IT- und Medienrecht

Gewährung vollständiger und aktueller Akteneinsicht – Listung der Katzen unter genauer Zuordnung zum jeweiligen Aufenthaltsort

Aktenzeichen  W 8 E 20.756

Datum:
7.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 15514
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO  § 42 Abs. 2, § 44a, § 123, § 154 Abs. 1
BayVwVfG Art. 29, Art. 35
MediationsG § 1
TierSchG § 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung Akteneinsicht, die Übersendung einer Liste sämtlicher ihr weggenommener Katzen einschließlich der aktuellen Aufenthaltsorte jeder einzelnen Katze und die Benennung von Ermessenserwägungen bei der Ablehnung einer Mediation.
1. Die Antragstellerin betrieb auf ihrem Anwesen in S. eine Tierhaltung mit Katzen, Hunden, Enten, Hähnen und Hühnern sowie einem Pferd.
Bei einer am 29. November 2019 durch das Veterinäramt des Landratsamtes Rhön-Grabfeld durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle wurden neben mehreren gering- und mittelgradigen Mängeln auch wiederholte sowie grobe Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG bei zahlreichen Tieren festgestellt.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2019 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin das Halten und Betreuen von Tieren und ordnete die sofortige Wegnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung sowie die Vermittlung des Tierbestands nach Erlass einer Veräußerungsanordnung, die einem oder mehreren gesonderten Bescheiden vorbehalten blieb, an. Am 19. Dezember 2019 wurden sämtliche Tiere weggenommen und anderweitig pfleglich untergebracht. Ein dagegen angestrengtes Sofortverfahren der Antragstellerin blieb erfolglos (siehe VG Würzburg, B.v. 6.2.2020 – W 8 S 19.1689). Gegen diesen Beschluss legte die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde (Az. 23 CS 20.383) ein. Über die Beschwerde ist noch nicht entschieden. Auch über die Klage im Verfahren W 8 K 19.1688 wurde noch nicht entschieden.
2. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2020, bei Gericht eingegangen am 8. Juni 2020, ließ die Antragstellerin beantragen,
1.Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Regelungsanordnung dazu verpflichtet, der Antragstellerin vollständige und aktuelle Einsicht in die hiesige Verwaltungsakte … – durch Übersendung der Akten an die Rechtsanwaltspartnerschaft … … * … – zu gewähren.
2.Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Regelungsanordnung dazu verpflichtet, der Antragstellerin eine Liste sämtlicher von ihm weggenommener Katzen zu übersenden, aus der sich der präzise aktuelle Aufenthaltsort jeder einzelnen Katze ergibt, wobei die Katzen jeweils namentlich und nach Aussehen und Alter klar zu bezeichnen sind.
3.Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Regelungsanordnung dazu verpflichtet, seine einzelnen Ermessenserwägungen zu benennen, die ihn dazu veranlasst haben, sich im vorliegenden Hauptsachverfahren einer Mediation zu verschließen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da der hier reklamierte Eilrechtsschutz erforderlich sei, weil sich der Antragsgegner allen hier thematisierten drei bedeutsamen Anliegen der Antragstellerin, denen behördlich unverzüglich zu entsprechen gerade im Kontext des hiesigen Hauptsachverfahrens für deren effektiven Rechtsschutz zwingend rechtlich notwendig wäre, endgültig rechtswidrig verschließe. Es begegne keinerlei ernstlichen Zweifeln, dass dem anwaltlichen Vertreter und Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein umfassendes Recht auf aktuelle und vollständige Akteneinsicht gemäß Art. 29 Abs. 1 BayVwVfG zustehe. Die Akten würden vor allem auch deshalb benötigt, um dem Antragsgegner dessen rechtsmissbräuchliches Verhalten nachweisen zu können. Dass der Antragstellerin dennoch umfassende Akteneinsicht offen verweigert werde, sei rechtsstaatlich in wirklich höchstem Maße befremdlich. Die Antragstellerin sei noch immer Eigentümerin der ihr hier vorläufig durch das Landratsamt weggenommenen Katzen. Es dürfe höflich daran erinnert werden, dass das hiesige Hauptsacheverfahren gerade zu dem Behufe angestrengt worden sei, den Nachweis zu erbringen, dass diese behördliche Wegnahme tierschutz- und rechtswidrig gewesen sei und die Antragstellerin auch in ihren Rechten verletzt habe. In ihrer Rechtsstellung als aktuelle Eigentümerin der Katzen habe die Antragstellerin somit selbstverständlich ein aus ihrer Eigentümerstellung abgeleitetes Informationsrecht, wo sich welche ihrer Katzen jeweils befinde – auch um sich selbst über deren (weiteres) Befinden unterrichten zu können. Nachdem trotz massiver außergerichtlicher Korrespondenz keine Auskunftsbereitschaft des Antragsgegners habe geweckt werden können, unterlägen Anspruch und Rechtsschutzinteresse keinen Zweifeln. Auch wenn die Antragstellerin keinen Anspruch darauf habe, dass sich der Antragsgegner auf ein Mediationsverfahren einlasse, habe die Antragstellerin unzweifelhaft ein dahingehendes subjektives öffentliches Recht zu erfahren, welche ermessensleitenden Erwägungen den Antragsgegner dazu bewogen haben, sich der Mediation zu verschließen. Die hoheitlich agierende Behörde dürfe ihrerseits nicht aus gleichsam willkürlichen Erwägungen heraus eine Mediation ablehnen – dies verbiete schon der eherne rechtsstaatliche Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld verweigere sich den drei hiesigen Begehren endgültig und nachhaltig. Die Antragstellerin benötige sofort umfassende Akteneinsicht, um den hiesigen Sachverhalt zu erfassen und ihre Rechte gerade in hiesiger Hauptsache geltend machen zu können. Die Antragstellerin als Eigentümerin der ihr lediglich vorläufig durch das Landratsamt weggenommenen Katzen habe naturgemäß ein legitimes sofortiges Interesse, deren aktuelles Wohlbefinden auch überprüfen zu können – hierfür benötige sei daher auch unverzügliche Auskunft. Dies gelte umso mehr angesichts der Tatsache, dass viele der Tiere bekanntlich hochbetagt seien. Die Antragstellerin müsse gerade für das laufende Hauptsacheverfahren die leitenden Ermessenserwägungen der Behörde kennen, die zur Mediationsverweigerung führten, um hieraus prozessuale Konsequenzen ableiten zu können.
Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2020 ließ die Antragstellerin erklären, dass an den Anträgen in vollem Umfange festgehalten werde, und ergänzende Ausführungen machen. Die nun vorgelegte Akte sei – offenbar bewusst – unvollständig gehalten. Die mehrfach behaupteten Beschwerden mehrerer Tierheime und Tierärzte seien weder aktenkundig noch sonstwie existent. Die vom Antragsgegner angegebene „pflegliche Unterbringung der weggenommenen Tiere“ sei nach klägerseitiger Inaugenscheinnahme in keinem Tierheim annähernd gewährleistet. Wenn der Antragsgegner eine „Liste“ vorlege, aus der letztlich nahezu gar nichts ersichtlich sei, was die Antragstellerin in die Lage versetze, hier auf Augenhöhe zu entgegnen und die ihr angelasteten Versäumnisse prüfen zu können, dann rechtfertige diese Perfidie sicherlich den hiesigen Eilantrag. Eine Teilnahme am Meditationsverfahren sei „freiwillig“. Da der Antragsgegner aber vorliegend ganz unzweifelhaft nicht als Privatperson, sondern als Hoheitsträger agiere, sei die diesbezügliche „Freiwilligkeit“ für ihn nicht einfach mit „nach Lust und Laune“ des jeweiligen Sachbearbeiters zu übersetzen, sondern es sei – schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der Gleichbehandlung – völlige Transparenz für die Antragstellerin herzustellen, an welchen präzisen Erwägungen und Maßgaben die insoweitige Entscheidung denn ausgerichtet worden sei.
3. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld beantragte für den Antragsgegner,
die Anträge Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 abzulehnen.
