Anfrage ein Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG. Der Antragsteller sei als ehemaliger Profifußballer nach Beendigung seiner sportlichen Tätigkeit wiederholt Subjekt öffentlicher Berichterstattung im Hinblick auf verschiedene gegen ihn gerichtete Strafverfahren geworden. Das publizistische Interesse an seiner Person zeige sich an ständig wiederholten einschlägigen Anfragen zum Ermittlungsverfahren.
Dazu komme, dass über eine dem verfahrensgegenständlichen Strafverfahren zugrunde liegende Durchsuchung bereits öffentlich berichtet worden sei. Die Öffentlichkeit bedürfe zur Bewertung der bekannt gewordenen Durchsuchung auch der Information über deren Ausgang. Dem Interesse an der Überprüfung auf etwaige justizielle Unverhältnismäßigkeit stehe deswegen jedenfalls ab der richterlichen Entscheidung über den Erlass des beantragten Strafbefehls auch nicht das im nichtöffentlichen Strafbefehlsverfahren an sich zu beachtende besondere Geheimhaltungsinteresse des Antragstellers entgegen.
Eine eigenaktive Berichterstattung des Gerichts sei nicht beabsichtigt.
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Mit dem Unterlassungsbegehren des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner soll verhindert werden, dass dieser im Rahmen seiner Auskunftsverpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) gegenüber grundlegend auskunftsberechtigten Redakteuren bzw. Pressevertretern über den Verlauf bzw. das Ergebnis eines laufenden Strafverfahrens gegen den Antragsteller Mitteilungen macht. Bei der Erfüllung des Informationsanspruchs der Presse aufgrund gesetzlicher Vorschriften handelt es sich um eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende schlicht hoheitliche Tätigkeit. Die öffentlich-rechtliche Natur dieses Verwaltungshandelns prägt auch die rechtlichen Beziehungen zwischen der die Presseverlautbarung herausgebenden Behörde und dem hiervon Betroffenen. Das Begehren, die Presseerklärung zu unterlassen oder – wenn schon erfolgt – zu widerrufen, betrifft Fragen der Rechtmäßigkeit dieses dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Verwaltungshandelns (BVerwG, U.v. 14.4.1988 – 3 C 65/85; B.v. 6.2.1991 – 3 B 85/90 – jeweils juris).
2. Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht.
Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat ein Antragsteller sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung steht ihm gegenüber dem Antragsgegner kein Anspruch auf Unterlassung zu, Informationen gegenüber Presseangehörigen zu erteilen, soweit diese presserechtliche Auskunftsansprüche nach Art. 4 BayPrG geltend machen. Die Grundvoraussetzung des von der Rechtsprechung im Wesentlichen aus einer Analogie zu § 823 ff., § 1004 BGB bzw. aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG entwickelten äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs (Steffen in Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 6 LPG Rd.Nr. 233, Rd.Nr. 260 bis 282) liegt nicht vor, nämlich die objektive Rechtswidrigkeit der Äußerung.
Die beabsichtigte Information der Presse über den Erlass eines Strafbefehls gegen den Antragsteller durch den Antragsgegner ist nicht rechtswidrig. Die Information geschieht vielmehr in rechtmäßiger Erfüllung des legitimen Auskunftsanspruchs der Presse über die in Rede stehenden Vorgänge bei dem Antragsteller auf der gesetzlichen Grundlage des Art. 4 BayPrG.
Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Sie kann es nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausüben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG). Das Recht auf Auskunft kann nur gegenüber dem Behördenleiter und dem von ihm Beauftragten geltend gemacht werden (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayPrG). Die Auskunft darf nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG).
Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs können sich ergeben, wenn die Auskunft Grundrechte Dritter berührt (BayVerfGH, E.v. 3.7.2006, NVwZ 2007, 204; BVerfG, U.v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96 – Caroline-Entscheidung – BVerfGE 101, 361-396; B.v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Geht es um die Bekanntgabe personenbezogener Daten, ist das in Art. 100, 101 BV, Art. 1, 2 Abs. 1 GG enthaltene Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten. Nach einer Abwägung festgestellte vorrangige Rechte Dritter würden deshalb einem Auskunftsanspruch der Presse entgegenstehen (vgl. BayVGH, U.v. 7.8.2006 – 7 BV 05.2582 – VGH n.F. 59, 196). Insoweit kann ein Betroffener einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004, 823 Abs. 1 und 2 BGB geltend machen.
Eine Berichterstattung über Entstehung, Ausführung und Verfolgung einer Straftat unter Namensnennung, Abbildung und Darstellung des Straftäters greift zwangsläufig in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekanntmacht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (BVerfG, B.v. 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09 – juris, Rn. 15 m.w.N.).
