IT- und Medienrecht

Erhebung rückständiger Rundfunkbeiträge

Aktenzeichen  Au 7 S 17.699

Datum:
23.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 5 Abs. 2 S. 2, Art. 105 Abs. 2
BayRG BayRG Art. 1 Abs. 1
RBStV RBStV § 4, § 7 Abs. 3, § 10 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Bei dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschland Radio als Nachfolger der GEZ handelt es sich um einen Teil der Rundfunkanstalt, der lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus dem normalen Betrieb am Sitz der jeweiligen Anstalt örtlich ausgelagert wurde. Daher werden Erklärungen des Beitragsservice nur im Namen und im Auftrag der jeweils zuständigen Rundfunkanstalt abgegeben. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Rundfunkbeitragsbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der im öffentlich-rechtlichen Bereich und damit in hoheitlicher Tätigkeit erlassen wird. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Rundfunkbeiträge werden fällig, ohne dass ein Bescheid erlassen werden muss; lediglich rückständige Beiträge sind durch die zuständige Rundfunkanstalt mittels Festsetzungsbescheid festzusetzen (§ 10 Abs. 5 RBStV). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Regelung des Rundfunkbeitrags durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist nicht verfassungswidrig. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.
II. Der Antrag wird abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 15,13 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich u.a. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen und begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.
1. Im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs nach § 14 Abs. 9 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages wurde der Antragsteller mit sogenannten Mailings angeschrieben und um Auskunft über die rundfunkbeitragsrelevanten Daten gebeten. Nachdem der Antragsteller darauf nicht reagiert hatte, bestätigte der Beitragsservice mit Schreiben vom 17. September 2014 die Anmeldung des Antragstellers als rundfunkbeitragspflichtiger Wohnungsinhaber zum 1. Januar 2013 für die Wohnung „F… Str. 78a, … K…“ und teilte ihm mit, dass seine Beitragsnummer … laute.
Mit Festsetzungsbescheid vom 1. Mai 2015 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2015 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 457,50 EUR fest. Mit Festsetzungsbescheid vom 1. Juni 2015 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. Februar 2015 bis 30. April 2015 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 61,46 EUR fest. Unter dem 1. August 2015 wurde der Antragsteller bzgl. der festgesetzten Beträge in den vorbezeichneten Bescheiden gemahnt.
Mit Festsetzungsbescheid vom 1. September 2015 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. Mai 2015 bis 31. Juli 2015 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 60,50 EUR fest. Unter dem 2. November 2015 wurde der Antragsteller bzgl. des festgesetzten Betrages gemahnt.
Mit Festsetzungsbescheid vom 2. Februar 2016 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. August 2015 bis 31. Oktober 2015 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 60,50 EUR fest. Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Februar 2016 ein.
Unter dem 1. April 2016 ersuchte der Antragsgegner das Amtsgericht K… um Vollstreckung der in den Beitragsbescheiden vom 1. Mai, 1. Juni und 1. September 2015 festgesetzten ausstehenden Beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 579,46 EUR.
Mit Festsetzungsbescheid vom 1. April 2016 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. November 2015 bis 31. Januar 2016 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 60,50 EUR fest.
2. Mit Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. Februar 2016 bis 30. April 2016 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 60,50 EUR fest.
3. Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2017, dem Antragsteller am 20. April 2017 zugestellt, wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers vom 25. Mai 2016 zurück.
Unter dem 2. Mai 2017 ersuchte der Antragsgegner das Amtsgericht K… erneut um Vollstreckung der in den Beitragsbescheiden vom 1. Mai, 1. Juni und 1. September 2015, 1. Februar, 1. April und 2. Mai 2016 festgesetzten ausstehenden Beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 834,11 EUR.
Mit Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2017 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 1. Mai 2016 bis 30. April 2017 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag (8,00 EUR) in Höhe von insgesamt 218,00 EUR fest.
4. Am 17. Mai 2017 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, wonach
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage angeordnet werden soll.
