IT- und Medienrecht

Informationszugang nach dem BayUIG (verneint), Trinkwassergewinnungsanlage der LHSt, München im Mangfalltal, Begriff der Umweltinformation nach dem BayUIG, Zeitliche Relevanz von Umweltinformationen, Begriff des Zustands des Umweltbestandteils (Grund) Wasser, Umweltinformationsrecht als umweltrechtliches Querschnittsthema, Nachträgliche Erweiterung des Informationsanspruchs (hier unzulässig)

Aktenzeichen  M 32 K 21.4132

Datum:
8.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11676
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayUIG Art. 3 Abs. 1
BayUIG Art. 2 Abs. 1 Nr. 2
BayUIG Art. 2 Abs. 2
WHG § 2
WHG § 3 Nr. 3, 6, 7, 8 und 9
EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG Art. 2 Nr. 11, 12, 19, 20, 26 und 28
VwGO § 91

 

Leitsatz

Zur Erfassung des Merkmals „Zustand von Umweltbestandteilen“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG ist auf die Terminologie des jeweils einschlägigen materiellen Umweltschutzrechts zurückzugreifen (hier für den Umweltbestandteil Wasser auf das WHG und die EU-WRRL).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
I. Die Klage ist nur teilweise zulässig.
1. Die Klage ist, da es sich bei der Beklagten um eine juristische Person des Privatrechts ohne die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten handelt, als allgemeine Leistungsklage ohne eine Klagefrist statthaft (siehe BVerwG, U.v. 23.2.2017 – 7 C 31.15 – juris Rn. 22).
2. Die Klage ist im nachträglich geltend gemachten hilfsweisen Begehren unzulässig, da dieses eine nach § 91 VwGO unzulässige Klageänderung darstellt. Der Hilfsantrag ist nach dem maßgeblichen objektiven Erklärungshorizont streitgegenstandsverschieden zu dem unter dem Themenkomplex Ziffer I. bislang allein gestellten Klageantrag. Dieser Klageantrag bezieht sich nach seinem Wortlaut und nach dem Kontext, in dem er gestellt wurde (siehe zum Kontext den bei der Beklagten gestellten Antrag vom 31. Juli 2020 unter Ziffer I. Nr. 3 a (1) bis (3) und b (1), „Wasserbildung von der Oberfläche“, „Wasserbildung aus dem Untergrund“, Bl. 19 und Rückseite d.A.) auf den Weg des behaupteten Eindringens von Schadstoffen in die Sammelschächte, also auf die Art und Weise dieses Eindringens. Die genannten, mit Antrag vom 31. Juli 2020 gestellten Kontext-Fragen lauten wie folgt:
„Können feste und flüssige Stoffe, Keime und Verunreinigungen, die in dem Bereich, der in der untenstehenden Karte (Anlage 1) grün markiert wurde, über das Erdreich in die Sammelschächte eindringen? Wie gelangen die Stoffe in die Speisewasserkanäle: über die Oberfläche, über die Seitenwände, von unten? Welche Sickertests wurden in der Zeit seit 1910 bis heute durchgeführt und welche Ergebnisse wurden erzielt? Bitte sämtliche Unterlagen über die Ausführung der Tests sowie Auswertungen vorlegen. Auf welcher Höhenkote muss der Grundwasserspiegel liegen, damit das Wasser in den Speisewasserkanal I, II, III, IV gelangt?“
Aus diesem Zusammenhang wird der streitgegenstandsrelevante Unterschied des Hauptantrags zur Fragestellung nach dem Hilfsbegehren, das auf das Ergebnis des Eindringens der Schadstoffe in die Sammelschächte abzielt, deutlich. Der Hilfsantrag ist eine nachträgliche, objektive, eventuale Klagehäufung. Er ist als Geltendmachung eines neuen Streitgegenstands eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist eine Klageänderung aber nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ihre Einwilligung ausdrücklich nicht erteilt. Das Gericht hält die Klageänderung auch nicht für sachdienlich. Der Anspruch auf Zugänglichmachung von Umweltinformationen ist nach Art. 4 Abs. 1 BayUIG vorgängig über einen bei der informationspflichtigen Stelle zu stellenden Antrag zu verfolgen, den diese Stelle zu prüfen und gegenüber dem Antragsteller zu entscheiden hat. An dieser Vorbefassung der informationspflichtigen Stelle mit dem Hilfsbegehren fehlt es. Die Kläger haben im Hinblick auf das Hilfsbegehren vorprozessual einen die Vorbefassung ermöglichenden förmlichen Antrag nach Art. 4 Abs. 1 BayUIG nicht gestellt. Ein solcher Antrag wurde auch nicht während