IT- und Medienrecht

Leasingvertrag für Kraftfahrzeug nicht wirksam zustande gekommen

Aktenzeichen  231 C 18547/17

Datum:
30.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 147051
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 145
BGB § 147
BGB § 157
BGB § 133

 

Leitsatz

Die von einem Leasingunternehmen an die Teilnehmer einer vorangegangenen Werbeaktion eines Mobilfunkanbieters versandten Vertragsunterlagen stellen nicht bereits ein Angebot auf Abschluss eines Leasingvertrages dar, welches die Klägerin hätte annehmen können. Vielmehr handelt es sich um eine reine invitatio ad offerendum, aus der sich lediglich die generelle Vertragsbereitschaft des Leasingunternehmens ergibt, jedoch noch nicht sein Wille, mit jedem beliebigen Interessenten einen Leasingvertrag abschließen zu wollen. (Rn. 16)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 2.066,67 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
Ein wirksamer Leasingvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen.
Verträge kommen durch Angebot und Annahme zustande, §§ 145 ff. BGB. Hieran fehlt es vorliegend.
I.
Die von der Beklagten versandten Vertragsunterlagen stellen nicht bereits ein Angebot auf Abschluss eines Leasingvertrages dar, welches die Klägerin hätte annehmen können. Vielmehr handelt es sich um eine reine invitatio ad offerendum, aus der sich lediglich die generelle Vertragsbereitschaft der Beklagten ergibt, jedoch noch nicht ihr Wille, mit jedem beliebigen Interessenten einen Leasingvertrag abschließen zu wollen.
a) Charakteristisch für eine invitatio ad offerendum ist insoweit, dass es sich lediglich um eine unverbindliche Äußerung im vorvertraglichen Bereich handelt. Maßgeblich hierfür ist die Sicht des objektiven Empfängerhorizonts, §§ 133, 157 BGB (vgl. MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 145 Rn. 10). Bei Werbung, die an eine Vielzahl von Personen gerichtet ist, handelt es sich regelmäßig nur um eine Aufforderung zu einem Vertragsantrag. Der Werbende wird nämlich zumeist nur abschließen wollen, wenn ihm der Vertragsinteressent solvent erscheint; in anderen Fällen wird er ein Interesse daran haben, vor Vertragsschluss seine Lieferfähigkeit sicherzustellen (MüKoBGB/Busche, aaO, Rn. 11).
b) So liegt es hier. Die Beklagte will nicht mit jedem Kunden der X GmbH einen Leasingvertrag schließen. Gerade in diesem Bereich, in dem Fahrzeug und damit Güter von gewissem Wert überlassen werden, kommt es der Beklagten auf die Solvenz des einzelnen Kunden entscheidend an und es kann nicht angenommen werden, die Beklagte würde sich mit einer Bonitätsprüfung, deren Ausgang sie im Übrigen überhaupt nicht kennt oder kennen kann, eines anderen Unternehmens begnügen. Zudem muss die Beklagte sicherstellen können, dass jeweils genügend Fahrzeuge des gewünschten Typs zur Verfügung stehen. Sie kann auch aus diesem Grund nicht daran interessiert sein, mit jedem potentiellen Abnehmer, deren Zahl sie vorher nicht abschätzen kann, einen Vertrag schließen zu wollen. Dies ergibt sich zwanglos aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers. Zudem hat die Beklagte in ihrer E-Mail-Nachricht vom 30.03.2017 an die Klägerin deutlich gemacht, dass der Vertrag nicht ohne eine Annahme durch die Beklagte zustande kommt. Anders kann die Aussage, die Beklagte sie „[behalte] sich vor, den Vertrag nicht anzunehmen […]“, aus objektiver Sicht nicht aufgefasst werden. Überdies ist in der gleichen E-Mail unter dem Punkt „So geht es weiter“ ausgeführt, dass zunächst eine Bestätigung der Bestelldaten erfolgt, anschließend eine Identifikationsfeststellung und abschließend eine Bonitätsprüfung. Hierdurch wird äußerst deutlich, dass vor Durchlaufen dieser Schritte kein Vertragsschluss erfolgt.
I.
Das maßgebliche Vertragsangebot wurde demnach von der Klägerin unterbreitet. Eine Annahme dieses Angebots (§ 147 BGB) durch die Beklagte ist jedoch nicht erfolgt.
a) Die Klägerin ist für eine entspreche Tatsachenbehauptung darlegungs- und beweisbelastet. Trotz gerichtlichem Hinweis hat sie jedoch nicht plausibel darlegen können, worin die Annahme eines seitens der Klägerin unterbreiteten Angebots durch die Beklagte liegen soll.
b) Weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Annahmeerklärung sind vorgetragen oder ersichtlich. Die Beklagte hat nichts getan oder erklärt, dass eine Annahme darstellen könnte. Allein schon der Umstand, dass am 04.05.2017 noch Gehaltsnachweise angefordert wurden, zeigt, dass von einem wirksamen Vertrag nicht ausgegangen werden konnte. Der Klägerin war in der E-Mail vom 03.03.2017 unter „So geht es weiter“ von der Beklagten mitgeteilt worden, dass in jedem Fall vor Vertragsschluss zunächst eine Bonitätsprüfung erfolgt – welche offenbar nunmehr vorgenommen werden sollte – und erst anschließend die Beklagte über die Annahme des Angebots der Klägerin entscheiden wird. Zudem ist in E-Mail vom 04.05.2017 weiterhin nur vom „Angebot 1…“ die Rede, nicht hingegen von einem etwaigen Vertrag.
c) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, es läge eine aufschiebend bedingte Annahme unter der Bedingung vor, dass die Klägerin den Vertrag mit der X GmbH nicht innerhalb Widerrufsfrist storniert, geht diese Argumentation fehl. Zum einen geht die Klägerin bei dieser Argumentation offenbar selbst davon aus, dass das Vertragsangebot von der Klägerin unterbreitet worden sein muss, anderenfalls hätte es keiner Annahme durch die Beklagte bedurft. Dies steht aber im Widerspruch zum sonstigen – bereits einen Absatz weiter erneut erfolgenden – Vortrag der Klägerin, wonach es gerade die Klägerin sei, die ein Angebot der Beklagten angenommen hätte. Zum anderen ergibt sich aus der betreffenden E-Mail klar, dass die Erklärung der Annahme durch die Beklagten vorbehalten bleibt und ggf. nicht erfolgen wird, falls seitens der Klägerin der Widerruf erklärt wird. In der gleichen E-Mail hatte die Beklagte zudem dargestellt, welche Schritte vor einem eventuellen Vertragsschluss im Einzelnen durchlaufen werden müssen. Unter Beachtung der §§ 133, 157 BGB kann deshalb in keinem Fall geschlossen werden, es läge eine (korrekt: auflösend) bedingte Annahme durch die Beklagte vor.
d) Der Klägerin ist zuzugeben, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung in der E-Mail vom 15.05.2017 (Anlage K5) missverständlich ist, da im Betreff von einem Leasingantrag, im Text jedoch von einem Leasingvertrag die Rede ist. Dies kann unter Zugrundelegung des Maßstabs der §§ 133, 157 BGB aber ebenfalls keine Annahmeerklärung der Beklagten begründen, da ausdrücklich das fehlende Zustandekommen des Vertrages mitgeteilt wird.
I.
Soweit die Klägerin sich auf etwa unwirksame Klauseln beruft, ist zum einen unklar, welche dies konkret sein sollen und zum anderen darauf hinzuweisen, dass mangels Vertragsschlusses bereits keine AGB vereinbart worden sein können, die einer Prüfung durch das Gericht bzw. einer Klauselunwirksamkeit zugänglich wären.
I.
Ein von der Klägerin zuletzt vertretener Kontrahierungszwang besteht nicht. Der Vertragsschluss in Form von Angebot und Annahme ist Sinnbild für die Ausübung der im bürgerlichen Recht geltenden Vertragsfreiheit (MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, vor § 145 Rn. 12). Da jeder Kontrahierungszwang einen starken Eingriff in die Vertragsfreiheit und damit in die Grundlagen des Privatrechts darstellt, ist ein solcher Zwang nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen anzunehmen, etwa bei Geschäften der Daseinsvorsorge, im Kartellrecht oder nach dem AGG. Ersichtlich liegt hier jedoch keiner dieser oder einer der anderen anerkannten Ausnahmefälle vor (vgl. ausführlich zu den verschiedenen Fallgruppen BeckOK BGB/H.-W. Eckert, 43. Ed., 15.06.2017, § 145 Rn. 12 ff.). Die Beklagte war deshalb nicht verpflichtet, einen Vertrag mit der Klägerin zu begründen.
Ein die Klageanträge stützender Leasingvertrag kam mithin nicht zustande. Die Klage war vollumfänglich abzuweisen.
II.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 21.11.2017 konnte der Entscheidung zugrunde gelegt werden, ohne dass der Beklagten zuvor eine Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt wurde. Die Berücksichtigung des betreffenden Schriftsatzes führte zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert wurde nach §§ 3 ZPO, 41 Abs. 1 S. 1 GKG festgesetzt. Die vorgesehenen Leasingraten waren hierfür mit der streitgegenständlichen Laufzeit zu multiplizieren.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben