IT- und Medienrecht

Pflichtangaben zum Energieverbrauch in einer Immobilienanzeige

Aktenzeichen  1 HK O 75/16

Datum:
23.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2017, 105243
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG UWG § 5a Abs. 2
EnEV EnEV § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

Ein Immobilienmakler handelt unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen unlauter, wenn in der von ihm geschalteten Immobilienanzeige die Angabe des wesentlichen Energieträgers für die Heizung der angebotenen Immobilie fehlt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstand,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu dem im Energieausweis angegebenen wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der Zeitung … vom … für die Immobilie „Gemütliches Bauernhaus in , 5 Zimmer, Wohnfläche ca. 100 m2“, die wie folgt wiedergegeben ist:
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozente punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.10.2016 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

1. Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG prozessführungsbefugt und aktiv legitimiert. Er. ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKG eingetreten (vgl. Anlage K 1).
2. Der Kläger stützt seine Klage auf die aus seiner Sicht in der angegriffenen Immobilienwerbung (Anlage K 4) liegende Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung des § 16 a Abs. 1 EnEV. In Absatz 1 Nr. 1 bis 5 ist im Einzelnen aufgeführt, welche Pflichtangaben in Bezug auf den Energieverbrauch in einer Immobilienanzeige zu tätigen sind. Vorliegend fehlt in der angegriffenen Anzeige die Angabe des wesentlichen Energieträgers für die Heizung gemäß §§ 16 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnEV.
a. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Angabe zum Hauptenergieträger durch die Fotografie des Zimmerausschnitts gemacht worden ist. In der Tat ist auf diesem Bild zwar ein Holzofen zu sehen. Dies lässt aber nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass das gesamte Haus mit Holz zu heizen ist. Vielmehr steht in einer Vielzahl von Wohnungen ein Holzofen als zusätzliche Wärmequelle oder schlicht zur Dekoration. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass das Bild in Verbindung mit dem (angegebenen) hohen Verbrauch auf Holz schließen lässt, kann dem auch nicht gefolgt werden. Dies könnte auch auf einer äußerst schlechten Isolierung des Hauses beruhen.
b. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die fehlenden Angaben über die in der Anzeige angegebene Online-ID zu erhalten sind. Es ist ausdrücklich normiert, dass in der Immobilienanzeige die Angaben zu machen sind und nicht auf einer Homepage, auf die man weitergeleitet wird. Das Gesetz würde insoweit leer laufen. Eine erste Information des Interessenten ist so nicht möglich. Angesprochen wird der Verbraucher durch die Anzeige. Ob hier dann weitere Informationen online eingeholt werden können, kann dahinstehen, zumal nicht jeder zwangsläufig zunächst auf die Homepage geht, sondern direkt mit der Vermittlerin Kontakt aufnimmt.
c. Unabhängig von der Frage, ob der Makler als Normadressat anzusehen ist und ein Verstoß gegen § 3 UWG vorliegt, steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen im Sinne von § 5 a Abs. 2 UWG zu.
Gemäß § 5 a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer. im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält/die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Ziff. 1) und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Ziff. 2).
aa. Die Information zur Art der Heizung ist im wesentlichen Sinne von § 5 a Abs. 2 UWG. Eine Information ist nicht allein schon deshalb wesentlich, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn sie einerseits für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht hat, ihre Mitteilung andererseits unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interesse von Unternehmer erwartet werden kann (vgl. BGH GRUR2012, 1275).
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Information als wesentlich anzusehen ist, ist das Interesse des Unternehmers zu berücksichtigen, die Information nicht zu erteilen. In der Interessenabwägung mit einzustellen sind der zeitliche und der kostenmäßige Aufwand des Unternehmers für die Beschaffung der Information, die für den Unternehmer mit der Informationsteilung verbunden Nachteile sowie möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbelange.
Ein schutzwürdiges Interesse der als Immobilienmakler tätigen Beklagten nicht über den Heizungsträger zu informieren, ist nicht erkennbar. Ihr ist zuzumuten, die verlangten Information zu erteilen. Die Information lag der Beklagten bereits vor da sie in ihrem Expose darauf hinweist. Ein kostenmäßiger Aufwand ist allenfalls geringfügig, da die anderen Pflichtangaben bereits gemacht wurden. Die mit der Informationsverteilung verbundenen Nachteile hat die Beklagte hinzunehmen. Die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittel stehen der Erteilung der in Rede stehenden Information nicht entgegen. Die Angabe des Energieträgers hätte ohne Probleme in der Anzeige mit aufgenommen werden können. Ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse ist nicht erkennbar.
Demgegenüber hat die Information durch den Verbraucher eine besondere Bedeutung hinsichtlich der zu treffenden geschäftlichen Entscheidung. Hinsichtlich des Entschlusses zum Ankauf des betreffenden Gebäudes ist es für den durchschnittlichen Verbraucher von erheblichem Interesse zu erfahren, mit welchem Energieträger das Haus geheizt wird. Es erlaubt ihm einen möglichst frühzeitigen Eindruck von der energetischen Qualität des Gebäudes und damit zugleich die Möglichkeit zu einem überschlägigen Vergleich der Kosten für Heizwärme mit anderen Immobilienangeboten. Die Angaben zum Energieträger für die Heizung lassen insoweit Rückschlüsse für den Interessenten darauf zu, welche Kosten und bei Holz auch Mühen ihn zur Heizung des Gebäudes erwarten.
Die besondere Bedeutung ergibt sich auch aus der Regelung des §16 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 EnEV, Der. Ordnungsgeber hat die in der Norm genannten Informationen als wesentlich an gesehen („Pflichtangaben“). Handele es sich lediglich um unbedeutende Informationen, bedürfte es nicht der Regelung des § 16 a EnEV (vgl. hierzu auch OLG Hamm, Urteil vom 4. August 2016,14U 137/15).
bb. Aus den im Urteil des OLG München angeführten Gründen ( 6 U 4725/15, vgl. Anlage K 29), dem sich das Gericht anschließt, handelt es sich bei der in der Immobilienanzeige unterlassenen Angabe zu der Art des Energieträgers für die Heizung dieser Immobilie um eine wesentliche Information, die die Beklagte den von der streitgegenständlichen Anzeige angesprochenen Verbraucher vorenthält. Der Verbraucher benötigt nach den Umständen die Information um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.
Eine geschäftliche Entscheidung ist hier jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, die Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG). Die in Rede stehenden Informationen benötigt der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Objekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspricht.
cc. Das Vorenthalten der betreffenden Information ist geeignet dem Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Unzureichende energiebezogene Informationen im Hinblick auf die Energieträger könnten den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu den Beklagten im Hinblick auf einen Kauf des Hauses aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte der Verbraucher ggf. nicht getroffen, wenn er sich anhand der Angabe der Immobilienanzeige bereits frühzeitig über den Energieträger der Immobilie hätte informieren können. Insoweit kann der Beklagte sich auch nicht darauf berufen, dass den Interessenten die Möglichkeit gegeben wurde, mittels der Online-ID des Expose einzusehen (vgl. obige Ausführung zu 2b.).
3. Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr wird aufgrund des vorliegenden Wettbewerbsverstoßes tatsächlich vermutet. Umstände die geeignet sind/diese Vermutung zu widerlegen/sind nicht ersichtlich.
4. Abmahnkosten:
Aufgrund der festgestellten Wettbewerbsverletzung ist der Beklagte auch zur Erstattung der klägerseits geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verpflichtet. Die Abmahnung vom 5.8.2016 (Anlage K 5) war berechtigt. Hinsichtlich der Höhe wurden keine Einwände erhoben.
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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