IT- und Medienrecht

Kein Schadensersatz nach der Lizenzanalogie bei unentgeltlicher Überlassung mittels Creative Commons-Lizenz

Aktenzeichen  34 C 2436/19

Datum:
23.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 25945
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 249, § 826
UrhG § 97 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein Urheber, der systematisch Nutzer seiner Lichtbilder anschreibt, um an diese bewusst deutlich überhöhte Schadensersatzforderungen zu stellen, ist aus §§ 249, 826 BGB verpflichtet, einem solchen Nutzer die erforderlichen Kosten der Rechtsverteidigung zu ersetzen. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Lichtbild, das der Urheber zur Nutzung unentgeltlich zur Verfügung stellt, hat auch dann keinen objektiven Wert, der Schadensersatz nach der Lizenzanalogie begründen könnte, wenn der Urheber die unentgeltliche Nutzung – im Rahmen einer Creative Commons-Lizenz – nur unter Nennung seines Namens zugelassen hat (vgl. OLG Köln BeckRS 2014, 21041 Rn. 62). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte und Widerkläger wird verurteilt, an die Klägerin 124,00 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für die Klage wird bis zum 20.02.2019 auf 938,00 € und anschließend auf 195,60 € festgesetzt. Der Streitwert für die Widerklage wird auf 428,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Soweit die Klage noch anhängig ist, ist diese zulässig und begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 826, 249 BGB zu.
Die übereinstimmend für erledigt erklärte negative Feststellungsklage wäre grundsätzlich erfolgreich gewesen. Insoweit wird auf II. der Entscheidungsgründe verwiesen.
Der Beklagte ist verpflichtet, im Rahmen des Schadensausgleichs die anwaltlichen Kosten für die Geltendmachung des Schadens aus einem Gebührenstreitwert von 938,00 € zu zahlen, bestehend aus einer 1,3 Geschäftsgebühr gem. VVNr. 2300, zuzüglich Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. VVNr. 7002 in Höhe von 20,00 € und Umsatzsteuer, insgesamt daher 124,00 €.
Das Gericht ist im Hinblick auf die zahlreichen Parallelverfahren auf welche in den Schriftsätzen Bezug genommen worden ist, davon überzeugt, dass der Beklagte systematisch Nutzer seiner Bilder anschreibt, um an diese überhöhte Forderung in Form von Schadensersatzansprüchen zu stellen. Das vorliegend versandte Schreiben an die Klägerin enthält unterschwellige Androhungen, dass es für sie noch deutlich teurer werden könnte, wenn die Sache vor Gericht komme. Insoweit erscheint es erforderlich und zweckmäßig, dass sich die Betroffenen, im vorliegenden Fall die Klägerin, an einen Rechtsanwalt wenden, der für ihn ein Abwehrschreiben aufsetzt und eine Unterlassungserklärung abgibt, worauf es nach eigenen Angaben des Beklagten diesem nicht ankommt.
Vorliegend geht das Gericht aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass dem Beklagten durchaus bewusst war, dass die von ihm erhobene Forderung jedenfalls deutlich überhöht ist. Auch wenn er von Gerichten teilweise einen Schadensersatzanspruch zugesprochen bekommen hat, so bewegte sich dieser jedenfalls deutlich unter dem, was er dem Anspruchsschreiben gegenüber der Klägerin begehrt.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagtenseite, der Klägervertreter habe vorgerichtlich eine nicht begehrte Unterlassungserklärung abgegeben und hierdurch die Gebühren verursacht. In der Sache sei er nicht tätig geworden. Zum einen wurde mit dem Schreiben vom 15.10.2019 nicht lediglich eine Unterlassungserklärung abgegeben, sondern auch die geltend gemachten Ansprüche zurückgewiesen. Damit hat der Klägervertreter nicht lediglich eine Unterlassungserklärung abgegeben, sondern sich auch in der Sache mit den Ansprüchen auseinandergesetzt und gegenüber dem Beklagten mitgeteilt, dass er diese nicht für gegeben hält. Zum anderen diente die Unterlassungserklärung auf der Vorbeugung weiterer Kosten für den Fall, dass der Beklagte den Kläger zur Abgabe einer solchen auffordern würde. Im Ergebnis hätte der Beklagte auch kein Anspruch auf Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung gehabt.
Der Höhe nach ist entgegen der Ansicht der Klägerin jedoch nur von einer 1,3 Gebühr und nicht von einer 1,8 Gebühr auszugehen. Bei der Sache handelt es sich um eine Urheberrechtsangelegenheit von durchschnittlichem Umfang. Im Übrigen war der Klägervertreter bereits in zahlreichen Verfahren mit der Sache betraut, sodass diese für ihn nicht mit einem überdurchschnittlichen Aufwand verbunden war. Der Ansatz einer 1,8 Gebühr ist vorliegend nicht gerechtfertigt.
Der Geschäftswert richtet sich grundsätzlich nach dem Streitwert. Da der Beklagte in seinem Schreiben vom 04.10.2019 von einen Schadensersatz von 938,00 € in Aussicht stellt, ist von diesem Betrag auszugehen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288, 291 BGB.
II.
Die Widerklage war als unbegründet abzuweisen.
Die negative Feststellungsklage wurde übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass insoweit lediglich noch ein Kostenausspruch zu treffen war (§ 91a ZPO).
Hinsichtlich der Schadensersatzklage ergibt sich Folgendes:
Der Beklagte hat nicht nachweisen können, dass ihm ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger zusteht.
Die Entstehung eines konkreten Schadens in Form eines entgangenen Gewinns hat der Beklagte schon nicht ausreichend substantiiert dargelegt.
Auch auf der Grundlage der Lizenzanalogie ergibt sich kein anderes Ergebnis. Hierbei ist davon auszugehen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für vom Verletzer vorgenommene Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums gezahlt hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsbeeinträchtigung, wobei die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO zu schätzen ist. Neben dem Umfang der Nutzung ist der Wert des verletzten Rechts zu berücksichtigen. Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlung beeinflussen, gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 62/14, zitiert nach Juris).
Mit dem OLG Köln ist das Gericht der Auffassung, dass ein Lichtbild, das der Beklagte und Widerkläger zur Nutzung im Rahmen einer CC-Lizenz unentgeltlich zur Verfügung stellt, mit einem objektiven Wert von 0,00 € zu bemessen ist. Auch eine Verdoppelung im Hinblick auf einen Verletzerzuschlag führt zu keinem höheren Wert. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte die unentgeltliche Benutzung nur unter Werbegesichtspunkten – und folglich unter Nennung seines Namens – zugelassen haben will. Dies stellt lediglich das Motiv des Beklagten für die Erlaubnis zur unentgeltlichen Nutzung dar. Das Gericht ist jedoch nicht der Auffassung, dass sich hierdurch der objektive Wert erhöht. Ein gesonderter wirtschaftlicher Wert ist in der unterlassenen Namensnennung nicht zu sehen.
Die Widerklage war daher als unbegründet abzuweisen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 91a ZPO. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass die negative Feststellungsklage voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.


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