IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag im privaten Bereich für eine Wohnung

Aktenzeichen  M 26 K 16.134

Datum:
7.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBeitrStV RBeitrStV § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 3, § 10 Abs. 5
VwGO VwGO § 43 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Ein Festsetzungsbescheid für einen Rundfunkbeitrag wird nicht rechtswidrig, wenn der Rundfunkempfänger den Betrag für den streitgegenständlichen Zeitraum gezahlt hat, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer gegen einen Festsetzungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Bescheiderlasses bzw. dessen Zustellung, ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rundfunkbeitragspflicht sowie die Höhe des Beitrags ergeben sich aus dem Gesetz; die Rechnungstellung ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass eines Festsetzungsbescheids. (redaktioneller Leitsatz)
3. Einer Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen muss als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung ein wirksamer Festsetzungsbescheid als Vollstreckungstitel vorausgehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
III.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheids ergehen (§ 84 Abs. 1 VwGO). Mit dem durch die Beteiligten erklärten Einverständnis durfte auch der Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden (§ 87a Abs. 3 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu zwei (Feststellung) bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Die Klagen sind zunächst wirksam erhoben (hierzu 1.1.). Die unter Ziffer zwei erhobene Feststellungsklage ist jedoch unzulässig (hierzu 1.2.).
1.1. Durch die von der Klägerin vorgelegte Vollmacht vom … Januar 2016 ist der Nachweis einer Vertretung nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Var. 1 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 der Abgabenordnung gegeben. Der Prozessvertreter ist der volljährige Sohn der Klägerin, ohne dass die Vertretung im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht.
Die Vollmacht ist auch nicht als eine reine Termins-, sondern als umfassende Prozessvollmacht auszulegen (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB). Auch wenn der Wortlaut der Vollmacht teilweise („Vollmacht zur Vertretung vor Gericht“; „in dieser Verhandlung“) darauf schließen ließe, dass lediglich die Vertretung in der Verhandlung gewünscht ist, so geht aus der Vollmacht ein umfassender Vertretungswille hervor. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass der Vertreter insbesondere dazu befugt sein soll, „alle erforderlichen und gebotenen Erklärungen“ abzugeben und im Namen der Klägerin „Unterlagen entgegenzunehmen und zu unterzeichnen, soweit dies gesetzlich zulässig ist“. Hinzu kommt, dass bei anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten keine überzogenen Anforderungen an die Widergabe des Vertretungswillens zu stellen sind.
1.2. Die Klage auf Feststellung, dass das Beitragskonto ausgeglichen ist, ist unzulässig, da es der Klägerin am erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Wie sich aus
§ 43 Abs. 2 VwGO ergibt, ist die Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Verpflichtungsklagen grundsätzlich subsidiär. Hierdurch wird insbesondere eine Umgehung der besonderen Sachentscheidungsvoraussetzung von Gestaltungs- und Verpflichtungsklage – etwa der Klagefrist – ausgeschlossen (::0::Rn. 14).
Soweit die Klägerin jedoch eine Feststellung des Ausgleichs ihres Beitragskontos begehrt, und damit offensichtlich der Ansicht ist, der etwaige von dem Beklagten in seinem System festgehaltene Zahlungsrückstand von nunmehr 16,00 Euro (hierzu 2.) sei nicht rechtens, hätte die Klägerin vorrangig mittels Anfechtungsklage gegen die ihr gegenüber erlassenen Festsetzungsbescheide vorgehen müssen.
2. Im Übrigen wäre die Feststellungsklage auch als unbegründet abzuweisen. Das Beitragskonto der Klägerin ist nicht ausgeglichen.
Nachdem die Klägerin die Zahlungen vom … November 2015 (228,88 Euro) und … Januar 2016 (52,50 Euro) vorgenommen hatte, reduzierte sich der Zahlungsrückstand auf nunmehr insgesamt 16,00 Euro. Hierbei kommt es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Festsetzungsbescheide nicht an. Schließlich sind die Bescheide vom 2. Oktober 2015 und 2. November 2015 bestandskräftig geworden, weshalb die nicht angefochtenen Bescheide selbst den Rechtsgrund für den Zahlungsanspruch des Beklagten bilden.
