IT- und Medienrecht

Erfolgloses Auskunftsbegehren – Fremdenverkehrsdienstbarkeit und Fremdenverkehrssatzung keine Umweltinformationen

Aktenzeichen  M 9 K 15.1463

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayUIG BayUIG Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 lit. a, Art. 3
BauGB BauGB § 22 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Erforderlich für das Vorliegen von Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 lit. a BayUIG ist ein hinreichend wahrscheinlicher potenzieller Wirkungszusammenhang mit Umweltfaktoren oder Umweltbestandteilen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unterlagen über Vertragsverhandlungen zum Zustandekommen einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die eine Fremdenverkehrsnutzung eines Gebäudes sicherstellen soll, beinhalten keine Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Gleiches gilt für Informationen im Zusammenhang mit einer Satzung nach § 22 Abs. 1 BauGB. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung der von ihr beantragten Informationen. Der angefochtene Bescheid vom … Oktober 2014 ist deshalb rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 VwGO).
Eine Anspruchsgrundlage für die in Ziffer 2. a) des Hauptantrags begehrte Akteneinsicht durch Übersendung der Originalunterlagen ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich weder aus dem Umweltinformationsgesetz (1.) noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (2.) oder § 9 Abs. 2 Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) (3.).
1. Ein Auskunftsanspruch der Klägerin nach Art. 3 Bayerisches Umweltinformationsgesetz (BayUIG) besteht nicht, da es sich bei den begehrten Informationen nicht um Umweltinformationen i.S.v. Art. 2 Abs. 2 BayUIG handelt.
Bei dem Aktenvorgang über die Vorgänge vor Eintragung der Fremdenverkehrsdienstbarkeit handelt es sich ebenso wenig wie bei den Unterlagen über die Aufstellung einer Satzung nach § 22 Abs. 1 BauGB um Informationen, die unter den hier allenfalls in Betracht kommenden Tatbestand des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG fallen. Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) BayUIG sind Umweltinformationen alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderten Organismen oder auf Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Immissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Unterlagen über Vertragsverhandlungen zum Zustandekommen einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die eine Fremdenverkehrsnutzung eines Gebäudes sicherstellen soll, beinhalten keine Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die Umweltinformationsrichtlinie, zu deren Umsetzung das BayUIG erlassen wurde, bezweckt trotz der weiten Fassung des Umweltinformationsbegriffs kein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei informationspflichtigen Stellen verfügbaren Informationen, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Es fallen vielmehr nur solche Daten unter das Zugangsrecht, die zu einer oder mehreren der in der Richtlinie genannten Kategorien gehören (EuGH, U.v. 12.6.2003 – Glawischnig, C-316/01- juris – Rn. 25). Erforderlich für das Vorliegen von Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten i.S. des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) BayUIG wäre ein hinreichend wahrscheinlicher potenzieller Wirkungszusammenhang mit Umweltfaktoren oder Umweltbestandteilen (OVG NRW, U.v. 1.3.2011 – 8 A 2861/07 – juris Rn. 56).
An einem solchen hinreichend potentiellen Wirkungszusammenhang fehlt es bei privatrechtlichen Vereinbarungen, die nicht unmittelbar auf Umweltfaktoren einwirken (VG München, U.v. 2.9.2015 – M 9 K 15.2910). Die zu Gunsten der Beklagten eingetragene Fremdenverkehrsdienstbarkeit dient der Sicherung der Fremdenverkehrsfunktion des Anwesens der Klägerin und hat daher eine rein wirtschaftliche und strukturpolitische Zielsetzung. Ein auch noch so entfernter Zusammenhang mit Umweltfaktoren ist nicht ersichtlich. Ein solcher Zusammenhang wurde von der Klägerseite auch nicht aufgezeigt.
Gleiches gilt für die Informationen im Zusammenhang mit der Satzung der Beklagten nach § 22 Abs. 1 BauGB. Auch diese dient ausschließlich der Sicherung der Fremdenverkehrsfunktion und damit städtebaulichen und strukturpolitischen Zielsetzungen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch,119. EL November 2015, Rn. 9).
2. Es besteht auch kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Informationen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Ein solcher Anspruch kann ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die Akteneinsicht zur Verfolgung berechtigter Interessen erforderlich ist (VGH Baden-Württemberg, U.v. 31.10.1995 – 9 S 1518/94 – juris Rn. 17). Insbesondere kann ein solcher Anspruch ausnahmsweise bestehen, wenn die begehrten Informationen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Rechte des Antragstellers und zur Vorbereitung möglicher Sekundäransprüche erforderlich sind (VG Saarland, U.v. 18.6.2009 – 10 K 220/09 – juris Rn. 30). Dies würde indes voraussetzen, dass der Antragsteller – im vorliegenden Fall die Klägerin – substantiiert vorträgt, warum die Informationen zu einer beabsichtigten Rechtsverfolgung erforderlich sind. Darüber hinaus wäre darzulegen, weshalb die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder mutwillig noch offensichtlich aussichtslos ist (OVG Münster, U.v. 22.7.1988 – 20 A 1063/87 – juris Rn. 10). Die Klägerin hat weder vorgetragen, wozu sie die Informationen hinsichtlich der Fremdenverkehrsdienstbarkeit und der Satzung benötigt, noch weshalb diese Informationen zur Verfolgung eines bestimmten Rechts notwendig sein sollen. Es wurde lediglich behauptet, es müsse die Wirksamkeit überprüft werden. Damit wird die Klägerin in keiner Weise ihrer Substantiierungspflicht gerecht. Weder hat die Klägerin dargelegt, dass sie einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit haben könnte, noch dass sie eine solche Löschung tatsächlich gerichtlich durchsetzen will. Noch viel weniger wurde dargelegt, dass eine solche (hier zu vermutende) Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos wäre. Ein nur ausnahmsweise auf den Grundsatz von Treu und Glauben zu stützender Auskunftsanspruch ist daher nach dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich.
3. Ein Anspruch nach § 9 Abs. 2 AGO besteht nicht. Die AGO gilt nur für die Behörden des Freistaates Bayern und nicht für die Beklagte. Darüber würde ein Auskunftsanspruch nach § 9 Abs. 2 AGO ein berechtigtes Interesse voraussetzen, das ausdrücklich geltend gemacht werden muss. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall ebenso. Wie bereits unter Nr. 2. ausgeführt, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, weshalb sie die gewünschten Informationen benötigt.
Nachdem schon ein Anspruch auf Akteneinsicht mangels einer entsprechenden Anspruchsgrundlage nicht besteht, scheidet erst recht die unter Nr. 2. b beantragte Erteilung von Auskunft über bestimmte Fragen aus.
Über den weiter hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Antrag vom 20. Oktober 2014, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, war nicht zu entscheiden, da er nur für den Fall der fehlenden Spruchreife gestellt wurde. Eine solche besteht nicht. Vielmehr mangelt es für einen Anspruch der Klägerin auf Akteneinsicht und auch für einen Anspruch auf erneute Verbescheidung an einer Anspruchsgrundlage.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 ff. ZPO.
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf Euro 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG -).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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