IT- und Medienrecht

Geschäftswert für die Berechnung der Notargebühren für die Beurkundung eines Investment and Shareholder Agreements

Aktenzeichen  13 OH 11376/19, 13 OH 11565/19, 13 OH 11678/19, 13 OH 11891/19, 13 OH 11945/19, 13 OH 12432/19, 13 OH 554/20, 13 OH 555/20, 13 OH 556/20, 13 OH 557/20, 13 OH 558/20

Datum:
3.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14165
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 38 Abs. 3 S. 3, § 58
GNotKG § 129 Abs. 1
KV GNotKG Nr. 21100, Nr. 26001

 

Leitsatz

1. Für die Bewertung der Beurkundung eines Investment and Shareholder Agreements, ist nicht nur der darin enthaltende Betrag einer Kapitalerhöhung, sondern auch weitere in der beurkundeten Vereinbarung geregelte Optionsrechte (Erwerbs- und Veräußerungsverpflichtungen), die sich auf alle Geschäftsanteile beziehen, mit dem Wert aller Geschäftsanteile abzüglich des Anteils mit dem geringsten Wert zu berücksichtigen. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Bewertung der Geschäftsanteile ist nicht auf die handelsrechtliche Bilanz abzustellen, wenn sich aus der eigenen Bewertung der Vertragsschließenden ein höherer Wert des Unternehmens ergibt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Anträge auf Überprüfung der Kostenrechnungen der Notarin … vom 26.05.2017, ergänzt durch Kostenrechnungen vom 18.12.2019, Rechnungsnummer 17…-1-so, werden zurückgewiesen,

