IT- und Medienrecht

Informationspflichtige Stellen

Aktenzeichen  M 32 E 19.5995

Datum:
10.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49643
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UIG § 2 Abs. 1
BayUIG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf € 2.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner Auskünfte über sein Bauvorhaben.
Die Antragstellerin ist laut der Anlage ihres Steuerbescheids für 2018 zur Körperschaftssteuer eine Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar folgende gemeinnützige Zwecke fördert:
– Förderung von Wissenschaft und Forschung
– Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Bekämpfung von Tierseuchen
– Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege
– Förderung des Umweltschutzes
– Förderung des Tierschutzes
– Förderung der Pflanzenzucht
Nach ihren Angaben beantragte die Antragstellerin mit E-Mail vom 27. November 2019 bei dem Antragsgegner Zugang zu Informationen über dessen Bauvorhaben auf der Praterinsel 5 in München. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit E-Mail vom 29. November 2019 ab. Zur Begründung wurde angegeben, dass sich der Antragsgegner erst am Anfang der Projektierung befinde; die Umsetzung sei noch nicht gesichert. Im Zuge der öffentlich-rechtlichen Genehmigung des Bauvorhabens werde durch die Landeshauptstadt München eine Beteiligung der zuständigen Referate und betroffenen Organisationen stattfinden; die Antragstellerin könne dann dort Akteneinsicht beantragen.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 stellte die Antragstellerin bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht München folgenden Antrag:
Der D. … A. … e.V. wird dazu verpflichtet, W. … gUG Umweltinformationen über den Umbau des Alpinen Museums in München durch Akteneinsicht vor Ort zu geben, insbesondere aus öffentlichen Zuwendungsverfahren. In Fällen des § 2 Nr. 4 Umweltinformationsgesetz wird der DAV verpflichtet, die Stelle, die das Material vorbereitet sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt der Fertigstellung mitzuteilen.
Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, der Antragsgegner unterhalte in München auf der Praterinsel inmitten des Landschaftsschutzgebietes Isarauen eine Bibliothek und ein „Alpines Museum“, das er umbauen wolle. Er habe dazu schon Vorarbeiten geleistet und erhebliche Zuwendungen vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags zugesichert erhalten. Die Antragstellerin benötige schon im Frühstadium der Planungen Informationen über das Bauvorhaben, um dessen Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet Isarauen prüfen und auf etwaige Fehlentwicklungen auf demokratischem Weg mit Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit reagieren zu können. Sie benötige die Auskünfte baldmöglichst, um rechtzeitig auf den politischen Entscheidungsprozess Einfluss nehmen zu können. Dazu sei die Stellung eines Eilantrag erforderlich, da das Abwarten einer Entscheidung im Klageverfahren zu schweren und nachträglich nicht zu beseitigenden Nachteilen für die Antragstellerin führen würde. Der Anspruch der Antragstellerin ergebe sich aus § 4 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz – UIG. Der Antragsgegner sei als Bauherr eine informationspflichtige Stelle nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG, da er öffentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Umwelt wahrnehme und öffentliche Dienstleistungen durch das Museum und die Bibliothek erbringe. Dies sei allein durch die ihm zugesagten Fördermittel offensichtlich. Durch seinen Vereinszweck sei auch der Zusammenhang mit der Umwelt offensichtlich. Der Antragsgegner unterliege als gemeinnütziger Verein bei diesem Bauprojekt und dem Unterhalt von Museum und Bibliothek der Kontrolle der Bundesrepublik Deutschland und seiner Organe.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 führte der Antragsgegner aus, dass das Alpine Museum in München seinen Betrieb in gewohnter Weise aufrechterhalten werde. Mit den Umbaumaßnahmen werde frühestens im Laufe des Jahres 2021 begonnen. Es sei daher keine Eilbedürftigkeit gegeben.
Hierauf führte die Antragstellerin ergänzend u.a. aus, dass der Antragsgegner aufgrund des zugesagten Bundeszuschusses von 4,9 Millionen Euro informationspflichtig geworden sei. Abgesehen davon habe auch die Landeshauptstadt München einen erheblichen Zuschuss zugesichert. Damit übe der Freistaat Bayern die Rechtsaufsicht aus, was unter den Begriff der Kontrolle nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 BayUIG falle. Der Antrag bei Gericht sei eilbedürftig, um mit kritischer Öffentlichkeitsarbeit frühzeitig die Schaffung von Fakten verhindern zu können.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2020 führte der Antragsgegner u.a. aus, er gehöre nicht zu den informationspflichtigen Stellen im Sinne des Art. 1 BayUIG. Die Tatsache, dass er Fördermittel erhalte, mache ihn nicht zu einer informationspflichtigen Stelle.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO darf nur ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Antragstellerin hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sogenannten Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Dahingestellt bleiben kann im vorliegenden Fall, ob ein Anordnungsgrund zu bejahen ist. Die Antragstellerin hat nämlich jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen lässt
