IT- und Medienrecht

Untersagung von Fernsehwerbung für öffentliches Glücksspiel

Aktenzeichen  M 17 S 18.3799

Datum:
9.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2018, 18894
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20, Art. 28
GlüStV § 5 Abs. 5
RStV § 41 Abs. 1 S. 4
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Die Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der Landesmedienanstalten sind keine Rechtsnormen, sondern allenfalls verwaltungsinterne Weisungen über die behördliche Zusammenarbeit bei der Aufsicht über Glücksspielwerbung im privaten Rundfunk und Telemedien privater Anbieter; sie können aber über ihre zunächst nur interne Bindung hinaus über Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20, 28 GG) Außenwirkung erlangen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gewichtige Gesichtspunkte sprechen dafür, dass mit einer Werbung für „…gratis“ eine Werbung für ein öffentliches Glücksspiel vorliegt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Werbebeschränkungen und Verbote des Glücksspielstaatsvertrags sind mit dem Verfassungsrecht und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Notwendigkeit, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden, die Spielsucht zu bekämpfen und den Jugendschutz zu gewährleisten, wiegt schwerer als wirtschaftliche Befürchtungen dahingehend, dass ein Verlust von Werbeeinnahmen in erheblicher Höhe in Betracht kommt und daraus folgend Einschränkungen im Bereich des werbefinanzierten redaktionellen Programms oder der Verlust von Reichweiten und die Abwanderung anderer Werbe- und Kooperationspartner eintreten könnten. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist Anbieterin des Fernsehspartenprogramms „SPORT1“ und wendet sich gegen die Beanstandung und Untersagung, in ihrem Programm Werbung für das Angebot unter „https:/…gratis“ auszustrahlen.
Die in … ansässige Firma … … ist Betreiberin der Internetseiten „www.…com“ und „www.…de“ (nachfolgend: „…“). Nutzern, die diese Seiten von Deutschland aus aufrufen, wird die entgeltliche Teilnahme an verschiedenen Glücksspielen angeboten. Ermöglicht wird insbesondere die Abgabe von Wetten auf den Ausgang von in Deutschland erlaubten staatlichen Lotterien wie z.B. auf „LOTTO 6aus49“, „Spiel 77“, „SUPER6“, „Glücksspirale“, „KENO“, „Eurojackpot“, aber auch auf den Ausgang von in anderen Ländern veranstalteten Lotterien wie z.B. „EuroMillions“, „MegaMillions“ und „PowerBall“ (sog. „Zweitlotterien“). Daneben werden zusätzlich Rubbellose, Live Casino, Video Poker, Black Jack und Roulette angeboten.
Gegen das Angebot der … … liegen vollziehbare und gerichtlich bestätigte Untersagungsverfügungen aus Bayern, Niedersachsen und dem Saarland vor (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149 – juris; VG Ansbach, U.v. 6.12.2017 – AN 15 K 16.00442; OVG Nds., B.v. 12.12.2016 – 11 ME 157/16; OVG Saarlouis, B.v. 12.5.2016 – 1 B 199/15; VG Saarlouis, U.v. 2.3.2017 – 6 K 1519/14).
Neben dem kostenpflichtigen Angebot der … … wird von der … Ltd. die Internetseite „www…gratis“ betrieben. Auch bei „…gratis“ wird die Abgabe von Wetten auf den Ausgang von in Deutschland erlaubten staatlichen Lotterien und auf den Ausgang von in anderen Ländern veranstalteten Lotterien angeboten (Teilnahmebedingungen: online abrufbar unter www…gratis/terms). Im Gegensatz zum kostenpflichtigen Angebot „…“ wird dem Nutzer bei „…gratis“ die Möglichkeit eröffnet, einmal pro Kalendermonat an einem kostenlosen Gewinnspiel teilzunehmen. Eine wiederholte Spielteilnahme oder eine parallele Spielteilnahme an mehreren der Gewinnspiele ist nicht möglich. Zusätzlich werden die Gewinnchancen über die Teilnahmebedingungen dahingehend eingeschränkt, dass zum Beispiel bei einer Wette auf den Ausgang von „LOTTO 6aus49“ ein Gewinn innerhalb des Gratisspiels nur dann ausgezahlt wird, wenn alle 6 Zahlen und die Superzahl richtig getippt wurden (Gewinnklasse 1; Gewinnchance: 1:140 Mio.). Die von den erlaubten staatlichen Lotterien ausgespielten sonstigen Gewinnklassen können bei „…gratis“ nicht gewonnen werden. Des Weiteren wird die auszuzahlende Gewinnsumme nicht nur zwischen den Spielern von „…gratis“ aufgeteilt, sondern bei der Aufteilung der Gewinnsumme auch die Anzahl der Gewinne berücksichtigt, die bei den erlaubten staatlichen Lotterien gewonnen haben.
Im Rahmen einer unter allen Landesmedienanstalten abgestimmten Programmbeobachtung wurde festgestellt, dass im Programm der Antragstellerin am 16., 18. und 19. September 2017 mindestens in 16 Fällen Werbespots für „…gratis“ ausgestrahlt wurden. Im Rahmen der ausgestrahlten Werbespots wurde für die Teilnahme an einem kostenfreien Spiel auf der Internetseite „…gratis“ geworben. Im Spot wird erklärt, dass man mit „…gratis“ die Möglichkeit habe, Gewinne aus den größten Lotterien der Welt zu generieren.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2017 wurde die Antragstellerin über den Sachverhalt informiert und ihr wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 5 GlüStV Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. November 2017 wahrnahm.
Mit Bescheid vom 11. April 2018 untersagte die Regierung der Oberpfalz der … Ltd. gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV in Bayern für das Angebot unter „www…gratis“ bzw. „https:/…gratis“ im Fernsehen zu werben. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung wurde der … Ltd. für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 € angedroht.
Der Antragstellerin wurde daraufhin mit Schreiben vom 3. Mai 2018 die Möglichkeit gegeben, zur neuen Sachlage ergänzend Stellung zu nehmen.
Die Beobachtung des Programms der Antragstellerin ergab, dass Werbung für „…gratis“ zumindest am 16. Mai 2018 um 17:24 Uhr erneut ausgestrahlt wurde.
Mit Beschluss vom 30. Mai 2018 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag der … Ltd. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagungsanordnung der Regierung der Oberpfalz vom 11. April 2018 ab (Az. RO 5 S 18.681). Über die dagegen erhobene Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde noch nicht entschieden.
In ihrer Stellungnahme vom 8. Juni 2018 bekräftigte die Antragstellerin ihre Rechtsauffassung.
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) fasste in ihrer Sitzung am 26. Juni 2018 den Beschluss, die Ausstrahlung von Werbung für das Angebot unter „https:/ …gratis“ in ihrem Programm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu beanstanden und der Antragstellerin zu untersagen.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2018 stellte die Antragsgegnerin in Nr. 1 fest und missbilligte, dass die Antragstellerin gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüSt verstoßen hat, indem sie in mindestens 17 Fällen, namentlich am 16. September 2017 um 11:16 Uhr, 11:37 Uhr, 12:38 Uhr, 13:04 Uhr, 14:18 Uhr, 17:29 Uhr, 18:27 Uhr, 18:37 Uhr, 19:45 Uhr, 20:13 Uhr, 20:52 Uhr und 22:57 Uhr, am 18. September 2017 um 19:08 Uhr, 20:07 Uhr und 21:11 Uhr, am 19. September 2017 um 19:10 Uhr und am 16. Mai 2018 um 17:24 Uhr Werbung für das Angebot unter „https:/ …gratis“ im Programm der Antragstellerin ausgestrahlt hat. Sie untersagte in Nr. 2 des Bescheids der Antragstellerin in ihrem Programm Werbung für das Angebot unter „https:/ …gratis“ auszustrahlen. Die sofortige Vollziehung der Beanstandung gemäß Nr. 1 und der Untersagung gemäß Nr. 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beanstandung und Untersagung auf § 38 Abs. 2 RStV beruhe. Die Antragstellerin habe mit der wiederholten Ausstrahlung von Werbespots für „…gratis“ gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV verstoßen. Spätestens seit Erlass und Bekanntgabe der kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) sofort vollziehbaren glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung der Regierung der Oberpfalz, die gerichtlich in 1. Instanz bestätigt worden sei, stünden aufsichtlichen Maßnahmen durch die Antragsgegnerin – auch nach Maßgabe der Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der Landesmedienanstalten zur Zusammenarbeit bei der Aufsicht über Glücksspielwerbung im privaten Rundfunk und Telemedien private Anbieter vom 17. Juli 2014 (Gemeinsame Leitlinien) keine formellen Hinderungsgründe entgegen. Die Zusicherung während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes auf Zwangsmaßnahmen zu verzichten, sei keine Aussetzung der Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 4 VwGO. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV sei Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen generell verboten. Eine nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV mögliche Ausnahme komme vorliegend aus Sicht der Glücksspielaufsicht nicht in Betracht, weil zum einen keine Werbeerlaubnis für das Angebot „…“ bzw. „…gratis“ vorliege und zum anderen es sich bei der unter „www. …com“ angebotenen „Zweitlotterie“ um ein nicht erlaubtes und auch nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel handele (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149; OVG Lüneburg, B.v. 12.12.2016 – 11 ME 157/16; OVG Saarlouis, B.v. 12.5.2016 – 1B 199/15). Dass die … Ltd. mit „…gratis“ selbst – mangels Entgeltlichkeit – kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV anbiete, spiele für die Beanstandung und die Untersagung keine Rolle, da es vorliegend nicht um die Zulässigkeit des Gratisangebots an sich gehe, sondern darum, dass durch die für das Angebot „…gratis“ geschaltete Werbung zugleich für die Angebote unter „www…com“ und „www…de“ geworben werde. Die Einstufung dieser Angebote als – mangels Erlaubnis und Erlaubnisfähigkeit – unerlaubtes Glücksspiel sei durch die zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden in Bayern, Niedersachsen und dem Saarland obergerichtlich bestätigt worden. Bei den Werbespots der … Ltd. handele es sich zwar zunächst um Werbung für das Angebot „…gratis“, weil Rezipienten durch den Fernsehspot auf das Angebot „…gratis“ und die dortige Spielteilnahme hingewiesen werden. Die glücksspielrechtliche Bedeutung der Werbespots sei indessen nicht auf diesen unmittelbaren werblichen Effekt beschränkt. Denn die Gesamtumstände dieser Werbeschaltung würden dazu führen, dass mit dieser Werbung zugleich das unerlaubte Glücksspielangebot „…“ beworben werde. Die gemeinsame Nutzung einer Marke und die damit verbundene Werbewirkung sowie die Ausgestaltung der Werbespots und das nahezu identische Produktangebot würden dazu führen, dass die Werbung für „…gratis“ maßgeblich darauf gerichtet sei, den Absatz des unerlaubten Glücksspielangebots „…“ zu fördern. Mit der beidseitigen Verwendung der Marke „…“ entstehe ein direkter Zusammenhang zwischen dem kostenlosen Angebot und dem unerlaubten Glücksspiel. Der Zusatz “.gratis“ sei nicht geeignet, das Angebot der … Ltd. hinreichend vom unerlaubten Glücksspielangebot abzugrenzen. Vielmehr werde mit der Werbung hauptsächlich der im Vordergrund stehende Markenname „…“ beworben. Dies gelte umso mehr, da die … … selbst die Möglichkeit einer einmaligen unentgeltlichen Teilnahme unter „https://www. …com/gratis“ anbiete. Auch für besonders aufmerksame Rezipienten dürfte spätestens die Unterscheidung zu „https:/ …gratis/“ kaum mehr möglich sein. Dass bei Suchmaschinen im Internet, wie Google, bei der Eingabe des Suchbegriffs „… gratis“ die kommerziellen Seiten des Anbieters “ …com“ und „…de“ angezeigt werden, unterstreiche, dass die Werbekampagne bewusst entsprechend aufgesetzt sei. Dass mit der Werbung für „…gratis“ zugleich Werbung für das unerlaubte Glücksspiel „…com“ gemacht wird, ergebe sich ungeachtet den bei Glücksspielen üblichen Hinweisen, dass eine Spielteilnahme erst ab 18 Jahren möglich sei und Glücksspiel süchtig machen könne, aber auch aufgrund der prominenten Verwendung des Namens … und der Gestaltung des Werbespots selbst. Sollte jemand am Spielerlebnis bei „…gratis“ gefallen finden und in der Folge die Anzahl der Spieleereignisse auf mehr als eines pro Kalendermonat ausweiten wollen, müsse er sich anderen Angeboten zuwenden. An dieser Stelle dränge es sich geradezu auf, dass ein Spielinteressent zunächst das nahezu gleichnamige Angebot der … … ansteuern werde, da dieses von …gratis-Kunden fast schon automatisch als konsequente Weiterführung des Angebots „…gratis“ wahrgenommen werden dürfte. Zudem ließen sich die Ausgaben der … Ltd. nur dadurch erklären, dass ihr Angebot ausschließlich dem Zwecke diene, den Absatz des unerlaubten Glücksspielangebots zu fördern und sie darüber auch Zugang zu derartigen Investitionssummen erhalte. Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2015 (7 BV 13.2153) sei keine andere Bewertung gerechtfertigt, da im Gegensatz zu „fulltiltpoker.net“ der Sachverhalt bei „…gratis“ anders liege (so auch VG Regensburg, B.v. 30.5.2018, a.a.O.). Da sich die Anreizwirkung mit Abgabe eines einmaligen Gratistipps erledige, könne dieser Internetseite eine Gleichrangigkeit nicht zugesprochen werden; ein eigenständiger, dauerhafter Spielzweck sei hier gerade nicht erkennbar, weshalb eine gleiche rechtliche Würdigung ausscheide. Alleine aufgrund der vorhandenen Beschränkungen (etwa Gewinnklassen) könne das in Rede stehende Angebot nicht als gleichwertige Alternative zum kommerziellen Pendant angesehen werden. Der Zweck des Angebots „…gratis“ erschöpfte sich in seiner Lock- und Anreizfunktion sowie offensichtlich in dem untauglichen Versuch, das Fernsehwerbeverbot zu umgehen. Der Beanstandung und Untersagung würden im Übrigen weder verfassungs- noch unionsrechtliche Bedenken gegen die zugrunde liegenden Normen des GlüStV begegnen. Es habe sich gezeigt, dass die Beanstandung als mildestes Mittel nicht ausreiche, um den Sender zu einem rechtskonformen Verhalten anzuhalten. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im überwiegenden öffentlichen Interesse (Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht, Abwehr von Suchtgefahren, Spielerund Jugendschutz). Die sofortige Vollziehung diene auch der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, da die untersagte Glücksspielwerbung den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 AGGlüStV erfülle. Die Untersagung der Ausstrahlung einer bestimmten Fernsehwerbung berühre zwar die Rundfunkfreiheit des Anbieters. Materiell dürfte ihr Interesse aber ein überwiegend finanzielles sein. Den Rundfunkanbietern würden (lediglich) Werbeeinnahmen für die Dauer des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens nicht zufließen, die sie hätten, wenn für diese Zeit die Spots weiter ausgestrahlt werden könnten, wobei diese Werbeplätze zudem auch durch Werbung, die ihrerseits rechtskonform ist, gefüllt werden könnten, womit eine etwaige werbliche Mindereinnahme zumindest teilweise kompensierbar erscheine. Dass für den Fall des Ausbleibens der Einnahmen aus den Werbespots von „…gratis“ eine entsprechende ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin eintreten würde, erscheine angesichts der Gesamtzahl der Werbespots und des Zeitpunkts der Ausstrahlung als unplausibel. Das bisherige Unterbleiben von Aufsichtsmaßnahmen könne nicht als rechtserhebliche Duldung dieser Werbung eingestuft werden. Es hätten nötige Abstimmungen mit den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder vorgenommen werden müssen, die ein abgewogenes und verhältnismäßiges Vorgehen belegen würden.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2018 beantragte die Antragstellerin Akteneinsicht in die Verfahrensakte und bat die Antragsgegnerin um eine Erklärung, dass sie bis zur abschließenden, rechtskräftigen Entscheidung über einen angekündigten Eilantrag von Vollstreckungsmaßnahmen absehen werde.
Die Antragsgegnerin übersandte daraufhin der Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Juli 2018 die Verfahrensakte und teilte mit, eine Erklärung, vorläufig von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, nicht abgeben zu können. Mit Verweis auf Anbieter, die vorliegend bereits erklärt hätten, sich rechtstreu zu verhalten und Werbung für „…gratis“ bis zu einer vorläufigen Klärung im Rahmen der entsprechenden Rechtsschutzverfahren nicht mehr auszustrahlen, sei die Abgabe einer derartigen Erklärung nicht mehr möglich, ohne damit verzerrend in den Wettbewerb einzugreifen. Zudem liege die Organzuständigkeit für eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzugs ausschließlich und abschließend bei der ZAK. Der vorliegende entsprechende Beschluss der ZAK sei für die Antragsgegnerin nach § 35 Abs. 9 Satz 5 RStV bindend. Die Abgabe der erbetenen Erklärung könnte eine Nichtbeachtung dieses Beschlusses darstellen. Zur Vermeidung einer Zwangsgeldandrohung werde um verbindliche Zusage der Antragstellerin gebeten, dass die Werbung entsprechend der Untersagungsanordnung bis zu einer gerichtlichen Klärung ab sofort eingestellt werde.
Gegen den Bescheid vom 17. Juli 2018 erhob die Antragstellerin am 1. August 2018 Klage (M 17 K 18.3786). Mit Schriftsatz vom 2. August 2018 beantragte sie zudem,
die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2018 betreffend die Untersagung, Werbung für das Angebot unter https:/ …gratis im Programm der Antragstellerin auszustrahlen, wiederherzustellen.
Zugleich wurde angeregt und beantragt,
die Antragsgegnerin aufzufordern, die Vollstreckung bis zu einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auszusetzen und bis dahin von Vollzugsmaßnahmen abzusehen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtsfehlerhaft sei. Es fehle an einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des besonderen öffentlichen Interesses. Eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Werbung von …gratis finde nicht statt. Des Weiteren sei das Angebot seit der Programmüberwachung am 16. September 2017 geduldet worden, sodass eine besondere Eilbedürftigkeit der Untersagung nicht erkennbar sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso nach der Stellungnahme der Antragstellerin am 30. November 2017 fast zwei Monate verstrichen sind, ehe die Landesbehörden sich mit den Glücksspielaufsichtsbehörden am 23. Januar 2018 austauschten. Zudem würde es der Begründung an jedweder inhaltlichen Auseinandersetzung mit den aus den europarechtlichen Vorgaben abzuleitenden Vollzugsverboten fehlen. Der streitgegenständliche Bescheid sei auch wegen fehlender ordnungsgemäßer Anhörung formell rechtswidrig. Die erste Stellungnahme der Antragstellerin vom … November 2017 sei vor und damit ohne Kenntnis des Untersagungsbescheides der Regierung der Oberpfalz um 11. April 2018 ergangen. Auch die zweite Stellungnahme der Antragstellerin vom … Juni 2018 stelle keine ordnungsgemäße Anhörung dar. Zur erneuten Stellungnahme wurde am … Mai 2018 ohne Nachweis einer fortdauernden Werbeausstrahlung, die erst durch Programmüberprüfung am 16. Mai 2018 festgestellt worden sei, aufgefordert. Ohne Bezug auf diese entscheidungserhebliche Tatsache könne die Stellungnahme jedoch keine ordnungsgemäße Anhörung darstellen. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, da keine vollziehbare glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung der Glücksspielaufsichtsbehörde (Ziffer V. Satz 2 Nr. 1 der Gemeinsamen Leitlinien) vorliege. Solange über die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Mai 2018 (a.a.O.) noch nicht entschieden sei, könne von einer Vollziehbarkeit des Untersagungsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 11. April 2018 nicht gesprochen werden. Dies gelte erst recht aufgrund der Erklärung der Glücksspielaufsichtsbehörde, bis zur Entscheidung über die Beschwerde keine Zwangsmaßnahmen zu treffen. Inhaltlich entspreche diese Erklärung der Aussetzung der Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 4 VwGO. Die Vollziehbarkeit der glücksspielrechtlichen Aufsichtsmaßnahme stehe erst dann fest, wenn der Instanzenzug im Rechtsmittelverfahren abgeschlossen sei. Erst wenn zeitlich nachgeschaltet ein Verstoß zur vollziehbaren Aufsichtsmaßnahme erfolge, sei der Tatbestand der Gemeinsamen Leitlinie („trotzdem“) erfüllt. Zudem sei entgegen der Gemeinsamen Leitlinie zuerst die Landesmedienanstalt und erst anschließend die Glücksspielaufsicht tätig geworden sei. Zudem liege kein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV vor. Bei dem betreffenden Angebot unter …gratis handele es sich schon mangels Entgeltlichkeit nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Zudem werde mit dem Angebot auch nicht zugleich für ein entgeltliches Glücksspielangebot geworben. Es erfolge weder eine mittelbare Werbewirkung noch eine Image- bzw. Dachmarkenwerbung für das entgeltliche Glücksspielangebot … Maßgebend sei die „werbende Zielrichtung“. Die werbende Absicht habe sich vorliegend nie auf ein eigentliches Glücksspielangebot konkretisiert. Die maßgeblichen Kriterien bei der Bewerbung kostenfreier Angebote (VG München, B.v. 7.9.2009 – M 22 S 09.3403) seien beachtet worden. Das Gratis-Lottospiel sei völlig unabhängig, es bestehe keine internet-technische Verbindung oder Verlinkung. Schriftzug, Gestaltung und Farbgebung des beworbenen Angebots, insbesondere des Logos, seien von allen entgeltlichen Glücksspielangeboten abweichend gestaltet, sodass keine Gefahr einer Assoziation mit einem konkreten entgeltlichen Angebot bestehe. Zudem werde ein eigenes, tragfähiges wirtschaftliches Konzept verfolgt. Das kostenfreie Lottoangebot trage sich alleine über die auf der Homepage geschaltete – selbstverständlich glücksspielfreie – Werbung sowie die kommerzielle Verwertung der gewonnenen Nutzerdaten. Der dem Beschluss des OVG Hamburg vom 9.3.2017 (Az.: 4 Bs 241/16) zugrunde liegende Sachverhalt unterscheide sich von dem hier zu entscheidenden Fall. Vorliegend würden keine gleichen Schrifttypen oder Symbole zum Angebot der … … verwendet. Obendrein stehe die … Ltd. in keiner Geschäftsbeziehung mit der … … Bei der Ausstrahlung des Werbespots würden alle einschlägigen Maßgaben des RStV, insbesondere Hinweis- und Aufklärungspflichten nach der Werberichtlinie, eingehalten. Zudem gehe die Antragsgegnerin von falschen Prämissen aus. Vorliegend seien allenfalls die Bestimmungen des Glücksspielvertrags zu Lotterien einschlägig. Diese seien jedoch europarechtswidrig und müssten unangewendet bleiben. Bei …com handele es sich nicht um eine Wette, sondern um eine glücksspielrechtlich zulässige gewerbliche Spielvermittlung i.S.d. § 3 Abs. 6 Nr. 1 GlüStV des Websitebetreibers sowie ein selbständiges Lotterieangebot einer weiteren Gesellschaft. Das Vermittlungs- und Lottomonopol sei europarechtswidrig. Hierzu wurde insbesondere auf ein Gutachten des Herrn … … … vom … April 2017 verwiesen. Die vollständige Untersagung der Ausstrahlung der Werbung von …gratis sei zudem unverhältnismäßig und grob ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel könnte eine Anpassung der Werbung in Betracht kommen, um eine stärkere Differenzierung zu der vermeintlichen Dachmarke „…“ zu erreichen. Die Antragsgegnerin sei vorliegend entgegen ihrer eigenen Selbstbindung in der Gemeinsamen Leitlinie eigeninitiativ tätig geworden und habe damit ermessensfehlerhaft ihr Entschließungsermessen betätigt. Zudem habe die Antragsgegnerin keine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag gelegt. Kein anderer Werbespot für ein vergleichbares Angebot sei untersagt worden. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen die Werbung für kostenlose Lotteriespiele vorgegangen werde, sei nicht erkennbar. Da sich in der Behördenakte keinerlei Ermittlungen dazu finden lassen, dass die Werbung u.a. „aufmerksamkeitserheischend“ sei, liege insoweit ein vollständiger Ermessensausfall vor. Aufgrund des gravierenden Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit, die mit nicht bzw. nur sehr schwer rückgängig zu machenden Folgen verbunden sei, überwiege das Interesse der Antragstellerin. Werbeeinnahmen würden in erheblicher Höhe wegfallen. Dies hätte auch Einschränkungen im Bereich des werbefinanzierten redaktionellen Programms zur Folge. Da der Werbemarkt von massiven Einbrüchen betroffen sei, habe die Antragstellerin in den vergangenen Jahren bereits Personal abbauen müssen. Der beabsichtigte Vollzug des streitbefangenen Bescheides habe für die Antragstellerin als rein werbefinanzierter privater Rundfunkanbieter existenzbedrohende Folgen.
Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin teilte telefonisch dem Gericht am 8. August 2018 mit, dass für die Antragsgegnerin eine Erklärung, bis zur abschließenden, rechtskräftigen Entscheidung über den Eilantrag von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, aus den aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2018 genannten Gründen nicht möglich sei.
Mit Schreiben vom 8. August 2018 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, den Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Bezüglich des Fortgangs des Verfahrens werde zudem beantragt, der Antragsgegnerin die Antrags- sowie die Klageschrift vollständig, d.h. auch mit den dort beigefügten Anlagen, zuzuleiten. Zudem werde beantragt, der Antragsgegnerin eine Frist zur Erwiderung binnen zwei Wochen ab Zustellung der vollständigen Antragsschrift samt Anlagen einzuräumen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs. Auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2018 werde erneut verwiesen, wonach eine Erklärung hinsichtlich des Absehens von Vollstreckungsmaßnahmen nicht möglich sei. Höchstvorsorglich werde auf die Ausführungen im angefochtenen Ausgangsbescheid vom 17. Juli 2018 verwiesen.
Mit Schreiben vom 9. August 2018 legte die Antragsgegnerin die Behördenakten vor und wies darauf hin, dass die Ausführungen der Antragstellerin der Antragsgegnerin in unzulänglicher Form zur Kenntnis gebracht worden sei, soweit die Ausführungen der Antragstellerin in einem gedanklichen und sachlichen Zusammenhang mit den in den Antragsschriftsatz eingeblendeten Bildern bzw. Darstellungen stehen. Diese seien nicht verständlich, auch nicht aus dem schriftsätzlichen Zusammenhang heraus.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 9. August 2018 wurde der Antragsgegnerin die Klageschrift sowie die dem Eilantrag beiliegenden Anlagen, die nicht Bestandteil der Behördenakten oder online abrufbar waren, per Telefax übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 17 K 18.3786 sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. Juli 2018 ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der Beanstandungs- und Untersagungsverfügung rechtmäßig angeordnet. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausreichend und entspricht damit den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden formellen Anforderungen.
