IT- und Medienrecht

Verdachtsberichterstattung über ein Kapitalanlageunternehmen

Aktenzeichen  9 O 10936/16

Datum:
8.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 148255
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 5, Art. 12
BHO § 65
StGB § 264 Abs. 1 Nr. 2, § 264a
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1 Das Recht am Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer – vor allem die grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden – Interessen- und Güteabwägung ergeben. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2 Art. 12 GG schützt nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf die einzelnen Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei einer Verdachtsberichterstattung muss der Leser über die Grundlagen und den Grad des Verdachtes in Kenntnis gesetzt werden. (Rn. 84) (redaktioneller Leitsatz)
4 Den Verlautbarungen amtlicher Stellen darf ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klagepartei zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Der Antrag zu Ziffer 1) ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Antrag zu Ziffer 1) zulässig. Der Klageantrag genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass sich der Klageantrag in der Sache gegen jegliche negative Berichterstattung der Beklagten über die Klägerin richtet. Durch die Bezugnahme auf die ausgewählten Artikel hat die Klägerin indessen hinreichend deutlich gemacht, welche Artikel und Äußerungen sie im einzelnen zum Anlass für dieses Unterlassungsbegehren nimmt.
Insbesondere ist der Antrag auch nicht deshalb unzulässig, weil der Begriff „verantwortliche Mitarbeiter“ oder … zu unbestimmt sei. Die Beklagte selbst schreibt in ihrer Berichterstattung, vor allem auch in ihrer Warnliste über die … ohne dies näher zu spezifizieren. Es handelt sich dabei um zum Konzern zugehörige Gesellschaften oder den Konzern als solchen, wie die Beklagte im Rahmen der Begründetheit auch selber ausführt. Verantwortliche Mitarbeiter sind mit der Geschäftsführung oder Teilen davon betraute Personen, jedoch nicht notwendig Organe der jeweiligen Gesellschafter. Damit ist das begehrte Verbot grundsätzlich in seinem (wenngleich weit gefassten) Kernbereich bestimmbar.
2. Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert. Die Beklagte selbst berichtet in den jeweiligen angegriffenen Veröffentlichungen unterschiedslos über die … bzw. … auch unter Bezugnahme auf konkrete Fondsgesellschaften. Dass sich die Berichterstattung, wie die beklagte Partei behauptet, auf die … bezöge, ist nicht ersichtlich.
Aus Sicht des unbefangenen Lesers bleibt damit letztlich offen, welche konkrete Gesellschaft der fairvesta Unternehmensgruppe für die jeweiligen Seitens der Beklagten benannten Kritikpunkte verantwortlich zeichnet. Der unbefangene Leser wird dabei davon ausgehen, dass die beherrschenden und geschäftsführenden Gesellschaften möglicherweise für etwaige Missstände verantwortlich. Daher ist negative Berichterstattung über die … als solche geeignet, auch das Ansehen der Klägerin als zentrale Gesellschaft im Konzern zu beeinträchtigen. Zudem ist die Klägerin, die kein eigenes operatives Geschäft betreibt, indirekt über die Beteiligungsgesellschaften auch wirtschaftlich von einer solchen negativen Berichterstattung betroffen.
3. Die Klägerin hat jedoch gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB auf generelle Unterlassung negativer Berichterstattung.
a) Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Veröffentlichung der fraglichen Artikel ein Eingriff in das Unternehmensrecht der Klägerin beinhaltet. Denn die Zeitschrift … genießt eine hohe Reputation, so dass die negative Berichterstattung in dieser Zeitschrift tatsächliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die fraglichen Unternehmen hat. Jedoch stellt das Recht am Gewerbebetrieb einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer – vor allem die grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten – berücksichtigenden Interessen- und Güteabwägung ergeben (BGH Urteil vom 21.04.1998, VI ZR 196/97).
