IT- und Medienrecht

Voraussetzungen der Teilnehmer- und Störerhaftung eines Sharehostingdienstes

Aktenzeichen  29 U 3735/16

Datum:
2.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2017, 106250
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UrhG § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a, § 97
StGB § 25 Abs. 1, Abs. 2
BGB § 830 Abs. 1 S. 1
TMG § 2 Nr. 1, § 7 Abs. 2 S. 1, § 10 S. 1 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

1 Die Gefahrgeneigtheit eines Geschäftsmodells (Sharehosting-Dienst) im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen vermag Überwachungspflichten, nicht aber die Tatherrschaft hinsichtlich konkreter Rechtsverletzungen zu begründen.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Haftungsprivilegierung des § 10 S. 1 TMG erlaubt es nicht, für eine Teilnehmerhaftung die generelle Kenntnis des Plattformbetreibers davon ausreichen zu lassen, dass über seinen Dienst in erheblichem Maße Urheberrechtsverletzungen begangen werden. (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine sich aus zahlreichen Verletzungshinweisen ergebende allgemeine Kenntnis des Beklagten, dass über seine Internet-Plattform massenhaft Urheberrechtsverletzungen begangen werden, begründet keine Kenntnis hinsichtlich bestimmter Rechtsverletzungen. Auch ein Verletzungshinweis zu einer bestimmten Datei vermittelt keine Kenntnis hinsichtlich weitere Dateien, die das urheberrechtlich geschützte Werk ebenfalls enthalten.  (redaktioneller Leitsatz)
4 Die (im Rahmen der Störerhaftung für die Verletzung von Prüfpflichten maßgebliche) Förderung der Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung kann sich aus dem vom Plattformbetreiber gewählten Tarifsystem in Kombination mit dem an Uploader in Abhängigkeit der Häufigkeit des Downloads ihrer Dateien gezahlten Vergütung ergeben. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

21 O 6197/14 2016-08-10 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10.08.2016 abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, die Werke in der nachfolgend eingeblendeten Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „u.” unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 3/10 und die Beklagte 7/10.
II. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 3/10 und die Beklagte 7/10.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 € je Werk abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Sharehosting-dienstes geltend.
Die Klägerin ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an geschützten Werken der Musik. Ihr ist die nach § 1 UrhWG erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einer Verwertungsgesellschaft erteilt worden.
Die Beklagte betreibt über die Webseiten u…net, u…to und u[x].to den Dienst „uploaded“. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Sharehoster. Dieser Dienst bietet Speicher Platz für den Upload von Dateien beliebigen Inhalts. Sobald der Upload-Prozess abgeschlossen ist, erstellt die Beklagte automatisch einen elektronischen Verweis (Download-Link) auf den Dateispeicher Platz und teilt diesen dem Nutzer automatisch mit. Jeder, der diesen Link kennt, kann direkt auf die gespeicherten Daten zugreifen. Die Beklagte bietet für die bei ihr abgespeicherten Dateien weder ein Inhaltsverzeichnis an noch eine entsprechende Suchfunktion. Allerdings können Nutzer die Download-Links in sogenannte Linksammlungen im Internet einstellen. Diese werden von Dritten angeboten und enthalten Informationen zum Inhalt der auf dem Dienst der Beklagten gespeicherten Dateien. Innerhalb dieser Linksammlungen können Internetnutzer gezielt nach bestimmten, sie interessierenden Dateien suchen. Über die DownloadLinks im Suchergebnis der Linksammlungen erhalten Nutzer dann Zugriff auf die auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien.