Zur Begründung führte das Landratsamt Rhön-Grabfeld im Wesentlichen aus: Für den Antrag der Antragstellerin nach Nr. 1 auf vollständige und aktuelle Einsicht in die Verwaltungsakte, Az. …, bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Besagte Akte sei auf Anforderung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg im Verfahren W 8 S 19.1689 mit Schreiben des Landratsamtes vom 3. Januar 2020 dem Gericht vorgelegt worden, um dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Akteneinsicht zu ermöglichen. Ferner habe das Landratsamt Rhön-Grabfeld mit Schreiben vom 27. Januar 2020 ein Aktengeheft (Bl. 1-36) im vorgenannten Eilverfahren vorgelegt, das u.a. eine fachliche Stellungnahme des Veterinäramtes des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 23. Januar 2020 mit dazugehöriger Fotomappe enthalten habe. Diese einschlägigen vorgelegten Behördenakten könnten dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht zur Akteneinsicht vom Landratsamt übersandt werden, da sie vom Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für das Beschwerdeverfahren, Az. 23 CS 20.383, vorgelegt worden seien. Über diese Beschwerde sei noch nicht entschieden. In Anlage zu dieser Stellungnahme werde ein aktuelles Aktengeheft beigefügt, in welches der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin über das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg Einsicht nehmen möge, dass die Behördenakte für die gegenständliche Akte angefordert habe. Für den Antrag nach Nr. 2, der auf Bekanntgabe des Aufenthaltsorts der einzelnen Katzen abziele, fehle ebenfalls das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin hätte, als sie sich noch im Besitz der inzwischen weggenommenen Katzen befunden habe, diesen die erforderliche Pflege und Aufmerksamkeit angedeihen lassen sollen. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld sei bei der Wegnahme der Tiere darauf angewiesen, dass Tierheime und Pflegestellen diese zur pfleglichen Unterbringung aufnehmen und sich hierzu bereiterklären. Eine Konfrontation zwischen dem Eigentümer und Halter der betroffenen Tiere und den Tierheimen bzw. Pflegestellen solle von vornherein vermieden werden. Diese Einrichtungen brächten die Tiere bei sich pfleglich im Auftrag der Behörde unter. Besuche der Antragstellerin wie beispielsweise im Tierheim Coburg seien nicht zielführend und würden das Anliegen des Landratsamtes Rhön-Grabfeld, kurzfristig geeignete Aufnahmestellen für weggenommene Tiere zu finden, gefährden. Es bestehe daher ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin, den derzeitigen Aufenthaltsort der weggenommenen Katzen nicht mitzuteilen. Es bestehe kein begründeter Anlass, dass sich die Antragstellerin ein eigenes Bild von der tierschutzgerechten Unterbringung mache. Eine tierschutzkonforme Pflege der Tiere sei gewährleistet. Sollte es Anhaltspunkte für die Erkrankung eines Tieres geben, sei auch die entsprechende Gesundheitsvorsorge stets gewährleistet. Es sei daher weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben. Auf die in der Aktenheftung beigefügte Liste der weggenommenen Katzen, ohne Angabe des Aufenthaltsortes, werde der Vollständigkeit halber hingewiesen. Auch für den Antrag Nr. 3 fehle nach Auffassung des Antragsgegners das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Teilnahme von Beteiligten des Hauptsacheverfahrens am Mediationsverfahren sei freiwillig. Eine Begründungspflicht für die Nichtteilnahme an diesem Verfahren sei nicht ersichtlich. Ergänzend werde angemerkt, dass die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 18. Dezember 2019 in der Hauptsache erhoben habe, um die gerichtliche Überprüfung der getroffenen Anordnungen vornehmen zu lassen. Der Antragsgegner halte im vorliegenden Fall ein Mediationsverfahren weder für erfolgversprechend noch für zielführend. Der Antragsgegner wünsche daher eine gerichtliche Entscheidung im streitigen Verfahren.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2020 wurde dem Bevollmächtigten der Antragstellerin Akteneinsicht in das vom Landratsamt Rhön-Grabfeld vorgelegte aktuelle Aktengeheft gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.1688) sowie die Akten betreffend den Lebensgefährten der Antragstellerin W 8 K 20.145 sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Das Gericht entscheidet nach eigenem Ermessen, ob und mit welchem Inhalt es eine einstweilige Anordnung erlässt. Die von der Entscheidung betroffenen öffentlichen und privaten Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden. In die Abwägung sind grundsätzlich einzustellen die Bedeutung und die Dringlichkeit des infrage stehenden Anspruchs der Antragstellerin sowie die Zumutbarkeit, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, das Maß einer eventuellen Gefährdung öffentlicher Interessen oder schutzwürdiger Interessen Dritter und die Frage, ob die durch die Anordnung möglicherweise entstehende Nachteile für die Allgemeinheit, den Antragsteller oder für Dritte von Auflagen abhängig gemacht werden können. Außerdem sind, soweit sie sich übersehen lassen, auch die Erfolgsaussichten in einem zu erwartenden Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen.
Eine einstweilige Anordnung ist zu treffen, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung, besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO).