b) Eine solche Güteabwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Artikel der Beklagten nicht zu beanstanden sind. Denn die vorliegende Kollision der aus Artikel 12 GG entspringenden Rechte der Klägerin mit dem Recht auf Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 GG der Beklagten ist zugunsten der Beklagten zu bewerten.
aa) Der Beklagten steht entgegen der Auffassung der Klägerin das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 GG zu. Die Beklagte ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts, so dass aufgrund von Artikel 19 Abs. 3 GG die Grundrechte auf sie als inländische juristische Person Geltung finden, soweit sie ihrem Wesen nach annehmbar sind (Bundesverfassungsgericht NJW 1978, 581). Die Anwendbarkeit des Grundrechts aus Artikel 5 GG auf selbständige Stiftung des privaten Rechts ist anerkannt.
Daran ändert nicht, dass die Beklagte aufgrund staatlichen Auftrags errichtet wurde und mit Steuermitteln gefördert wird. Durch rechtliche Selbständigkeit und das erhebliche Stiftungskapital ist die Beklagte der staatlichen Einflussnahme entzögen, Anhaltspunkte für eine tatsächliche Einflussnahme nennt auch die Klägerin nicht.
bb) Die Beklagte hat die streitgegenständliche Meinungsäußerung auch im Rahmen ihres Stifungszwecks, der Förderung des Verbraucherschutzes, getätigt. Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung stellt die Beklagte der Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung, die zur Verbesserung der Marktbeurteilung beitragen. Dieser Stiftungszweck wird gemäß § 2 Abs. 3 insbesondere verwirklicht durch Veröffentlichungen der neutralen, allgemein verständlich und sachgerecht erläuternden Arbeitsergebnisse und durch Verbreitung von Erkenntnissen und Informationen von allgemeinem Verbraucherinteresse durch Kommunikationsmittel aller Art.
Insbesondere ist die Beklagte in ihren Aufgeben nicht auf die Bewertung von Waren, also beweglichen Sachen beschränkt. Aus § 2 der Satzung der Beklagten ergibt sich vielmehr, dass diese über vielfältige in der privaten Haushaltsführung relevanten Umstände unterrichten soll, insbesondere auch im Hinblick auf eine „rationale Einkommensverwendung“. Daher unterfallen die in der Zeitschrift … behandelten Themen unmittelbar dem Satzungszweck der Beklagten. Die Beklagte ist auch keinesfalls darauf beschränkt, Waren zu testen und zu vergleichen. Aus der Satzung der Beklagten ergibt sich vielmehr, dass diese allgemein im Hinblick auf unterschiedliche relevante Aspekte aufklären und informieren darf.
Dieser Angabe des Stiftungszweckes unterfallen auch die streitgegenständlichen Artikel. Insbesondere ist die Beklagte auch nicht darauf beschränkt, ihre Informationen ausschließlich in Form neutraler Prüfberichte zu veröffentlichen. Aus § 2 Abs. 3 dritter Spiegelstrich der Satzung ergibt sich, dass die Beklagte ihre Informationen durch Kommunikationsmittel aller Art verbreiten darf. Sie ist daher auch nicht, wie die Klägerin meint, an einer journalistischen Aufbereitung dieser Informationen gehindert.
cc) Auch ein Verstoß gegen § 65 BHO ist nicht ersichtlich. Die Gründung der Beklagten erfolgte im Jahre 1964 zu dem Zweck, die Öffentlichkeit über Merkmale von Waren und Leistungen zu informieren und über Möglichkeiten der Haushaltsführung sowie der Einkommensverwendung. Sie dient damit unmittelbar dem Verbraucherschutz, indem sie dem Verbraucher objektiv über aus seiner Sicht relevante Eigenschaften von Produkten oder Dienstleistungen unterrichtet. Hierzu gehört auch die Information über Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen, wie sich insbesondere auch aus § 2 Abs. 1 3. Spiegelstrich der Satzung der Beklagten ergibt.