sich weder aus dem Umweltinformationsgesetz – UIG -, noch aus dem Bayerischen Umweltinformationsgesetz – BayUIG – herleiten.
1) Ein Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen nach § 3 Abs. 1 UIG setzt voraus, dass der Antragsgegner eine informationspflichtige Stelle i.S.v. § 2 Abs. 1 UIG ist.
Nach § 2 Abs. 1 UIG sind informationspflichtige Stellen
1. die Regierungen und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Gremien, die diese Stellen beraten, gelten als Teil der Stelle die deren Mitglieder beruft.
2. natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.
Dabei liegt eine Kontrolle i. Sinne des Abs. 1 Nr. 2 vor, wenn
1. die Person des Privatrechts bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten besonderen Pflichten unterliegt oder über besondere Rechte verfügt, insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, oder
2. eine oder mehrere der in Abs. 1 Nr. 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts allein oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar
a. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzen
b. über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügen oder
c. mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können oder
3. mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammen unmittelbar oder mittelbar über eine Mehrheit […] verfügen und […].
Diese Voraussetzungen sind bei dem Antragsgegner nicht erkennbar.
Der Antragsgegner ist ein eingetragener Verein, der gem. § 4 seiner Satzung selbstlos tätig ist und ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnittes „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung verfolgt. Die gemeinnützigen Zwecke in diesem Sinne sind die Förderung des Sports, des Natur- und Umweltschutzes, der Jugendhilfe, der Wissenschaft und Bildung sowie der Heimatpflege und Heimatkunde. Seine Organe sind gem. § 10 seiner Satzung das Präsidium, der Verbandsrat und die Hauptversammlung. Seine Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus.
Der Antragsgegner ist damit weder eine Stelle der öffentlichen Verwaltung, noch nimmt er öffentliche Aufgaben wahr oder erbringt öffentliche Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen und unterliegt dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 UIG). Die Zusicherung oder der Erhalt von Subventionen ändert daran nichts, da dem Antragsgegner dadurch weder die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe übertragen worden ist, noch wurde er dadurch verpflichtet, eine öffentliche Dienstleistung zu erbringen; er wurde dadurch zu keinem staatlichen Handlungsträger. Der Antragsgegner unterliegt aufgrund der Subventionierung seines Vorhabens auch nicht der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts. Es gibt keine Rechtsaufsicht über den Antragsgegner und seine Tätigkeit kann dem Staat weder unmittelbar, noch mittelbar zugerechnet werden. Der Antragsgegner unterliegt gegenüber Dritten auch nicht besonderen Pflichten und verfügt auch nicht über besondere Rechte i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG. Insbesondere besteht kein Kontrahierungszwang und kein Anschluss- und Benutzungszwang. Auch liegt kein beherrrschender Einfluss des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UIG vor, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts ein gesellschaftsrechtliches Mehrverhältnis am Antragsgegner innehaben (vgl. zu allem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, WD 7 – 3000 – 255/18).
2) Ebenso wenig kann die Antragstellerin einen Auskunftsanspruch aus Art. 3 Abs. 1 BayUIG herleiten, da auch das BayUIG auf den Antragsgegner nicht anwendbar ist.
Das BayUIG gilt für die in Art. 2 Abs. 1 BayUIG genannten informationspflichtigen Stellen.
Nach Art. 2 Abs. 1 BayUIG sind informationspflichtige Stellen
1. die in Art. 1 des BayVwVfG bezeichneten Stellen, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Öffentliche Gremien, die diese Stellen beraten, gelten als Teil der Stelle, die deren Mitglieder beruft.
2. natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Freistaats Bayern oder einer unter seiner Aufsicht stehenden juristischen Peron des öffentlichen Rechts unterliegen.
Der Antragsgegner ist als privater eingetragener Verein keine informationspflichtige Stelle im Sinn von Art. 2 Abs. 1 BayUIG. Er ist weder eine in Art. 1 des BayVwVfG bezeichnete Stelle, noch unterliegt er bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Zusammenhang mit der Umwelt oder der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen der Kontrolle des Freistaats Bayern oder einer unter seiner Aufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 BayUIG). Es gibt keine Rechtsaufsicht über den Antragsgegner und insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass der Freistaat Bayern oder die Landeshauptstadt München ein gesellschaftsrechtliches Mehrheitsverhältnis am Antragsgegner innehat. Die Ausführungen zu 1) gelten entsprechend.
Der Antrag war daher abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.


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