IT- und Medienrecht

Verletzung der Wortmarke „Sallaki“ für Nahrungsergänzungsmittel

Aktenzeichen  4 HK O 17405/14

Datum:
19.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 135221
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 19 Abs. 1, 3, § 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 Nr. 2, § 26 Abs. 1, § 51 Abs. 4 Nr. 2
AMG § 73 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Rechtserhaltende Benutzung setzt voraus, dass die Marke für die eingetragenen Waren benutzt wird. Eine Benutzung für lediglich ähnliche Waren genügt insoweit nicht. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob eine Benutzung der Marke für ein Arzneimittel erfolgt, ist nicht aufgrund der Angabe in den Zollpapieren, sondern nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs zu beurteilen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für ein in Deutschland vertriebenes Nahrungsergänzungsmittel aus dem ayurvedischen Bereich sind die angesprochenen Verkehrskreise nicht die ayurvedischen Ärzte, sondern die allgemeinen deutschen Verkehrskreise. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zur Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln die Bezeichnung „Sallaki“ zu verwenden, insbesondere ein Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Weihrauchextrakt in einer Verpackung, auf der die Bezeichnung „Sallaki“ angebracht ist, in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unverzüglich Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg derjenigen Waren zu erteilen, die mit dem Kennzeichen gemäß vorstehender Ziffer 1. versehen sind; die Beklagte hat dabei insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren, der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Waren bestimmt waren sowie über die Menge und die Preise der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Waren.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der in Ziffer 1. beschriebenen Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den gemäß Ziffer 1. gekennzeichneten Waren erzielten Umsätze und die Herstellungs- bzw. Bezugskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr durch die in Ziffer 1. genannten Verletzungshandlungen entstanden sind oder künftig noch entstehen werden.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 30.000,-, hinsichtlich Ziffer 2. und 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 2.000,- und im übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG; darüber hinaus kann die Klägerin aus § 19 Abs. 1, 3 MarkenG Auskunft und aus § 14 Abs. 6 MarkenG Schadensersatzfeststellung verlangen.
Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, da sie als Inhaberin der am 05.02.1998 angemeldeten und am 07.08.1998 eingetragenen Deutschen Wortmarke „Sallaki“ im Markenregister eingetragen ist.
2. Die Beklagte hat ohne Zustimmung der Klägerin unter der Bezeichnung „Sallaki“ Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland vertrieben.
3. Kennzeichnungsrechtliche Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist gegeben, da sich die gegenüberstehenden Zeichen identisch sind und zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln hochgradige Warenähnlichkeit besteht.
4. Die Nichtbenutzungseinrede der Beklagten greift nicht durch, da die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben hat, dass die Klägerin die Klagemarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Klageerhebung rechterhaltend gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG benutzt hat. Der Zeuge Dr. Z. hat auf Vorlage der Rechnung gemäß Anlage K 4 angegeben, er habe die dort in den Rechnungen angegebenen Waren zu den jeweiligen Zeitpunkten der Rechnung tatsächlich in seiner Apotheke geliefert bekommen. Der Zeuge ist bei dieser Aussage auch geblieben, nachdem er bei seiner Einvernahme auf die Widersprüche in den Rechnungen hingewiesen wurde. Er hat im Einzelnen dargelegt, wie es zu diesen Widersprüchen und Falschbezeichnungen gekommen sein muss, so dass die Kammer keinerlei Zweifel daran hat, dass die in der Anlage K 4 ausgewiesenen Waren tatsächlich nach Deutschland geliefert wurden.