Mit dieser Aufgabe des Verbraucherschutzes erfüllt die Beklagte anerkannte öffentliche Aufgaben. Die die Verwendung öffentlicher Gelder genügt damit § 65 BHO.
Insbesondere ist ohne Belang, dass es auch private Unternehmen und Publikationen gibt, die sich der Prüfung von Waren und Dienstleistungen, aber auch Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen widmen. Denn die Besonderheit liegt bei der Beklagten gerade darin, dass diese im Gegensatz zu privaten Anbietern ihre Aufgaben politisch und wirtschaftlich unabhängig wahrnehmen kann. Eine derartige Unabhängigkeit ist bei privaten Anbietern grundsätzlich nicht in der gleichen Weise gewährleistet.
dd) Entsprechend liegt auch kein Verstoß gegen § 264 Abs. 1 Nr. 2 StBG vor.
c) Im Rahmen der Interessenabwägung kann das geltend gemachte Grundrecht aus Artikel 12 GG nicht überwiegen. Denn es schützt nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf die einzelnen Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht aus Artikel 12 GG keinen Anspruch auf die Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten oder Erfolg im Wettbewerb (BVerfGE 106, 275).
Daher sind Äußerungen insbesondere dann hinzunehmen, wenn sie eine zutreffende Tatsachengrundlage enthalten. Dass dies nicht der Fall sei, behauptet die Klagepartei – jedenfalls im Rahmen des allgemein formulierten Antrags zu Ziff. 1) – selber nicht. Denn sie wendet sich in diesem Zusammenhang gerade nicht gegen einen bestimmten Bericht, sondern die Berichterstattung als solche. Daher kann auch eine – rechtlich gebotene – Abwägung mit den Interessen der Parteien, die sich am Inhalt der fraglichen Äußerungen orientieren müsste, im Rahmen der Prüfung des Klageantrags zu Ziff. 1) nicht erfolgen. Schon allein hieraus wird deutlich, dass das Begehren der Klägerin auf pauschale Untersagung aller Berichterstattung nicht begründet sein kann. Daran ändert nicht, dass sich die Klagepartei in ihren Anträgen auf bestimmte Artikel bezieht. Denn ausweislich der Antragstellung begehrt sie gerade nicht die Unterlassung bestimmter hierin enthaltener Aussagen, sondern der Berichterstattung an sich.
Der Antrag kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der konkrete Inhalt der genannten Artikel angegriffen würde. Denn der Antrag bezieht sich eben nicht auf einzelne Äußerungen, sondern auf ein bestimmtes von der beklagten Partei verwendetes Format.
Soweit sich die Klägerin auch gegen die jeweiligen konkreten Artikel wenden wollte, wäre der Antrag jedenfalls als zu weitgehend zurückzuweisen. Im Hinblick auf einzelne Formulierungen hat der Antrag zudem keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, auch wenn auf die jeweiligen Artikel Bezug genommen ist.
II. Ebenso war der Antrag zu Ziffer 2) als unbegründet zurückzuweisen.
1. Der Antrag ist zulässig. Er wendet sich gegen die Formulierung „Warnliste Geldanlage: Unseriöse Firmen und Produkte“ im Zusammenhang mit der Nennung der Beklagten wie geschehen in den Listen Stand 21./25.08.2014 und 29.12.2014, bzw. 25.06.2015.
Der Antrag ist hinreichend bestimmt, die Bezugnahme auf den Geschäftsbetrieb, Produkte und/oder Mitarbeiter de… oder einzelner hierzu gehörender Unternehmen ist hinreichend abgrenzbar. Auf die Ausführungen oben unter Ziff. I 1. wird Bezug genommen.
Der beklagten Partei kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich die Klagepartei in pauschaler und nicht bestimmbarer Weise gegen „Warnungen“ richte. Vielmehr begehrt die Klägerin die Untersagung auf sie bezogener Meldungen im Rahmen eines bestimmten, von der Beklagten unter dem Titel „Warnliste“ verwendeten Formats.
2. Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert. Auf obige Ausführungen unter Ziff. I 2) wird Bezug genommen.
3. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB besteht nicht. Zwar ist in der Bezugnahme in der fraglichen Warnliste auf die Klägerin, bzw. von ihr mitverantwortete Produkte und Produktgruppen ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb derselben zu sehen. Dieser ist indessen unter Abwägung der Rechte auf Meinungsfreiheit durch die Beklagte gerechtfertigt.
a) Insbesondere ist die beklagte Partei grundrechtsfähig und kann sich auf ihre Rechte aus Art. 5 GG berufen. Die Veröffentlichung der Warnlisten ist auch grundsätzlich vom Stiftungszweck gedeckt und verstößt auch nicht gegen § 65 BHO. Auf obige Ausführungen unter Ziff. I 3 wird Bezug genommen.
b) Die Vorgehensweise der Beklagen, die betroffenen Unternehmen bzw. Produkte bei negativen Meldungen automatisch in eine Übersichtsaufstellung aufzunehmen, ist auch nicht im Rahmen der Interessenabwägung zu beanstanden.
aa) Insoweit die Klägerin vorträgt, dass die Berichte, auf die sich die Beklagte bezieht, nicht ausnahmslos auf eine mangelnde Seriosität des Unternehmens schließen lassen, kann sich hieraus nicht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung jeglicher Aufnahme in die fraglichen Warnlisten ergeben.
Unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes des Verbraucherschutzes bieten negative Meldungen grundsätzlich Anlass zu der Annahme, dass der Verbraucher vor einer etwaigen Anlageentscheidung auf die fraglichen Meldungen aufmerksam gemacht werden sollte, bzw. Gelegenheit erhalten sollte, dies zu berücksichtigen. Insofern ist auch das generell von der Beklagten praktizierte Verfahren, bei Erscheinen negativer Artikel diese ausnahmslos in die fraglichen Anlagen mit aufzunehmen, nicht zu beanstanden. Es kommt insoweit auf die Darstellung im Einzelfall an. Diese Einzelfallüberprüfung konkreter in die Liste aufgenommener Meldungen strebt die Klägerin aber mit ihrer Antragstellung gerade nicht an.
bb) Eine Unzulässigkeit der Berichterstattung in Form von Warnlisten ergibt sich auch nicht generell aus der von der Beklagten verwendeten Überschrift: „Unseriöse Firmen und Produkte“. Es handelt sich um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine rechtlich gebotene Abwägung der jeweiligen Interessen der Betroffenen kann nur im Einzelfall anhand der jeweiligen Äußerung erfolgen. Der Antrag richtet sich indessen gerade nicht gegen einen bestimmten Inhalt der angegriffenen Warnlisten, sondern gegen das durch die Beklagte verwendete Format.
Als Unterlassensbegehren gegen einzelne Passagen der Warnlisten wäre der Antrag auch als zu weitgehend zurückzuweisen. Daher kann die Diskussion konkreter gewählter Formulierungen nur im Rahmen einer Beurteilung über die gestellten Hilfsanträge erfolgen.
III. Auch die zu Ziffer 3) gestellten Hilfsanträge sind als unbegründet zurückzuweisen.
Insbesondere war der Beklagten die Behauptung nicht zu untersagen, die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittle wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs gegen Verantwortliche von …. Ein entsprechender Anspruch besteht weder gem. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB noch gem. §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 StGB.
1. Die Klägerin ist zwar aktivlegitimiert. In der fraglichen Warnliste ist unter der Rubrik „Angebot/Anbieter/Initiator/Vermittler und andere Beteiligte“ aufgeführt: …. Auch unter Berücksichtigung des Textes in der Rubrik „Anlass der Kritik“ kann der Leser nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, auf welche Gesellschaften der … sich die Mitteilung bezieht bzw. gegen wen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konkret richten. Unter diesen Unständen wird der unbefangene Leser, der mit den Gesellschaftsverhältnissen innerhalb der … nicht vertraut ist, die Nachricht zumindest auch mit den maßgeblich verantwortlichen Gesellschaften der …, darunter auch der Klägerin assoziieren. Auf die Ausführungen unter Ziff. I 2, wird Bezug genommen.