Der Download von Dateien von der Plattform der Beklagten ist kostenlos möglich. Der Down-loadtraffic wird hierbei für die Nutzer beschränkt, und zwar für nicht registrierte Nutzer auf täglich 0,5 GB und für Nutzer mit einem Free-Account auf täglich 0,75 GB. Zahlende Nutzer, sogenannte Premium-User, bekommen dagegen täglich ein Downloadtraffic-Kontingent von 30 GB, maximal sammelbar bis zu 500 GB. Bei ihnen wird die Downloadgeschwindigkeit nicht gedrosselt, sie können beliebig viele Downloads parallel tätigen und müssen zwischen einzelnen Downloads keine Wartezeit in Kauf nehmen. Der Preis für einen Premium-Account liegt zwischen 4,99 € für zwei Tage und 99,99 € für zwei Jahre.
Im Rahmen ihres sog. „Affiliate Program“ vergütet die Beklagte die Uploader. Diese erhalten einen Teil der Einnahmen, die die Beklagte für Neukunden eines Premium-Accounts erzielt, wenn dieser Neukunde über einen durch den betreffenden Uploader erzeugten Link angeworben wurde. Auch bei einer Verlängerung von Premium-Accounts des Downloaders wird der Uploader an den Einnahmen beteiligt. Daneben zahlt die Beklagte den Uploadern DownloadVergütungen. So kann der Nutzer für 1.000 erfolgte Downloads bis zu 40,00 € erhalten.
Der Dienst der Beklagten wird sowohl für legale Anwendungen genutzt als auch für solche, die Urheberrechte verletzen. Die Beklagte erhält und erhielt bereits in der Vergangenheit im großen Umfang „Abusemitteilungen“. Der Beklagten sind jedenfalls über 9.500 Werke gemeldet worden, zu denen urheberrechtsverletzende Links auf ca. 800 der Beklagten bekannten Webseiten (Linksammlungen, Blogs, Foren etc.) eingestellt worden waren, deren Zahl ständig wächst.
In ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt es die Beklagte ihren Nutzern, Urheberrechtsverstöße über ihre Plattform zu begehen.
Bei einer im Zeitraum 11.12. – 19.12.2013 durchgeführten Recherche der Klägerin wurde festgestellt, dass Downloadlinks zu den Titeln Nr. 1 – 16 der Anlage K 1 in Linkressourcen veröffentlicht waren und die Titel von den Servern der Beklagten herunterladbar waren. Mit Schreiben vom 10.01.2014 (Anlage K 40) wies die Klägerin die Beklagte auf die Rechtsverletzungen hinsichtlich der Titel Nr. 1 bis 16 der Anlage K 1 unter Mitteilung der jeweiligen Hoster-URLs sowie der Aggregator-URLs, unter denen die Downloadlinks veröffentlicht waren, hin und forderte die Beklagte auf, Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen.
Nachfolgend ließ die Klägerin weitere Recherchen bezüglich der streitgegenständlichen Werke durchführen. Bei diesen wurde festgestellt, dass hinsichtlich aller streitgegenständlichen Titel in den Zeiträumen 17.02. – 24.02.2014, 25.07. – 05.08.2014, 8.12. – 12.12.2014, 25.03. -02.04.2015 sowie 06.11. – 10.12.2015 Downloadlinks in Linksammlungen veröffentlicht waren und die Titel heruntergeladen werden konnten. In zahlreichen Fällen konnten die Werke im Rahmen einer Recherche mehrfach aufgefunden und heruntergeladen werden.
Die Klägerin behauptet, sie sei berechtigt, die Rechte der Rechteinhaber der in der Anlage K 1 genannten Werke im eigenen Namen auszuüben.
Die Klägerin behauptet, dass der Dienst der Beklagten weit überwiegend für Urheberrechtsverletzungen genutzt werde, nach einer Studie liege der Anteil der illegalen Nutzungen sogar bei 90-96% (Anlagenkonvolut K 9).
Sie ist der Auffassung, die Beklagte hafte aufgrund ihrer Stellung unabhängig von einer vorherigen Inkenntnissetzung als Täterin der über ihre Plattform begangenen Urheberrechtsverletzungen, weil ihre Plattform dergestalt ausgerichtet sei, dass sie massenhafte Urheberrechtsverletzungen ermögliche.
Daraus, dass die Beklage sich weigere, die Zahlen von legaler und illegaler Nutzung offenzulegen, ergebe sich, dass diese ihr Geschäftsmodell hauptsächlich durch Urheberrechtsverletzungen profitabel halte.
Falls man die Uploader als alleinige Täter ansehe, so hafte die Beklagte jedenfalls als Gehilfin in Bezug auf diese rechtswidrigen und vorsätzlichen Urheberrechtsverletzungen. Unschädlich sei, dass die Beklagte möglicherweise nicht die einzelnen geschützten Werke kenne, deren Verletzung während des Dienstes stattfinde, da der Gehilfenvorsatz dies nicht voraussetze. Zumindest habe die Beklagte eine Beihilfe durch Unterlassen begangen. Sie sei Überwachergarantin, da sie eine Gefahrenquelle in ihrem Machtbereich geschaffen habe und andauern lasse, so dass sie dafür einstehen müsse, dass von dieser Gefahrenquelle herrührende Rechtsverletzungen verhindert werden.
Die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG sei vorliegend unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht anwendbar. Jedenfalls habe die Beklagte nach Erhalt der klägerischen Mitteilung Kenntnis im Sinne von § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG gehabt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, die Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, Dritten Hilfe zu leisten, die Werke in der beigefügten Anlage K1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, die Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Nutzung der Werke in Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „u.“ durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen.
Die Auskunft hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
– wie oft Dateien, die Werke in der Anlage K 1 oder Teile davon enthalten, auf dem Dienst „u.“ gespeichert wurden, unter Angabe der jeweiligen uploaded-Links, der Namen der Dateien und des Datums des Uploads, und wie lange diese Dateien auf dem Dienst „u.“ zum Abruf bereit gehalten wurden;
– wie oft die Dateien, die die Werke in der Anlage K 1 oder Teile davon enthalten, über den Dienst „u.“ abgerufen wurden;
– die Höhe der auf diese Nutzung zurückzuführenden Netto-Einnahmen (Brutto-Einnahmen abzüglich der geltenden Mehrwertsteuer), insbesondere den Netto-Endnutzerpreis für den Abruf der Werke in der Anlage K 1 bzw. das Abonnement, d.h. das jeweils vom Endnutzer gezahlte Entgelt abzüglich der Mehrwertsteuer;
– die durch diese Nutzung erzielten Gewinne unter Angabe der Gesamtumsätze und sämtlicher Kostenfaktoren (aufgeschlüsselt nach Kostenart).
– III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz für die Nutzung der Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „u.“ zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dem Nutzer werde lediglich Speicher Platz zur Verfügung gestellt; dies sei ein ausdrücklich von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell. Es entziehe sich ihrer Kenntnis, welche Daten von den Nutzern hochgeladen werden. Vor allem habe sie eine Vielzahl reaktiver und proaktiver Maßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen ergriffen. Darüberhinausge-hende Maßnahmen seien ihr nicht zumutbar. Es könne nicht verhindert werden, dass es trotz dieser Maßnahmen gelegentlich zu weiteren Urheberrechtsverletzungen komme.
Für eine Teilnehmerhaftung fehle es jedenfalls am doppelten Gehilfenvorsatz. Sie habe keine Kenntnis von einer konkret drohenden Haupttat. Mangels pflichtwidrigen Vorverhaltens bestehe auch bereits keine Garantenstellung. Schließlich sei die Verantwortlichkeit der Beklagten nach der Haftungsprivilegierung des TMG ausgeschlossen. Als Diensteanbieterin im Sinne von § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG sei sie gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG grundsätzlich nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen.
Eine Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen der verschuldensunabhängigen Störerhaftung ergebe sich nicht, da sie keine Prüfpflichten verletzt habe.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 10.08.2016, Az. 21 O 6197/14 (juris), auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, Dritten Hilfe zu leisten, die Werke in der beigefügten Anlage K1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Nutzung der Werke in der Anlage K1 in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 28.01.2014 im Rahmen des Dienstes „u.“ durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen.