des Prozesses nachgeholt. Die Erklärung des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, einen solchen Antrag gegenüber der Beklagten im Klageschriftsatz vom 3. August 2021 gestellt zu haben, trifft nicht zu. Seine weitere Behauptung, einen solchen Antrag unter demselben Datum auch mit gesondertem Schreiben bei der Beklagten gestellt zu haben, ist mangels Vorlage dieses behaupteten Schreibens oder näherer Darlegungen unsubstantiiert; die Beklagtenseite hat ein solches Schreiben nicht bestätigt. Selbst wenn man den im Schriftsatz der Klageseite vom 1. Februar 2022 gegenüber dem Gericht gestellten „präzisierten“ Klageantrag – dem späteren Hilfsantrag – auch als förmliche Antragstellung nach Art. 4 Abs. 1 BayUIG gegenüber der Beklagten werten wollte (was nur mit Mühe möglich wäre), hätte dieser Antrag keine ordnungsgemäße Vorbefassung ermöglicht. Denn der „präzisierte“ Klageantrag ist nach der mit Gerichtsschreiben vom 17. Januar 2022 erfolgten Ladung zur mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2022 gerade einmal sieben Tage vor dem Termin gestellt worden, so dass es der Beklagten nicht möglich gewesen wäre, den Antrag innerhalb der ihr nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayUIG, Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayUIG eingeräumten Bearbeitungsfrist von einem Monat – bei umfangreicheren und komplexeren Fällen von zwei Monaten – zu prüfen und zu entscheiden. Das Gericht hält es von daher nach pflichtgemäßem Ermessen nicht für sachdienlich, das Hilfsbegehren ohne die im BayUIG vorgesehene Vorbefassung der informationspflichtigen Stelle in den laufenden Prozess einzubeziehen und diesen mit einer signifikant neuen Materie zu belasten (siehe auch VG Schleswig, U.v. 2.10.2020 – 6 A 627/17 – juris Rn. 23 und 24).“
II. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.
1. Nach Art. 3 Abs. 1 BayUIG hat jede Person – also auch die Klagepartei – nach Maßgabe des BayUIG Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinn des Art. 2 Abs. 1 BayUIG verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.
Die Beklagte ist informationspflichtige Stelle nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 BayUIG. Nach dieser Vorschrift sind informationspflichtige Stellen auch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Freistaats Bayern oder einer unter seiner Aufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Die Beklagte ist als GmbH eine juristische Person des Privatrechts. Sie erbringt mit dem Betrieb der Münchner Wasserversorgung öffentliche Dienstleistungen der umweltbezogenen Daseinsvorsorge (siehe Art. 7 Abs. 1 BayGO i.V.m. Art. 83 Abs. 1 BV, § 50 Abs. 1 WHG). Die Beklagte steht im alleinigen Eigentum der LHSt München, einer unter der Aufsicht des Freistaats Bayern stehenden kommunalen Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts (siehe Art. 108 ff. BayGO, Art. 11 Abs. 2 BV), und unterliegt damit nach der maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Betrachtungsweise deren Kontrolle. Die Beklagte ist damit informationspflichtige Stelle im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 BayUIG (siehe BVerwG a.a.O., juris Rn. 40 ff. zur DB Netz AG).
2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den begehrten Informationszugang nach dem BayUIG, und zwar schon dem Grunde nach nicht, weil es sich bei den geforderten Informationen teilweise nicht um Umweltinformationen nach den Definitionen des Art. 2 Abs. 2 BayUIG handelt, oder teilweise, weil die Beantwortung der Fragen objektiv unmöglich ist, oder teilweise, weil die Beklagte die Fragen bereits ausreichend beantwortet hat. Es kann deshalb dahinstehen, ob bestimmten Fragen von Amts wegen zu prüfende gesetzliche Ablehnungsgründe entgegenstehen würden, wie etwa der Ablehnungsgrund nach Art. 8 Abs. 1 Nr. 3 BayUIG zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der Beklagten, oder der Ablehnungsgrund nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 BayUIG wegen nachteiliger Auswirkungen der Bekanntgabe von Informationen auf die öffentliche Sicherheit (siehe hierzu unten Nr. 3).
Im Einzelnen:
Zu Klageantrag I. Sammelschächte zur Trinkwassergewinnung:
Zum Klageantrag I. trägt die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vor, dass die begehrte Auskunft objektiv nicht gegeben werden könne. Niemand könne feststellen, wo und wann ein Bakterium, ein Keim, eine Verunreinigung (außer in Unfallfällen), der in einen Speisewasserkanal gelangt sei, auf die Erdoberfläche aufgetroffen und versickert sei, um anschließend im Grundwasserfluss seinen Weg in die Speisewasserkanäle zu nehmen. Es verstehe sich, dass die Beklagte derartige Prüfungen, Untersuchungen oder Aufzeichnungen nicht getätigt habe. Einzig ein Unfall oder ein Katastrophenfall könnten Anlass für derartige Rückschlüsse bieten. Ein solcher Ausnahmefall sei nicht bekannt und auch nicht Grundlage für den erhobenen Auskunftsanspruch. Die weiter geforderten Auskünfte zu Konsequenzen und zu Dokumentationen gingen von daher ebenfalls ins Leere.
Mit dieser Antwort ist dem Auskunftsbegehren der Kläger Genüge getan. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass diese auf das Medium des Eindringens von Schadstoffen zielende Frage schlicht nicht beantwortbar ist. Das dürfte auch der Grund für die Klägerseite gewesen sein, den Hauptantrag im Schriftsatz vom 1. Februar 2022 durch einen auf das Ergebnis des Eindringens ausgerichteten „präzisierten“ Klageantrag zu ersetzen bzw. letzteren Klageantrag als zusätzlichen Hilfsantrag – in unzulässiger Weise – zu stellen (siehe dazu oben Ziffer I. 2.).
Zu Klageantrag II. Grundwassermessstellen:
a. Zu Ziffer 1. des Klageantrags II. trägt die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vor, dass es in dem genannten Bereich selbstverständlich Messstellen für das Grundwasser gebe. Darüber brauche sie den Klägern aber keine näheren Auskünfte nach dem BayUIG zu erteilen. Existenz und Lage der Messstellen seien keine Umweltinformationen im Sinne des BayUIG.
Die Antwort der Beklagten ist zutreffend. Daten über die Lage und die Anzahl von Grundwassermessstellen stellen nach keinem der sechs Umweltinformationskategorien nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BayUIG (im Folgenden auch als Umweltinformationskategorien Nr. 1 bis Nr. 6 bezeichnet) Umweltinformationen dar.
Der Begriff der Umweltinformation wird in Art. 2 Abs. 2 BayUIG wie folgt definiert:
„Umweltinformationen sind, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, alle Daten über
1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,
2. Faktoren, wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinn der Nr. 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken,
3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die
a) sich auf die Umweltbestandteile im Sinn der Nr. 1 oder auf Faktoren im Sinn der Nr. 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder
b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinn der Nr. 1 bezwecken;
zu den Maßnahmen gehören auch beschlossene politische Konzepte, Rechtsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme,
4. Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts,
5. Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinn der Nr. 3 verwendet werden, und
6. den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinn der Nr. 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinn der Nrn. 2 und 3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört auch die Kontamination der Lebensmittelkette.“
aa. Die begehrten Informationen sind keine Umweltinformationen nach der Umweltinformationskategorie Nr. 1:
i. Sie sind keine Daten über den Zustand des Umweltbestandteils Wasser.