Dass ausweislich der Emissionsprospekte tatsächlich die … als Prospektverantwortliche benannt ist, ist demgegenüber ohne Belang, da dies dem überwiegenden Teil der Leser nicht bewusst ist und dies Seitens der Beklagten auch nicht mitgeteilt wird. Zudem kommen grundsätzlich als Täter gem. § 264 a StGB auch andere Personen als die formal Prospektverantworttehen in Betracht, so dass über die Beschuldigten in dem fraglichen Ermittlungsverfahren auch bei Kenntnis der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse nur gemutmaßt werden kann.
2. Die fragliche Äußerung stellt jedoch keinen rechtswidrigen Eingriff in die Rechte der Klägerin dar. Zwar stellt die fragliche Berichterstattung einen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin dar. Dieser Eingriff ist jedoch unter Abwägung der betroffenen Rechte gem. Art. 12 und 5 GG gerechtfertigt.
a) Unstreitig führt die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der … und zugehöriger Fondsgesellschaften.
b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Darstellung insoweit, als die Hinweise auf der Warnliste sich ausweislich der Rubrik „Angebot/Anbieter/Initiator/Vermittler und andere Beteiligte“ auf die … beziehen. Aus den Hinweisen zum „Anlass der Kritik“ geht hinreichend hervor, dass es sich um seit Ende 2010 aufgelegte Fonds handelt. Damit ist hinreichend identifizierbar, welche Gesellschaften und Personen als Verantwortliche in Betracht kommen.
Die Nennung der … der ersten Spalte dient hingegen der Orientierung des interessierten Lesers, der sich so ein Bild verschaffen kann, auf welches Unternehmen, bzw. welche Unternehmensgruppe sich die kritischen Anmerkungen der Beklagten beziehen. Dagegen bleibt hinreichend erkennbar, dass keine pauschale und undifferenzierte Verurteilung sämtlicher Unternehmen, bzw. Investmentobjekte der Unternehmensgruppe verbunden ist.
c) Dabei genügt die Äußerung den Grundsätzen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung, Zum einen ist die Verdachtsstufe hinreichend kenntlich gemacht (hierzu BGH NJW 2000, 1036; NJW 2013, 709). Denn in dem ergänzenden Text hat die Beklagte zum einen deutlich gemacht, auf welche Quellen sie sich bezieht und den im Raum stehenden Tatvorwurf jedenfalls in groben Zügen umrissen. Der Leser wird mithin über die Grundlagen und den Grad des Verdachtes in Kenntnis gesetzt; insbesondere wird verdeutlicht, dass es sich derzeit um einen Verdacht handelt.
d) Die Beklagte hat auch im übrigen die Anforderungen an journalistische Sorgfalt eingehalten, wie dies für die Verdachtsberichterstattung von der Rechtsprechung gefordert wird (vergl. BGH NJW 1977, 1288 – Abgeordnetenbestechung –; BGH NJW 2000, 136 – Namensnennung –). Es ist aus der Mitteilung erkennbar, dass der Beklagte jedenfalls im Dezember 2014 und Januar 2015 einen Mindestbestand an Beweistatsachen für das Vorliegen eines Kapitalanlagebetrugs bekannt war. Denn mit dem Satz „Es geht um den Verdacht, dass in den Prospekten der seit Ende 2010 aufgelegten Fonds der wirtschaftliche Verlauf der Vorgänger-Fonds nicht zutreffend dargestellt wurde.“ knüpft die Beklagte unmittelbar an das Schreiben der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 08.07.2014, Anlage LHR 17, an. Dabei handelt es sich um eine privilegierten Quelle im Sinne der genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf, mit der Folge, dass die Anforderung an die von der Beklagten einzuhaltenden Sorgfalt als erfüllt anzusehen sind.
Dagegen spricht nicht, dass die Beklagte, wie die Klägerin behauptet, von dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Stuttgart durch Akteneinsicht in einem gegen sie gerichteten Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln Kenntnis erlangt hat. Eine missbräuchliche Verwendung der Angaben in dem Schreiben, das die … in dem Kölner Verfahren vorgelegt und damit der Beklagten zugänglich gemacht hat, lässt sich daraus auch dann nicht herleiten, wenn die Behauptung der Klägerin zutrifft. Die Beklagte war nicht an die von der … bestimmte Zwecksetzung einer Glaubhaftmachung im laufenden Gerichtsverfahren gebunden.
e) Insoweit die Klägerin bemängelt, es fehle an einer Stellungnahme zu dem wiedergegebenen Verdacht ihrerseits, kann dies dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. In der fraglichen „Warnliste“ zitiert die Beklagte aus der Stellungnahme der … in der Pressemitteilung vom 02.07.2014. Ausgehend hiervon hat die Beklagte in hinreichendem Maße auf die Stellungnahme hingewiesen. Die Einholung einer Stellungnahme eigens durch die Beklagte war in diesem Zusammenhang nicht veranlaßt, die Beklagte konnte davon ausgehen, dass sich die fairvesta Gruppe und damit auch die Klägerin abschließend geäußert hatte.
Die Beklagte war daher nicht gehalten, eine nochmalige Stellungnahme zum konkreten Bericht einzuholen. Es ist auch nicht erkennbar, dass der möglicherweise unterschiedliche Kenntnisstand der Klägerin über die laufenden Ermittlungen für eine eventuelle nochmalige Stellungnahme von Belang gewesen wäre. Die Klägerin hat auch nicht deutlich gemacht, welche abweichende weitere Stellungnahme sie hätte abgeben wollen.
f) Die Klägerin geht auch fehl in ihrer Auffassung, dass eine zulässige Aufnahme in die Warnliste nur dann erfolgen dürfe, wenn der fragliche Artikel durch Verlinkung durch den Verwender der Liste jederzeit abrufbar sei. Die Beklagte macht in ihrer Warnliste hinreichend deutlich, auf welche Artikel sie sich bezieht. Für den Leser der Printausgabe ist der jeweilige Artikel ohnehin nur dann einsehbar, wenn er über die fragliche Printausgabe oder einen Internetanschluss verfügt. Dementsprechend ist auch für einen etwaigen Offline-Nutzer der Artikel nicht unmittelbar einsehbar, könnte jedoch bei entsprechender Bemühung beschafft werden. Schon aus diesen Umständen wird deutlich, dass es auch für den Online-Nutzer nicht darauf ankommen kann, ob der Artikel direkt mittels eines Links abrufbar ist.
Entscheidend ist vielmehr, dass auf den Artikel in individualisierbarer Weise Bezug genommen wird, so dass der kritische Leser und interessierte Anleger gegebenenfalls nähere Auskünfte in Erfahrung bringen könnte. Entgegen der Auffassung der Klagepartei enthält die zitierte Rechtssprechung des Oberlandesgerichts München auch nicht den Grundsatz, dass die fraglichen Äußerungen nur bei Vorhandensein eines entsprechenden Links zulässig sein könnten. Vielmehr wird im Beschluss vom 22.06.2015, Az. 18 W 696/15, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Gesichtspunkt ohne Relevanz ist. Die Frage einer ausreichenden Verlinkung kann nur dann von Interesse sein, wenn die Zusammenstellung der Tabelle an sich nicht den Anforderungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung genügen würde. Dies ist indessen hier nicht der Fall.