1. a) Der Antrag auf vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Antragstellerin vollständige und aktuelle Einsicht in die Verwaltungsakte … zu gewähren, ist schon unzulässig.
Nach § 44a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Bei der begehrten Akteneinsicht handelt es sich um eine nicht selbständig vollstreckbare Verfahrenshandlung, so dass die Verweigerung von Akteneinsicht nicht vorab gesondert angegriffen werden kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 44a Rn. 5). Vorliegend besteht kein Anlass, hiervon im Einzelfall aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 29 VwVfG Rn. 87) abzusehen. Der Antragstellerin wurde im Verfahren W 8 S 19.1689 Akteneinsicht gewährt. Soweit Verfahrensakten des Antragsgegners dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für das laufende Beschwerdeverfahren 23 CS 20.383 vorgelegt wurden, und der Bevollmächtigte der Antragstellerin in diese noch keine Einsicht genommen hat, ist die Antragstellerin auf die dortige Einsichtnahme zu verweisen. Zudem wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Juni 2020 dem Bevollmächtigten der Antragstellerin Akteneinsicht in das vom Landratsamt Rhön-Grabfeld vorgelegte aktuelle Aktengeheft Bl. 1-60 gewährt.
Unabhängig davon ist vorliegend das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben, da sich das Antragsbegehren unter Nr. 1 durch die dargelegte Gewährung von Akteneinsicht insoweit erledigt hat.
Sofern sich der Antrag unter Nr. 1 auf Akten bezieht, aus denen hervorgeht, in welchen Pflegestellen sich die Tiere der Antragstellerin derzeit genau befinden (vgl. Anlage A1 zur Antragsschrift), ist er auch unbegründet.
Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die einzelnen Teile der das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Das Recht auf Akteneinsicht besteht hierbei über den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts hinaus bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 29 Rn. 23). Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG ist die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen. Erforderlich für die Verweigerung des Akteneinsichtsrechts ist eine konkrete und unmittelbare Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung, allgemeine Erschwernisse reichen nicht aus (Kopp/Ramsauer, 20. Auflage 2019, § 29 Rn. 29). Eine solche ist hier zu bejahen. So kann sich ein Verweigerungsgrund etwa daraus ergeben, dass es der Verfahrenszweck erfordert, dass der Anlass dem Beteiligten zunächst verborgen bleibt oder dass eine Behörde zur Wahrung ihrer Funktionsfähigkeit ihre Informationsquellen, die Namen von Informanten usw. auf deren Hilfe sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben angewiesen ist, geheim halten muss (BeckOK, VwVfG, 47. Edition, Stand: 1.4.2020, § 29 Rn. 23.1). Vorliegend ist der Antragsgegner entsprechend seinem Vorbringen auf die Bereitschaft von Tierheimen und Pflegestellen, Tiere aufzunehmen, angewiesen. Eine Konfrontation mit den Eigentümern bzw. Haltern der Tiere könnte dazu führen, dass die genannten Stellen nicht mehr zur Aufnahme von Tieren, die durch die zuständigen Stellen in Vollzug des Tierschutzgesetzes weggenommen werden, bereit sind. Dass die Aktenkenntnis den Erfolg des Verwaltungsverfahrens beeinträchtigen würde, zeigt der konkrete Vorfall im Tierheim Coburg, bei dem u.a. die Antragstellerin die Herausgabe der ihr weggenommenen Katzen erwirken wollte (Bl. 24 ff. der Behördenakte).
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit konkret die Kenntnis vom aktuellen Aufenthaltsort der Katzen zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen der Antragstellerin erforderlich ist, wie dies Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG voraussetzt. Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 18. Dezember 2019 betreffend die Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren sowie die Wegnahme, anderweitige pflegliche Unterbringung und Vermittlung der Tiere. Dieser ist jedoch durch – zeitlich früher liegende – Verstöße in der Tierhaltung der Antragstellerin gegen tierschutzrechtliche Vorgaben veranlasst (vgl. VG Würzburg, B.v. 6.2.2020 – W 8 S 19.1689). Die derzeitige Unterbringung der Katzen ist jedoch nicht Verfahrensgegenstand und damit auch nicht vom grundsätzlichen Akteneinsichtsrecht nach Art. 29 BayVwVfG umfasst.
Ein Recht der Antragstellerin auf die begehrte Akteneinsicht ergibt sich auch nicht aus anderen speziellen Anspruchsgrundlagen.
