IT- und Medienrecht

Reichweite des Datenauskunftsanspruchs nach der Datenschutzgrundverordnung im Verhältnis zu einer Lebensversicherungsgesellschaft

Aktenzeichen  VI ZR 576/19

Datum:
15.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:150621UVIZR576.19.0
Normen:
Art 4 Nr 1 EUV 2016/679
Art 15 Abs 1 EUV 2016/679
§ 362 Abs 1 BGB
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

Zur Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.

Verfahrensgang

vorgehend LG Köln, 19. Juni 2019, Az: 26 S 13/18, Urteilvorgehend AG Brühl, 7. März 2017, Az: 24 C 407/17

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Zwischenfeststellungsklage (Klageantrag zu 5) wendet.
Auf die Revision des Klägers wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers hinsichtlich der Klageanträge zu 3 und 4 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger macht – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – gegen den beklagten Versicherer Ansprüche auf Datenauskunft geltend.
2
Der Kläger schloss mit Wirkung zum 1. Juli 1997 mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Mit Schreiben vom 10. Januar 2016 widersprach der Kläger dem Zustandekommen des Vertrags. Eine weitere Rechtsvorgängerin der Beklagten, die P.     Lebensversicherungs-AG, wies den Widerspruch zurück. Mit Schreiben vom 5. April 2016 übersandte die P.      Lebensversicherungs-AG dem Kläger auf dessen Aufforderung hin eine “Datenübersicht nach § 34 BDSG”. Im Laufe des Rechtsstreits erteilte die Beklagte weitere schriftliche Auskünfte zu den bei ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers. Der Kläger ist der Ansicht, dass die erteilten Auskünfte unvollständig seien.
3
Der Kläger hat vor dem Amtsgericht einen Anspruch auf Prämienrückzahlung in Höhe von 3.080,93 € zuzüglich Nebenforderungen geltend gemacht. Zudem hat er beantragt, die Beklagte zur Erteilung einer vollständigen “Datenauskunft im Sinne von § 34 BDSG” sowie zur eidesstattlichen Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der bereits erteilten Auskunft zu verurteilen.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Zahlungsbegehren zuzüglich Nebenforderungen unverändert weiterverfolgt (Klageanträge zu 1 und 2). Sein Auskunftsbegehren hat er nunmehr auf Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. 2016 L 119 S. 1, berichtigt in ABl. 2016 L 314 S. 72 und ABl. 2018 L 127 S. 2; im Folgenden: DS-GVO) gestützt und insoweit beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
(…)
5
3. dem Kläger eine vollständige – über den Umfang der Anlage K37, S. 1-4, und der Anlagen BLD1-BLD10 hinausgehende – Datenauskunft durch Überlassen in Kopie – hilfsweise in Textform – zu erteilen;
6
4. hilfsweise zu 3., die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer bislang erteilten Datenauskunft an Eides statt zu versichern;
7
5. vorab gemäß § 256 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass sich der Datenauskunftsanspruch des Klägers aus Art. 15 DS-GVO i.V.m. Art. 4 DS-GVO auf sämtliche bei der Beklagten tatsächlich über den Kläger vorhandene Daten erstreckt, einschließlich der intern zur Person des Klägers und der mit ihm gewechselten Korrespondenz (einschließlich E-Mails), der internen Telefon- und Gesprächsnotizen und sonstigen internen Vermerke der Beklagten zu dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnis und auch der internen Bewertungen der Beklagten zu den Ansprüchen des Klägers aus der streitgegenständlichen Versicherungspolice.
8
Das Landgericht hat die Berufung des Klägers – unter Abweisung der erstmals in zweiter Instanz erhobenen Zwischenfeststellungsklage als unzulässig – zurückgewiesen und dabei die Revision hinsichtlich der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Klageanträge zu 3 bis 5 weiter.


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