Das Gericht greift für die nähere Erfassung des Merkmals „Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume …“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG auf die Terminologie des jeweils einschlägigen materiellen Umweltschutzrechts zurück, um damit der Bedeutung des Umweltinformationsrechts als umweltrechtlichem Querschnittsthema gerecht zu werden (siehe zu diesem Begriffszugang Karg in BeckOK InfoMedienR, 34. Edition Stand: 01.08.2021, UIG § 2 Begriffsbestimmungen Rn. 77). Für den Umweltbestandteil Wasser bedeutet dies, dass auf die Begriffsbestimmungen in §§ 2 und 3 WHG und in Art. 2 der durch das WHG umgesetzten RL 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (letzte Änderung vom 31.10.2014, im Folgenden EU-Wasserrahmenrichtlinie, EU-WRRL) zurückzugreifen ist. Daraus ergibt sich zunächst, dass unter dem Begriff des „Zustandes des Wassers“ auch der Zustand des – für die Trinkwasserversorgung relevanten – Grundwassers fällt (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 3 Nr. 3 WHG, Artt. 1 lit. d, 2 Nr. 2 EU-WRRL). Der Zustand des Grundwassers ist sodann nur der mengenmäßige und chemische Zustand des Grundwassers in einem Grundwasserkörper, also in einem abgegrenzten Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter, wobei unter „Grundwasserleiter“ eine unter der Oberfläche liegende Schicht oder Schichten von Felsen oder anderen geologischen Formationen mit hinreichender Porosität und Permeabilität, so dass entweder ein nennenswerter Grundwasserstrom oder die Entnahme erheblicher Grundwassermengen möglich ist, zu verstehen ist (Art. 2 Nr. 11, 12, 19, 20, 26 und 28 EU-WRRL, § 3 Nr. 6, 7, 8 und 9 WHG). Der ökologische, physikalische oder biologische Zustand von Grundwasser (§ 3 Nr. 8 und 9 WHG) zählt nicht zum Begriff des Zustandes von Grundwasser nach der EU-WRRL und dem WHG, auch nicht die Hydromorphologie (siehe § 3 Nr. 7 WHG). Die Hydromorphologie eines Gewässers beschreibt die tatsächlich vorhandenen Gewässerstrukturen und das damit verbundene Abflussverhalten eines Gewässers in seiner räumlichen und zeitlichen Ausdehnung (siehe Wikipedia, Stichwort Hydromorphologie). Dazu zählen sowohl natürlich entstandene Formen (z.B. Kiesbänke, Strömungs- und Substratunterschiede, Uferbuchten und -sporne), als auch anthropogen eingebrachte Strukturen und deren Wirkung (Rückstau durch Wehranlagen, Uferverbau, Laufbegradigung usw.). Die Beschreibung und Bewertung des hydromorphologischen Zustands eines Fließgewässers erfolgt durch die Erfassung der Gewässerstrukturgüte.
Der mengenmäßige Zustand des Grundwassers wird nach dem Parameter des Grundwasserspiegels bestimmt (Art. 2 Nr. 28 i.V.m. Tabelle 2.1.2 des Anhangs V der EU-WRRL). Der chemische Zustand eines Grundwasserkörpers wird nach dem Parameter der Leitfähigkeit und der Konzentrationen an Schadstoffen bestimmt (Art. 2 Nr. 25 i.V.m. Nr. 2.3.1, Tabelle 2.3.2, Nr. 2.4.2 des Anhangs V der EU-WRRL).
Die angefragten Daten über die Zahl und die Lage der Grundwassermessstellen als solche sind keine Daten über den mengenmäßigen oder chemischen Zustand des Grundwassers im dargestellten Sinne und damit keine Umweltinformationen nach der Umweltinformationskategorie Nr. 1. Ob es sich bei den von den Messstellen gemessenen Pegelständen um Umweltinformationen handelt, wird unter b. erörtert.
ii. Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es sich bei den angefragten Informationen über die in den Boden eingebrachten Grundwassermessstellen auch nicht um Daten über den Umweltbestandteil Boden nach der Umweltinformationskategorie Nr. 1 handelt. Zur Beurteilung wird als einschlägiges materielles Umweltschutzrecht das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) herangezogen (siehe zu dieser Vorgehensweise oben aa. i.). Nach § 1 BBodSchG ist es Zweck dieses Gesetzes u.a., schädliche Bodenveränderungen abzuwehren. Nach § 2 Abs. 1 BBodSchG ist Boden die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in § 2 Abs. 2 BBodSchG genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten. Nach § 2 Abs. 3 BBodSchG sind schädliche Bodenveränderungen Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Die Einbringung der Messstellen in den Boden ist weit von diesem Schutzzweck des BBodSchG entfernt.
bb. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass die begehrten Informationen ebenso keine Daten über „Faktoren“ im Sinne der Umweltinformationskategorie Nr. 2 sind. Denn unter „Faktoren“ sind, wie anhand der beispielhaften Auflistung in der Kategorie Nr. 2 ersichtlich ist, keine stationären, aus Baumaterial hergestellten festen Gegenstände zu verstehen. Außerdem wirken sich die Messstellen nicht auf Umweltbestandteile im Sinne der Umweltinformationskategorie Nr. 1 aus oder wahrscheinlich aus, und zwar weder auf das Schutzgut Wasser noch auf das Schutzgut Boden. Ebenso wenig sind solche Auswirkungen oder wahrscheinlichen Auswirkungen zu erkennen, wenn man die Messstellen – was relativ fernliegend ist – als „Maßnahmen oder Tätigkeiten“ im Sinne der Umweltinformationskategorie Nr. 3 einstufen wollte. Die Umweltinformationskategorien Nr. 4 bis 6 scheiden ersichtlich aus.