Die Frage, ob die Tabletten in den zu den Lieferungen gehörigen Zollpapieren als Nahrungsergänzungsmittel oder als Arzneimittel bezeichnet waren, kann dahingestellt bleiben.
Zwar kommt es bei der Frage der rechtserhaltenen Benutzung darauf an, ob die Marke für die eingetragenen Waren benutzt wurde (BGH GRUR 2005, 1047, 1049 – Otto). Eine Benutzung für lediglich ähnliche Waren genügt insoweit nicht (Ströbele-Hacker, MarkenG, § 26 Rdn. 185). Eine Benutzung der Klagemarke für Nahrungsergänzungsmittel wäre demnach nicht rechtserhaltend.
Ob eine Benutzung der Marke für Arzneimittel erfolgt, ist jedoch nicht aufgrund der Angabe in den Zollpapieren sondern nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs zu beurteilen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 26 Rdn. 107, 18). Es kommt daher nicht darauf an, ob das von der Klägerin unter dem Zeichen „Sallaki“ eingeführte Produkt in den Zollpapieren als Arzneimittel bezeichnet wurde sondern ob der angesprochene Verkehr in diesem ein Arzneimittel erkennt. Vor dem Hintergrund, dass das Produkt auf der Basis individueller ärztlicher Verschreibungen vertrieben wird, auf der Verpackung den Hinweis „Ayurvedic medicine“ trägt und als Indikationen verschiedener Erkrankungen genannt werden, geht der angesprochene Verkehr jedoch davon aus, dass es sich bei dem Produkt um ein Mittel handelt, welches zur Heilung oder zumindest zur Linderung der beschriebenen Erkrankungen und deren Begleiterscheinungen dient, also um ein Arzneimittel.
5. Die Beklagte kann sich auch nicht auf § 23 Nr. 2 MarkenG berufen. Zum einen ist die Kammer weiterhin der Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich die Kunden der Beklagten, die Bedeutung des Wortes „Sallaki“ auf Hindi nicht erkennen und deshalb die Verwendung der Bezeichnung „Sallaki“ durch die Beklagte nicht rein beschreibend ist.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die angesprochenen Verkehrskreise nicht die Durchschnittsverbraucher sondern ayurvedische Ärzte seien, auf dessen Verständnis abzustellen sei, verkennt sie, dass es sich bei dem Produkt der Beklagten, für das sie die Privilegierung des § 23 Nr. 2 MarkenG in Anspruch nehmen möchte, gerade nicht um ein verschreibungspflichtiges Medikament sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt. Abzustellen ist bei der Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung auf dem Produkt der Beklagten „Sallaki“ als rein beschreibend ansehen, nicht auf ayurvedische Ärzte sondern auf die allgemeinen deutschen Verkehrskreise. Diese kennen jedoch die Bedeutung der Bezeichnung „Sallaki“ in Hindi nicht.
Hinzu kommt, dass die Beklagte die Bezeichnung „Sallaki“ nicht beschreibend sondern markenmäßig benutzt. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Fotografien der Umverpackungen der Nahrungsergänzungsmittel der Beklagten. Ihr in diesem Fall die Privilegierung des § 23 Nr. 2 MarkenG zukommen zu lassen, würde gegen die guten Sitten i.S.v. § 23 Nr. 2 MarkenG verstoßen.
6. Auch der Einwand der Verjährung greift nicht durch. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie von den streitgegenständlichen Verletzungshandlungen erst im Jahr 2013 Kenntnis erlangt hat. Durch die Klageeinreichung vom 08.09.2014 wurde die noch laufende Verjährungsfrist unterbrochen.
7. Die Beklagte kann sich auch nicht auf § 22 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG berufen. Sie besitzt weder jüngere Marken noch andere Kennzeichen, die mit der Klagemarke verwechslungsfähig ist. Vielmehr hat sie vorgetragen, sie verwende die Bezeichnung „Sallaki“ auf ihren Nahrungsergänzungsmitteln rein beschreibend.
8. Ein bösgläubiger Markenerwerb durch die Klägerin in Sperrabsicht scheidet ebenfalls aus. Dass die Klägerin eine Marke erworben hat, unter der das von ihr in Indien hergestellte Arzneimittel bereits vor Erwerb der Marke vertrieben wurde, ist nicht bösgläubig sondern eine nachvollziehbare und legitime Handlung.
Der Klage war daher in vollem Umfang mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

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