Gründe

I.
1. Verfahrensgegenständlich sind die Kostenrechnungen der Antragsgegnerin vom 26.05.2017 (Rechnungsnummer 17W1185-1-so), die jeweils durch Kostenrechnung vom 18.12.2019 (Rechnungsnummer 17…-1-so) hinsichtlich der einzelnen Geschäftswerte und Wertvorschriften ergänzt wurden (Bl. 40, 41).
Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind – ohne dass es eines gesonderten Antrags nach § 127 GNotKG hinsichtlich der Kostenrechnung vom 18.12.2019 bedurft hätte – die Kostenrechnungen der Antragsgegnerin vom 26.05.2017, mit den durch die Kostenrechnung vom 18.12.2019 ergänzten Angaben.
Die Antragsgegnerin, Frau Notarin … beurkundete am 16.02.2017 … ein Investment and Shareholder Agreement betreffend die … GmbH.
Für ihre Tätigkeiten berechnete die Antragsgegnerin eine 2,0-Gebühr nach KV-Nr. 21100 GNotKG (24.870,- €) sowie eine Gebühr nach KV-Nr. 26001 GNotKG (5.000,- €) aus einem Gesamtgeschäftswert von 11.621.000,- €. Dieser setzt sich zusammen aus dem Betrag der Kapitalzufuhr in Höhe von insgesamt 850.000,- € und aus dem Wert für die mit beurkundeten Optionsvereinbarungen in Höhe von insgesamt 10.796.000,- €. Unter Berücksichtigung der Auslagen und Mehrwertsteuer ergab sich ein Rechnungsbetrag von 36.427,80 €.
2. Die Antragsteller wurden als Kostenschuldner bzw. Zweitschuldner herangezogen:
2.1. Die … GmbH als Kostenschuldnerin, Anlage 1 zu Bl. 1 ff.
2.2. … als Zweitschuldner, herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage 2 zu Bl. 1 ff,
2.3. Die … GmbH als Zweitschuldnerin, herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage 1 zu Bl. 9
2.4. … als Zweitschuldnerin, herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage zu Bl. 13/14
2.5. … als Zweitschuldnerin, herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage zu Bl. 17
2.6. … als Zweitschuldner herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage zu Bl. 19
2.7. … als Zweitschuldner, herangezogen gemäß Schreiben vom 08.08.2019, Anlage zu Bl. 29 ff.
3. Die Antragsteller wenden sich übereinstimmend gegen den der Kostenberechnung zugrundeliegenden Geschäftswert. Sie sind der Auffassung, es sei ein Geschäftswert von 850.000,- € zugrundezulegen. Die Antragsteller nehmen zur Begründung sämtlich auf die Ausführungen der unter 2.1 und 2.2. aufgeführten Antragsteller Bezug. Ausgeführt wurde im Wesentlichen: Die Anpassung der Gesellschaftervereinbarung („Investment and Shareholder Agreement“) erfolgte aufgrund einer Kapitalerhöhung von 825.000,- €. Die … GmbH ist ein sogenanntes Start-Up. … hat sich entscheiden, sein Glück als Existenzgründer im schönen München zu suchen. Wir, die wir sein Vorhaben mit Freude unterstützen, hoffen alle sehr, dass dies kein Fehler war. Die Kapitalerhöhung war notwendig, weil das zunächst zur Verfügung gestellte Kapital vollständig aufgezehrt war. Einen Wert von 11 Millionen wünsche ich diesem Existenzgründer von ganzem Herzen und wir sogenannten „Early Birds“ wollen AI und sein junges Team auch weiterhin unterstützen, Keiner der „Early Birds“ ist dabei der Auffassung, man könne wie folgt rechnen: Da EUR 825.000 nur 7 % an der Gesellschaft verschaffen, sei die Gesellschaft EUR 11.621.000 wert. Wir halten das Projekt für hoffnungsvoll und in vielen Jahren mag es diesen Wert einmal erreichen oder sogar einen höheren Wert. Bei Beurkundung des Vertrages war die Gesellschaft überschuldet und nicht in der Lage, sich aus eigenen Mitteln oder mithilfe einer Bankfinanzierung die notwendigen Mittel zu beschaffen. Mit E-Mail vom 24. November 2016 (Anlage 3) bat … Frau Notarin … ihm einen Kostenvoranschlag für die Beurkundung der Anpassung der Gesellschaftervereinbarung zu geben. Als Grundlage hatte er den Entwurf des zu beurkundenden Vertrages an das Notarbüro übersandt. Auf Nachfrage teilte die Sachbearbeiterin des Notariats, Frau … mit E-Mail vom 25.11.2016 mit, dass für die Beurkundung insgesamt Gebühren in Höhe von EUR 7.200 anfallen: EUR 5.500 zuzüglich EUR 1.700 für die dem Notar anscheinend fremde Sprache Englisch, siehe (Anlage 4). … Aus der HGB Bilanz 2017 (Anlage 5) ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von minus EUR 306.256,68. Das bedeutet, dass die Schulden den Wert der Vermögensgegenstände der Gesellschaft übersteigen. …. Der von der Notarin … zugrunde gelegte Geschäftswert von über 11 Millionen entspricht ganz offensichtlich nicht dem wirtschaftlichen Verkehrswert des Unternehmens. ….
4. Die Antragsgegnerin hält an ihrer Kostenrechnung fest (Stellungnahme vom 04.09.2019, Bl. 22 ff.). Mit Schreiben vom 06.02.2020 wurde eine Abschrift der Urkunde URNr. … vorgelegt (Bl. 50 mit Anlage).
5. Die Notarkasse wurde im Verfahren angehört. Sie nahm am 13.12.2019 (Bl. 34 ff.) schriftlich Stellung. Die Notarkasse hält die Einwendungen gegen die Kostenrechnung für unberechtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig, in der Sache aber unbegründet.
1. Zum Geschäftswert:
Der zugrunde gelegte Geschäftswert ist nicht zu beanstanden. Bei der Bewertung ist nicht nur die Kapitalerhöhung zu berücksichtigen. Zusätzlich zu bewerten sind auch die in der beurkundeten Vereinbarung geregelten, gegenseitigen Optionsrechte (Erwerbs- und Veräußerungsverpflichtungen), die sich auf alle Geschäftsanteile beziehen, Diese Regelungen finden sich unter Sec. 11. Right of First Refusal, Sec. 12. Co-sale Rights, und Sec. 13. Drag-along Rights/Negotiator.
Der Geschäftswert hierfür richtet sich nach dem Wert aller Geschäftsanteile, abzüglich des Anteils mit dem geringsten Wert. Zur weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Notarkasse Bezug genommen.
Der Wert aller Geschäftsanteile, abzüglich des Geschäftsanteils mit dem geringsten Wert, wurde von der Antragsgegnerin zutreffend bewertet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin, insbesondere der konkreten Berechnung in der E-Mail der Notariatssachbearbeiterin vom 25.08.2017 (Anlage 1 zu Bl. 22 ff.) Bezug genommen.
Für die Bewertung der Geschäftsanteile ist im vorliegenden Fall nicht auf die handelsrechtliche Bilanz abzustellen, da sich aus der eigenen Bewertung der Vertragsschließenden – vgl. pre-money valuation – ein höherer Wert des Unternehmens ergibt, in der Preamble C. heißt es: The Company seeks a first round growth financing in the total amount of up to EUR 825.000,00 (…) (…) at a pre-money valuation of the Company of EUR 10.000.000,00 (…) (…).
2. Der Einwand einer falschen Kostenauskunft greift nicht durch, Die Auskunft (E-Mail, Anlage 4) erfolgte unter Vorbehalt. Die pre-money valuation wurde nicht mitgeteilt (vgl. E-Mail vom 25.08.2017, Anlage 1 zu Bl. 22 ff.). Zudem ist nicht behauptet worden, dass bei zutreffender Auskunft ein Beurkundungsauftrag nicht erteilt worden wäre.


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