IT- und Medienrecht

Mangels Rechtsschutzinteresses unzulässige auf Berücksichtigung eines von einem Journalistenverband ausgestellten Presseausweises

Aktenzeichen  M 10 K 18.3391

Datum:
23.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 33919
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art.3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2
VwGO § 40 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Wird ein von einem Journalistenverband ausgestellter Presseausweis bereits als geeignete Legitimation bzw. Nachweis für presserechtliche Zugangs- und Auskunftsansprüche von Journalisten anerkannt, geht eine auf entsprechende Feststellung gerichtete Klage ins Leere und ist damit mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.  (Rn. 21 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit es um die Geltendmachung presserechtlicher Ansprüche geht, kann ein Journalistenverband keine eigenen Rechte geltend machen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für einen Anspruch auf Gleichbehandlung des von ihm ausgestellten Verbandspresseausweises mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis fehlt es an einer gesetzlich geregelten materiellen Rechtsposition, der einem Journalistenverband zustehen könnte. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist in Haupt- und Hilfsantrag unzulässig. Sowohl für den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, den Presseausweis des Klägers in gleicher Weise wie den sog. bundeseinheitlichen Presseausweis zu achten als auch für den Feststellungsantrag, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Presseausweis des Klägers in gleicher Weise wie den bundeseinheitlichen Presseausweis zu achten, fehlt es schon am für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Kläger sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt (vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor §§ 40 bis 53, Rn. 11 und 16 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – BverwGE 78, 85 bis 93).
Der Kläger möchte – durch Verurteilung des Beklagten oder durch Feststellung einer Pflicht des Beklagten hierzu – erreichen, dass von ihm als Verband seinen Mitgliedern ausgestellte Presseausweise (siehe www.d…v.org/m…html) in gleicher Weise geachtet werden, also die gleiche Legitimationswirkung für ihre Inhaber entfalten (nach Angaben des Klägers nur hauptberufliche Journalisten), denen ein presserechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Behörden zusteht, wie der bundeseinheitliche Presseausweis, der aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Vorsitz der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder und dem Trägerverein des Deutschen Presserats e.V. vom 30. November 2016/1. Dezember 2016 von der Ständigen Kommission des Deutschen Presserats e.V. ausgestellt wird.
Durch die Verurteilung des Beklagten entsprechend Klageantrag 1 bzw. die Verpflichtung des Beklagten entsprechend Klageantrag 2 erreicht der Kläger jedoch keinerlei Besserstellung gegenüber der derzeitigen Handhabung des Beklagten, den vom Kläger ausgestellten Presseausweis ohnehin für Zutrittsrechte oder Auskunftsansprüche der Inhaber dieser Ausweise zu akzeptieren, wie dies auch gegenüber Inhabern des bundeseinheitlichen Presseausweises geschieht.
Der Beklagte hat bereits vor Klageerhebung dem Kläger zugesichert, die von diesem ausgestellten Presseausweise in gleicher Weise zu akzeptieren wie den bundeseinheitlichen Presseausweis. Der Beklagte hat auch im Klageverfahren vorgetragen, dass der vom Kläger ausgestellte verbandseigene Presseausweis als Nachweis für die Zugehörigkeit zur Presse und damit auch als Nachweis für den Inhaber des Ausweises zur Geltendmachung presserechtlicher Auskunftsansprüche anerkannt werde. So habe auch die Bayerische Staatskanzlei mit Schreiben vom 13. September 2018 bestätigt, dass für die Akkreditierung zu Veranstaltungen der Staatskanzlei der bundeseinheitliche Presseausweis keine zwingende Voraussetzung sei. Medienvertreter seien in keinem Fall deshalb zurückgewiesen worden, weil sie keinen bundeseinheitlichen Presseausweis vorgelegt hätten.
Soweit der Kläger eine andere Handhabung rügt, dass also die von ihm ausgestellten Presseausweise von den Behörden und Dienststellen des Freistaats Bayern nicht als in gleicher Weise legitimierende Ausweise wie auch der bundeseinheitliche Presseausweis behandelt würden, gibt es hierfür keine belastbaren Nachweise.
Soweit der Kläger mit der Klageschrift eine beispielhafte Zusammenstellung von Akkreditierungshinweisen der Bayerischen Staatskanzlei vorgelegt hat (Anlage K 21) ist zwar zutreffend, dass dort Hinweise auf den bundeseinheitlichen Presseausweis enthalten sind. In der Einladung der Bayerischen Staatsregierung zum Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten vom 15. Dezember 2017 (K 21.1) ist u.a. als notwendige Angabe vorgesehen eine „Kopie des für den Zeitpunkt der Veranstaltung gültigen Presseausweises (Hinweis: bundeseinheitlicher Presseausweis ab 1.1.2018!)“. In der Einladung anlässlich der 54. Münchner Sicherheitskonferenz vom 7. Februar 2018 (K 21.2) sind u.a. als erforderliche Angaben vorgesehen: „Nr. und Aussteller des Presseausweises, Art der Tätigkeit (z.B. Fotograf/in, Kameramann/-frau usw.). Bitte beachten Sie, dass ab 1. Januar 2018 der bundeseinheitliche Presseausweis gilt!“. In den Hinweisen für Berichterstatter auf Termine von Staatsminister Dr. M2. H. vom 13. Februar 2018 (K 21.3) ist ausgeführt: „Zur Akkreditierung senden Sie … eine Kopie … und des aktuellen Presseausweises (Hinweis: bundeseinheitlicher Presseausweis ab 1.1.2018!) an die Medienbetreuung der Bayerischen Staatskanzlei“. Laut dem Terminhinweis zur Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises 2018 durch den Ministerpräsidenten vom 19. April 2018 (K 21.4) sollen Journalisten das beiliegende Akkreditierungsformular ausfüllen und es „gemeinsam mit einer Kopie des für das Jahr 2018 gültigen Presseausweises (Hinweis: bundeseinheitlicher Presseausweis ab 01.01.2018)“ an die Bayerische Staatskanzlei senden.
Aus den zitierten Hinweisen ergibt sich schon vom Wortlaut her nicht, dass ausschließlich der zum 1. Januar 2018 neu eingeführte bundeseinheitliche Presseausweis für eine Zulassung bzw. Akkreditierung eines Medienvertreters zwingende Voraussetzung sein soll. Vielmehr ist in diesem Hinweis auch jeweils vorgeschaltet das allgemeine Verlangen nach einem gültigen Presseausweis, woraus sich entnehmen lässt, dass durchaus auch andere Presseausweise für einen Nachweis der journalistischen Tätigkeit eines Anzumeldenden als ausreichend angesehen werden.
Darüber hinaus hat die Bayerische Staatskanzlei mit dem Schreiben vom 13. September 2018, das mit der Klageerwiderung vorgelegt wurde, darauf hingewiesen, dass auf den genannten Hinweis zukünftig verzichtet werde, um möglichen Missverständnissen vorzubeugen. Dies ist so zu verstehen, dass auf den neu eingeführten bundeseinheitlichen Presseausweis nicht mehr hingewiesen wird, um gerade nicht den Eindruck zu erwecken, dass nur dieser bundeseinheitliche Presseausweis eine Akkreditierung bzw. einen Zugang und Auskunftsansprüche ermöglichen würde.