Dem Antragsteller wird unter Beiordnung des Unterzeichners Prozesskostenhilfe bewilligt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsgegner nicht aktivlegitimiert sei. Er sei keine öffentlich-rechtliche Behörde, sondern vielmehr ein privatrechtliches Unternehmen. Daher seien auch eigentlich die Zivilgerichte zuständig. Der Rundfunkbeitrag stelle zudem eine Steuer dar. Die Identität des Absenders des Widerspruchsbescheides sei nicht ersichtlich. Die Beitragserhebung verletze das Recht des Antragstellers auf ungehinderte Information.
5. Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 6. Juni 2017,
den Antrag abzulehnen.
Der Eilantrag biete keine Erfolgsaussichten. Es seien nicht die Zivilgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte zuständig. Dies entspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Der Rundfunkbeitrag sei darüber hinaus nach der letzten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsgemäß.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Das Begehren des Antragstellers ist so zu verstehen und auszulegen (§ 122 Abs. 1, § 88 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO), dass er im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner am 17. Mai 2017 erhobenen Klage und nicht des Widerspruchs erreichen will, da ein Widerspruchsbescheid bereits am 13. Februar 2017 erging.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
a) Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet und das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg sachlich, sowie örtlich zuständig. Beim Antragsgegner handelt es sich entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht um ein privatrechtliches Unternehmen, sondern um eine Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Rundfunkgesetzes/BayRG), die gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV berechtigt ist, rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumnis-zuschlag durch Bescheid festzusetzen. Infolgedessen liegt eine öffentlich rechtliche Streitigkeit vor.
b) Der Antragsteller hat beim Antragsgegner zwar nicht die Aussetzung der Vollziehung beantragt, doch liegen die Voraussetzung des § 80 Abs. 6 VwGO vor. Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nur zulässig, wenn die Behörde (vorher) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 80 Abs. 4 VwGO) abgelehnt hat, außer es droht Vollstreckung (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Vorliegend droht die Vollstreckung, da der Antragsgegner das Amtsgericht K* … bereits um Vollstreckung ersucht hat.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Bei der vom Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Interessenabwägung kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Gesetzgeber in § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO eine generalisierende Interessenabwägung getroffen hat, wonach für bestimmte Arten von Entscheidungen ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses statuiert wird. Das Gericht hat deshalb die in § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO getroffene Wertung, dass das Vollzugsinteresse hinsichtlich öffentlicher Abgaben in der Regel Vorrang vor den Belangen des Betroffenen hat, vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Einforderung von Abgaben, von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, nachzuvollziehen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 69).
Die Klage des Antragstellers wird mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben, so dass es bei der in § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden Interessenbewertung verbleibt.
Der Bescheid des Antragsgegners vom 2. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist sowohl formell, als auch materiell rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011, GVBl S. 258), der durch Zustimmungsbeschluss des Landtags vom 17. Mai 2011 in Bayerisches Landesrecht umgesetzt wurde.
b) Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschland Radio (Beitragsservice) als Nachfolger der GEZ hat den in Streit stehenden Festsetzungsbescheid im Namen und im Auftrag des Beklagten erlassen. Gemäß § 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge -Rundfunkbeitragssatzung – vom 19. Dezember 2012 (in Kraft getreten am 1. Januar 2013 – veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, Nr. 5152/2012, S. 3) nimmt die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene gemeinsame Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV ganz oder teilweise für diese wahr. Es handelt sich demgemäß bei dem Beitragsservice um einen Teil der Rundfunkanstalt, der lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus dem normalen Betrieb am Sitz der jeweiligen Anstalt örtlich ausgelagert wurde. Daher werden Erklärungen des Beitragsservice nur im Namen und im Auftrag der jeweils zuständigen Rundfunkanstalt abgegeben. Die Erstellung der Bescheide durch den Beitragsservice ändert also nichts daran, dass die Bescheide dem Beklagten zuzurechnen sind.