Die Auskunft hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
– wie oft Dateien, die Werke in der Anlage K1 oder Teile davon enthalten, auf dem Dienst „u.“ gespeichert wurden, unter Angabe der jeweiligen uploaded-Links, der Namen der Dateien und des Datums des Uploads, und wie lange diese Dateien auf dem Dienst „u.“ zum Abruf bereit gehalten wurden;
– wie oft die Dateien, welche die die Werke in der Anlage K1 oder Teile davon enthalten, über den Dienst „u.“ abgerufen wurden;
– die Höhe der auf diese Nutzung zurückzuführenden Netto-Einnahmen (Brutto-Einnahmen abzüglich der geltenden Mehrwertsteuer), insbesondere den Netto-Endnutzerpreis für den Abruf der Werke in der Anlage K1 bzw. das Abonnement, d.h. das jeweils vom Endnutzer gezahlte Entgelt abzüglich der Mehrwertsteuer;
– die durch diese Nutzung erzielten Gewinne unter Angabe der Gesamtumsätze und sämtlicher Kostenfaktoren (aufgeschlüsselt nach Kostenart).
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz für die Nutzung der Werke in der Anlage K1 in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 28.01.2014 im Rahmen des Dienstes „u.“ zu leisten.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
VI. [vorläufige Vollstreckbarkeit] Das Landgericht ist der Auffassung, dass die Beklagte zwar nicht Täterin, aber ab Zugang des Schreibens der Klägerin vom 10.01.2014 als Überwachergarantin Gehilfin hinsichtlich der Urheberrechtsverletzungen der Nutzer bezüglich der streitgegenständlichen Werke sei.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstin-stanzlichen Vortrags mit ihrer Berufung und die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung.
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung das Urteil des Landgerichts München I vom 10. August 2016, Az. 21 O 6/14 [sic], abzuändern und die Beklagte wie folgt zu verurteilen:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, die Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre; Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten), zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, die Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „u.“ unter u…net, u…to und u[x].to geschehen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Nutzung der Werke in Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „u.“ durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen.
Die Auskunft hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
– wie oft Dateien, die Werke in der Anlage K 1 oder Teile davon enthalten, auf dem Dienst „u.“ gespeichert wurden, unter Angabe der jeweiligen uploaded-Links, der Namen der Dateien und des Datums des Uploads, und wie lange diese Dateien auf dem Dienst „u.“ zum Abruf bereit gehalten wurden;
– wie oft die Dateien, die die Werke in der Anlage K 1 oder Teile davon enthalten, über den Dienst „u.“ abgerufen wurden;
– die Höhe der auf diese Nutzung zurückzuführenden Netto-Einnahmen (Brutto-Einnahmen abzüglich der geltenden Mehrwertsteuer), insbesondere den Netto-Endnutzerpreis für den Abruf der Werke in der Anlage K 1 bzw. das Abonnement, d.h. das jeweils vom Endnutzer gezahlte Entgelt abzüglich der Mehrwertsteuer;
– – die durch diese Nutzung erzielten Gewinne unter Angabe der Gesamtumsätze und sämtlicher Kostenfaktoren (aufgeschlüsselt nach Kostenart).
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz für die Nutzung der Werke in der Anlage K 1 in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „u.“ zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017 Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung als Gehilfin sowie hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunftserteilung und der Feststellung der Verpflichtung zur Schadensersatzleistung begründet. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich der Änderung der Kostenentscheidung begründet.
1. Der von der Klägerin mit Ziffer I. der Anschlussberufung als Hauptantrag weiterverfolgte Unterlassungsantrag ist nicht begründet, weil die Beklagte die streitgegenständlichen Werke nicht selbst öffentlich zugänglich (§ 19a UrhG) gemacht hat. Sie ist nicht Täterin der Urheberrechtsverletzungen.
Ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Täter ist danach gemäß § 25 Abs. 1 StGB derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (vgl. BGH GRUR 2015, 987 – Trassenfieber Tz. 15 m. w. N.). Für eine täterschaftlich begangene Urheberrechtsverletzung müssen die Merkmale eines der handlungsbezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt sein (vgl. BGH GRUR 2013, 511 – Morpheus Tz. 38 m. w. N.); der Umstand, dass der Provider, der eine Plattform für fremde Inhalte eröffnet, damit einen Beitrag zu Urheberrechts verletzungen leistet, die die Benutzer der Plattform dort begehen, reicht danach für eine täterschaftliche Haftung des Providers nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 10.05.2012 – I ZR 57/09 [Entscheidung über die Anhörungsrüge zum Urteil GRUR 2011, 1038 – Stiftparfüm], juris, Tz. 4; Senat GRUR 2016, 612 Tz. 25 – Allegro barbaro).
a) Tathandlung bei der Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung ist, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Sphäre des Vorhaltenden befindende Werk eröffnet wird. Dies erfolgt vorliegend nicht durch die Beklagte, sondern durch die Nutzer. Mit dem Upload der Dateien auf den Server der Beklagten wird automatisch ein Downloadlink erzeugt, über den jeder, der den Link kennt, auf die gespeicherten Dateien zugreifen kann. Der Beitrag der Beklagten beschränkt sich darauf, die technischen Mittel für die öffentliche Zugänglichmachung bereit zu stellen, sie macht diese aber nicht selbst öffentlich zugänglich.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.11.2015 (GRUR 2016, 493 – AlDiMeola). Der Bundesgerichtshof hat im dortigen Fall die Täterschaft einer Verkaufsplattformbetreiberin hinsichtlich einer Verletzung des Verbreitungsrechts nach § 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG angenommen, obwohl die Plattformbetreiberin die Verkaufsangebote durch Dritte erstellen ließ und deren Inhalt nicht zur Kenntnis nahm. Die Täterschaft der Plattformbetreiberin ergab sich im dortigen Fall aber daraus, dass diese die dort streitgegenständliche DVD als Betreiberin der Verkaufsplattform im eigenen Namen und auf eigene Rechnung angeboten und damit dem Internetnutzern den Eindruck vermittelt hatte, sie übernehme die inhaltliche Verantwortung für die von ihr im eigenen Namen eingestellten Verkaufsangebote (BGH a.a.O. Tz. 17 – Al Di Meola).
Vorliegend bietet die Beklagte als Sharehostingdienst aber nicht im eigenen Namen den Download bestimmter Inhalte an. Die Beklagte bietet lediglich eine Plattform zum Teilen von Dateien an. Die Beklagte tritt nicht als Anbieterin des Downloads bestimmter Werke auf. Auch wenn der Dienst der Beklagten in einer Weise ausgestaltet ist, dass er das Teilen urheberrechtlich geschützter Inhalte begünstigt, ist die Beklagte nicht Anbieterin der auf ihrer Plattform gespeicherten Inhalte und tritt auch nicht als solche auf.
Die Beklagte haftet auch nicht als Täterin, weil sie sich die von ihren Nutzern über ihre Plattform öffentlich zugänglich gemachten Inhalte zu eigen gemacht hätte. Im Bereich des Internets gehören zu den zur Nutzung bereit gehaltenen eigenen Informationen, für deren Zugänglichma chung ein Diensteanbieter als Täter verantwortlich sein kann, auch solche fremden Informationen, die sich der Anbieter zu eigen macht. Bei einem Betreiber eines Internetauftritts ist das der Fall, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die in seinem Internetauftritt veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten. Ob ein Zu-Eigen-Machen vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH GRUR 2016, 855 Tz. 17 -www.jameda.de m.w.N.).
Die Beklagte erweckt vorliegend nicht den Eindruck, sie identifiziere sich mit den auf ihrer Plattform eingestellten Inhalten. Sie selbst gibt keinerlei Informationen zu diesen Inhalten heraus. Welche Inhalte bei der Beklagten herunterladbar sind, erfährt der Nutzer nicht von der Beklagten, sondern über von Dritten betriebene Linksammlungen, in denen die Werke mit den entsprechenden Links zu den Dateien genannt sind. Da die Beklagte selbst sich zu den bei ihr herunterladbaren Inhalten gar nicht verhält, kann nicht angenommen werden, sie mache sich diese zu eigen.
b) Die Beklagte ist auch nicht Mittäterin im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB der unter Nutzung ihrer Plattform begangenen Urheberrechtsverletzungen. Eine Mittäterschaft zwischen den einstellenden Nutzern und der Beklagten würde ein bewusstes und gewoll-tes Zusammenwirken im Hinblick auf den Verletzungserfolg voraussetzen. Der Beklagten ist aber gar nicht bekannt, welcher Nutzer wann welche urheberrechtlich geschützten Werke über ihre Plattform öffentlich zugänglich macht. Es fehlt somit an einem gemeinsamen Tatplan. Allein die allgemeine Kenntnis der Beklagten, dass ihre Plattform aufgrund der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen in nicht unerheblichem Ausmaß für Urheberrechtsverletzungen genutzt wird, genügt nicht. Ohne Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten scheidet ein vorsätzliches Zusammenwirken der Beklagten mit den Uploadern urheberrechtlich geschützter Werke aus (vgl. BGH GRUR 2011, 152 Tz. 31 – Kinderhochstühle im Internet).
c) Die Beklagte ist auch nicht mittelbare Täterin, denn dies würde die Kontrolle der Beklagten über das Handeln der Uploader voraussetzen. Eine mittelbare Täterschaft scheidet jedenfalls dann aus, wenn die unmittelbar Handelnden – wie hier die Uploader – die Rechtsverletzung ihrerseits täterschaftlich begehen (vgl. BGH GRUR 2012, 1279 Tz. 38 – DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Senat GRUR 2016, 612, Tz. 50 – Allegro barbaro).
d) Die Beklagte ist auch nicht Täterin durch Unterlassen. Es fehlt jedenfalls an der notwendigen Tatherrschaft. Bis zu einem Verletzungshinweis hat die Beklagte keine Kenntnis der konkreten Urheberrechtsverletzungen und kann diese daher auch nicht verhindern. Auf eine Nichtlöschung der Dateien nach Hinweis auf die Verletzung werden die Ansprüche ausdrücklich nicht gestützt (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017, Bl. 834 der Akten). Allein das unveränderte Weiterbetreiben des Dienstes in einer Form, die der Bundesgerichtshof als gefahrerhöhend in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen angesehen hat (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Tz. 37, 38 – File-Hosting-Dienst), begründet entgegen der Auffassung der Klägerin keine Täterschaft durch Unterlassen. Die Gefahrgeneigtheit des Geschäftsmodells mag Überwachungspflichten begründen, ändert aber nichts an der fehlenden Tatherrschaft der Beklagten hinsichtlich der konkreten Rechtsverletzungen.
2. Die Beklagte ist auch nicht Gehilfin der Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer, so dass die Berufung der Beklagten insoweit Erfolg hat. Es fehlt insoweit jedenfalls am notwendigen sog. doppelten Gehilfenvorsatz. Der Vorsatz des Gehilfen muss sowohl auf seine Beihilfeleistung als auch auf die Haupttat bezogen sein. Die Gehilfenhaftung setzt Kenntnis von der konkret drohenden Haupttat voraus (BGH GRUR 2013, 1030 Tz. 28 – File-Hosting-Dienst). Die generelle Kenntnis der Beklagten, dass über ihre Plattform Haupttaten begangen werden, genügt jedenfalls aufgrund der Privilegierung des Host-Providers in § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG nicht.