Der Kläger konnte demgegenüber nicht dartun, dass Journalisten, die vom Kläger ausgestellte Presseausweise vorlegten, vom Beklagten hinsichtlich Zugang zu Veranstaltungen oder Auskunftsansprüchen zurückgewiesen worden wären, weil sie keinen bundeseinheitlichen Presseausweis zur Legitimation gehabt hätten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger mit Schriftsatz vom 8. April 2019 vorgelegten weiteren Anlagen (K28), wonach einzelne Inhaber des vom Kläger ausgestellten Presseausweises aus diesem Grunde zurückgewiesen worden wären. Der Mailausdruck des Mitglieds T. T. vom 20. Dezember 2017 führt aus, „dass unsere Mitarbeiter bei etlichen Veranstaltungen wie Messen oder Events der Bayerischen Staatskanzlei nicht mehr akkreditiert werden“. Dies kann sich auf keine faktischen Zurückweisungen beziehen, sondern nur als eine möglicherweise aus den früheren Hinweisen der Bayerischen Staatskanzlei sich ergebende Befürchtung verstanden werden. Denn zum Zeitpunkt der Mail (20.12.2017) gab es den – erst ab dem 1. Januar 2018 ausgestellten – bundeseinheitlichen Presseausweis noch nicht. Weitere Mails betreffen die angebliche Zurückweisung von der Buchmesse Leipzig (drei verschiedene Rügen), die Nichterkennung des vom Kläger ausgestellten Ausweises bei der Messe Düsseldorf, keine Akzeptanz des klägerischen Ausweises beim Bundestag, die Nichtzulassung eines Fotografen ohne bundeseinheitlichen Presseausweis durch die Polizei zu einem Unfall in der R. Straße in Berlin und eine Zurückweisung eines mit dem klägerischen Presseausweis sich legitimierenden Pressevertreters durch die Polizei Emsland. Diese Zurückweisungen oder Nichtanerkennungen erfolgten gerade nicht durch Behörden oder Dienststellen des Beklagten und sind ihm nicht zuzurechnen. Auch aus den sonst vorgelegten Unterlagen (verschiedentliche Beschwerdeschreiben oder Kündigungen der Mitgliedschaft beim Kläger) haben keinen Bezug zu Zurückweisungen oder dem Verweigern von Auskünften gegenüber Mitgliedern des Klägers, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen könnten.
Auch zu der Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2019, dass nach Erkenntnissen des Innenministeriums von den nachgeordneten Behörden und Dienststellen des Beklagten der Presseausweis des Klägers anerkannt werde, konnte der Kläger keine abweichenden Fälle benennen. Zudem hat der Beklagte ausgeführt, dass ein entsprechender Hinweis auf die Akzeptanz des klägerischen Ausweises an nachgeordnete Behörden erfolgen werde, soweit eine anderweitige dortige Handhabung bekannt werde.
Nachdem der Beklagte damit ohnehin bereits den vom Kläger als Journalistenverband ausgestellten Presseausweis als geeignete Legitimation bzw. Nachweis für presserechtliche Zugangs- und Auskunftsansprüche von Journalisten ansieht, geht die Klage sozusagen ins Leere, sie ist damit unzulässig. Der Kläger kann nicht mehr erreichen, als der Beklagte ohnehin bereits getan hat und für die Zukunft auch zugesichert hat, womit eine Verbesserung der Rechtsposition des Klägers bei der Stattgabe zu den gestellten Anträgen nicht erreicht wird.
Damit kann dahinstehen, ob dem Kläger darüber hinaus überhaupt eigene subjektiv-öffentliche Rechte zustehen können, die er im vorliegenden Klageverfahren verfolgen kann. Ein Presseausweis, egal von welchem Verband oder welcher Organisation ausgestellt, dient letztlich immer – jedenfalls gegenüber einem Hoheitsträger wie dem Beklagten – der individuellen Geltendmachung eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs. Ein derartiger Anspruch (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG; in Bayern nach Art. 4 Bayerisches Pressegesetz vom 19.4.2000 – BayPrG) steht der Presse, also nach wohl herrschender Meinung Journalisten, Redakteuren, Zeitungsverlegern und Zeitungsherausgebern zu. Originäre presserechtliche Ansprüche stehen dagegen nicht dem Kläger zu, der als Verband von Journalisten als berufsständische Vertretung auftritt. Soweit es um die Geltendmachung presserechtlicher Ansprüche geht, kann der Kläger also keine eigenen Rechte geltend machen.
Zudem gibt es für die Herausgabe und Anerkennung von Presseausweisen keinerlei Rechtsgrundlagen im Bundes- oder Landesrecht. Die Herausgabe des bundeseinheitlichen Presseausweises durch die Ständige Kommission des Deutschen Presserats erfolgt lediglich auf vertraglicher Grundlage. Soweit der Kläger damit eine Gleichbehandlung des von ihm ausgestellten Verbandspresseausweises mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis anstrebt, fehlt es hierfür schon an einer gesetzlich geregelten materiellen Rechtsposition, in welcher der Kläger eine Gleichbehandlung jedenfalls durch den Beklagten verlangen könnte.
Damit ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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