IT- und Medienrecht

Heizung, Amtshaftung, Verletzung, Auskunft, Vertragsschluss, Schaden, Betrieb, Streitwertfestsetzung, Erkrankung, Pflichtverletzung, Notfall, Zeitpunkt, Nutzung, Form

Aktenzeichen  15 O 4553/21

Datum:
23.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5143
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf EUR 7.123,98 festgesetzt.

Gründe

A)
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I)
Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung eines ihm entstandenen Schadens, begrenzt auf EUR 7.123,98 zu; insbesondere nicht aus § 839 BGB, da der Beklagte bereits nicht pflichtwidrig gehandelt hat, jedenfalls aber dem Kläger kein Schaden entstanden ist.
1) Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist die Verletzung einer Amtspflicht. Eine solche liegt hier nicht vor, insbesondere nicht in Form einer fehlerhaften Auskunft.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH müssen Auskünfte, die ein Amtsträger erteilt, dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, d.h. vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Für die Frage, ob die Auskunft den zu stellenden Anforderungen genügt, kommt es entscheidend darauf an, wie sie vom Empfänger aufgefasst wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist. Dabei hängt der Umfang der Auskunftspflicht auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet. (BGH NwVZ 2018, 133, 1334 m.w.N.)
b) Die Erklärung des Beklagten, dass der streitgegenständliche Kachelofen zum 31.12.2020 entweder außer Betrieb zu nehmen oder nachzurüsten ist, war nach dem Vorstehenden sowohl inhaltlich richtig als auch vom Umfang ausreichend. Eine Verletzung einer gegenüber dem Kläger bestehende Amtspflicht ist daher zu verneinen.
aa) Die Aussage, dass der streitgegenständliche Kachelofen spätestens zum 31.12.2020 entweder außer Betrieb zu nehmen ist oder nachzurüsten ist, ist richtig. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 26 1. BlmSchV, da nach dem Vortrag des Klägers der streitgegenständliche Kachelofen zwischen 1992 und 1994 errichtet wurde und der Nachweis der Einhaltung der geltenden Grenzwerte weder durch Vorlage einer Prüfstandsmessbescheinigung des Herstellers noch durch eine Messung unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen der Anlage 4 Nummer 3 durch eine Schornsteinfegerin oder einen Schornsteinfeger geführt werden konnte (§ 26 Abs. 1, Abs. 2 1. BlmSchV). Zudem war auch keine Einrichtung zur Reduzierung der Staubemissionen vorhanden (§ 4 Abs. 5 1. BlmSchV) oder handelte es sich um einen offenen Kamin oder historische Feuerstätte (§ 4 Abs. 4 1. BlmSchV).
Das Gericht ist dabei davon überzeugt, dass der Beklagte auf die Möglichkeit der Außerbetriebnahme oder Nachrüstung hingewiesen hat. Dies ergibt sich aus der Anlage K1. Hierin heißt es „Außerbetriebnahme oder Nachrüstung erforderlich bis (§ 26 Abs. 2): 31.12.2020.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der persönlichen Anhörung des Klägers. Zwar hat der Kläger in seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, der Beklagte habe angegeben, dass der Kamin stillzulegen wäre oder ein Filter eingebaut werden müsste. Jedoch hat der Kläger sich selbst relativiert, indem er angab, dass er einen Unterschied zwischen Stilllegung und Außerbetriebnahme nicht kenne.
bb) Darüber hinaus ist dem Beklagten auch keine unvollständige Auskunft dahingehend zu Last zu legen, dass dieser gegenüber dem Kläger nicht auf die Möglichkeit des Notbetriebes im Katastrophenfall hingewiesen hat.
(1) Für die Frage, ob die Auskunft den zu stellenden Anforderung genügt, kommt es entscheidend darauf an, wie sie vom Empfänger aufgefasst wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist. Klarheit der Auskunft ist insbesondere nötig, wenn Rechts- und Fachkenntnisse über den Gegenstand der Auskunft beim Empfänger nicht vorausgesetzt werden können – in diesem Falle muss die Auskunft nach Form und Inhalt so klar und eindeutig sein, dass Missverständnisse und Zweifel, wie sie bei unerfahrenen Personen leicht entstehen können, möglichst ausgeschlossen sind. Dabei hängt der Umfang der Auskunftspflicht auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet.
