IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag für eine innerhalb einer Betriebsstätte gelegene Wohnung

Aktenzeichen  AN 6 K 16.02355

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 3 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 5 Nr. 3, § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Auch für eine „Werkswohnung“ innerhalb einer Betriebsstätte ist ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein verfassungsunmittelbares Verbot der Erhebung eines Säumniszuschlages ohne vorausgegangenen „Grundlagenbescheid“ existiert nicht. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die vorliegende Klage, mit der sich der Kläger anfechtungsweise gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2015 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016 – wendet, bleibt erfolglos, da der genannte Bescheid sich als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist im streitgegenständlichen Umfang rundfunkbeitragspflichtig nach den einschlägigen – verfassungsgemäßen – Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV; hier anzuwenden in der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung durch die Bekanntmachung vom 7. Juni 2011, GVBl Seite 258, BayRS 2251-17-S), und auch der Säumniszuschlag wurde zu Recht erhoben.
Für seine Begründung nimmt das Gericht zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf den hier angefochtenen Bescheid und die Ausführungen im dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. November 2016 und ergänzt dazu noch aus seiner Sicht nach Durchführung des gerichtlichen Verfahrens Folgendes:
Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung einschließlich des Bundesverwaltungsgerichts zwischenzeitlich geklärt, dass die Heranziehung zum Rundfunkbeitrag jedenfalls im privaten Bereich nach den §§ 2 ff. des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags weder verfassungswidrig noch europarechtswidrig ist (vgl. etwa BVerwG, B.v. 26.4.2017 – 6 B 33.17 – juris; U.v. 15.6.2016 – 6 C 35.15 – juris; U.v. 18.3.2016 – 6 C 6.15 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.4.2017 – AN 6 K 16.00291 -).
Bei dem im vorliegenden Fall an der Adresse …, …, als „Schlafbaracke“ vom Kläger verwendeten Container handelt es sich um eine Wohnung im Sinne von §§ 2, 3 Abs. 1 RBStV, da er sich ausweislich der Unterlagen und Angaben von Klägerseite als ortsfest und baulich abgeschlossen erweist, vom Kläger zumindest zum Schlafen genutzt worden ist und er auch durch einen eigenen Eingang von außen betreten werden kann; er hat im Übrigen sogar jedenfalls in dem streitgegenständlichen Zeitraum als Anknüpfung für die melderechtliche Wohnsitz-Erfassung des Klägers gedient.
Die Rundfunkbeitragspflicht entfällt auch entgegen der Ansicht auf Klägerseite nicht dadurch, dass vom Kläger über dessen Arbeitgeber geltend gemacht wird, es handele sich um eine „Werkswohnung“ innerhalb einer Betriebsstätte, sie sei deshalb schon durch den Betriebsstättenbeitrag nach § 5 RBStV erfasst und dürfe nicht „doppelt“ herangezogen werden. Das Gericht vermag dabei bereits vom Tatsächlichen her nicht davon auszugehen, dass die Wohnnutzung des Containers durch den Kläger derart mit der Betriebsstätte und seinem Arbeitsverhältnis verknüpft ist. Solches ist von Klägerseite nicht belegt worden und ansonsten hätte auch angesichts der äußeren Umstände der Unterbringung die Befassung der Gewerbeaufsicht mit den Gegebenheiten nahegelegen. Darüber hinaus war auch vom Rechtlichen her die erfolgte Heranziehung zum Wohnungsrundfunkbeitrag im Fall des Klägers nicht zu beanstanden. Aus dem Umkehrschluss aus § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV und der Existenz von § 3 Abs. 2 RBStV ergibt sich zwanglos, dass auch Wohnungen in Betriebsstätten – zusätzlich zum dafür zu entrichtenden Betriebsstättenbeitrag – der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV unterfallen. Auch ist die einzig hier noch diskutable Ausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV nicht einschlägig, weil es an den für eine Gemeinschaftsunterkunft zu fordernden Eigenschaften fehlt, wie die dort aufgeführten „insbesondere“-Beispiele zeigen. Es kann bereits nicht die für eine solche Zuordnung gebotene enge Verknüpfung zwischen dem „Grundverhältnis“ (hier wäre das das Arbeitsverhältnis, vgl. dazu schon oben) und der Wohnnutzung durch den Kläger festgestellt werden; selbst wenn es diese Verknüpfung gäbe, hätte diese nicht einen vergleichbaren Charakter wie bei den in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV exemplarisch als Gemeinschaftsunterkünfte aufgezählten Einrichtungen (da hier weder ein öffentlich-rechtlicher Zweck noch gar eine Art besonderes Gewaltverhältnis zugrunde liegen, vgl. dazu auch VGH Mannheim, B.v. 11.5.2016 – 2 S 1621/15 – juris, m.w.N.) und beim bloßen Vorhandensein von nur zwei Containern mit zwei nutzenden Arbeitnehmern – anderes konnte von Klägerseite nicht dargetan werden – kann auch nicht von einer Gemeinschaftsunterkunft im dortigen Sinne gesprochen werden.
Die Erhebung des Säumniszuschlages schließlich folgt aus § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2012 (Rundfunkbeitragssatzung; StAnz Nr. 51-52/2012). Danach wird dann, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von 4 Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von 1% der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag 8,00 EUR, fällig und der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Die genannte Satzung beruht insoweit wiederum auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV, wo die zuständige Landesrundfunkanstalt ausdrücklich ermächtigt wird, Einzelheiten des Verfahrens bei Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln. Damit liegt insgesamt eine zureichende Rechtsgrundlage vor, denn im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist mit Gesetzeskraft ausdrücklich und unmittelbar geregelt, dass die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrages mit dem 1. des Monats beginnt, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV), dass der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet ist und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist (§ 7 Abs. 3 RBStV) sowie, dass der Rundfunkbeitrag als Schickschuld an die zuständige Landesrundfunkanstalt zu entrichten ist (§ 10 Abs. 2 Satz 1 RBStV); die Beitragshöhe ist gleichfalls in einem Staatsvertrag, dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, unmittelbar geregelt (dort § 8). Ein verfassungsunmittelbares Verbot der Erhebung eines Säumniszuschlages ohne vorausgegangenen „Grundlagenbescheid“ existiert nicht.
Da dementsprechend die Klage vollständig abzuweisen ist, ergibt sich hier die Kostenfolge zu Lasten des Klägers aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO.
Der Aussprüche zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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