3. Ebenso war der Hilfsantrag zu 3 b) als unbegründet zurückzuweisen.
Die im Antrag angegriffene Aussage, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart beträfen die Tätigkeit der … als solcher und/oder aller dazugehörigen Unternehmen, ist den streitgegenständlichen Warnlisten schon nicht zu entnehmen. Aus den Hinweisen zum „Anlass der Kritik“ geht hinreichend hervor, dass es sich um seit Ende 2010 aufgelegte Fonds handelt. Damit ist hinreichend identifizierbar, welche Gesellschaften und Personen als Verantwortliche in Betracht kommen. Die Nennung der … in der ersten Spalte unter der Rubrik „Angebot/Anbieter/Initiator/Vermittler und andere Beteiligte“ dient hingegen der Orientierung des interessierten Lesers, der sich so ein Bild verschaffen kann, auf welches Unternehmen, bzw. welche Unternehmensgruppe sich die kritischen Anmerkungen der Beklagten beziehen. Dagegen bleibt hinreichend erkennbar, dass hiermit keine pauschale und undifferenzierte Verurteilung sämtlicher Unternehmen, bzw. Investmentobjekte der Unternehmensgruppe verbunden ist, sondern nur diejenigen betroffen sind, die als Verantwortliche der Emissionsprospekte der genannten Fondsgesellschaften in Betracht kommen.
IV. Ebenso war der hilfsweise zu Ziff. 4) gestellte Antrag der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung, das Gutachten des … habe die Renditeberechnung der … als solche und/oder aller dazugehörenden Unternehmen und/oder aller ihrer Finanzanlagenangebote zum Gegenstand gehabt.
Eine solche Aussage läßt sich den streitgegenständlichen Warnlisten schon nicht entnehmen. Auch hier wird aus dem Zusatz der Beklagten in der Rubrik „Anlass der Kritik“ hinreichend ersichtlich, dass sich die Feststellung des … nur aufgeschlossene Immobilienfonds und keinesfalls auf die … als solche, sämtliche Unternehmen oder sämtliche Finanzanlageangebote bezieht.
Daran ändert nicht, dass unter der Rubrik „Angebot/Anbieter/Initiator/Vermittler und andere Beteiligte“ die … aufgeführt ist. Dies dient lediglich der Orientierung des Lesers und kann von einem auch nicht informierten Leser angesichts der ergänzenden Erläuterungen nicht missverstanden werden.
2. Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung, das Analysehaus … habe festgestellt, dass die Renditeprognosen für geschlossene Immobilienhandelsfonds sehr hoch angesetzt seien. Daher war auch der unter Ziff. 4 b) gestellte Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
Diese in der Spalte „Anlass der Kritik“ der „Warnlisten“ der Beklagten enthaltene Äußerung ist zulässig. Es liegen weder die Voraussetzungen von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB vor, noch liegt eine wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung im Sinne des § 824 BGB vor.
a) Bei diesem Satz handelt es sich um ein indirektes Zitat, denn die Beklagte stellt damit die Behauptung auf, die … habe sich über das Ergebnis ihrer Überprüfung dem Inhalt nach so geäußert, wie die Beklagte dies in ihrer sinngemäßen Wiedergabe zum Ausdruck gebracht habe. Den Inhalt des Zitats macht sich die Beklagte zugleich zu Eigen, indem sie darauf verweist, dass das zitierte Gutachten ihre eigene Kritik bestätige.
b) Die Klägerin zieht den Inhalt den von ihr in Auftrag gegebenen und in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführten Gutachten der … selbst nicht in Zweifel, sondern beruft sich darauf, dass die Beklagte die Gutachten falsch zitiert habe. Dies ist indessen nicht der Fall.