(2) Auch unter Berücksichtigung dieses Maßstabes, war die Auskunft des Beklagten vollständig, richtig und unmissverständlich.
(a) Nach eigenen Angaben hat der Kläger gegenüber dem Beklagten bereits nicht nachgefragt, was Außerbetriebnahme bedeutet. Insofern ergibt sich daraus auch nicht, dass der Beklagte deshalb hierauf eingehen musste.
(b) Auch ergab sich aus den Umständen für den Beklagten nicht, dass der Kläger den streitgegenständlichen Ofen nur noch im Katastrophenfall nutzen möchte. Aufgrund der Anhörung des Klägers im Termin kann das Gericht auch nicht mehr die Überzeugung erlangen, § 286 ZPO, dass der Kläger zuvor gegenüber dem Beklagten erklärte, dass der Kachelofen nur noch im Katastrophenfall genutzt werden solle.
(aa) Aus den Umständen konnte der Beklagte nicht erkennen, dass der Kachelofen nur noch im Katastrophenfall genutzt werden sollte. Zum einen war der Kachelofen bereits zum Zeitpunkt der Errichtung im Jahr 1994 nicht nur für den Notfall, z.B. den Ausfall der vorhandenen Öl-Heizung, konzipiert. Denn der Kachelofen wurde aufwändig als „Schmuckstück“ konzipiert mit – nach Angaben des Klägers – sondergefertigten Kacheln. Auch hatte die Frau des Klägers erst nach der Errichtung gesagt, er solle mit dem Betrieb aufhören. Zum anderen wurde der Kachelofen auch nach Ersetzung der Öl-Heizung durch eine Wärmepumpen-Heizung im Jahr 2003 weiter, unabhängig vom Ausfall der Heizung genutzt. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Termin war die Wärmepumpe lediglich einmalig für ca. eine Woche ausgefallen. Gleichwohl wurde der Kachelofen bis zu zehn Tage im Jahr benutzt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, § 286 ZPO, aus dem außergerichtlichen Schreiben der Klägervertreter vom 23.06.2020 (Anlage B1). Hierin wird auf eine Nutzung des Kachelofens von max. 10 Tage im Jahr hingewiesen und zur Begründung bereits auf die vorhandene Grundwasserwärmepumpe Bezug genommen. Zweifel ergeben sich auch nicht dadurch, dass der Kachelofen ab dem Jahr 2018 nicht mehr groß in Betrieb genommen worden sei (Bl. 47 d. Akte). Denn dies war mithin erst nach der Feuerstättenschau.
(bb) Der Vortrag in der Klageschrift, dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass der streitgegenständliche Kachelofen nur im Notfall in Betrieb genommen werde und dies sei ihm vom Kläger mehrfach, auch bei Vornahme einer Überprüfung der Feuerstätte am 26.09.2018 mitgeteilt worden, ist zudem nicht glaubhaft und mit den Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht widerspruchsfrei vereinbar. Denn das Gericht ist davon überzeugt, § 286 ZPO, dass der Kachelofen bis zum Termin der Feuerstättenschau nicht nur dann genutzt wurde, als die Grundwasserwärmepumpe ausfiel, sondern auch darüber hinaus. Auf die Ausführungen unter (aa) wird Bezug genommen. Darüber hinaus ist kein Grund ersichtlich, warum der Kläger entgegen der bisherigen Nutzung des Kachelofens sich zur künftigen Nutzung gegenüber dem Beklagten hätte äußern sollen, dass dieser nur noch für den Notfall betrieben werden sollte. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hatte dieser auch keine Kenntnis davon, dass ein Betrieb im Notfall auch ohne Nachrüstung weiter zulässig sei. Schließlich hatte sich der Kläger nach der Überzeugung des Gerichts auch nicht mit der Frage, welche Optionen es im Notfall gebe, nicht auseinander gesetzt. So ist für das Gericht nicht erklärbar, warum der Kläger als einzige Heizalternative für den Fall eines Ausfalls der Wärmepumpe auf einen Ofen abstellt und nicht an die Verwendung einer mobilen elektrischen Heizung bzw. Heizlüfters dachte. Denn nach den Angaben des Klägers war die Stromversorgung auch beim Ausfall der Wärmepumpe weiterhin über den Anschluss des Hauses an das Stromversorgungsnetz gesichert.
Einer Einvernahme der Ehefrau des Klägers, Frau … bedurfte es wegen des nicht plausiblen Vortrags des Klägers daher nicht mehr.
2) Darüber hinaus ist dem Kläger auch kein Schaden entstanden.
a) Dem Kläger ist bereits durch den Abriss des vorhandenen Kamins und der Neuerrichtung eines neuen Kamins gegen Zahlung von EUR 7.761,08 kein Schaden entstanden, da bei einem Vergleich der Vermögenslage des Klägers vor Errichtung des Kamins und nach Errichtung des Kamins das Vermögen gleich hoch gewesen ist, § 249 BGB.
