IT- und Medienrecht

Irreführung durch Angabe eines Gesamtpreises ohne Kosten der Endreinigung

Aktenzeichen  1 HK O 47/21

Datum:
14.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WRP – 2022, 261
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3 Abs. 1, § 3a, § 5a Abs. 1, Abs. 2, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 8c Abs. 2 Nr. 5
PAngV § 1 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1, § 709 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1. In jedem Fall anfallende festgelegte Endreinigungskosten sind bei der Bewerbung einer Ferienimmobilie in die Angabe des Gesamtpreises einzubeziehen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine missbräuchliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Sinne von § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG ist im Zweifel dann anzunehmen, wenn eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht, es sei denn, dem Abgemahnten stand jederzeit die Möglichkeit offen, die geforderte Unterlassungserklärung abzuändern.  (Rn. 38) (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,– €, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre) verurteilt, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Vermietung oder Vermittlung von Ferienimmobilien unter Angaben von Preisen zu werben,
die nicht sämtliche obligatorischen Kostenpositionen, insbesondere für eine obligatorische Endreinigung umfassen, insbesondere, wenn dies geschieht wie unter … – entsprechend dem diesem Urteil als Anlage angefügten Screenshot – ersichtlich.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 374,50 € zu zahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig und in der Sache begründet.
Der Kläger hat den unter Ziffer 1. dieses Endurteils tenorierten Unterlassungsanspruch nach §§, 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit den Vorschriften der Preisangabenverordnung.
1. Die Aktivlegitimation des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist zu bejahen.
Das Gericht hat das Mitgliederverzeichnis des Klägers im Internet aufgerufen. Dort ist neben einer Vielzahl von Mitgliedern, die nach dem Alphabet geordnet jeweils innerhalb der Sparten zu den einzelnen Buchstaben wiederum eine Vielzahl von Positionen aufweist, jedenfalls die IHK … als auch die … aufgeführt. Ein Grund, an der Richtigkeit der Angaben in diesem Mitgliederverzeichnis zu zweifeln, besteht nicht.
Bei dieser Ausgangslage bestehen auch an der Klagebefugnis des Klägers als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG bestehen keine Zweifel.
2. Unstreitig hat die Beklagte unter der im Tenor unter Ziffer 1 angeführten Internet-Adresse noch am 19.07.2021 Ferienappartements in … beworben und dabei für eine Woche einen Preis von 203,- €/Person angegeben.
Zusätzlich hat die Beklagte in einer Textpassage zu verschiedenen weiteren Gesichtspunkten der Appartementvermietung unter der Überschrift „fakultative Kosten vor Ort“ auf Kosten für die Endreinigung in Höhe von 35,- € pro Mobilhome und Aufenthalt hingewiesen.
Auf einen Screenshot dieser Anzeige vom 19.07.2021, vom Beklagtenvertreter im Termin vom 30.11.2021 vorgelegt (Bl. 49 – 51 d.A.) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Das damit an den Tag gelegte Werbeverhalten stellt einen Verstoß gegen die Marktverhaltensregel des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV in Verbindung mit § 3a UWG sowie einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach § 5a Abs. 1, Abs. 2 UWG dar, so dass der geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 8 Absatz 1 UWG begründet ist.
Der Kläger hat mit der Klage geltend gemacht, dass unter der Seite „…“ eine Ferienimmobilie beworben sei, bei der die Kosten für die Endreinigung zusätzlich ausgewiesen und nicht im Gesamtpreis inkludiert gewesen sei. Mit Schreiben der ursprünglich mandatierten Rechtsanwälte …, sei der Verstoß konkludent eingeräumt worden (vgl. Anlage K3, Bl. 9 d.A.). Auch wenn dies kein Anerkenntnis im Rechtssinne darstellt, wird in dem angesprochenen Schreiben auch nach Auffassung des Gerichts suggeriert, dass die wettbewerbsrechtliche Problematik der Anzeige akzeptiert würde. Anders kann der Hinweis, „die Arbeiten an einer entsprechenden Umsetzung der Preisausschreibung bei unserer Mandantin“ dauerten an, nicht verstanden werden. An keiner Stelle wird thematisiert bzw. bestritten, ob bzw. dass die Kosten der Endreinigung tatsächlich „fakultativ“ gewesen sind und durch eigene Reinigungsanstrengungen hätten abgewendet werden können. Die Möglichkeit einer solchen Fallgestaltung wäre im Übrigen, was dem Gericht aus eigener Erfahrung bekannt ist, sehr unwahrscheinlich.
Der Preisbestandteil der Endreinigungskosten stand daher von vorneherein fest, fiel vom ersten Miettag an in voller Höhe an, war von der Dauer der Anmietung unabhängig und letztlich unabwendbar.
Im Ergebnis waren die Endreinigungskosten deshalb in jedem Falle zu zahlende und vorher festgelegte Kosten, die in die Preisangabe hätte einbezogen werden müssen. Ein versteckter Hinweis auf anfallende Endreinigungskosten in einem Block von Angaben, die sich z.T. auch auf andere Appartementtypen beziehen, genügt den Anforderungen an eine sachgerechte Preisangabe jedenfalls nicht.
Dies dürfte im Übrigen auch für die Angabe eines Mietzinses von 203,- € / Person gelten, so dass für die konkret angebotene Mietzeit von einer Woche für ein Zweipersonenappartement wohl ein Preis in Höhe von 441,- € hätte ausgewiesen werden müssen.
In diesem Zusammenhang wird auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 04.06.2013, Az.: 4 U 22/13, bzw. die Entscheidung des LG München vom 20.11.2007, Az.: 33 O 7816/07, Bezug genommen.
3. Lediglich ergänzend ist festzustellen, dass eine Unzulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs nach § 8 Absatz 1 UWG auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs nach § 8c Absatz 2 Ziffer 5 UWG zu verneinen ist.
Eine missbräuchliche Geltendmachung ist danach im Zweifel anzunehmen, wenn eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
Die Beklagte sieht diese Voraussetzungen in Bezug auf das Abmahnschreiben des Klägers vom 01.07.2021 (Bl. 01.07.2021, Bl. 11 – 14 d.A.) als erfüllt an, weil in der vorformulierten Unterlassungsverpflichtung keine Beschränkung auf Online-Angebote erfolgt sei, sondern schlichtweg jegliche Art von Preisangaben im Kontext der Vermietung oder Vermittlung von Ferienimmobilien umfasst seien.
Eine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des 3 8c Abs. 2 Ziffer 5 UWG ist aber auch nach Auffassung des Gerichts bereits deshalb zu verneinen, weil dem Beklagten jederzeit die Möglichkeit offenstand, die geforderte Unterlassungserklärung abzuändern (vgl. Harte – Bavendamm / Henning – Bodewig, UWG, 5. Auflage, 2021, § 8c, Rdnr. 198).
Im Übrigen kann das Gericht nicht erkennen, dass durch die allgemeine Formulierung ohne Beschränkung auf das Medium Internet eine Unterlassungserklärung begehrt wird, die im Verhältnis zur außergerichtlich angemahnten Unterwerfungserklärung über den Kernbereich der stattgefundenen Zuwiderhandlung hinausgeht (vgl. Harte – Bavendamm / Henning – Bodewig, aaO., § 8c, Rdnr. 199); vielmehr liegt hinsichtlich der abverlangten Unterwerfungserklärung eine zulässige Verallgemeinerung vor; eine offensichtliche Überschreitung des Kernbereichs ist nicht gegeben.
4. Schließlich besteht nach § 13 Abs. 3 UWG auch ein Anspruch auf die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 374,50 €. Die vorliegende Berechnung des Aufwands ist nachvollziehbar und wurde durch die Beklagte konkret auch nicht angegriffen.
Der Betrag erscheint nicht unverhältnismäßig, zumal er sich deutlich unterhalb einer 1,3 Gebühr nach RVG aus einem Streitwert von 7.500,- € bewegt.
5. Aus den dargelegten Gründen war der Klage insgesamt stattzugeben.
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit geht auf § 709 S.1 du S2. ZPO zurück; der denkbare Vollstreckungsschaden wurde im Wege der Schätzung mit 3.000,- € bestimmt.


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