IT- und Medienrecht

Haftung eines Automobilherstellers in einem sog. Dieselfall: Annahmeverzug hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs

Aktenzeichen  VI ZR 130/20

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:290621UVIZR130.20.0
Normen:
§ 31 BGB
§ 249 BGB
§§ 249ff BGB
§ 293 BGB
§ 826 BGB
Art 3 Nr 10 EGV 715/2007
Art 5 Abs 1 EGV 715/2007
§ 6 EG-FGV
§ 27 EG-FGV
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen des Annahmeverzuges bei der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Karlsruhe, 21. Januar 2020, Az: 17 U 342/19vorgehend LG Mannheim, 9. April 2019, Az: 11 O 328/18

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Januar 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin festgestellt worden ist, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs SEAT Alhambra mit der Fahrzeugidentifikationsnummer VSSZZZ7NZFV524384 in Annahmeverzug befindet. Auch insoweit wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 9. April 2019 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 40% und die Beklagte zu 60%, die Kosten der zweiten Instanz tragen der Kläger zu 25% und die Beklagte zu 75%.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung eines Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz und Feststellung des Annahmeverzugs in Anspruch.
2
Der Kläger erwarb am 30. Juni 2015 von einem Autohaus einen SEAT Alhambra zum Gesamtbetrag von 32.790,01 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgestattet, in dem eine Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuern. Bei “Modus 1”, der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der “Modus 0” aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt. Der Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, sondern auch in solchen der zum VW-Konzern gehörenden Unternehmen verbaut, unter anderem in von der SEAT S.A. hergestellten Fahrzeugen.
3
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 23. November 2018 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 7. Dezember 2018 “zur Zahlung von Schadenersatz i.H. des Kaufpreises von 32.790,01 € zzgl. Zinsen i.H.v. 4 % aus § 849 BGB seit dem 30.06.2015 auf, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung”.
4
Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.403,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8. Dezember 2018 Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen, und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs seit 8. Dezember 2018 in Annahmeverzug befindet.
5
Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten im Übrigen das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 23.149,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8. Dezember 2018 Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs und Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 32.790,01 € seit dem 1. Juli 2015 bis zum 7. Dezember 2018 zu zahlen, sowie festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
6
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision das Ziel der Klageabweisung weiter, soweit das Berufungsgericht den Annahmeverzug festgestellt hat. Soweit die Revision weiter geltend gemacht hat, dass das Berufungsgericht die Beklagte zu Unrecht verurteilt habe, an den Kläger Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 32.790,01 € für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 7. Dezember 2018 zu zahlen, hat der Kläger seine Klage in der Revisionsinstanz mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.


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