IT- und Medienrecht

Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz

Aktenzeichen  M 32 SN 19.1510

Datum:
1.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55892
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VIG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3, § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 4 S. 1, § 6 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2, § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Eilantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den an den Beigeladenen ergangenen Bescheid des Antragsgegners vom 14. März 2019, in dem einem Antrag des Beigeladenen (im Folgenden auch: VIG-Antragsteller) auf Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stattgegeben wurde. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auch den an eine weitere VIG-Antragstellerin gerichteten Bescheid des Antragsgegners bezüglich einer anderen Verkaufsstätte des Antragstellers betrifft, wird das Verfahren vom Verwaltungsgericht München unter dem Az. M 32 SN 19.1588 geführt.
Der Antragsteller ist Betreiber einer Metzgerei mit zwei Verkaufsstätten. Mit einer über das von foodwatch e.V. bzw. FragDenStaat betriebene Internetportal „Topf Secret“ versandten E-Mail vom 16. Januar 2019 beantragte der Beigeladene bei dem Antragsgegner die Herausgabe folgender Informationen über den Antragsteller:
1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden:
Name und Anschrift der Verkaufsstätte
2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich. …
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail).
Mit Schreiben vom 5. Februar 2019 informierte der Antragsgegner den Antragsteller von dem Auskunftsersuchen und teilte ihm gleichzeitig mit, welche Informationen erteilt und welche Unterlagen dem Beigeladenen übermittelt werden sollen; hierzu wurde dem Antragsteller die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit einem am 11. Februar 2019 bei dem Antragsgegner eingegangenen Schreiben widersprach der Antragsteller der Informationsherausgabe.
Mit Bescheid vom 14. März 2019 teilte der Antragsgegner dem Beigeladenen mit, dass seinem Antrag vom 16. Januar 2019 stattgegeben werde. Die Auskunft würde 10 Tage nach Zustellung des Bescheids durch Übersendung von Kopien der Kontrollberichte erteilt, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei.
Mit Bescheid vom selben Tag, dem Antragsteller zugestellt am 16. März 2019, wurde diesem unter Beifügung einer Kopie des an den Beigeladenen ergangenen Bescheids vom 14. März 2019 bekanntgegeben, dass sich der Antragsgegner für die Gewährung der Information und Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte entschieden habe. Die Informationseröffnung erfolge 10 Tage nach Zustellung des Bescheids. Mit Bescheid vom 26. März 2019 hob der Antragsgegner diesen an den Antragsteller gerichteten Bescheid mit der Begründung auf, der Bekanntgabebescheid sei rechtswidrig, weil die Übersendung des an den Beigeladenen gerichteten Bescheids – gegebenenfalls mit einem einfachen Schreiben – ausreichend gewesen wäre.
Gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 14. März 2019 ließ der Antragsteller mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 28. März 2019 Klage erheben und ließ mit weiterem Schriftsatz vom selben Tag im Wege des Eilrechtsschutzes beantragen,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. März 2019 gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid des Antragsgegners vom 14. März 2019, Az.: 4.3.2-514 VIG/2019/101, anzuordnen, die Vollziehung des Bescheids auszusetzen und dem Antragsgegner die Informationsveröffentlichung zu untersagen,
2. hilfsweise einen vorläufigen Beschluss zu erlassen und dem Antragsgegner eine Übersendung der Kontrollberichte zu untersagen, bis eine Entscheidung über Ziffer 1 vorliegt.
Zur Begründung führten seine Bevollmächtigten im Wesentlichen aus, der Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig, da er nicht begründet worden sei. Das Auskunftsbegehren des Beigeladenen falle nicht in den Anwendungsbereich des VIG, weil diesem der Produktbezug fehle. Es beeinträchtige die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Behörde und sei rechtsmissbräuchlich, weil es – abweichend vom Sinn und Zweck des VIG – das Ziel verfolge, „die Bundesernährungsministerin aufzufordern, die gesetzliche Grundlage für ein Transparenzsystem wie in Dänemark, Wales oder Norwegen zu schaffen.“ Hinzu komme, dass mit der Bekanntgabe der begehrten Auskunft „die durch § 40 Abs. 1a LFGB normierten Anforderungen an staatliches Informationshandeln in rechtsmissbräuchlicher Weise umgangen“ würden. Die Kontrollberichte seien vom Herausgabebegehren überhaupt nicht erfasst, weil auf den Kontrollberichten als Rechtsform des Antragstellers „GmbH“ statt „e.K.“ angegeben sei. Abgesehen davon würden die Kontrollberichte keine Feststellungen zu nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG enthalten. Den Kontrollberichten sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei deren Inhalt um unzulässige Abweichungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handle. Zu der Feststellungen seien weder Rechtsnormen benannt worden, noch sei eine juristisch-wertende Einordnung durch die zuständige Behörde im Sinne einer Subsumtion erfolgt. Vielmehr sei – wenn überhaupt – lediglich eine Mängelbeschreibung in Form einer Sachverhaltsdarstellung ohne Nennung von Rechtsnormen und ohne eine juristisch-wertende Einordnung durch die zuständige Behörde im Sinne einer Subsumtion erfolgt. Die Entscheidung des Antragsgegners, die begehrte Auskunft postalisch zu erteilen, sei ermessensfehlerhaft, verstoße gegen Grundrechte des Antragstellers – insbesondere stelle der Bescheid einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit bzw. die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers dar – und sei unverhältnismäßig. Im Übrigen müsse jedenfalls die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ausfallen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der dem Beigeladenen zugestellte Verwaltungsakt auf Informationserteilung nach dem VIG rechtswidrig ist.
Mit Beschluss des Gerichts vom 2. April 2019 wurde der VIG-Antragsteller gem. § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beigeladen.
Mit Schreiben vom 27. April 2019 nahm der Beigeladene zum Antrag ausführlich Stellung, ohne jedoch einen eigenen Antrag zu stellen.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2019,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, der Bescheid sei rechtmäßig. Das VIG stelle eine geeignete Rechtsgrundlage für die Informationserteilung dar. Die Anwendbarkeit des VIG sei nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt. Nach herrschender Meinung sowie Rechtsprechung sei das VIG rechtmäßig. Die begehrten Auskünfte stellten sehr wohl Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar. Die streitgegenständlichen Kontrollberichte würden unzweifelhaft eine konkret bezeichnete Verkaufsstätte des Antragstellers betreffen, auch wenn in den Kontrollberichten neben der konkreten Anschrift und dem Familiennamen des Firmeninhabers statt der Rechtsform „e.K.“ fälschlich die frühere Rechtsform „GmbH“ angegeben worden sei. Entgegen der Behauptung des Antragstellers würden die Kontrollberichte zu jeder Feststellung die erforderliche Subsumtion unter Nennung der jeweiligen Norm enthalten. Der Antrag sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zum einen stelle § 4 Abs. 4 VIG kein subjektives Abwehrrecht dar, zum anderen lasse sich aus der Tatsache, dass der Antrag über die Internetplattform gestellt worden ist, keine Rechtsmissbräuchlichkeit ableiten. Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit könne nicht festgestellt werden, eine Weitergabe der Informationen könne der Behörde nicht zugerechnet werden. Auch sonst seien keine Gründe ersichtlich, die gegen eine Informationserteilung gesprochen hätten. Schließlich habe der Beigeladene ein berechtigtes Interesse an der baldigen Bekanntgabe der begehrten Informationen, denn nur so könnte er als Verbraucher eigenverantwortliche Kaufentscheidungen treffen und geschützt werden. Dafür spreche auch die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, die stets zur Vorwegnahme der Hauptsache führe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens M 32 K 19.1509) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG ist statthaft, da die in der Hauptsache statthafte Drittanfechtungsklage in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Denn es geht um Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind (siehe ausführliche Darstellung in der Begründetheit).
Der Antragsteller ist nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Der Antragsteller wendet sich in seinem Antrag gegen den an den Beigeladenen erlassenen Bescheid. In Bezug auf diesen Bescheid kann der Antragsteller auf Grundlage seines Antragsvorbringens im Ergebnis die Verletzung einer drittschützenden Norm geltend machen. § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG sieht nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auch den Schutz privater Belange vor. Hiernach entfällt der Anspruch auf Informationsgewährung, wenn die dort abschließend aufgezählten Belange berührt werden. Zudem kann sich der Antragsteller wegen der Veröffentlichung von Informationen über Mängel im Betrieb auf eine mögliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG berufen (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13; VG Würzburg, B.v. 8.1.2018 – W 8 S 17.1396 – juris Rn. 21).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.). Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die praktisch die Hauptsache vorwegnehmen, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zudem grundsätzlich nur zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn außerdem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 156; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 92).
Zwar kommt es in der konkreten Fallkonstellation zu einer Vorwegnahme der Hauptsache, weil eine Ablehnung des Antrags die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte zur Folge hätte. Dies führt dazu, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags um eine Regelung handelt, deren Folgen nicht mehr rückgängig gemacht werden können, auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache anders ausfällt. Dennoch ist eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ausreichend, weil ansonsten die gesetzliche Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG ins Leere laufen würde. Es handelt sich beim § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG stets um Fälle, in denen es um eine Herausgabe von Informationen vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens geht und bei denen der Sofortvollzug nach dem maßgeblichen Willen des Gesetzgebers stets zur Vorwegnahme der Hauptsache führt.
a) Die Hauptsacheklage hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Hauptsacheklage hat nach der im Verfahren des Eilrechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine Aussicht auf Erfolg. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Formell wurde der Bescheid zwar nicht gem. Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG ordnungsgemäß begründet. Dieser Mangel ist aber gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG unbeachtlich, da die erforderliche Begründung mit dem ausführlichen Antragserwiderungsschriftsatz vom 21. Mai 2019 nachgeholt wurde.
Materiell erscheint der Bescheid ebenfalls rechtmäßig.
aa) Einschlägige Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch des Beigeladenen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG.
Das Verbraucherinformationsgesetz findet auf den vorliegenden Fall Anwendung.
aaa) Der Anwendbarkeit des Gesetzes steht § 1 VIG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift erhalten durch das Verbraucherinformationsgesetz Verbraucherinnen und Verbraucher freien Zugang zu den bei informationspflichtigen Stellen vorliegenden Informationen über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Nr. 1) sowie über Verbraucherprodukte, die dem § 2 Nr. 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Nr. 2), damit der Markt transparenter gestaltet und hierdurch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitsschädlichen oder sonst unsicheren Erzeugnissen und Verbraucherprodukten verbessert wird.
Diese Vorschrift, die entgegen ihrer amtlichen Überschrift weniger den Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes als vielmehr dessen Zweck beschreibt, schließt die Anwendung des Verbraucherinformationsgesetzes auf den vorliegenden Fall nicht deshalb aus, weil sich das Informationszugangsbegehren des Beigeladenen nicht unmittelbar auf ein konkretes Erzeugnis oder Verbraucherprodukt bezieht (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60); nicht erforderlich ist auch, dass die jeweiligen Erzeugnisse gesundheitsschädlich oder unsicher sind.