Auf das – hier zweifelhafte – Vorliegen eines Anordnungsgrundes in Bezug auf die begehrte Akteneinsicht kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.
b) Der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Verfügung zur Listung sämtlicher ihr weggenommener Katzen unter genauer Zuordnung des aktuellen Aufenthaltsorts hat keinen Erfolg.
Fraglich ist insoweit im Hinblick auf die Antragsbefugnis schon die Zulässigkeit des Antrags.
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.
Ein Anordnungsanspruch wurde vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich.
Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorbringt, dass diese in ihrer Rechtsstellung als aktuelle Eigentümerin der Katzen ein aus ihrer Eigentümerstellung abgeleitetes Informationsrecht habe, wo sich welche ihrer Katzen jeweils befinde, ist dem entgegenzuhalten, dass die Antragstellerin laut eigenem Vorbringen in der Hauptsache und im Verfahren W 8 S 19.1689 nicht Eigentümerin der Katzen sei. Vielmehr würden die Katzen im Neubau des Anwesens Herrn F. gehören. Das Eigentum an den Katzen im Altbau sei inzwischen auf Herrn K. übertragen worden. Eine diesbezügliche Änderung wurde seitens der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Im Übrigen würde auch bei Annahme eines aus der Eigentümerstellung abgeleiteten grundsätzlichen Informationsrecht diesem die mögliche Beeinträchtigung des Erfolgs des Verwaltungsverfahrens entgegenstehen. Auf die Ausführungen unter Nr. 1 a) dieses Beschlusses wird insoweit Bezug genommen.
c) Der Antrag auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, seine einzelnen Ermessenserwägungen in Bezug auf die Verweigerung eines Mediationsverfahrens zu benennen, ist bereits unzulässig.
Vorliegend fehlt es an der Antragsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 123 Rn. 107).
Die Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben (vgl. § 1 Abs. 1 Mediationsgesetz). Aus dem Merkmal der Freiwilligkeit ergibt sich der privatautonome Charakter der Mediation. Dabei muss es dem freiwilligen Willen des Einzelnen überlassen bleiben, ob er die Lösung eines Konflikts durch Verhandlungen mit der Gegenseite unter Leitung eines Mediators oder auf anderem, insbesondere gerichtlichem Wege erreichen will (Greger/Unberath/Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, Mediationsgesetz, 2. Auflage 2016, § 1 Rn. 30; Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, 3. Auflage 2016, § 1 Rn. 88). Es gibt keinen – möglicherweise sogar gesetzlich normierten – Zwang zur Teilnahme an einem Mediationsverfahren (Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, 3. Auflage 2016, § 2 Rn. 3). So hat auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin selbst in der Antragsschrift vom 5. Juni 2020 erklärt, dass die Antragstellerin keinen Anspruch darauf habe, dass sich der Antragsgegner auf ein Mediationsverfahren einlässt. Die Verweigerung der Teilnahme an einem Mediationsverfahren stellt sich folglich mangels Regelungswirkung nicht als Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG dar. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung greift angesichts des Grundsatzes der Freiwilligkeit der Mediation nicht. Folglich besteht auch kein subjektives öffentliches Recht zu erfahren, welche ermessensleitenden Erwägungen den Antragsgegner dazu bewogen haben, sich der Mediation zu verschließen. Daran ändert auch die von der Antragstellerin angeführte Stellung des Antragsgegners als Hoheitsträger nichts.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner in der Antragserwiderung vom 23. Juni 2020 dargelegt hat, dass er im vorliegenden Fall ein Mediationsverfahren weder für erfolgsversprechend noch für zielführend halte und daher eine gerichtliche Entscheidung im streitigen Verfahren wünsche. Er hat damit seine Erwägungen genannt. Auf die Frage, ob damit auch das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist, kommt es vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich an.
2. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
3. Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 GKG. Das Gericht hält einen Streitwert in Höhe des Auffangstreitwertes in Höhe von 5.000,00 EUR angemessen. Für eine anderweitige Bestimmung des Streitwerts hat das Gericht keine genügenden Anhaltspunkte. Des Weiteren sieht das Gericht die einzelnen begehrten Anordnungen als eine Einheit an, die sich nicht streitwerterhöhend auswirken. Das Gericht legt dabei den Auffangstreitwert in voller Höhe zugrunde, weil die Antragstellerin in der Sache jeweils die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt (Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben