IT- und Medienrecht

Nachträgliches Wettbewerbsverbot für Partnerin eines Fitnessstudios

Aktenzeichen  5 O 16652/15

Datum:
24.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZVertriebsR – 2017, 310
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 90a
GG Art. 12 Abs. 1
BGB § 138

 

Leitsatz

1. Die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 GG wird nicht unangemessen beschränkt, wenn der Partnerin eines Fitnessstudios durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht die Betätigung im Fitnessstudio-Bereich als solches verwehrt wird, sondern nur die Betätigung in Fitnessstudios, die den selben Schwerpunkt haben.  (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Klägerin muss für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbverbots darlegen und beweisen, inwieweit ihr durch den Wettbewerbsverstoß Gewinn entgangen ist, zB durch Belege, nach denen Kunden, die ansonsten zu einer ihrer Filialen gegangen wären, durch den Betrieb des Fitnessstudios der Beklagten ihr Angebot nicht wahrgenommen haben. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Anspruch auf Karenzentschädigung besteht insoweit nicht, als die Beklagte gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen hat. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, im ehemaligen Vertragsgebiet PLZ … bis 29.03.2016 jeglichen Wettbewerb mit der Klägerin zu unterlassen, d.h. sich weder unmittelbar noch mittelbar an einem Unternehmen zu beteiligen, ein Unternehmen zu erwerben oder zu errichten noch für ein anderes Unternehmen in irgendeiner Form unmittelbar oder mittelbar selbstständig oder unselbstständig tätig zu sein, das im Fitnessstudiobereich mit EMS-Training tätig ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 50 % und die Beklagte 50 % zu tragen.
4. Das Urteil ist für Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 24.058,56 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
A. Zulässigkeit
Das Landgericht München I ist örtlich zuständig.
Die Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 11 des Partnervertrages vom 29.03.2010 (K1) ist wirksam.
Gemäß § 38 Abs. 1 ZPO wird ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtzuges durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute sind.
Für die Kaufmannseigenschaft reicht es aus aus, dass durch den Vertrag, ein kaufmännisches Unternehmen gegründet wird (OLG Düsseldorf, NJW 1998, 2980). Wenn die alsbaldige Entfaltung zu einem vollkaufmännischen Betrieb bevor stehe, dann gehört auch die Vorbereitungstätigkeit schon zum Gewerbebetrieb. Damit ist auch ein in Entwicklung befindlicher Betrieb als vollkäufmännischer Betrieb anzusehen (OLG Schleswig, Urteil vom 12.11.2009 – 16 U 30/09).
Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist daher wirksam und das Landgericht München I örtlich zuständig.
B. Franchisevertrag
Es handelt sich bei dem Partnervertrag (K1) um einen Franchisevertrag.
Der Franchisevertrag ist gekennzeichnet durch die entgeltliche Überlassung einer Gesamtheit von Rechten an gewerblichen und/oder geistigen Eigentum, die zum Weiterverkauf von Waren oder zu Erbringung von Dienstleistungen an den Endverbraucher unter gemeinsamen Namen oder Zeichen und einheitlicher Aufmachung und mit fortlaufender kommerzieller oder technischer Unterstützung des Franchisenehmers durch den Franchisegeber. Dieser Vertragstyp enthält insbesondere auch die Pflicht sich an das vom Franchisegeber bereitgestellte Konzept zu halten und ist dabei in dessen Weisungs- und Kontrollsystem einbezogen (Münchner Kommentar, BGB, 6. Auflage 2012, § 581, Rn. 19).
Schon nach der Präambel des Partnervertrags (K1) wird darauf hingewiesen, dass die Franchise-Studios nach einheitlichen Regeln, insbesondere hinsichtlich der Vorgehensweise, des Logos, Slogans, der Ausstattung und Präsentation, des Leistungsangebots sowie der Betriebs- und Vertriebsmethoden geführt und am Markt einheitlich unter der Marke … auftreten.
Weiterhin werden auch eine laufende Weiterbildungen des Partners und seiner Mitarbeiter Gegenstand des Vertrages (vgl. Ziffer 1.1 der Anlage K1), somit ist auch eine laufende Betreuung vereinbart. Auch das einheitliche Bild wird in Ziffer 1.2 vereinbart. Es handelt sich somit um einen Franchisevertrag.
C. Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
I. Die Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in Ziffer 7.6 des Partnervertrages und der Anlage 9 ist wirksam.
Auf einen Franchisevertrag (vgl. B.) findet § 90 a HGB analoge Anwendung (Baumbach/Hopt, HGB, 33. Auflage, § 90 a, Rn. 5).
Die Voraussetzungen des § 90 a HGB wurden erfüllt.
Es handelt sich um eine schriftliche Abrede, welche der Beklagten ausgehändigt wurde.
Die Höchstdauer von 2 Jahren wird sogar unterschritten, es ist nur eine einjährige Dauer vereinbart.
In örtlicher Hinsicht ist das Vertragsgebiet hinreichend konkret bestimmt.
In der Anlage 4 im zweiten Bild ist das Vertragsgebiet auf einer Karte schraffiert dargestellt und außerdem noch mit einer Postleitzahlbeschreibung versehen. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist somit genüge getan. Sollte das Postleitzahlgebiet größer sein als der schraffierte Bereich, so würde der kleinere Bereich gelten.