Mit der Überweisung vom … November zahlte die Klägerin auf die rückständigen Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Oktober 2014 bis einschließlich September 2015 (212,88 Euro). Der über die rückständigen Rundfunkgebühren hinausgehende Betrag von 16,00 Euro wurde nach § 13 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – mit den am 2. März und 2. Oktober 2015 festgesetzten Säumniszuschlägen verrechnet, sodass sich der Zahlungsrückstand von 236,88 Euro auf insgesamt 8,00 Euro reduzierte. Dieser Saldo ergibt sich daraus, dass die Klägerin keine Zahlung für den im bestandskräftigen Bescheid vom 2. November 2015 festgesetzten Säumniszuschlag leistete.
Mit der Zahlung vom … Januar kam die Klägerin den im Bescheid vom 3. Januar 2016 festgesetzten Rundfunkbeiträgen für Oktober bis Dezember 2015 nach, ohne jedoch den zusätzlich festgesetzten Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro auszugleichen. Dieser Zuschlag durfte durch den Beklagten auch festgesetzt werden (hierzu 3.2.) Somit ergibt sich in der Summe ein Fehlbetrag von 16,00 Euro
3. Die Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid ist unbegründet.
Der angefochtene Festsetzungsbescheid ist rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat die Klägerin mit dem Bescheid rechtmäßig zur Entrichtung von Rundfunkbeiträgen (2.1.) zzgl. eines Säumniszuschlags (2.2.) herangezogen.
3.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 (GVBl S. 258) i.V.m. § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags – RFinStV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2011 (GVBl. S. 566). Im privaten Beriech war im streitgegenständlichen Zeitraum (Oktober 2015 bis einschließlich Dezember 2015) nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Dieser beträgt seit dem 1. April 2015 17,50 Euro.
Die Festsetzung durch den Bescheid durfte erfolgen, weil die Klägerin die festgesetzten Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt hat (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV). Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin einer privaten Wohnung gewesen zu sein (§ 2 Abs. 1 RBStV). Ihrer daraus ergebenden Beitragspflicht kam sie zudem nicht bis zur Mitte November 2015 nach (§ 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV).
Entgegen der von der Klägerin vorgetragenen Ansicht wurde der Festsetzungsbescheid auch nicht rechtswidrig, nachdem die Klägerin einen Betrag von 52,50 Euro für den streitgegenständlichen Zeitraum gezahlt hatte. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage bei einer gegen einen Festsetzungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier als der Zeitpunkt des Bescheiderlasses bzw. dessen Zustellung (VG München, U.v. 11.7.2016 – M 6 K 15.5114 -, juris Rn 39).
Der weiter von der Klägerin vorgetragene Einwand, der Klägerin seien vor Erlass des Festsetzungsbescheids keine weiteren Rechnungen mehr übermittelt worden, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Festsetzungsbescheids unbeachtlich. Inwiefern sich aus dem – mittlerweile aufgehobenen (BGH, B.v. 11.6.2015 – I ZB 64/14) – Beschluss des Landgerichts Tübingen (B.v. 19.5.2014 – 5 T 81/14) etwas anderes ergeben soll, vermag die Klägerin nicht überzeugend darzulegen. Die Beitragspflicht sowie die Höhe des Beitrages ergeben sich bereits aus dem Gesetz. Die Rechnungstellung ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass eines Festsetzungsbescheids, vgl. § 10 Abs. 5 RBStV. Eine Aussage über eine Pflicht zur Rechnungstellung lässt sich der Entscheidung auch nicht entnehmen. Die Rede ist lediglich von einem der Vollstreckung zwingend vorauszugehendem Beitragsbescheid (nunmehr Festsetzungsbescheid).
Gleiches gilt für den Einwand der Klägerin, wonach das Landgericht Tübingen festgestellt habe, eine nachträgliche Festsetzung sei rechtswidrig. Insofern liegt wohl seitens der Klägerin ein Missverständnis vor: Das Landgericht hat lediglich zum Vollstreckungsverfahren Stellung genommen. Danach muss einer Vollstreckung als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung ein wirksamer Festsetzungsbescheid als Vollstreckungstitel vorausgehen (vgl. § 750 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge ausdrücklich zulässig und sogar zwingend ist, vgl. § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV.
3.2. Die Festsetzung eines Säumniszuschlags von 8,00 EUR beruht auf
§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Klägerin leistete ihre Rundfunkbeiträge erst am 12. Januar 2016 und damit nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit. Insofern war ein Säumniszuschlag von 8,00 Euro zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld festzusetzen, § 11 Abs. 1 Satz 2 Rundfunkbeitragssatzung.
4. Die Entscheidung zu den Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 Var. 2, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung.


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