Bei dem in Streit stehenden Beitragsbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der vom Beklagten im öffentlich-rechtlichen Bereich und damit in hoheitlicher Tätigkeit erlassen wurde (vgl. Tucholke, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 10 RBStV Rn. 32 m. w. N.). Auch wenn gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) für die Tätigkeit des Beklagten das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht gilt, richten sich die Anforderungen an den Inhalt eines Beitragsbescheids gemäß den in Bund und Ländern übereinstimmenden Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts nach § 37 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bzw. Art. 37 BayVwVfG (Tucholke a.a.O. Rn. 35, 37 m.w.N.; vgl. auch SächsOVG, B.v. 16.7.2012 – 3A 663/10 – juris Rn. 7). § 37 Abs. 5 Satz 1 VwVfG bzw. Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG sieht vor, dass bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der – wie hier – mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, abweichend von seinem Abs. 3 Unterschrift und Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten fehlen dürfen.
Der Einwand des Antragstellers, dass aus dem Widerspruchsbescheid die Identität des Absenders nicht ersichtlich sei, kann nicht nachvollzogen werden. Auf der ersten Seite des Bescheids wird der Bayerische Rundfunk eindeutig als Absender bezeichnet. Auch auf der letzten Seite findet sich über der Unterschrift der Zuständigen Sachbearbeiterin der Hinweis, dass diese für den Bayerischen Rundfunk Abteilung Beitragsservice handelt (vgl. den Wortlaut: „Mit freundlichen Grüßen BAYERISCHER RUNDFUNK Abteilung Beitragsservice“)
c) Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).
Die Höhe des Rundfunkbeitrags im streitgegenständlichen Zeitraum (1.2.2016 bis 30.4.2016) von 17,50 EUR pro Monat, ergibt sich aus § 8 des Rundfunkfinan-zierungsstaatsvertrags (RFinStV).
Gemäß § 7 Abs. 1 RBStV beginnt die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags mit dem Ersten des Monats, in dem ein privater Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat; gemäß § 7 Abs. 3 RBStV ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten. Die Beiträge werden also fällig, auch ohne dass ein Bescheid erlassen wird. Lediglich rückständige Beiträge werden durch die zuständige Rundfunkanstalt mittels Festsetzungsbescheid festgesetzt (§ 10 Abs. 5 RBStV). Die Festsetzungsbescheide sind Voraussetzung dafür, dass die Beiträge durch Vollstreckung eingetrieben werden können und werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6 RBStV). Gemäß § 10 Abs. 7 RBStV nehmen die Landesrundfunkanstalten die ihr durch den RBStV zugewiesenen Aufgaben, Rechte und Pflichten selbst oder durch eine hierzu betriebene Stelle (Beitragsservice) wahr. Ob eine Umsatzsteueridentifikationsnummer besteht oder nicht, der Antragsgegner ist danach jedenfalls kraft Gesetzes ermächtigt, Beitragsbescheide zu erlassen und zu vollstrecken.
Nach diesen Maßstäben ist der angefochtene Bescheid auch rechtmäßig. Der Antragsteller hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaber einer Wohnung gewesen zu sein. Vielmehr wendet er sich mit grundsätzlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrages.