Schon der Gesetzeswortlaut gibt für eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs des VIG nichts her. Einer grammatikalischen Auslegung kann nicht entnommen werden, dass Informationen über Erzeugnisse und Verbraucherprodukte nur solche Informationen seien, die sich gegenständlich auf Erzeugnisse und Verbraucherprodukte beziehen müssten. „Informationen über Erzeugnisse“ sind schon nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG und dem normalen Sprachgebrauch auch Informationen, die den Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung etc. der Erzeugnisse betreffen und damit auch Anfragen zu hygienischen Umständen der Produktion, ohne dass ein konkreter Produktbezug vorliegen muss“ (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 172. EL November 2018, VIG, § 2 Rn. 16).
Dies bestätigt eine historische, systematische und teleologische Auslegung der Norm. Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:
„Es würde dem […] Sinn und Zweck des VIG, Einzelpersonen möglichst umfassende Informationen über Lebensmittel zu verschaffen und sie damit zu Sachwaltern des Allgemeininteresses zu machen, gerade zuwiderlaufen, den Informationszugang auf konkrete Erzeugnisse zu beschränken. Denn damit bliebe der Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Lieferung solcher Erzeugnisse ausgeklammert (vgl. die urspr. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1408 S. 1, 7; BT-Drs. 16/5404 S. 1, 7). Ein derart enges Normverständnis widerspräche auch dem unionsrechtlichen Kontext des Verbraucherinformationsrechts. Nach dem vierten Erwägungsgrund der EG-KontrollVO (Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz v. 29.4.2004 – Abl. L 191, S. 1) geht das Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Gemeinschaft von dem Grundsatz aus, dass Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs in den ihnen unterstehenden Unternehmen sicherstellen, dass Futtermittel und Lebensmittel die für ihre Tätigkeit relevanten Vorschriften des Futtermittel- und Lebensmittelrechts erfüllen. Das VIG soll die Verbraucher in die Lage versetzen, als Sachwalter des Allgemeininteresses die Einhaltung dieser Anforderungen umfassend zu kontrollieren. Deshalb soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers der Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. „alle Daten über Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht sowie in diesem Zusammenhang getroffene Maßnahmen und Entscheidungen“ umfassen (BT-Drs. 16/1408 S. 9; BT-Drs. 16/5404 S. 10); zu diesem Zweck wurde auch die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens, sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berufen, ausgeschlossen (vgl. BT-Drs. 16/2011 S. 7).
Dem gegenüber verfolgt die Neufassung des Gesetzes von 2012 mit der Einfügung des § 1 Nr. 1 VIG n.F. keine Einschränkung des Informationszugangs. Zwar ist in § 1 Nr. 1 VIG von „Erzeugnissen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel)“ und in Nr. 2 von „Verbraucherprodukten, die § 2 Nummer 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Verbraucherprodukte)“ die Rede. Das Ziel dieser Ergänzung war jedoch […] eine Verbesserung des Verbraucherinformationsrechts im Sinne einer „noch verbraucherfreundlicheren Ausgestaltung“ sowie einer umfassenderen Information. Deshalb wurde zur Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit der Anwendungsbereich im Gesetzestext selbst beschrieben (BT-Drs. 17/7374 S. 1, 11 ff.; BT-Drs. 17/7993 S. 17 f.). Des Weiteren wurde der Anwendungsbereich um Informationen nach dem ProdSiG erweitert. Für eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ergeben sich somit auch aus der Entstehungsgeschichte und der amtlichen Begründung keine Anhaltspunkte (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 20 ZB 14.977, juris Rn. 4).” (BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 38f.; so im Ergebnis auch OVG NRW, U.v.12.12.2016 – 13A 846/15 – juris Rn. 62ff).
Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.
bbb) Der von dem Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG ist auch nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen.
Nach § 2 Abs. 4 VIG gelten die Vorschriften des Gesetzes nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.
Aus der im Gesetzestext verwendeten Formulierung „soweit“ folgt, dass nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen sind, die denselben Sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist zum einen in jedem Einzelfall zu prüfen, ob fachgesetzliche Regelungen entsprechende oder für die Verbraucher günstigere Vorschriften über den voraussetzungslosen Zugang zu behördlichen Informationen enthalten. Zum anderen sollen besondere gesetzliche Vorschriften über Geheimhaltungspflichten sowie Amts- und Berufsgeheimnisse unberührt bleiben. Dies zugrunde gelegt, ist der von der Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen. Insbesondere stellt § 40 LFGB keine vorrangige Rechtsvorschrift dar, weil sie nicht denselben Sachverhalt regelt. Während § 2 Abs. 1 VIG den Fall einer antragsgebundenen Informationsgewährung zum Gegenstand hat, betrifft § 40 LFGB die aktive staatliche Informationsgewährung. Der individuelle Auskunftsanspruch einerseits und die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit andererseits sind völlig verschiedene Arten der Informationsgewährung, bei denen auch hinsichtlich der wettbewerblichen Auswirkungen mit Blick auf die Intensität und Reichweite der gewährten Information gravierende Unterschiede bestehen (vgl. OVG NW, U.v. 12.12.2016 – 13 A 846/15 – juris Rn. 75 ff.). Auch die Tatsache, dass der Beigeladene möglicherweise eine Veröffentlichung beabsichtigt, ändert hieran nichts (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.4.2019 – Au 1 K 19.242 – juris Rn. 26).
ccc) Die begehrten Auskünfte über die Daten der letzten beiden Betriebskontrollen, die Frage, ob es zu Beanstandungen kam sowie die Forderung, bei Beanstandungen die entsprechenden Kontrollberichte zu erhalten, sind sachlich vom Informationsanspruch umfasst. Die begehrten Informationen stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar; sie sind insbesondere nicht unter § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG zu subsumieren, da letztere Vorschrift nur allgemeine, vom Einzelfall losgelöste Sachverhalte regelt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2018, VIG § 2 Rn. 56; a. A. VG Stade, B.v. 1.4.2019 – 6 B 380/19 – noch nicht veröffentlicht).
Die Frage des VIG-Antrags, ob es bei den letzten beiden Kontrollen zu Beanstandungen kam, stellt keine unzulässige Ausforschungsfrage dar. Die streitgegenständlichen Informationen entstammen der Sphäre des Antragsgegners, so dass dem Verbraucher in der Regel in dieser vom Gesetzgeber vorgestellten Standardsituation keine weitergehenden Details zur Verfügung stehen, mit denen er sein Informationsbegehren konkretisieren kann.
Die vom Antragsgegner zur Bekanntgabe vorgesehenen Kontrollberichte vom 14. September 2016 und 15. November 2018 sind entgegen der Auffassung des Antragstellers vom Antragsbegehren des Beigeladenen erfasst. Denn diese Kontrollberichte beziehen sich eindeutig auf die vom Beigeladenen für sein Auskunftsbegehren genannte Verkaufsstätte des Antragstellers. Die in den Kontrollberichten fehlerhaft bezeichnete Rechtsform des Betriebs ändert an dieser eindeutigen Bezeichnung nichts.
Diese Kontrollberichte stellen Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG bestimmt, dass jeder nach Maßgabe des VIG Anspruch hat auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind. Zwar wäre die bloße Feststellung von Abweichungen in einem naturwissenschaftlich-analytischen Sinne (sog. „Beanstandungen“) oder die Darstellung des gesamten Kontrollvorgangs (vgl. VG Leipzig, B.v. 11.02.2014, 5 L 555/13 – juris Rn. 56) nicht ausreichend für die Annahme von festgestellten nicht zulässigen Abweichungen (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 47). Denn es bedarf vielmehr zusätzlich einer juristisch-wertenden Einordnung, d.h. einer rechtlichen Subsumtion der Kontrollergebnisse durch die zuständige Behörde (so auch VG Würzburg, B.v. 8.1.2018 – W 8 S 17.1396 – juris Rn. 31; VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 – RN 5 K 14.1110 – juris Rn. 51 f.; vgl. auch BT-Drs. 17/7374, S. 15). Diese Voraussetzung ist vorliegend jedoch erfüllt. Der Antragsteller trägt zwar – textbausteinartig – vor, die Kontrollberichte würden keine Feststellungen zu nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG enthalten. Zu der Feststellungen seien weder Rechtsnormen benannt worden, noch sei eine juristisch-wertende Einordnung durch die zuständige Behörde im Sinne einer Subsumtion erfolgt. Vielmehr sei – wenn überhaupt – lediglich eine Mängelbeschreibung in Form einer Sachverhaltsdarstellung ohne Nennung von Rechtsnormen und ohne eine juristisch-wertende Einordnung durch die zuständige Behörde im Sinne einer Subsumtion erfolgt. Demgegenüber trug der Antragsgegner vor, diese Behauptung würde nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Die Kontrollberichte würden zu jeder Feststellung die erforderliche Subsumtion unter Nennung der jeweiligen Norm enthalten. Das Gericht hat keine Veranlassung, an diesen im Schriftsatz des Antragsgegners vom 21. Mai 2019 zum konkreten Verfahren erfolgten Angaben zu zweifeln.
Gesetzlich und nach in der Rechtsprechung teilweise vertretener Ansicht ist eine bestimmte Form der rechtlichen Subsumtion nicht vorgeschrieben (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – V 20 BV 15.2208 – juris Rn. 47). Das Vorliegen einer juristisch wertenden Einordnung setzt nach Ansicht des erkennenden Gerichts demnach nicht voraus, dass Normen, von denen abgewichen wurde, im Kontrollbericht zitiert werden. Es reicht aus, wenn die rechtliche Subsumtion dem Ergebnis zu Grunde liegt. Dies wird beispielsweise durch die Bezeichnung „Mangel“ oder „Verstoß“ deutlich, da hierin eine Wertung zum Ausdruck kommt, die nicht nur einen tatsächlichen Zustand festhält, sondern das Ergebnis einer rechtlichen Subsumtion durch die Behörde beinhaltet (vgl. VG Weimar, B.v. 23.5.2019 – 8 E 423/19 We – juris Rn. 13). Das Gericht geht mangels substantiierten Bestreitens seitens des Antragstellers in Bezug auf diesen Streitpunkt daher davon aus, dass der Antragsgegner entsprechend der aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die nicht zulässigen Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften – hier der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 [Lebensmittelhygiene-VO] – abschließend aktenkundig festgestellt hat (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60).
Die Tatsache, dass der Antragsteller die Kontrollberichte erst im Rahmen des VIG-Verfahrens erhalten hat, ist unerheblich, zumal der Anspruch auf Zugang zu Informationen über Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht voraussetzt, dass die Abweichung durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60).