Zwar enthalten die von der Klägerin vorgelegten Monitoring – Berichte jeweils (mit Ausnahme des Berichtes zu … Anlage LHR 21 b) auf Seite 1 folgende Feststellung: „dem Ergebnis der Simulation kann entnommen werden, dass die von der Anbieterin prognostizierten laufenden Überschüsse im Allgemeinen plausibel sind. Die Abweichungen der Gesamtperformance resultiert überwiegend aus den relativ optimistischen Annahmen der Anbieterin hinsichtlich der erreichbaren Handelsrediten in Verbindung mit optimistisch angesetzten Haltedauervorgaben und somit hinsichtlich des Vermögenswachstums in der vorgegebenen Zeitperiode von 15 Jahren. Dies wird zum Teil durch die konservative Prognose bezüglich der Mietrenditen kompensiert.“ (vergl. Anlagen LHR 21 a – k). Dabei wird der Ausblick als „stabil“ bzw „positiv“ (fairvesta V; Anlage LHR 21 e) bezeichnet.
Aus dieser kurzen Zusammenfassung lässt sich jedoch die genaue Bewertung der prospektierten Renditeprognosen durch die … nicht zuverlässig entnehmen. Aus den jeweils in den Berichten unter Ziff. 4 aufgeführten Simulationsergebnissen wird ersichtlich, dass die Berechnungen der Fondinitiatoren deutlich über dem von der … errechneten Erwartungswerten hinsichtlich Gesamtauszahlung und Vermögenszuwachs liegen, wobei die Volatilität der Prognosen durch die … als „hoch“ bzw. „erhöht“ (fairvesta IV; Anlage LHR 21 d) oder „sehr hoch“ (Mercatus XI; Anlage LHR 21 k) angegeben werden. Die mittleren Prognoseszenarien der Dextro Group liegen sämtlich erheblich unter den Prognosen der Fondsgesellschaften, Angesichts dessen verfälscht die Behauptung der Beklagten, die … habe festgestellt, dass die Renditeprognosen „sehr hoch“ angesetzt seien, den Sinn der dargestellten Untersuchungsergebnisse nicht.
c) Wahrheitsgemäße Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Dass im vorliegenden Falle eine Ausnahme gelten könne, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Der Antrag war daher zurückzuweisen.
3. Ebenso kann die Klagepartei nicht beanspruchen, dass die Aussage, das Gutachten bestätige indirekt die Kritik der Beklagten vom Juli 2013, unterlassen werde. Der Antrag zu Ziff. 4 c) ist ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Diese unmittelbar an die oben dargestellte Tatsachenbehauptung anschließende weitere Äußerung der Beklagten ist eine durch das Adverb „indirekt“ eingeschränkte wertende Einschätzung der vorgenannten Tatsachen, wonach das Analysehaus … festgestellt habe, dass die Renditeprognosen für geschlossene Immobilienfonds sehr hoch angesetzt seien. Sie steht im Zusammenschau mit dem Artikel „schön gerechnet“ in der Zeitschrift … vom Juli 2013 (Anlage LHR 6 b), die sich ebenfalls kritisch mit der Renditeberechnung des Fonds Mercatus XI aus mehreren Vorgängerfonds vor dem Hintergrund befasst, dass dort nicht die nach Meinung der Beklagten gängige IRR-Methode, sondern eine Berechnungsmethode unter Außerachtlassung der Zinseszinsen gewählt wurde.
Diese Äußerung ist nicht rechtswidrig. Es handelt sich um eine Meinungsäußerung, die von Artikel 5 Abs. 1 GG geschützt ist. Durch das Wort „indirekt“ wird ersichtlich, dass es sich insoweit um ein Werturteil handelt. Dagegen behauptet die Beklagte nicht, dass die von ihr getroffenen Bewertungen im Artikel „schöngerechnet“ von der … direkt bestätigt worden seien. Vielmehr zielt die Äußerung der Beklagten ersichtlich allein darauf ab, dass jeweils der Schluss gezogen wird, dass die Renditeprognosen sehr hoch seien. Dieser dargestellte Tatsachenkern ist wahr. Auf obige Ausführungen unter VI 2. wird Bezug genommen.
Die Klägerin kann eine Unterlassung der Äußerung daher nicht beanspruchen.
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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