IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag für Hotels

Aktenzeichen  M 6 K 18.1261

Datum:
20.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19471
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2 Abs. 2 S. 2, § 3 Abs. 2 Nr. 7

 

Leitsatz

Eine Raumeinheit in einem Beherbergungsbetrieb wird im Sinne des § 3 RBStV jedenfalls dann nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft als Wohnung genutzt, wenn sie an mehr als 185 Tagen im Jahr ein und derselben Person zu Wohnzwecken dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Aufenthalt mit Unterbrechungen erfolgt oder zusammenhängend über 6 Monate. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2018 entschieden werden, obwohl auf Seiten des Beklagten niemand erschienen ist. Dieser wurde zum Termin ordnungsgemäß geladen und teilte der Geschäftsstelle des Gerichts am 19. Juni 2018 telefonisch mit, es werde niemand zur Verhandlung erscheinen. In der Ladung vom 29. Mai 2018, die auf die Ladung vom 14. Mai 2018 für den ursprünglich auf dem 6. Juni 2018 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung Bezug nimmt, wurde gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass im Falle des Ausbleibens eines der Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne.
2. Soweit über die Klage noch zu entscheiden war, ist sie hinsichtlich des Klageantrags Nr. 1 zulässig, aber unbegründet, im Übrigen ist sie unzulässig.
2.1 Soweit der Kläger die Feststellung beantragt hat (Klageantrag Nr. 2), er habe für den Zeitraum 5/2015 bis einschließlich 6/2018 für sein Appartement im „…Hotel“ keine Rundfunkbeiträge zu zahlen, ist die Klage unzulässig. Der Kläger hätte sein Klageziel durch Rechtsmittel gegen die für diesen Zeitraum ergangenen Rundfunkbeitragsbescheide (Widerspruch oder Klage) erreichen können und müssen bzw. er muss die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen für diesen Zeitraum – soweit noch nicht geschehen – abwarten und sodann gegen die Festsetzung mit der zulässigen Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO vorgehen. Stattdessen eine Feststellungsklage zu erheben ist unzulässig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
2.2 Die gegen den Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2018 gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
Die einzig hier entscheidungserheblich inmitten stehende Frage, ob es sich bei dem – unstreitig – vom Kläger seit Mai 2015 – mit Unterbrechungen – bewohnten Appartement im „…Hotel“ in A… um eine Wohnung handelt, ist unter Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles zu bejahen. Der Beklagte war daher berechtigt, für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom Kläger Rundfunkbeiträge zu fordern.
Nach § 3 Abs. 1 Rundbeitragsstaatsvertrag (RBStV) ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit eine Wohnung, die (1.) zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und (2.) durch einen separaten Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann. Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass die von ihm im „…Hotel“ genutzte Raumeinheit diese Eigenschaften erfüllt. Es handelt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Raumeinheit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 7 RBStV. Zwar liegt diese Raumeinheit in einem Beherbergungsbetrieb, wird dort jedoch nicht nur vorübergehend zur Unterbringung genutzt. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, er nutze diese Raumeinheiten deshalb seit Mai 2015 bis jedenfalls einschließlich Juni 2018, weil er keine andere Wohnung habe finden können.
Daran ändert seine durch entsprechende Unterlagen belegte Einlassung nichts, er habe sein Apartment nicht langfristig, sondern auf der Grundlage zunächst auf jeweils 3 Monate beschränkter Buchungen genutzt. Eine Raumeinheit in einem Beherbergungsbetrieb wird im Sinne des § 3 RBStV jedenfalls dann nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft als Wohnung genutzt, wenn sie an mehr als 185 Tagen im Jahr ein und derselben Person zu Wohnzwecken dient (VG München, B.v. 14.6.2016 – M 6 E 16.1276; VG Gera, U.v. 20.12.2016 – 3 K 99/16 Ge). Für die Annahme, es handele sich in einem solchen Fall um eine Wohnung, sprechen verschiedene Regelungen auf nationaler und europäischer Ebene zur Frage, unter welchen Voraussetzungen jemand einen Wohnsitz an einem bestimmten Ort begründet. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich jemand innerhalb eines Jahres an insgesamt mehr als 185 Tagen an einem Ort aufhält, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser Aufenthalt mit Unterbrechungen erfolgt oder zusammenhängend über 6 Monate. Somit ist der Hinweis des Klägers darauf, er habe sein Appartement im „…Hotel“ nur mit zeitlichen Unterbrechungen genutzt (was nicht nur aufgrund der vorgelegten Rechnung v. …5.2016 als wahr unterstellt werden kann) nicht geeignet, die Eigenschaften der von ihm genutzten Raumeinheit im „…Hotel“ als seine Wohnung entfallen zu lassen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, der Kläger habe die gesetzliche Vermutung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV nicht widerlegt, unter der Adresse des „…Hotels“ seine Wohnung zu haben. Unstreitig war der Kläger seit Mai 2015 unter dieser Adresse melderechtlich mit einem Wohnsitz gemeldet und ist dies im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung immer noch gewesen. Aus den vorstehenden Gründen vermag er die Vermutung, dort auch tatsächlich seinen Wohnsitz zu haben, nicht zu entkräften, zumal er nicht angegeben hat, wo sonst sein Wohnsitz sein sollte.
Schließlich verhilft es der Klage auch nicht zum Erfolg, dass – unstreitig – seitens des Hotelbetreibers für die Raumeinheiten – auch die des Klägers – ein Betriebsstätten-Beitrag bezahlt worden ist. Nicht der Kläger hat insoweit möglicherweise Ansprüche gegenüber dem Beklagten, sondern der Hotelbetreiber, da der Beklagte die Beitragspflicht des Klägers als Inhaber einer Wohnung insoweit zu Recht als vorrangig betrachtet, sodass wohl der Hotelbetreiber einen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Rundfunkbeiträge haben dürfte. Diese Umstände lassen jedoch die Zahlungspflicht des Klägers entgegen dessen Auffassung nicht entfallen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
4. Die Berufung war zuzulassen, da die obergerichtliche Rechtsprechung bisher noch keine Gelegenheit hatte, sich zu den hier inmitten stehenden Fragen zu äußern, weshalb die Kammer der vorliegenden Sache über den Einzelfall hinaus auch grundsätzliche Bedeutung zumisst (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).


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