b. Zu Ziffer 2. des Klageantrags II. hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es sich bei den angefragten Pegelständen für den Zeitraum 1940 bis 1960 um keine Umweltinformationen deswegen handle, weil sie die längere Vergangenheit beträfen, so dass es am erforderlichen Bezug zur relevanten gegenwärtigen Umweltsituation fehle (siehe unten aa.). Davon abgesehen verfüge die Beklagte nur über aktuelle digitalisierte Messkurven, nicht aber solche zum angesprochenen weit zurückliegenden Zeitraum, auch über keine sonstigen Pegelinformationen, auch nicht für einzelne Pegel (siehe unten bb.).
aa. Daten über gemessene Grundwasserspiegelstände sind grundsätzlich Umweltinformationen nach der Umweltinformationskategorie Nr. 1 (andere Umweltinformationskategorien kommen von Vornherein nicht in Betracht). Das gilt auch dann, wenn sich die Messdaten auf die Vergangenheit beziehen (vgl. für das Rheinland-Pfälzische Umweltinformationsrecht OVG Koblenz, U.v. 2.6.2006 – 8 A 10267/06 – juris). Denn Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG umfasst „alle Daten über“ den Zustand der in der Kategorie genannten Umweltgüter, also auch vergangene Daten. Allerdings hat der EuGH noch unter der Geltung der ersten Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG vom 7. Mai 1990, die am 14. Februar 2003 von der geltenden Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 abgelöst wurde und welche Richtlinien auf Bundesebene durch das UIG, auf Länderebene durch die Landes-Umweltinformationsgesetze, in Bayern durch das BayUIG, umgesetzt wurden, ein Bedürfnis für die Eingrenzung des Merkmals „alle Daten über“ gesehen (EuGH, U.v. 12.6.2003 – C-316/01 – juris). Der EuGH stellte fest, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff der „Informationen über die Umwelt“ eine weite Bedeutung beilegen wollte. Die Richtlinie bezwecke jedoch nicht, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem der in Art. 2 lit. a der Richtlinie genannten Umweltgütern aufwiesen. Vielmehr würden solche Informationen nur dann unter das durch die Richtlinie gewährte Zugangsrecht fallen, wenn sie zu einer oder mehreren der in Art. 2 lit. a der Richtlinie genannten drei Kategorien der Umweltinformationen gehörten (EuGH a.a.O., juris Rn. 24 und 25). In Beachtung dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht München angenommen, dass nur solche Daten „Daten über“ im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayUIG sein können, die einen hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhang zu den Umweltgütern aufwiesen; jeder noch so entfernte, gedanklich konstruierbare Wirkungszusammenhang reiche danach nicht aus (VG München, U.v. 2.9.2015 – M 9 K 14.4149 – juris Rn. 30; VG München, U.v. 2.9.2015 – M 9 K 15.2910 – juris; siehe zum Eingrenzungskriterium des hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhangs auch BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 22 CE 15.1478 – juris Rn. 9; zu den Eingrenzungskriterien ausführlich VG München, U.v. 13.7.2021 – M 32 K 18.1852 – juris und VG München, U.v. 13.7.2021 – M 32 K 19.5192 – juris).
Dieser notwendige Bezug besteht vorliegend nicht. Nach der Erklärung der Klageseite in der mündlichen Verhandlung ist der Zeitraum wegen des Zusammenhangs mit der Fragestellung des Klageantrags III., der auch das Phänomen des damaligen niedrigen Grundwasserspiegels zum Gegenstand habe, gewählt worden. Ob dieser Zusammenhang im Klageantrag wirklich deutlich wurde, mag dahinstehen. Denn selbst wenn, wäre der Informationsgehalt dieser weit zurückliegenden Umweltinformationen für den aktuellen Zustand des Umweltgutes Grundwasser praktisch irrelevant. Von der Klageseite ist nicht dargelegt worden und es ist auch nicht ersichtlich, wie diese Altdaten in dem notwendigen hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhang mit den gegenwärtigen Verhältnissen stehen sollten. Ein umweltschutzrechtlicher Mehrwert ist nicht erkennbar (zur zeitlichen Relevanz von Umweltinformationen siehe auch VG Düsseldorf, U.v. 17.10.2014 – 26 K 8374/12 – juris Rn. 36). So bleibt nur noch ein historisches Interesse übrig. Ein Umweltinformationsgesetz wie das BayUIG ist aber kein Instrument der historischen Forschung.
