Aktenzeichen 13 W 941/17
Leitsatz
1 Zwar ist für die Wirksamkeit der Erledigungserklärung als Prozesshandlung grundsätzlich das Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses Voraussetzung. Das bedeutet, dass die Klage rechtshängig sein muss, bloße Anhängigkeit genügt an sich nicht. (redaktioneller Leitsatz)
2 Im vorliegenden Fall wurde die Klage – aus welchen Gründen auch immer – dem Beklagten mit Telefax übermittelt. In der Folge hat er sich zur Sache eingelassen, die Erledigung erklärt und nicht die fehlende förmliche Zustellung der Klage gerügt. In der Erklärung des Beklagten liegt der Verzicht auf eine förmliche Zustellung der Klage, so dass insoweit Heilung eingetreten ist. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
14 O 1387/17 2017-05-24 Bes LGMUENCHENII LG München II
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 24.05.2017, Az. 14 O 1387/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Abänderung eines Kostenbeschlusses gem. § 91 a ZPO.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2017, per Telefax bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO. Diese wurde damit begründet, dass der Beklagte aus einem Versäumnisurteil im Verfahren 11 O 5811/15 vor dem Landgericht München II vollstrecke, obwohl die Parteien nach Einspruch gegen das VU einen Vergleich abgeschlossen hätten.
Die Vollstreckungsgegenklage wurde nicht förmlich zugestellt, sondern dem Beklagten am 13.04.2017 durch das Landgericht per Fax übermittelt. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage zeigte der Beklagte die Verteidigung an und beantragte er die Abweisung der Klage.
Mit Schriftsatz vom 02.05.2017 teilte der Beklagte mit, dass er gegenüber der Drittschuldnerin die Pfändung für erledigt erklärt habe, „so dass die Vollstreckungsgegenklage erledigt ist“.
Der Kläger erklärte die Klage mit Schriftsatz vom 04.05.2017 für erledigt.
Mit Verfügung vom 11.05.2017 wies das Landgericht die Parteien darauf hin, dass es den Schriftsatz des Beklagten vom 02.05.2017 als Zustimmungserklärung gem. § 91 a ZPO betrachte und darin außerdem einen Verzicht auf die förmliche Zustellung der Klage sehe. Die Parteien konnten darauf innerhalb von zwei Wochen Stellung nehmen.
Mit Beschluss vom 24.05.2017 erlegte die Kammer dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf und setzte den Streitwert auf 13.419,72 € fest. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 02.06.2017 zugestellt. Dagegen legte er mit Schriftsatz vom 02.06.2017, bei Gericht eingegangen am 07.06.2017, sofortige Beschwerde ein, mit der er beantragte, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Das Landgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 07.07.2017 nicht ab und verfügte die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die Beschwerde.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 24.05.2017 ist gem. §§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr.1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. In der Sache erweist sich die Beschwerde jedoch als unbegründet.
a) Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist richtig.
Zwar ist für die Wirksamkeit der Erledigungserklärung als Prozesshandlung grundsätzlich das Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses Voraussetzung. Das bedeutet, dass die Klage rechtshängig sein muss, bloße Anhängigkeit genügt an sich nicht.
Im vorliegenden Fall wurde die Klage – aus welchen Gründen auch immer – dem Beklagten mit Telefax vom 13.04.2017 übermittelt. In der Folge hat er sich zur Sache eingelassen und nicht etwa die fehlende förmliche Zustellung der Klage gerügt. Des Weiteren teilte er mit Schriftsatz vom 02.05.2017 mit, er verzichte auf die weitere Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil, womit die Klage erledigt sei. Diese Erklärung hat das Landgericht zu Recht als Erledigungserklärung des Beklagten unter Verzicht auf die förmliche Zustellung der Klage angesehen. Nicht nur der Kläger, sondern auch der Beklagte kann die Erledigung erklären. Entscheidend ist nur, dass beide Parteien übereinstimmend die Erledigung erklären, egal in welcher Reihenfolge. Das ist hier der Fall.
Zugleich liegt in der Erklärung des Beklagten der Verzicht auf eine förmliche Zustellung der Klage, so dass insoweit Heilung eingetreten ist. Nach hM ist in Fällen wie dem hier zu entscheidenden, in denen die Parteien die Sache übereinstimmend für erledigt erklären, eine Erklärung, wie sie der Beklagte abgegeben hat, in der Regel als derartiger Verzicht anzusehen (vgl. Zöller-Vollkommer, 30. Aufl. § 91 a Rn.17 m.w.N.).
Soweit der Beklagte auf die Entscheidung des OLG München OLGR 1997, 202 (= Beschluss vom 03.06.1997, Aktenzeichen 26 WF 858/97; zitiert nach juris) abstellen möchte, ist dem entgegenzuhalten, dass sich diese Entscheidung des 26. Familiensenats gar nicht mit der zentralen Frage befasst, ob in der Erledigterklärung ein entsprechender Verzicht zu sehen ist.
b) Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass es vorliegend der Billigkeit entspricht, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, denn der Beklagte hätte den Rechtsstreit voraussichtlich verloren. Schließen die Parteien einen Vergleich zur Abgeltung aller streitigen Ansprüche, darf der Gläubiger nicht weiter aus einem vorher im selben Verfahren ergangenen Versäumnisurteil vollstrecken. Alleiniger Vollstreckungstitel ist dann der abgeschlossene Vergleich. Urteile, die in dem Rechtsstreit zuvor ergangen und noch nicht rechtskräftig sind, werden nach allgemeiner Meinung wirkungslos (vgl. Thomas/Putzo- Seiler, 37. Aufl., § 794 Rn.28; Zöller- Stöber, 30. Aufl., § 794 Rn.13), es sei denn, die Parteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes. Deshalb hätte der Beklagte hier nicht weiter aus dem Versäumnisurteil vollstrecken dürfen. Im Extremfall kann sich die weitere Vollstreckung aus einem früheren Titel sogar als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB darstellen.
c) Die Pflicht, die Kosten zu tragen, hätte den Beklagten gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO im Übrigen auch dann getroffen, wenn die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt hätten, sondern wenn der Kläger die Klage zurückgenommen hätte, nachdem der Beklagte auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet hatte.
III.
Die Kostentragungspflicht für das Beschwerdeverfahren ergibt sich hinsichtlich der Gerichtsgebühren bereits aus dem Gesetz (KV Nr. 1810, Anlage 1 zum GKG). Im Übrigen beruht sie auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gem. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr.2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 S.1 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Im Übrigen hätte bei Vorliegen dieser Voraussetzungen der Einzelrichter die Sache zunächst gem. § 568 S.2 ZPO auf den Senat übertragen müssen.
V.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich gem. §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach den Prozesskosten des Verfahrens vor dem Landgericht (ohne Terminsgebühr).