bb) Der Beigeladene ist hier als natürliche Person Berechtigter des Anspruchs auf Informationszugang nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG. Nach dieser Vorschrift hat nach Maßgabe dieses Gesetzes „jeder“ Anspruch auf freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen. In der amtlichen Begründung zur früheren Fassung des VIG von 2008 (im Folgenden: VIG a.F.) wurde dazu ausgeführt, das Gesetz solle „jeder natürlichen oder juristischen Person“ einen freien Zugang zu Informationen gewähren, „der von keinem besonderen Interesse oder einer Betroffenheit abhängig ist“ (vgl. BT-Drs. 16/1408 S. 9; vgl. dazu BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 20 ZB 14.977 – juris Rn. 6). Dieses Jedermannsrecht wird durch die Umschreibung des Anwendungsbereichs in § 1 VIG 2012 (im Folgenden: VIG n.F.) nicht eingeschränkt. Zwar ist dort festgelegt, dass „Verbraucherinnen und Verbraucher“ freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen haben. Der Wortlaut dieser Vorschrift könnte damit auf eine Einschränkung hindeuten. Eine solche einschränkende Auslegung oder teleologische Reduktion widerspricht aber der Entstehungsgeschichte, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der §§ 1 und 2 VIG n.F. (vgl. hierzu ausführlich BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 25 ff.). Daher liegt hier auch keine vom Antragsteller angeführte Anmaßung privater Kontrolltätigkeit vor. Es liegen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene lediglich als „Strohmann“ für den Portalbetreiber handle. Er hat als Verbraucher vielmehr ein eigenständiges Informationsinteresse.
cc) Der Antrag des Beigeladenen entspricht auch den Bestimmtheitsanforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG. Danach muss der Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. Hier hat der Beigeladene sein Auskunftsbegehren auf Informationen bezüglich der letzten beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im Betrieb des Antragstellers sowie auf die in diesem Zusammenhang eventuell festgestellten Beanstandungen beschränkt und somit seinen Antrag themenbezogen eingegrenzt. Dies genügt dem Bestimmtheitserfordernis, zumal ein VIG-Antragsteller im Voraus nicht wissen kann, welche konkreten Informationen bei der auskunftspflichtigen Stelle vorliegen (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 – RN 5 K 14.1110 – juris Rn. 46 f.; OVG NW, U.v. 1.4.2014 – 8 A 655/12 – juris Rn. 138).
dd) Der Antragsteller kann dem Informationsanspruch des Beigeladenen auch keine Ausschluss- oder Beschränkungsgründe nach § 3 Satz 1 Nr. 2 a) oder c) VIG entgegenhalten.
Zwar besteht der Informationsanspruch gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 a) VIG wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird. Derartige personenbezogene Daten umfasst das Auskunftsbegehren des VIG-Antragstellers nicht.
Der Antragsteller kann sich auch nicht auf den Ausschluss bzw. die Beschränkung des Informationszugangs zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen berufen. Zwar besteht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG der Anspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG kann jedoch der Zugang zu Informationen u.a. nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG – wie hier – nicht unter Berufung auf das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen festgestellte Rechtsverstöße nicht unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen, weil an deren Geheimhaltung kein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht (vgl. BT-Drs. 16/5404 S. 12; BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 55 ff.). Inwieweit darüber hinaus durch die Herausgabe der Kontrollberichte die betriebliche Organisation offengelegt werden würde, ist nicht ersichtlich.
ee) Die Gewährung der Informationen verstößt nicht gegen Grundrechte.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des VIG bestehen keine. Insbesondere wird dadurch weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Insoweit schließt sich die Kammer vollumfänglich den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 16. Februar 2017 (bestätigt durch BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60) an, auf welche hier ausdrücklich verwiesen wird:
„Vor allem verkennt die Klägerin, dass der Verbraucherschutz ein verfassungsrechtlicher Gemeinwohlbelang ist, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einen hohen Stellenwert beigemessen hat und der eine Einschränkung des Schutzgehalts der von der Klägerin angeführten Grundrechte rechtfertigen kann (vgl. BVerfG, B.v. 13.7.1992 – 1 BvR 303/90 – NJW 1993, 1969, v. 13.7.1992 – 1 BvR 238/92 – GRUR 1993, 754, und v. 4.8.1998 – 1 BvR 2652/95 – NJW 1998, 2811, sowie v. 22.1.1997 – 2 BvR 1915/91 – BVerfGE 95, 173). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 1 VIG steht im Einklang mit den Grundrechten der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte verbürgen zwar auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; der grundrechtliche Geheimnisschutz wird allerdings durch die einfach-rechtlichen Verbraucherschutz- und -informationsrechte entscheidend mitbestimmt. Die vorgenannten grundrechtlichen Gewährleistungen schützen ein am Markt tätiges Unternehmen, das sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt, nicht vor diesbezüglichen „Imageschäden“ und dadurch bedingten „Umsatzeinbußen“. Vor allem Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht; ein solches Recht kann auch nicht in Parallele zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet werden, weil auch dieses einen solchen Anspruch nicht umfasst. Vielmehr sichert Art. 12 Abs. 1 GG nur die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Der Schutz der unternehmerischen Berufstätigkeit am Markt – um den es auch hier geht – wird insofern durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Diese Regeln sind zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 – BVerfGE 105, 252; OVG NW, U.v. 1.4.2014 a.a.O.).“ (BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 58).
Vorliegend ist aufgrund nicht ausgeschlossener zivilrechtlicher Folgen einer Veröffentlichung der Daten im Internet durch den Beigeladenen schon fraglich, ob zwingend angenommen werden kann, dass der Beigeladene die gewährten Informationen an die Plattform zur Veröffentlichung weiterleiten bzw. die begehrten Kontrollberichte unmittelbar selber ins Internet einstellen wird. Eine automatisierte Veröffentlichung der Kontrollberichte erfolgt jedenfalls nicht, der Beigeladene müsste aktiv tätig werden (vgl. Geulen & Klinger Rechtsanwälte, Rechtliche Stellungnahme zu über die Online-Plattform „Topf Secret“ gestellte Informationsanträge nach dem VIG, 13. Mai 2019, S. 13, 19 ff., abrufbar unter: https://fragdenstaat.de/dokumente/93-rechtsgutachten-zu-topf-secret-von-geulen-klinger/).
Doch auch wenn eine Veröffentlichung folgen würde, ließe sich aus der Stattgabe des VIG-Antrags kein Rechtsverstoß ableiten.
