IT- und Medienrecht

Verdacht auf Verletzung des Dienstgeheimnisses und Volksverhetzung

Aktenzeichen  M 19L DA 19.4593

Datum:
16.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 49441
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 29 Abs. 1
StPO § 94

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Durchsuchung
– der Privat- und Nebenräume des Antragsgegners in der …straße … in … … (einschließlich Keller, Dachboden und Fahrzeuge) und
– der von ihm genutzten Diensträume (insbesondere seines Arbeitsplatzes, seines Spindes/Schließfaches, aller von ihm genutzten Ablagen, Schränke und Regale) in den Diensträumen des Bayerischen …, M1. straße 15, 8… M., wird angeordnet.
Die Durchsuchungsanordnung bezieht sich auch auf von den vorgenannten Durchsuchungsobjekten räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von den durchsuchten Räumen aus zugegriffen werden kann.
II. Weiter wird die Beschlagnahme der bei der vorgenannten Durchsuchung aufgefundenen technischen Geräte (Rechner, Peripheriegeräte wie Digitalkameras u.a., externe Speichermedien wie externe Festplatten/ Smartwatches/ USB-Sticks/ CD-Roms/ DVD-Roms/ SD-Karten/ Mobiltelefone/ Tablets und die dazugehörigen Netzkabel) sowie des Inhalts der dienstlichen E-Mail-Postfächer und des auf dem Dienstrechner eingerichteten Home-Laufwerks (H:), insbesondere des persönlichen Speicherbereichs des Antragsgegners sowie sonstiger Beweismittel (insbesondere schriftliche Aufzeichnungen und elektronische Dateien), die mit dem Dienstvergehen in Zusammenhang gebracht werden können, insbesondere der privaten Kommunikation mit Dritten dienen, angeordnet.
III. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung unter Nr. I und II gelten für 6 Monate ab dem Datum des vorliegenden Beschlusses.
IV. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt. Die Zustellung hat spätestens einen Tag nach Durchführung der unter Nr. I und II genannten Maßnahmen zu erfolgen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung.
Der Antragsgegner steht als … (A 11) im Dienst des Antragstellers. Er ist seit … November 2017 im … in der … des Bayerischen Landeskriminalamts (BLKA) tätig. Vorher war er seit … November 2013 beim Polizeipräsidium M. in der … eingesetzt.
Mit Verfügung vom … August 2019 leitete das BLKA ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsgegner ein; seine Unterrichtung hierüber unterblieb bisher, um die Sachverhaltsaufklärung nicht zu gefährden. Die Verfügung enthält folgende Begründung:
Anlass der Einleitung sei der Verdacht des folgenden Sachverhalts: Am … April 2014 habe in dem Bordellbetrieb „… …“ in M.eine Razzia des K 35 mit dem KFD 8 stattgefunden. Einer Zeugin zufolge sollen die Bordellbetreiber per SMS eines „… Kripo“ (phonetisch) vor dieser Razzia gewarnt worden sein; „… Kripo“ habe die Information gegen Bezahlung übermittelt. Die SMS habe damals nicht aufgefunden, der Täter nicht ermittelt werden können. Anlässlich eines Verfahrens der Steuerfahndung sei im Januar 2019 das Mobiltelefon eines der oben genannten Bordellbetreiber sichergestellt worden. Auf dem Handy habe sich zwar nicht die betreffende SMS gefunden. Jedoch habe ein Chat mit sechs weiteren männlichen Personen festgestellt werden können, an dem u.a. ein „… Kripo“ beteiligt sei. Über die Telefonnummer und persönliche Angaben im Chat habe dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit als der Antragsgegner identifiziert werden können. In dem Chat hätten sich zudem Bilder u.a. mit „migrationskritischem“ Inhalt gefunden, von denen sieben von „… Kripo“ in die Gruppe eingestellt worden seien.
Aufgrund dieses Sachverhalts bestehe der Verdacht eines Dienstvergehens. Nahe lägen eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht (§ 37 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG), ein Verstoß gegen die Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit und Gewissenhaftigkeit (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
Da eine Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Raume stehe, sei in Bezug auf den Verrat der Razzia im Jahr 2014 kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs eingetreten.
Am 6. September 2019 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München
– die Durchsuchung der Privat- und Nebenräume des Antragsgegners in der … … in … … (einschließlich Keller, Dachboden und Fahrzeuge) sowie der von ihm genutzten Diensträume, konkret seines Arbeitsplatzes, seines Spindes/Schließfaches sowie aller von ihm genutzten Ablagen, Schränke und Regale in den Diensträumen des …, M1. straße 15, 8… M., auch für von den vorgenannten Durchsuchungsobjekten räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von den durchsuchten Räumen aus zugegriffen werden kann und – die Beschlagnahme folgender Gegenstände: Rechner, Peripheriegeräte (Digitalkameras u.a.), externe Speichermedien (externe Festplatten, Smartwatches, USB-Sticks, CD-Roms, DVD-Roms, SD-Karten, Mobiltelefone, Tablets und die dazugehörigen Netzkabel) sowie des Inhalts der dienstlichen E-Mail-Postfächer und des auf dem Dienstrechner eingerichteten Home-Laufwerks (H:), insbesondere des persönlichen Speicherbereichs des Antragsgegners sowie sonstiger Beweismittel (insbesondere schriftliche Aufzeichnungen und elektronische Dateien), die mit dem Dienstvergehen in Zusammenhang gebracht werden können, insbesondere der privaten Kommunikation mit Dritten dienen, anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Satz 3 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) lägen vor. Es bestehe ein dringender Tatverdacht der Weitergabe interner Informationen durch den Antragsgegner, insbesondere hinsichtlich des Verrats der am *. April 2014 stattgefundenen Razzia. Die hierfür als Zeugin benannte Bardame habe im Rahmen der 2014 geführten Ermittlungen mehrere Informationen preisgegeben, die sich als verlässlich herausgestellt hätten. Dass 2014 ein anderer Kommunikationspartner der Bordellbetreiber unter demselben Pseudonym aufgetreten sei, erscheine ausgeschlossen.
Das Zuwiderhandeln gegen die ureigenen Aufgaben der Polizei stelle ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen dar. Der Vorwurf sei so gewichtig, dass im Falle seiner Bestätigung mindestens mit einer Zurückstufung zu rechnen wäre. Damit stehe eine Durchsuchung und Beschlagnahme nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme.
Die Anordnung sei auch im Übrigen verhältnismäßig. Zur Bestätigung oder Entkräftung des Verdachts sei es unausweichlich, die privaten elektronischen Kommunikationssysteme und sonstigen Unterlagen des Beamten zu durchsuchen und aufgefundene Beweise zu beschlagnahmen. Es solle nach der SMS, mit der die Bordellbetreiber 2014 vor der Razzia gewarnt worden seien, und nach Hinweisen darauf gesucht werden, dass der Beamte über die Razzia am 3. April 2014 informiert gewesen sei. Außerdem könnten sich Erkenntnisse dazu ergeben, dass er für die Weitergabe von Informationen bezahlt worden sei.
Die avisierte Durchsuchung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung lasse die Erforderlichkeit der disziplinarrechtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung nicht entfallen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass im Rahmen der strafrechtlichen Durchsuchung Gegenstände nicht beschlagnahmt werden dürften, da sie zur Aufklärung des Verdachts der Volksverhetzung nicht benötigt würden.
Auf telefonische Aufforderung des Gerichts übersandte der Antragsteller mit Schreiben vom … September 2019 weitere Unterlagen zur Identifizierung des Antragsgegners als Teilnehmer des 2019 bekannt gewordenen Gruppenchats.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Dem Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung wird entsprochen.
Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann der oder die Vorsitzende der Kammer für Disziplinarsachen auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen. Die Anordnung darf nach Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG nur getroffen werden, wenn der Beamte des Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Regelung des Art. 29 Abs. 1 BayDG ist anwendbar (1.). Im vorliegenden Fall ist sowohl ein dringender Tatverdacht (2.) als auch die Verhältnismäßigkeit der begehrten Anordnung (3.) gegeben. Weiter ist die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung hinreichend bestimmt formuliert (4.). Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners konnte abgesehen werden (5.).
1. Art. 29 Abs. 1 BayDG ist hier anwendbar. Gegen den Antragsgegner wurde mit Verfügung vom … August 2019 wirksam ein Disziplinarverfahren eröffnet. Die nach Art. 22 BayDG vorgeschriebene Unterrichtung, Belehrung und Anhörung konnte vorerst unterbleiben, weil sie nicht ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich war.
2. Ein dringender Tatverdacht ist gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 6). Der dringende Verdacht der Weitergabe interner Informationen durch SMS ergibt sich aufgrund der 2014 getätigten Aussage einer in dem Bordellbetrieb „… …“ beschäftigten Bardame, deren Angaben sich bisher als zutreffend herausgestellt haben. Der dringende Verdacht, dass die Informationen durch den Antragsgegner weitergegeben wurden, ergibt sich aufgrund dessen Beteiligung an einem 2019 im Rahmen einer Steuerfahndung aufgedecktem Gruppenchat, dem u.a. der Bordellbetreiber angehörte und bei dem der Antragsgegner unter dem Namen „… Kripo“ gespeichert und durch seine Mobilfunknummer, Angaben zu seinem Wohnort und zur Geburt seines dritten Kindes identifizierbar ist. Der dringende Verdacht der Volksverhetzung ergibt sich aus den von ihm in den Gruppenchat eingestellten Bildern.
3. Die beantragten Maßnahmen stehen nicht zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei in zweierlei Hinsicht zu beachten: Zum einen darf die Maßnahme, um die ersucht wird, nicht zur Bedeutung der Sache, zum anderen darf sie auch nicht zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis stehen (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 12).
3.1. Die beantragten Maßnahmen sind verhältnismäßig.
Die Durchsuchung der Privat- und Diensträume des Antragsgegners und die Beschlagnahme sämtlicher schriftlicher und elektronischer Speichermedien sind geeignet, die erforderlichen Beweismittel für die Bestätigung oder Entkräftung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu erlangen. Da die dienstliche E-Mail- und Computer-Nutzung nach § 4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Allg. DV IuK-Technik nicht zu privaten Zwecken erfolgen darf, ist jedenfalls mit einer den dienstlichen Computer betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung nur ein geringer Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden. Da der Antragsgegner jedoch auch aus dem privaten Bereich heraus agiert haben kann, kann die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung nicht auf den dienstlichen Bereich beschränkt werden.
Zur Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit war die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung zu befristen; die richterliche Prüfung kann die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten.
3.2. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung steht auch zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis (vgl. Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG). Regelmäßig kommen entsprechende Zwangsmaßnahmen nur in Betracht, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 14 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.
Vorliegend wiegt das dem Antragsgegner zu Last gelegte Dienstvergehen schwer. Sollten sich die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente bestätigen, besteht das Dienstvergehen einerseits aus der Weitergabe interner Informationen über laufende Ermittlungen an den Bordellbetreiber, andererseits aus dem Einstellen von Bildern mit „migrationskritischen“ Darstellungen in eine Gruppe von Personen mit zumindest zweifelhaftem Hintergrund.
Die Weitergabe interner Informationen über laufende Ermittlungen kann eine Verletzung des Dienstgeheimnisses nach § 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) in Tateinheit mit (ggf. nur versuchter) Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB darstellen. Das Einstellen von Bildern mit fremdenfeindlichen Inhalten kann eine Volksverhetzung nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a StGB darstellen. Bereits durch die Verletzung des Dienstgeheimnisses und die (versuchte) Strafvereitelung würde der Antragsgegner in vielfacher Weise gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen haben (Pflicht zur Beachtung der Gesetze aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, zur Amtsverschwiegenheit aus § 37 BeamtStG, zur uneigennützigen Amtsführung aus § 34 Satz 2 BeamtStG, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG). Bereits dieses innerdienstliche Dienstvergehen würde schwer wiegen und einen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reichenden Orientierungsrahmen eröffnen (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2018 – 16a D 17.955 – juris Rn. 58 ff.; U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 44 ff.; OVG des Saarlandes, U.v. 22.2.2018 – 6 A 375.17 – juris Rn. 74 ff.). Die konkrete disziplinarrechtliche Maßnahme hinge von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa von der Art der Informationsgewinnung durch den Beamten, der Ausgestaltung des Kontakts zwischen ihm und dem Bordellbetreiber und der Gegenleistung für die Informationsweitergabe. Bei der Bemessung wäre zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner, der als Polizeibeamter in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung genießt, das zur Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen in besonderem Maße beeinträchtigt hätte (vgl. nur BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 2 B 21.16 – juris Rn. 10; U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – Ls. 1 und Rn. 35 ff.), außerdem dass weitere Dienstpflichtverletzungen vorliegen.
Ein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs besteht nicht. Nach Art. 16 Abs. 3 darf nur dann auf eine Zurückstufung nicht mehr erkannt werden, wenn seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als 7 Jahre vergangen sind, was hier hinsichtlich der 2014 begangenen Tat nicht der Fall ist.
4. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ist hinreichend bestimmt ausgestaltet. Da die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betroffenen einzugreifen, regelmäßig den Gerichten vorbehalten ist, trifft diese als Kontrollorgan zugleich die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 22). Diesen Anforderungen genügen die tenorierten Maßnahmen.
5. Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners vor Erlass des Beschlusses konnte abgesehen werden.
Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich die vorherige Anhörung des Antragsgegners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.). In diesen Fällen ist der Betroffene auf eine nachträgliche Anhörung zu verweisen, was Art. 29 Abs. 1 Satz 4 BayDG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) zulassen.
Aus den dargestellten Gründen war die handelnde Behörde mit der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner zu beauftragen (Art. 3 BayDG, § 173 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO, § 168 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO).
Die Kostenentscheidung bleibt, weil es sich um eine unselbständige Nebenentscheidung handelt, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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