Somit stehen sich einerseits das Publikationsinteresse der Presse mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen Seite sowie auf der anderen Seite das Persönlichkeitsschutzinteresse des von der Berichterstattung Betroffenen gegenüber; diese entgegenstehenden Interessen sind gegeneinander abzuwägen.
Wägt man das Öffentlichkeitsinteresse an einer Berichterstattung mit der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, die mit der identifizierenden Berichterstattung über Verfehlungen des Betroffenen verbunden ist, ab, verdient für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten regelmäßig das Informationsinteresse den Vorrang; wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BVerfG, B.v. 10.6.2009 – a.a.O., Rn. 15, 19).
Der Vorrang des Berichtsinteresses gilt jedoch nicht schrankenlos. So ist auf den unantastbaren innersten Lebensbereich Rücksicht zu nehmen. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss ferner im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Danach ist die Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifizierung des Täters keineswegs immer zulässig; insbesondere in Fällen der kleinen Kriminalität oder bei jugendlichen Straftätern wird dies nicht der Fall sein. Ein an sich geringeres Interesse der Öffentlichkeit über leichte Verfehlungen kann im Einzelfall indes durch Besonderheiten – etwa in der Person des Täters oder des Tathergangs – aufgewogen werden. Handelt es sich im Übrigen um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen streitende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird insoweit oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen. Eine individualisierende Bildberichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Betreffende nicht bzw. nicht mehr mit Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa wenn er sich in eigenverantwortlicher Weise den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen in der medialen Öffentlichkeit auch im Wege der individualisierenden Berichterstattung gestellt hat, aber auch dann, wenn der betreffende Verfahrensbeteiligte kraft seines Amtes oder wegen seiner gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung bzw. Prominenz auch sonst in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat. Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt im Übrigen das Interesse des Täters, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Strafverfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Täters mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat „allein gelassen zu werden“. Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht – einschließlich des Resozialisierungsinteresses – des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen beeinträchtigt wird. Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. Die aktuelle Berichterstattung über eine schwere Straftat rechtfertigt gegebenfalls aber nicht allein die Namensnennung und unter Umständen die Abbildung des Täters, sondern sie schließt auch Berichte über sein persönliches Leben ein, soweit deren Inhalt in unmittelbarer Beziehung zur Tat steht, Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gibt und für die Bewertung der Schuld des Täters wesentlich erscheint. Die genaue Grenze einer verantwortungsvollen Berichterstattung mit Blick auf eine mögliche Prangerwirkung lässt sich nur im Einzelfall bestimmen (BVerfG, B.v. 10.6.2009 – a.a.O., Rn. 20 – 22).
Die Abwägung nach den vorgenannten Gesichtspunkten bedeutet für den hier zu entscheidenden Fall, dass das aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleitete Interesse des Antragstellers an einer Verhinderung einer Mitteilung über Ergebnisse der gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren geringer wiegt als das Publikations-interesse der Presse bzw. Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Der Antragsteller ist in der Öffentlichkeit sowohl aufgrund seiner herausragenden fußballerischen Karriere als auch aufgrund verschiedener Eskapaden und seines manchmal ausschweifenden Lebensstils immer noch sehr bekannt, wie auch eine Internetrecherche zu seinem Namen zeigt. Er ist nach eigenen Angaben seit 2015 bemüht, sozusagen aus den Schlagzeilen herauszukommen, was zwar ein verständliches Interesse ist, aber nicht für sich alleine eine weitere Berichterstattung hindern kann. Die ihm vorgeworfenen Straftaten der Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sind keinesfalls geringfügige Delikte, die angeblichen Verstöße liegen auch zeitlich nicht weit in der Vergangenheit, wie das noch laufende Strafverfahren zeigt. Wegen der Vorberichterstattung in Zeitungen wie auch in Onlinemedien über die ihm zur Last gelegten Straftaten besteht gerade ein großes Interesse der Öffentlichkeit, auch den Ausgang der strafrechtlichen Ermittlungen zu erfahren: wird das Verfahren eingestellt (und der Antragsteller damit rehabilitiert), wird ein Strafbefehl in welcher Höhe erlassen, wird der Antragsteller angeklagt und ggf. verurteilt.
Der Antragsteller kann somit nicht verlangen, dass der Antragsgegner den berechtigten Informationswünschen von Pressevertretern nicht durch Mitteilung der Ergebnisse des Strafbefehlsverfahrens gegen den Antragsteller Rechnung trägt.
Damit ist der Antrag mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs.