IT- und Medienrecht

Untersagung einer gewerblichen Alttextilsammlung

Aktenzeichen  M 17 K 15.1249

Datum:
17.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG KrWG § 17, § 18, § 20, § 22, § 25
BayVwZVG BayVwZVG Art. 36 Abs. 6 S. 2
GG GG Art. 12 Abs. 1
AEUV AEUV Art. 106 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu entwickeln vermag. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10% des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne Weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Zwischenraum von etwa 10% bis 50% der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist wegen des Charakters der Untersagung als Dauerverwaltungsakt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung (BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris Rn. 25; OVG NW; U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 35). Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist (OVG NW, a. a. O., Rn. 46).
Rechtsgrundlage der Untersagung im angefochtenen Bescheid ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl I S. 212) – KrWG -.
Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG kann die zuständige Behörde angezeigte gewerbliche Sammlungen von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
1. §§ 17 und 18 KrWG verstoßen nicht gegen Verfassungs- oder Europarecht:
Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar (BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08 – BVerwGE 134, 154, 163 Rn. 36), zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 – juris Rn. 10).
Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar. Zwar stellen die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85). Diese sind jedoch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV europarechtlich gerechtfertigt. Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die eingehenden Ausführungen des VGH Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – DVBl 2013,1537, Rn. 12 ff.; vgl. auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 119-150) betreffend die Entsorgung von Alttextilien. Danach stelle die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV dar, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann. Die damit verbundenen Beschränkungen der europarechtlich gewährten Freiheiten seien nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerechtfertigt, soweit andernfalls die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder jene Rechte zur wirtschaftlich annehmbaren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Indem § 17 Abs. 3 KrWG den Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiere, werde § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG den europarechtlichen Anforderungen gerecht. Die Vorschrift sehe auch keine europarechtswidrige pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor, sondern stelle die Einräumung exklusiver Rechte unter den Vorbehalt der „Erforderlichkeit“. Durch die Ausnahmetatbestände werde der Möglichkeit gewerblicher Sammlungen nach Maßgabe der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt. § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG seien dabei restriktiv, d. h. europarechtskonform auszulegen, damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen werde. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung an.
2. Die Untersagung kann hier auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gestützt werden, da der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (§ 17 Abs. 3 KrWG).
Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG ist dies der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
Vorliegend ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG), weil der … eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist.
2.1 Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG muss die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger initiierte Sammlung grundsätzlich bereits durchgeführt werden. Hier wurde die Sammlung des … bereits am 1. Juli 2013 aufgenommen, also vor der jetzt streitgegenständlichen Anzeige vom 24. Juli 2014 „durchgeführt“.
2.2 Der … hielt zum Zeitpunkt der Anzeige im Juli 2014 im Stadtgebiet 309 Container auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln für Glas, Metalle und Kunststoffe vor. Damit ist wohl eine haushaltsnahe (vgl. VG Köln, B.v. 25.1.2013 – 13 L 1796/12 – juris Rn. 9), zumindest aber eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien zu bejahen. In derartigen Fällen besteht aber eine widerlegliche Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG – vgl. OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 75 und 82).
Nach der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung des § 17 KrWG (vgl. amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 17/7505, S. 44)), ergibt sich ein klares Auslegungsergebnis, wonach überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe, hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist. Das so gewonnene Auslegungsergebnis bedarf nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.2.2015 – 20 B 14.710 – juris Rn. 23 ff., 29) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 7 C 16.08 – BVerwGE 134, 154) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B.v. 28.8.2014 – 2 BvR 2639/09 – NVwZ 2015, 52) auch keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV (so auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 119-150).
2.3 Gleichwohl erfordert auch der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG eine einschränkende Auslegung. Deswegen genügt nicht jede geringfügige Auswirkung der gewerblichen Sammlungen auf die haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Folglich bedarf es nach wie vor einer Betrachtung und Bewertung der Umstände des Einzelfalls (BayVGH, a. a. O.).
Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG kommt es dabei nicht darauf an, welche Auswirkungen allein die Sammlung der Klägerin auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. den von diesem beauftragten Dritten hat, sondern es ist auf das Zusammenwirken mit anderen (gewerblichen) Sammlungen abzustellen, das heißt, es kommt auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43).
Es ist auch nicht auf das Verhältnis der Sammlung von Alttextilien durch die Klägerin (und weitere gewerbliche Sammler) zum Gesamtabfall im Stadtgebiet abzustellen, sondern allein auf die Abfallfraktion der Alttextilien. Denn durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird nicht nur das Sammlungssystem des öffentlich-rechtlichen Trägers im Allgemeinen, sondern es werden auch gesondert betriebene Sammlungs- und Verwertungssysteme für bestimmte Abfallfraktionen, wie z. B. Altkleider, geschützt (BayVGH, U.v. 10.2.2015 – 20 B 14.710 – juris Rn. 30; VGH B-W, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 – juris Rn. 42; OVG NW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 159 ff.; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 85; VG Köln, B.v. 25.1.2013 – 13 L 1796/12 – juris Rn. 9; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 42).
In seinen Urteilen vom 21. September 2015 hat das OVG Nordrhein-Westfalen (u. a. 20 A 2120/14 – juris Rn. 165-197) folgende Kriterien dafür entwickelt, unter welchen Umständen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen:
„Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage-/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige – insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte – zumal ihr dafür nur die „Pflichtangaben“ nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen – wie bereits ausgeführt – nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen – etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen – insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
Ist aber allein nach den – hinreichend aussagekräftigen – Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern „auch“ das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischer weise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie – sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will – noch nicht durchführt.
Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist – schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen – aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört – wie ausgeführt – auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also – anders als die gewerblichen – zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
Eine – als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen – insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10% des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50% zu veranschlagen ist, würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche „Rosinenpickerei“ im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50% der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10% verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird“.
Die Kammer schließt sich diesen Erwägungen an. Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen: Die Beklagte hat ihrer Ausschreibung für den Zeitraum …. Juli 2013 bis … Juni 2015 eine Mengenprognose von 3.000 t/Jahr zugrunde gelegt. Nach ihren Angaben hat sie im Jahr 2015 tatsächlich eine Sammelmenge von 3.479 t erzielt. Nach Abzug der gemeinnützigen Sammlungen verblieben ca. 1.600 t Alttextilien, die derzeit durch gewerbliche Sammler im Stadtgebiet M. eingesammelt würden (Schreiben vom 14. März 2016). Bezüglich der aktuell angezeigten gewerblichen Sammlungen von Alttextilien, die belassen bzw. noch nicht bestandskräftig untersagt worden seien, ergebe sich laut Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016 eine angezeigte Sammelmenge von ca. 1.879 t/Jahr. Setzt man diese angezeigten gewerblichen Sammelmengen in Relation zu der von der Beklagten erzielten Sammelmenge, ist offensichtlich, dass die angezeigte gewerbliche Sammelmenge mehr als 50% der von der Beklagten erzielten Sammelmenge beträgt, unabhängig davon, ob man auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses oder auf den der mündlichen Verhandlung abstellt.
2.4 Die Sammlung der Klägerin ist auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die vom … oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG). Die Beweislast dafür, dass die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, trägt die Klägerin (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 101).
Die Verwertungsquoten sind bei beiden Sammlungen vergleichbar. Hier gab die Klägerin in ihrer Sammlungsanzeige vom 24. Juli 2014 an, ca. 65 – 70% der gesammelten Alttextilien wiederzuverwenden, 25 – 30% zu Putzlappen zurechtzuschneiden und ca. 5% in einem Zementwerk zu verbrennen. Bei dem … bzw. den beauftragten Dritten beträgt der Second-Hand-Anteil ca. 59% bzw. 67%, 17% bzw. 15% werden als Putzlappen weiterverwendet, 19% bzw. 10% stofflich verwertet und 6% bzw. 8% thermisch verwertet (vgl. Sitzungsniederschrift vom 17.3.2016). Die Klägerin plant die Aufstellung von Altkleiderboxen an max. 30 Sammelstellen, die ein bis zwei Mal wöchentlich geleert werden sollen. Der … betrieb im Zeitpunkt der Anzeige 309 Container auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln für Glas, Metalle und Kunststoffe. Somit ist sowohl von einem geringeren Umfang als auch von einer geringeren Servicegerechtigkeit der klägerischen Sammlung auszugehen, so dass hier nicht von einer wesentlich leistungsfähigeren gewerblichen Sammlung der Klägerin ausgegangen werden kann.
3. Ob die Untersagung zudem auch auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gestützt werden kann, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird, kann hier dahingestellt bleiben.
4. Eine Untersagung ist gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zwar nur möglich, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Diese Regelung stellt eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar; die Untersagung ist insoweit als ultima ratio anzusehen (VG Würzburg, U.v. 14.5.2013 – W 4 K 12.1139 – juris Rn. 35; B.v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 42f.). Ein milderes Mittel, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen, wie etwa Auflagen oder Bedingungen, ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Bei einer derart deutlichen Überzeichnung der zu erwartenden Altkleidersammlung durch die Summe der sich durch die beabsichtigten Sammlungen ergebenden Mengen, wie sie hier vorliegt, wäre eine sinnvolle oder gerechte Beschränkung gegenüber jedem einzelnen Sammler kaum durchführbar (BayVGH, B.v. 18.3.2014 – 20 ZB 14.3 – juris Rn. 3). Insbesondere wäre eine räumliche oder mengenmäßige Beschränkung der Sammlung im Hinblick auf den Umstand, dass im Stadtgebiet noch zahlreiche weitere gewerbliche Sammlungen angezeigt und untersagt wurden, nicht praktikabel. Eine räumliche Beschränkung würde wohl zu keiner wesentlichen Änderung der Abfallmenge führen, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entzogen wird. Die Bestimmung individueller Mengenkontingente für jeden einzelnen gewerblichen Sammler, die in ihrer Summe gerade noch keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung begründen, ist dagegen oft schwierig. Zudem müsste diese Mengenbegrenzung bei jeder neuen Anzeige eines gewerblichen Sammlers neu berechnet und festgesetzt werden.
Die Beklagte hat im Bescheid vom 3. März 2015 auch die Frage verneint, ob ein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stünde, um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen zu gewährleisten.
5. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 18 Abs. 7 KrWG berufen. Das Gericht folgt dabei den überzeugenden Argumenten des VG Würzburg (B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 52) und des VG Düsseldorf (B.v. 26.4.2013 – 17 L 580/13 Rn. 28ff.), wonach diese Vorschrift auch auf Untersagungen anwendbar ist.
Nach § 18 Abs. 7 KrWG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten, soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. Juni 2012 bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat. Dass es sich vorliegend um eine Bestandssammlung im Sinne von § 18 Abs. 7 KrWG handelt, wurde auch von der Klägerin nicht behauptet.
6. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. II. des Bescheidstenors ist entgegen der Auffassung der Klägerin inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus dem Wortlaut der Androhung in Verbindung mit dem in Nr. I zum 10. März 2015 ausgesprochenen Verbot der Sammlung von Alttextilien und -schuhen ergibt sich, dass mit der Wirksamkeit des Verbots ein Verstoß dagegen die Fälligkeit des Zwangsgeldes auslöst. Die Fälligkeit ist abstrakt an den Begriff der Sammlung angeknüpft, nicht dagegen an einzelne Handlungen oder Tatbestände, die einen Verstoß gegen das Verbot beinhalten. Dagegen sind weitere Zwangsgelder bei Feststellung weiterer Verstöße nicht angedroht. In diesen Fällen bedürfte es nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) einer neuen Androhung eines Zwangsmittels.
7. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
8. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 20.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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