Aus § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG ergibt sich nach Ansicht der Kammer nicht, dass die „informationspflichtige Stelle“ das ausschließliche Recht hat, Informationen im Internet zu veröffentlichen. Insbesondere lässt sich dem VIG keine Regelung entnehmen, nach der die informationspflichtige Stelle verpflichtet sein könnte, die Absichten eines VIG-Antragstellers zu erkunden, wie er später mit den erlangten Informationen umzugehen gedenkt; erst recht ist keine Verpflichtung der Behörde erkennbar, dies später tatsächlich auch zu überprüfen. Die Gewährung von Informationen von vermuteten Absichten eines VIG-Antragstellers abhängig zu machen, widerspräche nicht nur der einfachgesetzlichen Regelung des VIG, sondern auch grundlegenden Prinzipien eines freiheitlich demokratischen Rechtsstaats. Auch weil Ansprüche auf Informationsgewährung nach dem VIG „Jedermanns-Rechte“ sind, wäre nicht nachvollziehbar, warum einzelne Anträge statthaft sind, durch eine vom Verbraucher beabsichtigte Veröffentlichung im Internet jedoch rechtswidrig werden sollten (im Ergebnis so auch BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 13), zumal allein der Hinweis, die VIG-Antragsteller könnten die ihnen bereitgestellten Informationen nun über eine Internetplattform veröffentlichen, nichts am Regelungsgehalt des anzuwendenden Gesetzes ändert.
Andere Normen (§ 6 Abs. 1 Satz 3, Satz 4, Abs. 4 VIG, § 40 Abs. 1a LFGB) und gerichtliche Entscheidungen zur Befristungspflicht, Anhörung, Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit etc. sind auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragbar. Sowohl das Gesetz als auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.3.2018 – 1 BVF 1/13 – (juris) sehen zwar Verfahrensregelungen für den Fall vor, dass die informationspflichtige Stelle Informationen im Internet veröffentlichen will. Der Antragsgegner hat jedoch bislang gar nicht die Absicht geäußert, Informationen über die Antragstellerin im Internet zu veröffentlichen. Im Übrigen endet das VIG in dieser Frage mit der Informationserteilung der Behörde an den VIG-Antragsteller. Das Gesetz trifft keine Aussage dazu, ob Verbraucher in einem nächsten Schritt den Kontrollbericht veröffentlichen dürfen. Die Anwendung der Regelungen für aktives staatliches Informationshandeln ist nicht auf eine Veröffentlichung durch Private übertragbar. Der Gesetzgeber hat zwischen einem jedermann offenstehenden „Zugang zu amtlichen Informationen“ einerseits und einer (aktiven) „Information der Öffentlichkeit“ durch die Behörden andererseits unterschieden (vgl. BT-DrS 16/5404, S. 8).
Hier ist auch der – oben bereits umschriebene – wesentliche Unterschied einer VIG-Auskunft im Vergleich zu einer Information der Öffentlichkeit gem. § 40 Abs. 1a LFGB zu sehen. Sofern die Behörden wie im Falle der LFGB-Regelung die Informationen selbst über das Internet bereitstellen, können sie auch über den Zeitpunkt bestimmen, ab dem die Informationen nicht mehr weiter abrufbar sind. Im Falle der VIG-Informationen erfolgt die Bereitstellung im Internet nicht durch die Behörden; damit bestimmen sie auch nicht über den Zeitpunkt, ab wann die Informationen nicht mehr bereitstehen.
Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 40 Abs. 1a LFGB ändert hieran nichts, da das Gericht darin – dem andersgelagerten Zweck der Norm entsprechend – auf eine Verbreitung unmittelbar durch die zuständigen Behörden abstellte, indem es Folgendes ausführte:
„Vor allem aber ändert der Umstand, dass sich die einmal im Internet verbreiteten Informationen möglicherweise nicht vollständig aus der Öffentlichkeit zurückholen lassen, nichts daran, dass eine zeitliche Begrenzung der unmittelbaren Verbreitung die Belastung abmildert und darum zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit geboten ist.“ (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BVF 1/13 – NJW 2018, 2109 Rn. 59).
Eine solche unmittelbare Verbreitung liegt hier jedoch gerade nicht vor.
Die der Gerichtsentscheidung des VG Regensburg vom 15.3.2019 zur aktuellen Kampagne zugrunde liegenden Zweifel, ob die staatliche Informationsweitergabe an einen VIG-Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret“ stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen nicht einer unmittelbaren staatlichen Information sehr nahe kommt (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 – RN 5 S 19.189 – BeckRS 2019, 3917 Rn. 28), teilt das Gericht nicht. Insbesondere kann der zugrundeliegenden Annahme nicht gefolgt werden, „durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben bzw. Bescheide [könne] beim Leser der Eindruck eines behördlichen Informationshandelns entstehen“ (ebd.). Das lässt ein Bild der Leser erkennen, wie es der Gesetzgeber nicht vor Augen hatte; dieser ging vom „Leitbild des mündigen Verbrauchers“ aus (vgl. BT-DrS 16/5404, S. 7). Realistischer dürfte anzunehmen sein, dass der Verbraucher einer privaten Veröffentlichung der fraglichen Informationen einen geringeren Stellenwert beimessen wird als einer originär staatlichen Informationsmaßnahme (vgl. OVG NW, U.v. 1.4.2014, 8 A 654/12 – juris Rn. 206).
Auch der Argumentation des VG Würzburg im Beschluss vom 3. April 2019 dazu, dass die Informationsherausgabe „[…] durch die direkte Einbindung der Kommunikation über die Internetseite, mit dem Ziel der unmittelbaren Veröffentlichung der behördlichen Informationen auf dieser Internetseite, qualitativ und quantitativ nahe an einen direkten unmittelbaren Grundrechtseingriff zu Lasten des betroffenen Antragstellers heranreicht“ (vgl. VG Würzburg, B.v. 3.4.2019 – W 8 S 19.239 – juris Rn. 53) kann nicht gefolgt werden, da zum einen keine automatische Veröffentlichung auf der Plattform erfolgt und es diesbezüglich stets einer eigenen Mitwirkung des VIG-Antragstellers bedarf. Zum anderen bleibt eine Informationsweitergabe, die über Private vermittelt wird (hier: offensichtlich auch über eine private Plattform), qualitativ und quantitativ hinter einer aktiven staatlichen Information zurück (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2015 – 7 B 22/14 – juris Rn. 12). Das erkennende Gericht sieht daher keine Verpflichtung des Antragsgegners, vor Erlass des Bescheids eine inzidente zivilrechtliche Prüfung einer möglichen Veröffentlichung durch den Beigeladenen durchzuführen.
ff) Der Antrag ist auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG abzulehnen.
Nach dieser Regelung ist ein missbräuchlich gestellter Antrag abzulehnen; nach Satz 2 der Vorschrift ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der VIG-Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt. Ziel dieser Vorschrift ist es, den informationspflichtigen Stellen eine angemessene Reaktion auf überflüssige Anfragen sowie querulatorische Begehren zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12). Der Auskunftsanspruch ist demnach ausgeschlossen, wenn mit dem Antrag ein anderes Ziel als die begehrte Informationsgewährung verfolgt wird. Letztlich schützt die Vorschrift aber allein das allgemeine Interesse an einer funktionierenden Verwaltung, gesteht dem Antragsteller aber kein subjektives Abwehrrecht zu, eine ihn betreffende Auskunftserteilung zu verhindern (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 32). Andere Gründe – außer den bereits erwähnten Ausschluss- oder Beschränkungsgründen nach § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG – können auch nicht im Wege einer allgemeinen Interessenabwägung entgegengehalten werden (vgl. VG Oldenburg, U.v. 22.10.2013 – 7 A 1866/10 – juris Rn. 44).
Auch die Tatsache, dass der VIG-Antrag nur der Umsetzung politischer Forderungen der Portalbetreiber durch Lobbyismus und Einflussnahme auf den Bundesgesetzgeber dienen könnte, führt nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit. Eventuelle Absichten der Portalbetreiber können nicht mit denen des Beigeladenen gleichgesetzt und ihm unterstellt werden. Für die Beurteilung einer behaupteten Rechtsmissbräuchlichkeit ist nur das Verhalten der VIG-Antragsteller entscheidend. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beigeladene kein eigenständiges Interesse an der begehrten Information hat. Es steht ihm zu, einen erleichterten Zugang zu solchen Informationen, wie hier mit der Plattform geboten, zu nutzen, was im Übrigen auch im Sinne des Verbraucherschutzes ist.
gg) Auch gegen die von dem Antragsgegner beabsichtigte Art des Informationszugangs bestehen keine rechtlichen Bedenken. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VIG kann die informationspflichtige Stelle den Informationszugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnen. Grundsätzlich kann der VIG-Antragsteller eine bestimmte Form der Zugangsgewährung verlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 VIG). Im vorliegenden Fall hat der Beigeladene mit seinem Antrag die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte in elektronischer Form (E-Mail) beantragt. Der Antragsgegner hat dem Antrag des Beigeladenen mit Bescheid vom 14. März 2019 in der Sache stattgegeben und angeordnet, dass die Informationsgewährung durch schriftliche (postalische) Übermittlung der Kontrollberichte erfolgen werde. Zwar entspricht dies wohl nicht dem ausdrücklichen Begehren des Beigeladenen. Er ist dieser Regelung allerdings nicht entgegengetreten und der Bescheid vom 14. März 2019 ist ihm gegenüber wohl auch bereits bestandskräftig geworden.
Die Art und Weise der Zugangsgewährung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VIG steht zudem im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen hat sich am Grundsatz des einfachen, zweckmäßigen und zügigen Verwaltungsverfahrens im Sinn des Art. 10 Satz 2 BayVwVfG zu orientieren (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 172. EL November 2018, VIG, § 6 Rn. 4). Die postalische Zurverfügungstellung der Berichte ist insoweit auch ermessensgerecht. Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, im Interesse des Antragstellers eine andere Form des Zugangs zu wählen, z. B. durch bloße Akteneinsicht, abstrakte schriftliche Zitate oder mündliche Auskunftserteilung. Ermessensfehler oder eine Ermessensreduzierung auf Null kann das Gericht nicht erkennen. Insbesondere führt die theoretisch mögliche Weitergabe oder Veröffentlichung der Kontrollberichte durch den Beigeladenen im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung nicht zu einer zwingenden Ablehnung der begehrten Art des Informationszugangs, weil mit der Herausgabe der Kontrollberichte, wie oben festgestellt, gerade nicht zugleich entschieden ist, dass der Beigeladene diese auch weitergeben oder gar veröffentlichen darf. Nachdem der Antragsteller mithilfe der Inanspruchnahme zivilgerichtlichen Rechtsschutzes eine gegebenenfalls rechtswidrige Veröffentlichung verhindern könnte, besteht daher auch kein Anlass, die grundsätzlich bestehende gesetzliche Wahlfreiheit bezüglich der Art des Informationszugangs zu beschränken oder im Bescheid eine Weitergabe auszuschließen. Schließlich wäre auch eine negative „Mund-zu-Mund-Propaganda“ auch im Fall einer Auskunftserteilung denkbar. Die Auskunftserteilung vollständig zu unterbinden würde jedoch dem Gesetzeszweck zuwider laufen.