bb. Obwohl es wegen der dargelegten fehlenden Umweltinformations-Qualität der historischen Pegelstände nicht mehr darauf ankommt, ob diese Daten bei der Beklagten überhaupt noch vorhanden sind, möchte das Gericht doch festhalten, dass kein Anlass besteht, am Wahrheitsgehalt der Erklärung der Beklagten, nicht über die begehrten Pegelstände aus der Vergangenheit zu verfügen, zu zweifeln und nach § 86 VwGO in nähere Ermittlungen hierzu einzutreten (zum notwendigen Anlass für solche Aufklärungsarbeit im Rahmen des verwandten Bereichs des Informationsfreiheitsgesetzes siehe Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 42). Die Verwaltungserfahrung spricht dafür, dass derart betagte Vorgänge (hier von vor 62 bis 82 Jahren) schon wegen der Aufbewahrungsfristen nicht mehr vorhanden sind. Eine Pflicht, solche alten Vorgänge aufzubewahren, ist dem Gericht nicht bekannt und folgt jedenfalls nicht aus dem BayUIG. Die Klageseite hat hierzu keine substantiellen Einwendungen vorzubringen vermocht. Sie ist einen tragfähigen Beleg für ihre Behauptung in der mündlichen Verhandlung, dass die Beklagte in einem anderen Umweltinformationsverfahren Dritten gegenüber Auskunft über diese Pegelstände erteilt habe, schuldig geblieben. Der Bevollmächtigte der Kläger legte diese behauptete Auskunft an den Dritten dem Gericht nicht vor. Er verweigerte auf Nachfrage der Beklagten sogar näheren orientierenden Vortrag hierzu. Stattdessen verlangte er von der Beklagtenseite eidesstattliche Versicherungen über ihre Nichtkenntnis von den historischen Pegelständen, womit er die Subsidiarität einer – von ihm wohl angedachten – Parteivernehmung nebst Beeidigung, die im Ermessen des Gerichts liegt, verkannte (siehe § 98 VwGO i.V.m. §§ 450 Abs. 2, 452 ZPO; Garloff in BeckOK VwGO, 60. Ed. 1.1.2022, § 98 Rn. 18 – 20.12).
Zu Klageantrag III. Grundwassersperre R.:
a. In Ziffer 1. des Klageantrags III. verlangt die Klageseite die Herausgabe der Werkplanungen und Leistungsverzeichnisses für das Vorhaben einer Grundwassersperre. Damit werden dem Grundsatz nach Umweltinformationen nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG abgefragt. Wie oben (siehe Zu Klageantrag II. b. aa.) fehlt es aber an der zeitlichen Relevanz dieser Informationen, die sich auf ein vor ca. 70 Jahren ausgeführtes Vorhaben beziehen.
Im Übrigen hat die Beklagte zu diesem Vorhaben Stellung genommen. Sie hat dazu in ihrer Klageerwiderung vorgetragen (siehe oben im Tatbestand) und ergänzend in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass es nach dem Bescheid des Landratsamts Miesbach vom 20. Januar 1954 und dem Beschwerdebescheid der Regierung von Oberbayern vom 2. Januar 1959 bei dem damaligen Projekt nicht um eine Grundwassersperrmauer, sondern um eine Grundwasserverdichtung gegangen sei. Es entziehe sich ihrer Kenntnis, inwieweit hier Unterlagen vorgelegt worden seien. Über Werkplanungen und Leistungsverzeichnisse für dieses Projekt verfüge sie nicht. Gegen diese Einlassung der Beklagten vermochte die Klageseite nichts Substantielles vorzubringen (siehe oben Zu Klageantrag II. b. bb.).
b. Mit der unter Ziffer 2. des Klageantrags III. gestellten Frage zu der zu überwindenden Stauhöhe wird keine Umweltinformation im rechtlichen Sinne verlangt. Es geht vielmehr um eine an die Beklagte gerichtete hydrogeologische Gutachtensfrage, deren Beantwortung die Klageseite über das Abgreifen der Expertise der Beklagten erreichen will. Dafür bietet ein Umweltinformationsgesetz wie das BayUIG keine rechtliche Handhabe. Auf dieser Grundlage kann nur die Auskunftserteilung über bereits vorhandene Informationen verlangt werden, nicht aber über von der informationspflichtigen Stelle erst noch zu generierende oder zu beschaffende Informationen (Karg a.a.O., UIG § 2 Begriffsbestimmungen Rn. 120; siehe auch Schoch a.a.O., § 1 Rn. 36 ff.). Bei der Beklagten liegt keine bereits erarbeitete Antwort auf eine derartige Fragestellung vor. Eine solche Antwort braucht die Beklagte gegenüber der Klageseite auch nicht zu erarbeiten. Im Übrigen ist die Beklagte – ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein – auf die Frage eingegangen. In ihrer Klageerwiderung hat sie näher dargestellt, warum eine vom Grundwasser zu überwindende Stauhöhe nicht genannt werden kann. In der mündlichen Verhandlung hat sie den Vortrag dahin vertieft, dass die Frage deswegen nicht angemessen zu beantworten sei, weil nicht eine durchgängige Grundwasserverdichtung errichtet worden sei. Es gebe eine freie Durchflussöffnung von 155 m. Die Stelle sei nie aufgegraben worden.
Zu Klageantrag IV. Ableitung – Verwendung des in den Sammelschächten gewonnenen Wassers:
a. Die Kläger begehren in diesem Klageantrag eine vollständige Liste aller Leitungsstränge und Einrichtungen zum Transport des Grundwassers im näher bezeichneten Bereich.
Damit wird keine Umweltinformation im rechtlichen Sinne abgefragt. Wie bei der Frage nach der Zahl und der Lage der Grundwassermessstellen im Klageantrag II. Ziffer 1 geht es hier nicht um den mengenmäßigen Zustand des Grundwassers, der über den Grundwasserspiegel zu messen ist. Allenfalls könnte man bei den Leitungssträngen und Einrichtungen von einer anthropogenen Hydromorphologie des Grundwassers sprechen. Die Hydromorphologie stellt aber keinen Zustand des Wassers im Sinne der Umweltinformationskategorie Nr. 1 dar (siehe oben Zu Klageantrag II. 1.). Im Übrigen fehlt es bei denjenigen Fragen, die sich auf die ferne Vergangenheit beziehen (teilweise vor über 100 Jahren), an dem erforderlichen hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhang zum maßgeblichen gegenwärtigen Zustand des Umweltbestandteils Grundwasser (siehe oben Zu Klageantrag II. b. aa.).
b. Die Kläger begehren in diesem Klageantrag weiter die Darstellung des Durchmessers der jeweiligen Leitung und ihrer maximalen Transportkapazität für das Grundwasser (Liter pro Sekunde).
Mit dieser Frage ist wiederum nicht der über den Grundwasserspiegel messbare mengenmäßige Zustand des Umweltbestandteils Grundwasser angesprochen. Es geht hier vielmehr um den sog. Volumenstrom. Unter dem Volumenstrom (auch Durchflussrate oder Durchflussmenge, in der Hydrologie auch schlicht Abfluss genannt) versteht man, wie viel Volumen eines Mediums (hier: Grundwasser) pro Zeitspanne durch einen festgelegten Querschnitt transportiert wird (siehe Wikipedia, Stichwort Volumenstrom). Der Volumenstrom ist das Produkt aus mittlerer Fließgeschwindigkeit und Querschnittsfläche. Die Querschnittsfläche errechnet sich bei einem Rohr aus dem Durchmesser des Rohres. Der Volumenstrom wird mithilfe von sog. Durchflussmessern gemessen (dazu Wikipedia, Stichwort Durchflussmesser), welche Messung mit der Messung des Grundwasserspiegels nichts zu tun hat. Ebenso wie oben unter a. fehlt dem Begehren, soweit es sich auf langjährig in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte bezieht, der notwendige Zusammenhang mit der aktuellen Umweltsituation.
c. Es sei bemerkt, dass die Beklagte – ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein – in ihrem Antwortschreiben vom 5. Oktober 2020, S. 12 oben (Bl. 37 Rückseite d.A.) im Hinblick auf die Leitungsstränge zwischen Maxlmühle und Höllgraben die Fragen der Kläger in ihrem Antrag vom 31. Juli 2020, S. 27 Nr. 1 und 2 (Bl. 31 d.A.) beantwortet hat. Es wurden eine Stollenhöhe und eine Stollenbreite, Durchmesser von Rohren und eine Kapazität (Volumenstrom) mitgeteilt. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf der Grundlage der genannten Bescheide (siehe oben Zu Klageantrag III.) zusätzlich eine rechnerische Kapazität von 2.650 Liter pro Sekunde genannt.
Zu Klageantrag V. Chloranlage am Grundstück FlNr. 73 der Gemarkung G* …:
Soweit sich die Frage auf chemische Veränderungen des Grundwassers durch Chlorierung bezieht, liegt eine Umweltinformation nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG vor, ebenfalls, wenn es um die davon betroffenen Mengen des Grundwassers geht (siehe oben Zu Klageantrag II. b. aa.). Bei den von der Klageseite angesprochenen sonstigen „technischen Veränderungen“ des Grundwassers handelt es sich um Umweltinformationen nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG.
Die Beklagte hat die Fragen der Kläger beantwortet. In der Klageerwiderung vom 29. September 2021, S. 12 (Bl. 59 unten d.A.) hat die Beklagte in Wiederholung ihrer Antwort vom 5. Oktober 2020 mitgeteilt, dass das fragliche Gebäude eine Chloranlage enthalte. Im Antwortschreiben vom 5. Oktober 2020 war außerdem mitgeteilt worden, dass sich im Gebäude die dafür notwendigen technischen Einrichtungen, insbesondere die Dosiervorrichtungen, befänden. In der Klageerwiderung wurde weiter mitgeteilt, dass durch die Anlage das Wasser nie anderweitig technisch verändert worden sei. Die letzte Behandlung mit Chlorgas habe für einige Tage im Juni 2013 stattgefunden.
Das Gericht hat keinen Anlass, an dieser Aussage der Beklagten zu zweifeln. Das von der Klägerseite im Schriftsatz vom 1. Februar 2022 als Anlage K 10 vorgelegte Diagramm „Entnahme an der Grundwasserfassung R. Juni 2013“ vermag die Glaubwürdigkeit der Darstellung nicht zu erschüttern, sondern stärkt sie im Gegenteil. Denn dieses Diagramm, das nach den Worten des Klägerbevollmächtigten den Klägern von dem privaten Verein „Unser Wasser“ zugespielt und aus den Beständen der – von der Beklagten zu trennenden – „SWM Services GmbH“ stammen soll, belegt gerade die Behauptung der Beklagten. In dem Diagramm findet sich nämlich der Eintrag „Chlorierungsphase: 02. – 07. Juni“, was der Behauptung der Beklagten („einige Tage im Juni 2013“) entspricht.
3. Da nach den obigen Ausführungen der Informationszugangsanspruch der Kläger nach dem BayUIG schon dem Grunde nach nicht besteht, kann dahinstehen, ob der Beantwortung bestimmter Fragen gesetzliche Ablehnungsgründe entgegenstehen würden, wie etwa der Ablehnungsgrund nach Art. 8 Abs. 1 Nr. 3 BayUIG zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der Beklagten, auf welchen Belang sich die Beklagte berufen kann, auch wenn sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung keinen Grundrechtsschutz genießen und sich auch nicht in einer unmittelbaren Wettbewerbssituation befinden sollte (so entschieden für die DB Netz AG, BVerwG a.a.O., juris Rn. 87 ff.), oder der Ablehnungsgrund nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 BayUIG wegen nachteiliger Auswirkungen der Bekanntgabe von Informationen auf die öffentliche Sicherheit. Das Gericht verweist zum letzteren Ablehnungsgrund darauf, dass im Rahmen des allgemeinen Auskunftsanspruchs nach Art. 39 BayDSG ein vergleichbarer Ablehnungsgrund wegen der Beeinträchtigung von Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung existiert, nämlich Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayDSG, zu dem der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz die Auffassung vertritt, dass er auch die kommunale Wasserversorgung als Teil der kritischen Versorgungsinfrastruktur schützen soll:
„Bei der gemeindlichen Wasserversorgung dürfen Außenstehende nicht in die Lage versetzt werden, Nachteile für die Versorgungssicherheit oder die Qualität des gelieferten Trinkwassers herbeizuführen. Insofern relevante Informationen sind bei Ortsnetzen insbesondere die flurnummerngenaue Lage sowie Einzelheiten zur technischen Ausstattung bestehender oder projektierter Brunnen, Wasserspeicher und Übergabestellen von einem Fernwassernetz, ferner zur technischen Ausstattung von Wasserwerken (einschließlich der eingesetzten Steuerungstechnik). Eine Auskunft etwa über Baupläne oder sonstige technische Zeichnungen der betreffenden Anlagen und ihrer Bauteile wird daher grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Gleiches gilt für fotografische Darstellungen sowie für Beschreibungen von entsprechendem Informationswert“ (Engelbrecht (Bearbeiter), Das allgemeine Recht auf Auskunft im Bayerischen Datenschutzgesetz, herausgegeben vom Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, 1. Auflage 2017, Rn. 109; als pdf-Datei kostenlos im Internetauftritt des BayLfD abrufbar).
Nach alledem war die Klage abzuweisen. Als Unterlege haben die Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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