IT- und Medienrecht

Kontrahierungszwang für Elektrokleinfahrzeuge

Aktenzeichen  34 O 11826/19

Datum:
18.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
r+s – 2020, 701
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PflVG § 5 Abs. 3
StVG § 1
FZV § 3 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Ein Kontrahierungszwang des Kfz-Haftpflichtversicherers (s. § 5 Abs. 3 PflVG) setzt voraus, dass das zu versichernde Fahrzeug auch für das Führen auf öffentlichem Verkehrsgrund technisch zugelassen ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 100 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 8.250,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf einen Kontrahierungszwang für die fünf in seinem Eigentum stehenden Fahrzeuge.
Der Kontrahierungszwang setzt zur Überzeugung des Gerichts denklogisch voraus, dass diese Fahrzeuge auch für das Führen auf öffentlichem Verkehrsgrund technisch zugelassen sind. Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, zunächst eine Pflichtversicherung mit dem Kläger abzuschließen, um dann abzuwarten, ob die Fahrzeuge überhaupt von der Zulassungsstelle zugelassen werden.
7. Dem Kläger kann nur insoweit zugestimmt werden, dass die Frage der Notwendigkeit einer Zulassung in § 3 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom reinen Wortlaut her nicht eindeutig geregelt ist. Diese Bestimmung heißt:
„Fahrzeuge dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Versicherung besteht.“
Bei diesem Wortlaut wäre es tatsächlich möglich, dass ein Interessent die Reihenfolge der Voraussetzungen für die Zulassung frei wählen kann.
Zur Überzeugung des Gerichts wollte der Gesetzgeber hier jedoch eine Abstufung vornehmen. Logisch vorrangig ist, dass ein Fahrzeug aus technischer Sicht zugelassen werden kann. In diesem Sinne hat sich auch das Kraftfahrtbundesamt geäußert. Die Beklagtenseite weist zurecht auf § 1 des Straßenverkehrsgesetzes hin, nachdem eine Zulassung des Fahrzeugs durch die zuständige Behörde vordringlich ist. Diese Bestimmung lautet in Absatz 1:
„Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, müssen von der zuständigen Behörde (Zulassungsbehörde) zum Verkehr zugelassen sein. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs bei Vorliegen einer Betriebserlaubnis, Einzelgenehmigung oder EG_Typengenehmigung durch Zuteilen eines amtlichen Kennzeichens.“
Hieraus schließt das Gericht – auch wenn es im Wortlaut nicht expressis verbis zum Ausdruck kommt – dass im vorliegenden Fall zunächst eine technische Betriebserlaubnis oder Einzelgenehmigung vorliegen muss.
Zulassungsfreie Kraftfahrzeuge gem. § 3 Abs. 2 Ziffer 1 der Fahrzeugzulassungsverordnung liegen nicht vor. In Betracht käme lediglich der Buchstabe g) aus der Ziffer 1 des Absatzes 2, nämlich „Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 1 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 6. Juni 2019 in der jeweils geltenden Fassung“. Ein derartiges Fahrzeug liegt jedoch in keinem der fünf Fälle vor. Gemäß § 1 Abs. 1 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung fallen unter diese Vorschrift nur Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Die Fahrzeuge des Klägers weisen jedoch alle eine höhere Höchstgeschwindigkeit auf.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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