IT- und Medienrecht

Schiedsabrede eines ausländischen Unternehmers mit einem inländischen Verbraucher: Formerfordernis bei der Vereinbarung ausländischen Rechts

Aktenzeichen  XI ZR 197/08

Datum:
22.3.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1031 Abs 5 ZPO
Art 29 Abs 3 S 2 BGBEG vom 21.09.1994
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Leitsatz

Enthält eine Schiedsvereinbarung betreffend Rechtsstreitigkeiten aus einem im Jahr 2004 geschlossenen Vertrag eines ausländischen Unternehmers mit einem inländischen Verbraucher die Wahl ausländischen Rechts, bemisst sich ihre Formgültigkeit in entsprechender Anwendung von Art. 29 Abs. 3 Satz 2 EGBGB a.F. nach § 1031 Abs. 5 ZPO (Fortentwicklung des Senatsbeschlusses vom 10. Februar 1998, XI ZR 305/96, BGHR EGBGB (1986) Art. 29 – Schiedsklausel 1) .

Verfahrensgang

vorgehend OLG Düsseldorf, 26. Juni 2008, Az: I-6 U 131/07, Urteilvorgehend LG Düsseldorf, 9. Mai 2007, Az: 14c O 140/06

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Kläger zu 1) und zu 3) (nachfolgend: Klägerseite), deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland, verlangen von der Beklagten, einem Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat N.          , Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Terminoptionsgeschäften an US-amerikani-schen Börsen.
2
Die der New Yorker Börsenaufsicht unterliegende Beklagte arbeitet welt-weit mit Vermittlern zusammen, denen sie über eine Online-Plattform den Zugang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften an Börsen in den USA ermöglicht, den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten. Die Vermittler können die Kauf- und Verkaufsorders ihrer Kunden sowie ihre eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System der Beklagten eingeben, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.
3
Einer dieser Vermittler war      S.      e.K. (im Folgenden: S.) mit Sitz in D.       , der bis zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeit im November 2005 über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbstständiger Finanzdienstleister verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und S. liegt ein Verrechnungsabkommen (“Fully disclosed clearing agreement”) zugrunde. Vor dessen Zustandekommen hatte die Beklagte geprüft, ob S. über eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügte und ob gegen ihn aufsichtsrechtliche Verfahren in Deutschland anhängig waren. Nach den Regelungen des Verrechnungsabkommens ist die Beklagte unter anderem verpflichtet, für die vom Vermittler geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und hierüber die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. Alle aufsichts- und privatrechtlichen Pflichten zur Information der Kunden werden durch das Verrechnungsabkommen dem Vermittler übertragen, der für jede fahrlässige, unlautere, betrügerische oder kriminelle Handlung oder Unterlassung seitens eines seiner Mitarbeiter oder Agenten allein verantwortlich sein soll. Die Beklagte soll den Kunden die vom Vermittler angewiesenen Provisionen auf deren Konten belasten und von diesen Beträgen ihre eigene Vergütung abziehen.
4
Die Klägerseite schloss nach vorausgegangener Werbung mit S. jeweils einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Besorgung und Vermittlung von Termingeschäften. Darin verpflichtete sich S. unter anderem zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos bei der Beklagten. Er ließ sich für seine Tätigkeit in erheblichem Umfang sowohl fixe Gebühren als auch tätigkeitsabhängige Gebühren versprechen.
5
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages unterzeichnete die Klägerseite im Jahr 2004 jeweils ein ihr vorgelegtes englischsprachiges Vertragsformular der Beklagten (“Option Agreement and Approval Form”), das in Ziffer 15 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält. Die Beklagte unterzeichnete den Vertrag nicht.
6
Im Anschluss daran eröffnete die Beklagte für die Klägerseite ein Transaktionskonto, auf das der Kläger zu 1) 38.320 € und der Kläger zu 3) 8.000 € einzahlte. Ferner zahlten die Kläger an S. Dienstleistungsgebühren von 2.220 € (Kläger zu 1) und 480 € (Kläger zu 3). Nach Ende der Geschäftsbeziehung erhielt die Klägerseite 63,36 € (Kläger zu 1) und 297,65 € (Kläger zu 3) zurück. Der Differenzbetrag in Höhe von 40.476,64 € (Kläger zu 1) und 8.182,35 € (Kläger zu 3) jeweils zuzüglich Zinsen wird mit den vorliegenden Klagen geltend gemacht, wobei das Zahlungsbegehren ausschließlich auf deliktische Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Beteiligung der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gestützt wird. Die Beklagte ist dem in der Sache entgegen getreten und hat zudem die fehlende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt sowie unter Berufung auf die in Ziffer 15 ihrer Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel die Unzulässigkeit der Klagen geltend gemacht.
7
Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger zu 1) und zu 3) hat das Berufungsgericht die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.


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