Aus der wörtlichen Ungleichheit von … bzw. … Konzept erfolgt keine Unwirksamkeit der Regelung. Insoweit ist die Regelung auslegungsfähig. Es geht gerade auch im Zusammenhang mit dem restlichen Vertrag um Sportstudios, die ebenfalls ein EMS-Training anbieten.
II. Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 12 GG i.V.m. § 138 BGB vor. Durch das vereinbarte nachträgliche Wettbewerbsverbot wird der Beklagten nicht die Betätigung im Fitnessstudio-Bereich als solches verwehrt, sondern wie sich aus der Auslegung der Verträge ergibt nur die Betätigung in Fitnessstudios die ebenfalls als einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ein EMS-Training anbieten. Daher ist die Berufsausübungsfreiheit nicht in einem unangemessene Maße beschränkt.
III. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist somit wirksam vereinbart.
D. Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot
Indem die Beklagte am exakt gleichen Standort die Inhaberin eines anderen Fitnessstudios war, in dem ebenfalls EMS-Training angeboten wird hat sie gegen das wirksam vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen. Dabei kommt es nicht auf die Formulierung … Konzept oder … an, da in beiden Fällen ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vorliegt.
Die Klägerin hat daher gegen die Beklagte bis zum 29.03.2016 – Ende des vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots – einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte. Auch die vorgelegte Gewerbeabmeldung wird die Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen und jedenfalls aber auch nicht vorgetragen.
Der Unterlassungsanspruch war jedoch nur insoweit zuzusprechen, als dass der Fitnessstudiobereich weiter konkretisiert wurde. Insoweit war der Antrag der Klägerin auslegungsfähig. Es waren Tätigkeiten im Fitnessstudiobereich mit EMS-Training gemeint.
E. Schadensersatzanspruch
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 12.680,26 EUR.
Die Beklagte hat zwar schuldhaft gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, hierdurch ist der Klägerin jedoch kein kausaler Schaden entstanden.
Die durch die Beklagte vor der ordentlichen Kündigung bezahlten Gebühren stellen keinen Schaden dar. Diese Gebühren hätte die Klägerin auch nicht erhalten, wenn sich die Beklagte an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gehalten hätte. Sie hätte insoweit darlegen und beweisen müssen inwieweit durch den Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot ihr in welcher Weise ein Gewinn entgangen ist, z.B. durch Belege, dass bestimmte Kunden die ansonsten zu einer ihrer Filialen gegangen wären, dadurch dass an diesem Standort ein anderes Fitness-Studio mit ähnlichen Angeboten durch die Beklagte betrieben wird, dieses Angebot bei der Klägerin nicht wahrgenommen haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht Mieterin der Räume des Gebäudes war und somit auch keinen Eintrittsanspruch diesbezüglich gehabt hätte. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in der näheren Umgebung keine andere Filiale der Klägerin gegeben ist. Die Kausalität des Schadens ist daher nicht nachgewiesen.
Insoweit war auch der Feststellungsantrag in Ziffer III des Klageantrags abzuweisen.
F. Vertragsstrafe
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe von 10.000,00 EUR aus der Vertragsstrafe.
Die Vertragsstrafe in der Anlage 9 des Partnervertrages ist wirksam vereinbart. Es kommt nicht darauf an, ob der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs wirksam vereinbart wurde oder nicht, da jedenfalls nur eine einmalige Vertragsstrafe für den gesamten Zeitraum der Vertragsverletzung geltend gemacht wird. Selbst wenn dieses unwirksam sein sollte, so wäre die Vereinbarung nicht im Ganzen unwirksam. Die Passage könnte insoweit gestrichen werden, ohne dass die restliche Vereinbarung an Bedeutung verlieren würde. Der sogenannte „Blue-Pencil-Test“ könnte daher erfolgreich durchgeführt werden.
Es kommt weiterhin nicht darauf an, ob das einseitige Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin in der Vereinbarung wirksam vereinbart wurde oder nicht, da jedenfalls die Höhe der Vertragsstrafe auch aus Sicht des Gerichts angemessen ist.
10.000, 00 EUR bei einem einjährigen Verstoß, somit also 833,33 EUR pro Monat sind angemessen.
G. Karenzentschädigung
Die Beklagte hat keinen Anspruch auf eine Zug-um-Zug Verurteilung in Bezug auf eine Karenzentschädigung. Diese Entschädigung steht ihr insoweit nicht mehr zu, als dass sie gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen hat (vgl. oben). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin ihr vor diesem Verstoß ein unangemessenens Angebot gemacht hat oder nicht. Die Beklagte hätte ihren Anspruch auf eine angemessen Entschädigung gegenüber der Klägerin geltend machen können, notfalls auch z.B. im Rahmen einer Klage.
H. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Zinsbeginn ist der 27.10.2015.
I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.
J. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
K. Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem Zahlungsantrag in Höhe von 22.680,26 EUR und dem Feststellungsantrag über 39,38 EUR für 5 Wochen somit 1.378,30 EUR. Für den Unterlassungsantrag in Ziffer I sind keine weiteren Gebühren anzusetzen (vgl. Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 3 Rn. 16).


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