Damit hat die in der Hauptsache als Anfechtungsklage erhobene Klage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Nach den oben genannten Maßstäben wäre der Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO schon aus diesem Grund abzulehnen.
b) Das Vollzugsinteresse überwiegt darüber hinaus auch das Aussetzungsinteresse.
Das vom Antragsgegner vorgetragene behördliche Vollzugsinteresse lässt sich aus dem Gesetz herleiten. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG liegt bereits eine generelle Interessenabwägung zugrunde, nach der dem öffentlichen Interesse am Vollzug entsprechender Entscheidungen ein höheres Gewicht zukommt als dem Interesse, von der beabsichtigten Veröffentlichung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu werden. Dazu tritt das öffentliche Interesse des Verbrauchers an einer zügigen, transparenten und verbraucherfreundlichen Behördenentscheidung.
Der Antragsteller begründet sein Aussetzungsinteresse damit, eine Übermittlung der beantragten Informationen an den VIG-Antragsteller sei nicht wieder rückgängig zu machen und eine Ablehnung ihres Antrags stelle die Vorwegnahme der Hauptsache dar. Diese vom Antragsteller genannte Problematik war dem Gesetzgeber durchaus bewusst. Deshalb hat er die gesetzmäßige Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 5 Abs. 4 Satz 1 VIG) auf Fälle nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG beschränkt, wie folgende Ausführungen zeigen:
„Das VIG hat in den ersten beiden Anwendungsjahren wegen der Verzögerung der Auskunftserteilung durch Rechtsbehelfe betroffener Unternehmen um teilweise mehr als 1 Jahr in der Öffentlichkeit erhebliche Kritik erfahren. Dies ist insofern zutreffend, als die erteilten Informationen nach einem derart langen Zeitraum für die Verbraucher häufig weitgehend wertlos sind, da sie nicht mehr als Grundlage für eine aktuelle Präferenzentscheidung für oder gegen ein bestimmtes Produkt verwendet werden können. Hinzu kommt, dass die Vollzugsbehörden von der Möglichkeit einer Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Vergangenheit offenbar nur zögernd Gebrauch gemacht haben (Beispiel für eine gerichtlich gebilligte Anordnung vgl. Beschluss des VG Stuttgart vom 21. Januar 2009 – 4 K 4605/08). Die auch im öffentlichen Interesse liegende wirksame, d.h. zeitnahe Information über marktrelevante Tatsachen wird auf diese Weise erschwert. Andererseits ist der Schutz gegen vorläufige Rechtsnachteile wesentliches Element der durch Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes statuierten Rechtsweggarantie. Dies gilt umso mehr, da Verwaltungshandeln durch „Information“ grundsätzlich irreversibel ist, da eine von der Behörde herausgegebene Information nachträglich nicht mehr „zurückgeholt“ werden kann. (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2010, Az.10 S 2/10, Rn. 25).
Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen erscheint es daher sachgerecht, in § 5 Absatz 4 Satz 1 VIG lediglich bei Informationen über Rechtsverstöße die sofortige Vollziehbarkeit gesetzlich anzuordnen, da hier regelmäßig ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit an einer schnellen Information bestehen wird. § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die aufschiebende Wirkung in „durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen“ entfallen kann und führt als Beispiel Investitionsfälle oder die Schaffung von Arbeitsplätzen an.
Wegen der Bedeutung der Möglichkeit effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im demokratischen Rechtsstaat wird durch § 5 Absatz 4 Satz 2 VIG auch einfachgesetzlich nochmals explizit klargestellt, dass dem oder der Dritten auch im Falle der durch Satz 1 bei Rechtsverstößen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit vor der Auskunftserteilung ausreichend Zeit für die Anrufung der Gerichte einzuräumen ist. Auch in anderen Rechtsgebieten – z.B. in beamtenrechtlichen Konkurrentenklagen oder medienrechtlichen Äußerungsstreitigkeiten – spielt sich der Rechtsschutz in der Praxis z.T. in gerichtlichen Eilverfahren ab, so dass davon auszugehen ist, dass trotz der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit auch weiterhin eine hinreichende Rechtsschutzmöglichkeit bestehen bleibt.“ (BT-DrS 17/7374, S. 18f.).
Deshalb kann der bloße Hinweis auf eine Vorgreiflichkeit und Unumkehrbarkeit der Entscheidung nicht genügen, das Aussetzungsinteresse im Einzelfall zu begründen. Ohne weitergehende Begründung hieße dies letztlich, die ausdrückliche Entscheidung des legislativen Normgebers in der hier zu beantwortenden Frage durch Exekutive und Judikative kompetenzwidrig systematisch auszuhebeln. Neben der rein formalen Argumentation hat sich der Antragsteller nicht explizit zur Frage geäußert, welche nicht wieder rückgängig zu machende Wirkung einer Veröffentlichung er tatsächlich fürchtet. Denkbar wären künftig nachteilige Entscheidungen von Verbrauchern und damit verbundene Umsatzeinbußen. Derartige Befürchtungen wären jedoch nicht geeignet, das Interesse an einer Nicht-Veröffentlichung zu begründen (vgl. OVG NW, U.v. 1.4.2014 – 8 A 654/12 – juris Rn. 170 f., 178 f., 180 f., jew. m.w.N.).
Auch eine Abwägung der gegenläufigen Interessen fällt daher vorliegend zugunsten des Vollzugsinteresses aus, insbesondere angesichts der niedrigen Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage sowie der gesetzlichen Intention.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich mithin keinem Prozesskostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.


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