Die Regelung des Rundfunkbeitrags durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist jedoch entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verfassungswidrig. Nachdem bisher mehrere obergerichtliche Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags bestätigt haben (statt vieler s. z.B. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris; VerfGH RhPf, U.v. 13.5.2014 – VGH B 35/12 – juris; BayVGH, U.v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707; U.v. 24.6.2015 – 7 B 15.252; U.v. 7.7.2015 – 7 B 15.846; U.v. 30.7.2015 -7 B 15.614; U.v. 18.4.2016 – 7 BV 15.960; alle juris; VGH BW, U.v. 3.3.2016 – 2 S 896/15; OVG NRW, U.v. 22.10.2015 – 2 A 2583/14; alle juris), hat nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Entscheidungen (z.B. vom 18.3.2016), denen sich die Kammer anschließt, die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich bestätigt. Insbesondere handelt es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über Inhalt und Reichweite der Rundfunkbeitragspflicht von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt: Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst. Steuern sind öffentliche Abgaben, die als 37 Gemeinlast voraussetzungslos, d.h. ohne individuelle Gegenleistung an die Steuerpflichtigen, zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Der die Steuerpflicht begründende Tatbestand steht in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verwendung des Steueraufkommens; Einnahmen- und Ausgabenseite sind voneinander abgekoppelt. Dies gilt auch für Zwecksteuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise für einen bestimmten Zweck verwendet wird. Der Haushaltsgesetzgeber ist nicht gehindert, jederzeit eine abweichende Verwendungsentscheidung zu treffen; insbesondere kann er bestimmen, dass Überschüsse aus der Zwecksteuer für einen anderen Zweck verwendet werden. Der Rundfunkbeitrag erfüllt diese Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht: Zum einen wird er nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV nicht voraussetzungslos erhoben. Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen. Die Landesgesetzgeber knüpften die Rundfunkbeitragspflicht an das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Wohnung, weil sie davon ausgingen, die Wohnung sei der typische Ort des Rundfunkempfangs. Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt. Nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) ist es weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Nach § 13 Satz 1 RStV ist der Rundfunkbeitrag dessen vorrangige Finanzierungsquelle. Die Beitragserhebung soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die finanziellen Mittel verschaffen, die er benötigt, um seinen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Programmauftrag zu erfüllen. Dieser Zweckbindung entspricht, dass das Beitragsaufkommen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags (RFinStV) gedeckelt ist. Nach Satz 2 sollen die Gesamterträge der Rundfunkanstalten aus Beiträgen und weiteren Einnahmen die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendigen Ausgaben und Aufwendungen decken. Folgerichtig bestimmt Satz 3, dass Überschüsse am Ende der (zweijährigen) Bedarfsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden (Zum Ganzen s. z.B. BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 8.15 – juris, Rn. 12 ff, m.w.N.).
bb) Der Rundfunkbeitrag verstößt auch nicht gegen die Informationsfreiheit des Antragstellers. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG gibt jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten sowie – negativ – sich aus diesen Quellen nicht zu unterrichten. Eine Garantie kostenloser Information enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht. Staatlich festgesetzte Entgelte für die Rundfunknutzung können das Grundrecht der Informationsfreiheit unter diesen Umständen nur verletzen, wenn sie darauf zielten oder wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet wären, nutzungswillige Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.1999 – 1 BvR 1013/99 -DVBl. 2000, 39 = juris Rn. 11). Ein Beitragssatz von aktuell monatlich 17,50 EUR ist -zumal unter Berücksichtigung der Befreiungs- und Ermäßigungsmöglichkeiten des § 4 RBStV für den privaten Bereich – ersichtlich nicht dazu geeignet, Beitragsschuldner daran zu hindern, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren (in diesem Sinne BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -juris Rn. 64; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 – VGH B 35/12 – juris Rn. 55; OVG NW, U.v.12.3.2015 – 2 A 2423/14 Rn. 79/83 ff.).
Selbst wenn man – ausgehend von einem bestimmten zur Verfügung stehenden Budget für die Informationsbeschaffung – von einem Eingriff ausginge, so wäre dieser im Hinblick auf die geringe Eingriffsintensität sowie dem Zweck des Beitrags, der Sicherstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, jedenfalls gerechtfertigt.
cc) Auch sonst kommen keine Verstöße gegen das Grundgesetz in Betracht (vgl. BayVGH U.v. 24.6.2015 – 7 B 15.252 – juris, Rn 31; bestätigt durch BVerwG, U.v. 17.3.2016 – 6 C 20/15 – juris; OVG NRW, U.v. 27.8.2015 – 2 A 808/15 – juris, Rn.93; BVerwG U.v. 17.3.2016 – 6 C 20/15 – juris, Rn. 50).
Nach alledem ist der Antragsteller verpflichtet den Rundfunkbeitrag zu entrichten. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … ist abzulehnen, da es – wie gezeigt – an den hinreichenden Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
5. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. der Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14). Ausgehend von einem Streitwert für das Hauptsacheverfahren in Höhe von 60,50 EUR (Betrag der festgesetzten Rundfunkbeiträge und dem Säumniszuschlag) war daher im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Viertel dieses Betrags (15,13 EUR) anzusetzen.


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