Das Vermögen wurde lediglich umgeschichtet.
b) Darüber hinaus wird der Schaden durch das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot begrenzt. Dieses soll verhindern, dass der Geschädigte durch den Schadensfall besser steht als ohne das schadensersatzauslösende Ereignis. Dies wäre vorliegend der Fall, wenn dem Kläger ein Betrag von EUR 7.123,98 erstattet werden würde. Denn in diesem Fall hätte der Kläger einen Ofen, den er aufgrund der Einhaltung der Grenzwerte nach der 1. BlmSchV jederzeit nutzen kann, und nicht lediglich im Notfall bei gleichzeitiger Anzeige einer Notfallsituation gegenüber dem Bezirkskaminkehrmeister und nach Erstattung des Klagebetrags zusätzlich weitere 7.123,98 €.
c) Auch handelt es sich hier um keinen Fall einer frustrierten Aufwendung, da die Neuanschaffung des Kamins erst nach der behaupteten Pflichtverletzung erfolgt ist.
d) Auch liegen hier nicht die Voraussetzungen vor, in denen der Kläger ein Vertrauensschaden geltend machen kann, d.h. dass er so zu stellen wäre, wie er stünde, wenn die behauptete unterbliebene Auskunft erteilt worden wäre. Denn auch in diesem Fall hätte er entweder den vorhandenen Kamin nicht mehr weiter nutzen können, mit Ausnahme eines Notfalls bei gleichzeitiger Anzeige gegenüber dem Bezirkskaminkehrmeister oder er hätte ebenfalls einen Betrag von mindestens EUR 7.123,98 aufwenden müssen, um den bisherigen Kamin entsprechend nachzurüsten. In keinem Fall hätte er jedoch unentgeltlich den bisherigen Kachelofen uneingeschränkt weiter nutzen können.
e) Schließlich ist vorliegend auch nicht der Abschluss des Vertrages über die Neuerrichtung eines Kamins als Schaden anzusehen. Der entsprechende Vertragsschluss ist vorliegend nicht schlechthin unvernünftig.
3) Schließlich beruht der behauptete Schaden auch nicht kausal auf der behaupteten Pflichtverletzung.
Im Falle eines Unterlassens bedarf es darüber hinaus für die Kausalität zwischen Schaden und Pflichtverletzung, dass der Geschädigte, d.h. hier der Kläger, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich so verhalten hätte, dass der entsprechende Schaden nicht eingetreten wäre.
Aufgrund der Anhörung des Klägers im Termin vom 16.02.2022 ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger im Falle einer Information des Beklagten dahingehend, dass der bisherige Kachelofen bei Außerbetriebnahme zwar jährlich gewartet werden müsse, dafür aber im Notfall, d.h. im Katastrophenfall bei unverzüglicher Information des Bezirkskaminkehrmeisters betrieben werden dürfe, der Kläger sich dafür entschieden hätte, denn der Kläger gab selbst an, dass er, nachdem er erfahren habe, dass der Kamin außer Betrieb genommen werden müsse oder nachgerüstet werden müsse, lediglich an einen neuen Kamin gedacht habe. Dabei ist jedoch für das Gericht offensichtlich, dass auch andere Wärmequellen, um die es hier im Notfall gehen sollte, auch auf andere Art und Weise, insbesondere durch Verwendung einer mobilen Heizung, die mit Strom betrieben wird, erreicht werden kann. Der Kläger hatte sich nach eigenen Angaben über Alternativen jedoch keine weiteren Gedanken gemacht.
Das Gericht ist daher nicht davon überzeugt, § 286 ZPO, dass auch bei der behaupteten unterlassenen Auskunft, der Kläger nicht gleichwohl sich für eine Neuerrichtung des Kamins entschieden hätte. Dabei war vorliegend insbesondere auch zu berücksichtigen, dass zwar nach dem Vortrag des Klägers es sich beim bisherigen Kamin um ein Schmuckstück gehandelt habe, der Kläger jedoch gleichwohl sich dafür entschieden, hat dieses Schmuckstück zu beseitigen. Dabei sind auch höhere Kosten angefallen als bei einer Nachrüstung.
II)
Das Schicksal der Nebenforderungen ergibt sich aus dem Schicksal der Hauptforderung. Die Klage war auch hinsichtlich der Verzugszinsen sowie der Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren daher abzuweisen.
B)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
C)
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 GKG. Maßgeblich war vorliegend das Interesse des Klägers.


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