IT- und Medienrecht

Heranziehung zu Kosten für die Sanierung eines Klappenwehrs

Aktenzeichen  B 5 K 15.343

Datum:
9.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1 Im Rahmen einer Kostenforderung aufgrund kommunaler Abgabengesetze dürfen Kosten nur dann verlangt werden, wenn sie sowohl für den Umfang der Maßnahme als auch für die Art der Ausführung der einzelnen Maßnahme für erforderlich gehalten werden dürfen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Diese objektive Maßstab der Erforderlichkeit ist nicht anwendbar, wenn sich Bürger und Verwaltung auf gleichgeordneter Ebene über eine Maßnahme verständigen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit steht dem Beitragsberechtigten ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist nur überschritten, wenn der notwendige Kostenrahmen erheblich überzogen wird und dafür keine sachgerechten Gründe bestehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 29. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Beitrags für die Sanierungsarbeiten am …wehr ist der von den Parteien mit Schreiben vom 18. Juni 2010 und 21. Juni 2010 angenommene Vergleich, der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Juni 2010 (Az. 22 N 07.1427) vorgeschlagen wurde. Unter Ziffer I, Nr. 1 wurde hierbei vereinbart, dass die Kosten für die Generalsanierung des Klappenwehrs in der … in … folgendermaßen verteilt werden: …verband 60%, Eigentümer der Wasserkraftanlage in … 40%. Die für die Parteien geltende Verbandssatzung vom 11. Juli 2005 soll nach Nr. 2 des Vergleichs so zu verstehen sein, dass die Satzungsbestimmung § 26 Abs. 3 Satz 2 (Beitragslast hinsichtlich des Wehrs in der …) so zu verstehen ist, dass sie sich auf die nach der Generalsanierung notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen bezieht.
b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den streitgegenständlichen Kosten um die entstanden Kosten für die Generalsanierung des Wehrs handelt. Da die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten ausführen lässt, dass die Kosten überteuert gewesen seien, ist zwischen den Parteien streitig, ob die Kosten im Hinblick auf die Maßnahme auch verhältnismäßig, d.h. erforderlich waren.
aa) Nach dem Wortlaut des Vergleiches ist eine solche Prüfung nicht angezeigt, da dieser nur auf die Kosten der Generalsanierung des Klappenwehres bezogen ist, ohne dass diese Kosten noch weiter definiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Ziffer I, Nr. 2 des Vergleichs, da sich dieser ausdrücklich nur auf die Kosten der nach der Generalsanierung notwendigen Maßnahmen bezieht. Im Übrigen wird hier auch nicht auf die notwendigen Kosten, sondern auf die notwendigen Maßnahmen abgestellt.
bb) Auch eine Auslegung des Vergleichs führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird in der Rechtsprechung zur Begrenzung der ansatzfähigen Kosten im Rahmen einer Kostenforderung aufgrund kommunaler Abgabengesetze oft auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung auf die Erforderlichkeit der Kosten abgestellt. Hiernach dürfen Kosten nur dann verlangt werden, wenn sie sowohl für den Umfang der Maßnahme als auch für die Art der Ausführung der einzelnen Maßnahme für erforderlich gehalten werden dürfen. Grund hierfür ist, dass die Beitragszahler ein schützenswertes Interesse daran haben, nicht zu den Kosten überflüssiger Anlagen oder zu nicht erforderlichen Aufwendungen für an sich notwendige Anlagen herangezogen zu werden (z.B. OVG NRW, U.v. 13.12.1990 – 2 A 2098/89 – juris Rn. 22 und 27). Diese Rechtsprechung kann aber auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden, da die Klägerin hier in die Planung des Beklagten vollumfänglich einbezogen war. Der Fall ist somit nicht damit vergleichbar, dass ein öffentlich-rechtlicher Abgabenberechtigter im Interesse und auf Kosten eines Beitragspflichtigen tätig wird, ohne dass dieser Einfluss auf die Maßnahmen hätte. Die Klägerin war, vertreten durch ihren Sohn, an sämtlichen Besprechungen zum Thema Sanierung der Klappen-Mechanik anwesend, wie sich aus den Aktennotizen über diese Besprechungen vom 26. August 2013, 19. August 2014 und 21. August 2014 ergibt. Aus der Stellungnahme der Firma … vom 9. April 2015 ist zu entnehmen, dass der Sohn der Klägerin zu unterschiedlichen Zeiten auf der Baustelle war und die Arbeiten beobachtet hat. Ausweislich der Akten hat er weder gegenüber der ausführenden Firma noch gegenüber der Beklagten Beanstandungen geäußert. Die Klägerin hätte es somit selbst in der Hand gehabt, die Ausführung der Maßnahme oder die Herangehensweise an die Sanierung zu steuern. Insofern liegt im Vergleich zum Beklagten kein Verhältnis der Über- und Unterordnung vor, vielmehr befanden sich die Parteien auf gleichgeordneter Ebene wie es eher für privatrechtliche Vertragsverhältnisse typisch ist. Aus diesem Grund ist die Klägerin nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie ein Beitragszahler im Rahmen des Kommunalabgabengesetzes.
cc) Selbst wenn man aber die Rechtsprechung zum Kommunalabgabenrecht zur Auslegung des Vergleichs heranziehen würde, so würde dies dennoch nicht bedeuten, dass die Klägerin jeden einzelnen für die durchgeführte Reparatur der Wehranlage entstandenen Rechnungsposten in Bezug auf die Höhe beanstanden könnte. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit steht dem Beitragsberechtigten ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist nur überschritten, wenn der notwendige Kostenrahmen erheblich überzogen wird und dafür keine sachgerechten Gründe bestehen (OVG NRW, U.v. 13.12.1990 – 2 A 2098/89 – juris Rn. 28). Somit könnte die Klägerin allenfalls für sich in Anspruch nehmen, dass eine erhebliche Überschreitung des Kostenrahmens vorliegt, ohne dass auf die Richtigkeit der Rechnung im Einzelnen eingegangen werden muss. Nach Ausführung des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung, Herrn Dipl.-Ing. …, der von der Beklagten mit der Sanierung des Wehrs beauftragt worden war, hat die beauftragte Firma die Sanierung zügig und wirtschaftlich ausgeführt. Eine erhebliche Überschreitung des Kostenrahmens drängt sich nach Ansicht des Gerichts nicht auf. Das Gericht ist vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte – sowohl in eigenem Interesse, aber auch im Interesse der Klägerin – bemüht war, den Kostenrahmen so gering wie möglich zu halten. Aus diesem Grund wurden nach der glaubhaften Zeugenaussage auch andere Lösungen wie die eines Streichwehrs mit Sohlrampe oder einer Ölhydraulik verworfen. Nach der Zeugenaussage war aus Gründen der Kostenersparnis auch kein Nachtragsangebot für die konkret durchzuführende Maßnahme eingeholt worden, da man hierfür eine Inspektion der Schäden und des Sanierungsbedarfs hätte durchführen müssen. Dies hätte bedeutet, dass allein für die Erstellung des genauen Angebots Wasserfreiheit am Wehr hätte hergestellt werden müssen, was erhebliche zusätzliche Kosten verursacht hätte. Dass die Kosten der Maßnahme deutlich über dem ersten Angebot aus 2009 lagen, war darauf zurückzuführen, dass die Beteiligten im ersten Angebot nicht davon ausgingen, dass die auszuführende Firma Wasserfreiheit herstellen musste. Das Erfordernis der Wasserfreiheit hatte sich nach den Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung dadurch ergeben, dass die Kosten für die Sanierung auf ein Mindestmaß beschränkt werden sollten. Gerade die Klägerseite habe darauf abgestellt, dass nicht die Wehrklappe als solche, sondern nur die Mechanik saniert werden sollte. Um die bestehenden Schäden zuverlässig einschätzen zu können, sei aber eine Wasserfreiheit am Wehr erforderlich gewesen. Erst durch die Wasserfreiheit konnte dann festgestellt werden, dass noch weitere Schäden vorlagen, die ohne Wasserfreiheit im Jahr 2009 nicht erkannt werden konnten, wie zum Beispiel die Schäden am Gegengewicht mit Schwimmkörpern oder der Einlauf der Gegengewichtskammer oder die Tatsache, dass der Schieber völlig verrostet war.
Das Gericht hat keinen Anlass, an den glaubhaften Aussagen des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu zweifeln. Der sachverständige Zeuge ist auf der Liste der privaten Sachverständigen in der Wasserwirtschaft des Bayerischen Landesamts für Umwelt für die Bauabnahme wasserbautechnischer Anlagen eingetragen * … … Zwar war der sachverständige Zeuge auf Beklagtenseite mit den Planungsarbeiten der Sanierung beauftragt. Eine Befangenheit ist aber nicht zu erkennen und wurde von Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch nicht gerügt.
dd) Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Entschlammung der Gegengewichtskammer ist auszuführen, dass wohl im August 2013 noch beabsichtigt war, dass der Sohn der Klägerin die Entschlammung durchführen wird (Aktennotiz über die Besprechung am 26.08.2013). Hiervon nahm aber der Sohn der Klägerin offensichtlich wieder Abstand, da in der Besprechung vom 19. August 2014 in dessen Anwesenheit vereinbart wurde, dass die Firma … die Gegengewichtskammer reinigt. Aus den bereits erwähnten Gründen kann auch dies nicht allein dem Beklagten angerechnet werden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegende Beteiligte hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Sätze 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.


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