Die Antragsgegnerin hat hinreichend einzelfallbezogen und insbesondere nicht nur floskelhaft dargelegt, dass sie ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids annimmt: Die Anordnung des Sofortvollzugs diene der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, da die untersagte Glücksspielwerbung den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 AGGlüStV erfülle. Für die Notwendigkeit eines sofort vollziehbaren Handelns würden im Wesentlichen auch Aspekte des Verbraucherschutzes im Sinne der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht sprechen, die durch Werbung für nicht legale Glücksspielangebote erschwert werden könnten, sowie auch des Jugend- und Spielerschutzes (Bescheid vom 17.7.2018, S. 28). Allein im Jahr 2016 seien durch Online-Zweitlotterieanbieter, wie „…“, insgesamt rund 299 Mio. € Bruttospielerträge erzielt worden. Dies belege, dass durch Online-Zweitlotterien viele Menschen erreicht würden, die diese Angebote nutzten. Da es sich bei der untersagten Werbung auch um intendierte Werbung für die kostenpflichtigen Angebote der Online-Zweitlotterien handele, wirke die streitgegenständliche Werbung für „…gratis“ den dargestellten Zielen des Allgemeinwohls entgegen. Die Untersagung berühre zwar die Rundfunkfreiheit der Antragstellerin, ihr Interesse dürfte aber überwiegend ein finanzielles sein. Etwaige werbliche Mindereinnahmen könnten durch rechtskonforme Werbung kompensiert werden. Eine ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin erscheine daher unplausibel. Im Hinblick auf das überwiegende öffentliche Interesse habe das private Interesse der Antragstellerin zurückzutreten.
Diese Begründung macht deutlich, dass die Behörde sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs vor Augen geführt hat, das Begründungserfordernis also seiner Warnfunktion gerecht geworden ist. Die Begründung, insbesondere hinsichtlich der intendierten Werbung für die kostenpflichtigen Angebote der Online-Zweitlotterien und deren steigende Bedeutung, ist auf den konkreten Fall bezogen und nicht lediglich formelhaft. Die Antragsgegnerin hat zudem die Interessen der Antragstellerin gewürdigt und in ihre Entscheidung miteinbezogen. Ob sie ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung zu Recht angenommen hat und die Begründung auch in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss sich die Begründung des Sofortvollzugs nicht konkret mit dem Inhalt der Werbung von „…gratis“ oder mit den europarechtlichen Vorgaben auseinandersetzen. Vielmehr genügt es die besonderen, auf den konkreten Einzelfall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen. An den Inhalt der Begründung sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 80 Rn. 43), insbesondere kann nicht verlangt werden, dass im Rahmen der Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO auf sämtliche Argumente, die Rechtmäßigkeit der Anordnung betreffend, umfassend eingegangen wird.
2. Nach der hier vorzunehmenden Interessenabwägung war die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederherzustellen, da das Vollzugsinteresse der Behörde gegenüber dem Interesse der Antragstellerin überwiegt.
Die grundsätzlich mit Widerspruch und Anfechtungsklage verbundene aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO tritt kraft Gesetzes nicht ein, wenn – wie hier – die sofortige Vollziehung angeordnet wurde (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO).
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in derartigen Fällen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, sofern das Interesse des Betroffenen von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das Gericht hat hierbei nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der danach erforderlichen Abwägung der Interessen sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs auf der Grundlage einer summarischen Prüfung zu beurteilen. Ergibt die Überprüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer reinen Interessenabwägung.
2.1. Entgegen der Annahme der Antragstellerin sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren offen. Die Untersagungsverfügung ist nach summarischer Prüfung weder formell (2.1.1.) noch materiell (2.1.2.) offensichtlich rechtswidrig. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beanstandungs- und Untersagungsverfügung das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (2.2.).
2.1.1. Der angefochtene Bescheid vom 17. Juli 2018 ist nicht schon deshalb formell rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG verletzt hätte.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30. November 2017 und 8. Juni 2018 zur beabsichtigten Untersagungsverfügung Stellung genommen. Jedenfalls die zweite Stellungnahme der Antragstellerin vom 8. Juni 2018 erfolgte selbst nach Angaben der Antragstellerin (Antragsschrift, S. 17) nach Mitteilung der zwischenzeitlich erlassenen Untersagungsverfügungen der Glücksspielaufsichtsbehörden an die … Ltd.
Soweit die Antragstellerseite vorträgt, die Aufforderung zur erneuten Stellungnahme sei am *. Mai 2018 ohne Nachweis einer fortdauernden Werbeausstrahlung, die erst durch Programmüberprüfung am 16. Mai 2018 festgestellt worden sei, erfolgt, vermag dies eine ordnungsgemäße Anhörung nicht infrage zu stellen. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG beschränkt den Gegenstand der vorgeschriebenen Anhörung auf die „für die Entscheidung erheblichen Tatsachen“. Ungeachtet des Umstandes, ob es sich in dem hier zu entscheidenden Fall bei dem Nachweis einer fortdauernden Werbeausstrahlung um eine entscheidungserhebliche Tatsache handelt, auf die es nach der rechtlichen Einschätzung der entscheidenden Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts ankommt (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 28 Rn. 39), wusste die Antragstellerin auch ohne im Einzelnen über eine Programmüberprüfung der Antragsgegnerin informiert worden zu sein, dass eine Ausstrahlung der Werbung für „…gratis“ in ihrem Programm (so auch am 16. Mai 2018) stattfand, so dass sie sich zu der Tatsache einer fortdauernden Werbeausstrahlung ohne weiteres hätte äußern können.
Die zuständige ZAK hat sowohl die Beanstandungs- und Untersagungsverfügung gefasst als auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung beschlossen. Sie hat damit als Organ der Antragsgegnerin ihre rundfunkrechtlich begründete Zuständigkeit für die streitgegenständliche Aufsichtsmaßnahme (§ 35, § 36 Abs. 2 Nr. 7, § 38 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. August 1991 (GVBl S. 451; BayRS 2251-6-S), zuletzt geändert durch den 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 18. Dezember 2017 (GVBl. 2018 S. 210) wahrgenommen (BayVGH, B.v. 29.11.2012 – 7 CS 12.1642 – juris Rn. 12).
2.1.2. Der angefochtene Bescheid ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nach summarischer Prüfung auch nicht bereits deshalb offensichtlich materiell rechtswidrig, weil ein Verstoß gegen die Gemeinsamen Leitlinien (a.) vorliegt, offensichtlich keine Glücksspielwerbung stattfindet (b.), die Werbung für … offensichtlich nicht verboten (c.) oder der streitgegenständliche Bescheid offensichtlich unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft (d.) ist.
Die Beanstandungs- und Untersagungsverfügung kann auf die Rechtsgrundlage in § 38 Abs. 2, § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. 2012 S. 318, 319, 392, BayRS 02-30-I), zuletzt geändert durch Staatsvertrag vom 3. April 2017 (GVBl. S. 523) gestützt werden. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen (§ 7 RStV), im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten; eine Werbeerlaubnis der Anbieterin gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV liegt nicht vor.
a) Eine offensichtliche materielle Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides vom 17. Juli 2018 wegen eines Verstoßes gegen die Gemeinsamen Leitlinien (insbesondere Ziffer V. Satz 2 Nr. 1) liegt nicht vor. Die Gemeinsamen Leitlinien sind keine Rechtsnormen, sondern allenfalls verwaltungsinterne Weisungen über die behördliche Zusammenarbeit bei der Aufsicht über Glücksspielwerbung im privaten Rundfunk und Telemedien privater Anbieter. Allein der Verstoß gegen die Gemeinsame Leitlinie macht den streitgegenständlichen Bescheid nicht rechtswidrig. Die Gemeinsame Leitlinie könnte aber über ihre zunächst nur interne Bindung hinaus über Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20, 28 GG) Außenwirkung erlangen. Ungeachtet dessen ist aber kein Verstoß gegen die Gemeinsame Leitlinie, insbesondere A.V. Satz 2 Nr. 1, ersichtlich. Die Annahme der Antragstellerseite, dass der Untersagungsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 11. April 2018 solange nicht vollziehbar sei, bis über die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Mai 2018 entschieden wurde, vermag das Gericht nicht zu teilen. Denn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs hat keine Auswirkungen auf die behördlich angeordnete Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts, denn er hat keinen Suspensiveffekt. Die Vollstreckbarkeit des Bescheides wird durch das gerichtliche Verfahren nicht gehemmt. Die Behörde ist also auch nach Einleitung eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht gehindert, von deren sofortigen Vollziehbarkeit Gebrauch zu machen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 96, 111).
Auch wäre eine gegenüber dem Gericht oder einem Beteiligten abgegebene Erklärung der Behörde, bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens von Verstärkungsmaßnahmen abzusehen, keine Aussetzung der Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 4 VwGO (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 48 m.w.N.; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 80 Rn. 276).
Den Einwand, die Antragsgegnerin habe gegen die Gemeinsamen Leitlinien verstoßen, indem sie zeitlich vor der Glücksspielaufsicht tätig geworden sei, vermag die Kammer nicht zu teilen, da der streitgegenständliche Untersagungsbescheid vom 17. Juli 2018 als (aufsichtliches) Tätigwerden nicht vor dem Erlass einer vollziehbaren glücksspielrechtlichen Aufsichtsmaßnahme vom 11. April 2018 ergangen ist. Bei A.V. Satz 2 Nr. 1 der Gemeinsamen Leitlinie handelt es sich zudem um eine Soll-Vorschrift, die ein möglichst gleichgerichtetes und gleichzeitiges paralleles Vorgehen von Glücksspiel- und Medienaufsicht gewährleisten soll.
b) Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass der Tatbestand der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 5 Abs. 3 GlüStV bei dem betreffenden Angebot unter „…gratis“ offensichtlich nicht erfüllt sei.
Inwieweit eine mittelbare Werbewirkung oder eine Image- bzw. Dachmarkenwerbung für das entgeltliche Glücksspielangebot … vorliegt, muss der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Gewichtige Gesichtspunkte sprechen jedoch dafür, dass mit der streitgegenständlichen Werbung für „…gratis“ eine Werbung für ein öffentliches Glücksspiel vorliegt. So jedenfalls die folgenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 30.5.2018 – RO 5 S 18.681 – juris Rn. 43 ff.), das sich insbesondere auch mit dem von Antragstellerseite zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2015 (Az. 7 BV 13.2153) auseinandersetzt:
„Es handelt sich hier um eine Werbung, die gezielt auf bestimmte sieben Glücksspielprodukte abzielt, die aber (erlaubnispflichtige) Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 GlüStV sind. Sie erfüllen den Glücksspielbegriff. Für die 7 Glücksspiele muss normalerweise ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance gezahlt werden. Durch die Werbung für Gratistipps sollen Kunden für diese Glücksspielprodukte angeworben werden, die mit Ausnahme von zwei Glücksspielprodukten (25…, 26…) legal in Deutschland nicht angeboten werden. 21…, 22…, 23…, Ein Lebenlang, 24…s sind Angebote ausländischer Veranstalter, für die eine inländische Erlaubnis nicht vorliegt. Werbung für Gratisangebote hat eine sehr große Anlock- und Anreizwirkung für Neukunden und auch für Stammkunden. Wer etwas gratis bekommt, probiert das Angebot leichter aus, als wenn er dafür bezahlen müsste. Der Kunde nimmt oft mehr, als er ursprünglich beabsichtigt. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dieser Werbung um eine gezielte Werbung für die oben genannten Zielprodukte, die allesamt Glücksspiele sind. Die Werbespots im Fernsehen enthalten überhaupt keinen Hinweis, dass es hier um die Werbung für ein Gratis-Gewinnspiel handeln könnte. Auch der Besucher der Webseite der Antragstellerin kann dies aus der oben angegebenen ersten Seite nicht entnehmen. Nur wenn der Besucher der Webseite der Antragstellerin die Teilnahmebedingungen liest, erfährt er, dass die Internetnutzer die Möglichkeit haben, einmal pro Kalendermonat an einem kostenlosen Gewinnspiel teilzunehmen. Diese Teilnahmebedingungen sind aber für die Werbeaussagen im Fernsehen keine Einschränkung. Hier wird – wie oben bereits ausgeführt – ganz gezielt für Glücksspielprodukte geworben. Die Kammer sieht in dieser Werbung weder eine zusätzliche noch eine gar ausschließliche Werbung für ein kostenloses Gewinnspiel. Es wird ausschließlich für Glücksspielprodukte geworben. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Antragstellerin mit einem Gratis-Gewinnspiel für die oben genannten 7 Glücksspielprodukte wirbt, so wird jedenfalls dieses Werbemittel „Gewinnspiel“ für Glücksspiele im Sinne des § 3 GlüStV eingesetzt. Auch eine solche Werbung unterfällt dem Fernsehwerbeverbot für Glücksspiele nach dem GlüStV, wenn für das Glücksspielangebot selbst keine inländische Erlaubnis vorliegt und/oder der Werbende über keine inländische Fernseherwerbeerlaubnis verfügt. Es kann deshalb offen bleiben, ob das „Gewinnspiel“ der Antragstellerin, das eine Wette auf die Ziehung von Lotterienzahlen ist, nicht doch den Glücksspielbegriff erfüllt, weil statt eines Entgelts geldwerte Leistungen vom Teilnehmer verlangt werden, indem dieser seine Adressdaten und auch die IP-Adresse angeben muss, die die Antragstellerin für Werbezwecke nutzen könnte oder wie sie selbst ausführt für den Aufbau eines Kundenstammes für künftige unionskonforme Glücksspielanbieter sammeln und nutzen will.
Nach Auffassung der Kammer ist die Entscheidung des VGH vom 9.3.2015 – 7 BV 13.2103 – auf vorliegendem Fall nicht anwendbar. Bei der Entscheidung des VGH ging es um einen privaten Rundfunkanbieter. Es war zu prüfen, ob dieses Programm im Fernsehen gegen die Programmgrundsätze des § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüStV verstößt. Dies hat der VGH verneint, weil mit dem Logo „…“ „explizit für ein kostenloses Angebot für Pokerspiele geworben wurde, das ausschließlich der Unterhaltung dient und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch bot“ (VGH a. a. O Rn. 44). Im hier streitigen Fall wird aber in der Fernsehwerbung gezielt für die oben genannten Glücksspiele geworben. Abgesehen davon hat das Gratis-Gewinnspiel keinen Unterhaltungscharakter und bietet auch keine Übungsmöglichkeiten, sondern hat eine große Anlock- und Anreizwirkung für die Verbraucher und Teilnehmer am Gewinnspiel. Wäre dies anders, würden Gewinnspiele nicht so häufig zu Werbezwecken für den Absatz von Produkten eingesetzt.
Nach Auffassung der Kammer unterfällt deshalb die Fernsehwerbung der Antragstellerin den oben genannten Fernsehwerbeverbotstatbeständen für Glücksspiele im GlüStV, unabhängig davon, ob in dieser Werbung eine Werbung für das Glücksspielangebot von 0…com gesehen werden kann.
Allerdings ist die Kammer der Auffassung, dass in der Werbung der Antragstellerin eine Werbung für 0…com zu sehen ist. Besucht man die Internetseite von 0…com, fällt auf, dass auch 0…com mit: “Jetzt Neu: Gratis Tippen“ und “Versuche Dein Glück mit 2 Gratistipps!“ wirbt. Bei den Gratis-Tipps kann man dann zwischen denselben Glücksspielangeboten auswählen, die von der Antragstellerin beworben werden. Es handelt sich hier um dieselben Zielprodukte. 25…, 26…, 19…, 21…, 22…, 23…, 24… Das Angebot gilt für Neukunden, 19… entspricht dem Glücksspielangebot der Antragstellerin „20…“.
Dies spricht bereits eindeutig dafür, dass die Werbung der Antragstellerin für bestimmte Zielprodukte auf die Zielglücksspielprodukte im Angebot von 0…com abgestimmt ist und deshalb eine Werbung für 0…com ist. Weiter kommt noch hinzu, dass man bei der Suche mit der Suchmaschine Google bei der Eingabe „1…“ an vorderster Stelle auch den Eintrag für 0…com findet, mit dem Text: “0…-Gratis –Tipps-0…com.“ Ferner gibt es darauf eine Unterseite 0… Gratis. Dies sind keine Zufälle. Es handelt sich um Werbung auf bestimmte Zielprodukte von 0…com. Dass 0…com noch andere Glücksspielangebote hat, entkräftet nicht, dass es sich hier um eine Werbung für die genannten Zielprodukte handelt.
Unabhängig davon spricht auch dafür, dass der Schlüsselbegriff „0…“ sowohl im Markennamen und im Domainnamen der Antragstellerin und von 0…com identisch ist. Wäre 0… Ltd. damit nicht einverstanden, wäre sie schon längst gegen die Antragstellerin vorgegangen, da dieser Name für sie geschützt ist. Bei der Frage, ob der Verbraucher nach objektivem Empfängerhorizont unterschiedliche Marken annimmt, kommt es nur auf den Schlüsselbegriff „0…gratis“ an, weil der Verbraucher nur diesen Begriff in die Suchmaschine eingibt und nicht auf die farbliche, orthographische und geometrische Gestaltung der Marken achtet. Die Werbung für das Angebot 1… stellt somit zugleich Werbung für das unerlaubte Glücksspielangebot von 0… dar. Die gemeinsame Nutzung einer Marke und die damit verbundene Werbewirkung sowie die Ausgestaltung des Werbespots und das nahezu identische Produktangebot führen objektiv betrachtet dazu, dass die Werbung für „1…“ maßgeblich darauf gerichtet ist, den Absatz des unerlaubten Glücksspielangebots 0…com zu fördern. Dies wird zudem auch aus der Nutzung der Domain deutlich. In dem vom EuGH vom 11.7.2013 –C-657/11 entschiedenen Fall hat das Gericht allein die Nutzung einer Domain mit einer fremden Marke als Werbung eingestuft (s. Rn. 43, 47, 48, 58). Bei dem prägenden Teil der Domain 1… verwendet die Antragstellerin eine fremde Marke, da es sich nach dem unbestrittenen Vortrag des Antraggegners bei 0… um eine beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum eingetragene Wortmarke der 0… Holdings Ltd. handelt. Deshalb geht die Rechtsprechung auch davon aus, dass die Werbung für unentgeltliche Spielangebote insbesondere aufgrund einer identischen oder ähnlichen Marke zugleich Werbung für das kostenpflichtige unerlaubte Glücksspiel sein kann. Auch wenn zwischen der 0… Ltd. und 14… (Antragstellerin) keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen für die Glücksspielaufsichtsbehörden nachweisbar sind, weisen doch die dargelegten Zusammenhänge insgesamt darauf hin, dass das Angebot der Antragstellerin ausschließlich dem Zweck dient, das Fernsehwerbeverbot für 0… Ltd., der durch den Bescheid der Regierung 12… vom 23.02.2016 zudem ausdrücklich untersagt ist, ihr unerlaubtes öffentliche Glückspielangebot über das Internet zu vermitteln sowie hierfür in Bayern zu werben, zu umgehen. Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe gemäß § 117 Abs. 5 VwGO ab.
Da weder die Antragstellerin noch die 0… Limited eine inländische Erlaubnis für die beworbenen Glücksspiele besitzt, sind sie unerlaubt im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F.. Die in Gibraltar ausgestellte Erlaubnis für 0… Limited für die Glücksspiele im Internet genügt nicht (so auch EuGH v. 8.9.2009 C – 42/07). Nach § 4 Abs. 1 GlüStV n.F. dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit einer Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden – das Veranstalten und/oder vermitteln ohne Erlaubnis ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV ausdrücklich verboten. Ferner ist das im Internet angebotene Glücksspiel nach § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. und die Werbung im Fernsehen gemäß § 5 Abs. 3, S. 1 GlüStV n.F. verboten, solange keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 5 GlüStV n.F und § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV n.F. erteilt ist. Der Antragstellerin fehlt zudem auch diese Fernsehwerbungserlaubnis. § 33 h Nr. 3 GewO versperrt keine landesrechtliche Regelung für Werbebeschränkungen für Glücksspiele, insbesondere im Fernsehen. Wie das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 Rn. 96 ausgeführt hat, hat der Bundesgesetzgeber seine Bundeskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG nicht vollständig ausgeschöpft. Daraus kann gefolgert werden, dass die Länderkompetenz gemäß Art. 72 Abs. 1 GG jedenfalls für Werbebeschränkungen von Glückspielen erhalten geblieben ist.“
c) Die von der Antragstellerin aufgeworfene These, dass die Werbung für …com offensichtlich nicht verboten sei, da allenfalls die europarechtswidrigen Bestimmungen des Glücksspielvertrags zu Lotterien einschlägig seien, es sich hierbei nicht um eine Wette, sondern um eine glücksspielrechtlich zulässige gewerbliche Spielvermittlung i.S.d. § 3 Abs. 6 Nr. 1 GlüStV des Websitebetreibers und ein selbständiges Lotterieangebot einer weiteren Gesellschaft handle sowie das Vermittlungs- und Lottomonopol – wie das Gutachten des Herrn … … … vom … April 2017 zeige – europarechtswidrig sei, kann im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend beurteilt werden.
Die Werbebeschränkungen und Verbote des Glücksspielstaatsvertrags sind jedenfalls mit dem Verfassungsrecht und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar und können damit taugliche Rechtsgrundlage sein. Sie sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wie sich aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008 (Az. 1 BvR 928/08 – juris) ergibt. Ein Verstoß gegen das Verfassungsrecht ist demnach nicht per se anzunehmen. Vielmehr können die Behörden im Einzelfall durch eine verfassungskonforme Auslegung den grundgesetzlichen Vorgaben Rechnung tragen, da der Glücksspielstaatsvertrag Ausnahmeregelungen wie etwa in § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV vorsieht (vgl. VG Regensburg, B.v. 30.5.2018 – RO 5 S 18.681 – juris Rn. 54). Der Erlaubnisvorbehalt wurde unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols für verfassungskonform gehalten und verstößt auch nicht gegen Unionsrecht (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 39/12 Rn. 50). Ein solches Erlaubnisverfahren ermöglicht die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorliegt und die Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten beachtet werden.
Zu Bedenken ist hierbei zudem, dass selbst wenn man der Ansicht der Antragstellerin folgen und auch die von ihr vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im Sinn von § 4 Abs. 5 GlüStV ansehen wollte, im vorliegenden Fall die dann grundsätzlich erlaubnisfähige Internetvermittlung dieser Lotterien in der angebotenen Form wegen der fehlenden Erlaubnisfähigkeit der Zweitlotterien materiell wohl illegal wäre (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149 – juris Rn. 10).
d) Die Beanstandungs- und Untersagungsverfügung ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht offensichtlich unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft.
Die Beanstandung ist nach § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV die mildeste Aufsichtsmaßnahme und schon deshalb ermessensgerecht.
Auch hinsichtlich der Untersagungsverfügung sind Ermessensfehler bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat die Interessen in ausreichender Weise abgewogen (vgl. S. 25 ff. des Bescheids). Eine von der Antragstellerseite als milderes Mittel angeregte Anordnung zur Anpassung der Werbung, um eine stärkere Differenzierung zu der vermeintlichen Dachmarke „…“ zu erreichen, kommt nicht in Betracht, da diese Maßnahme bereits nicht gleich effektiv und wirksam wäre. Die Einlassungen und das Verhalten der Antragstellerin, die weiterhin Fernsehwerbung für „…gratis“ ausstrahlt, lassen nicht mit hinreichender Sicherheit erwarten, dass die Beanstandung allein sowie eine entsprechende Anordnung zur Anpassung der Werbung mit hinreichender Sicherheit dazu geführt hätten, dass die gesetzlichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags eingehalten werden.
Wie unter 2.1.2. a) bereits dargestellt, ist die Behauptung der Antragstellerin, wonach die Antragsgegnerin vorliegend entgegen ihrer eigenen Selbstbindung in der Gemeinsamen Leitlinie eigeninitiativ tätig geworden sei und damit ermessensfehlerhaft ihr Entschließungsermessen betätigt habe, schon im Ansatz nicht weiterführend. Ein Verstoß gegen eine einheitliche Verwaltungspraxis ist zudem nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Werbung auch gegenüber anderen privaten Fernsehveranstaltern untersagt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung nicht erforderlich, dass die Antragsgegnerin ein tragfähiges Konzept erarbeitet, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen die Werbung für kostenlose Lotteriespiele vorgegangen wird. Bei einer großen Anzahl von rechtswidrigen Zuständen verlangt es der Gleichheitssatz nicht, in sämtlichen Fällen und zur gleichen Zeit gegen alle Störer vorzugehen (BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149 – juris). Ein systemloses oder willkürliches Vorgehen der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin ist jedenfalls nicht festzustellen.
2.2. Im vorliegenden Fall spricht die schließlich vorzunehmende Interessenabwägung dagegen, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eine eigenständige Abwägung darüber vor, welche Interessen höher zu bewerten sind: Die, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts, oder die, die für die Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten.
Die erforderliche Abwägung fällt hier zugunsten des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung aus. Die Notwendigkeit, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden, die Spielsucht zu bekämpfen, und den Jugendschutz zu gewährleisten, wiegt schwerer als die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, die den Verlust von Werbeeinnahmen in erheblicher Höhe, daraus folgend Einschränkungen im Bereich des werbefinanzierten redaktionellen Programms, den Verlust von Reichweiten und die Abwanderung anderer Werbe- und Kooperationspartner befürchtet. Den gesetzlichen Zielen des Glücksspielstaatsvertrags, zu der auch die Vermeidung und Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes gehören (§ 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV), ist generell ein höherer Stellenwert beizumessen als der wirtschaftlichen Interessen der Rundfunkveranstalter und ihrer Werbepartner (BayVGH, B.v. 29.11.2012 – 7 CS 12.1527 – juris; B.v. 8.7.2013 – 7 CS 13.929 – juris Rn. 20). Auf die Frage, welche finanziellen Nachteile der Antragstellerin im Einzelnen entstehen, die durch erlaubte Werbetätigkeit nicht kompensierbar wären, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an. Dass die zu erwartenden wirtschaftlichen Einbußen eine Existenzgefährdung für die Antragstellerin bedeuten könnten, wurde zudem nicht substantiiert dargelegt. Der Umstand, dass zwischen der ersten Programmüberwachung am 16. September 2017 bis zur Untersagungsverfügung vom 17. Juli 2018 knapp 10 Monate vergangen sind, vermag eine besondere Eilbedürftigkeit im Hinblick auf die zu erfolgende Abstimmung mit den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der für die Anordnung des Sofortvollzugs streitenden hohen Schutzgüter nicht in Frage zu stellen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).


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