a) Zwar kann sich eine Beteiligungshandlung grundsätzlich auch auf eine Mehrzahl von Taten des Haupttäters beziehen, zu denen ein fördernder Beitrag erbracht wird. Allerdings ist dann zu fordern, dass die Teilnehmer wenigstens in Umrissen eine Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Taten haben (vgl. BGH NStZ 2002, 200 Tz. 10). Der Bundesgerichtshof hat in Fällen „neutraler“ Handlungen folgende strafrechtlichen Grundsätze aufgestellt: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Denn unter diesen Voraussetzungen verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten; anderenfalls kommt straflose Mitwirkung in Betracht (vgl. BGH NJW 2001, 2409 [2410]). Weiß der Hilfeleistende nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (Senat GRUR 2016, 612 Tz. 54 -Allegro barbaro; vgl. BGH NJW 2014, 1098 Tz. 31 m. w. N. zur Haftung gem. § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB; vgl. auch BGH, Beschluss vom 05.11. 2015 – 2 StR 96/15, juris, Tz. 5; NJW 2000, 3010 [3011]).
b) In Anbetracht der besonderen Gefahrgeneigtheit des von der Beklagten angebotenen Dienstes käme vorliegend grundsätzlich in Betracht, die generelle Kenntnis der Beklagten, dass über ihren Dienst in erheblichem Maße Urheberrechtsverletzungen begangen werden, ausreichen zu lassen. Dem steht allerdings die Haftungsprivilegierung des § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG entgegen.
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 TMG, weil es sich bei den auf ihren Servern gespeicherten Daten um fremde Informationen gemäß § 10 Satz 1 TMG handelt (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Tz. 33 – File-Hosting-Dienst).
bb) Die Privilegierung nach § 10 TMG ist der Beklagten auch nicht etwa versagt, weil das Geschäftsmodell der Beklagten von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt wäre. Es sind legale Nutzungsmöglichkeiten vorhanden und üblich. Eine legale Nutzung erfolgt z. B. über die Webseite www.modhoster.de, die ihren Nutzern die Möglichkeit bietet, selbsterstellte Mods und Maps zugänglich zu machen, wobei die Nutzer für den tatsächlichen Download auf Dienste wie denjenigen der Beklagten zurückgreifen. Weiter eignet sich der Dienst für das Angebot von Smartphone-Betriebssystem-Mods, die Sicherung von Daten von Überwachungskameras, das Angebot von Bildern für die Bildbearbeitung, Lernvideos etc. oder den Austausch von größeren Schnittmustern.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG auf den Dienst der Beklagten auch nicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unanwendbar. Nach dem EuGH (GRUR 2010, 445 Tz. 114 – Google und Google France) ist zur Feststellung, ob die Verantwortlichkeit des Anbieters eines Referenzierungsdienstes nach Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG beschränkt sein könnte, zu prüfen, ob die Rolle dieses Anbieters insofern neutral ist, als sein Verhalten rein technischer, automatischer und passiver Art ist und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleiteten oder gespeicherten Informa tionen besitzt. Die Beklagte hat weder Kenntnis noch Kontrolle über die bei ihr gespeicherten Informationen. Ihr Verhalten bei der Speicherung ist technischer, automatischer und passiver Art. Dass sie durch die Ausgestaltung ihres Dienstes die Gefahr rechtsverletzender Nutzung fördert, führt nicht dazu, dass sie Kenntnis und Kontrolle des Inhalts der gespeicherten Dateien hätte und insofern eine „aktive Rolle“ spielen würde (vgl. EuGH GRUR 2011, 2025 Tz. 116 -L ‘Oreal/eBay).
dd) Gemäß § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG sind Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr (RL 2000/31/EG), deren Umsetzung § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG dient, haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für im Auftrag eines Nutzers gespeicherte Informationen verantwortlich ist, sofern der Anbieter keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat und in Bezug auf Schadensersatzansprüche sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird.
Hinsichtlich des für eine Teilnehmerhaftung erforderlichen Vorsatzes ist somit gemäß § 10 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 TMG Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung erforderlich. Die gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG zur anlasslosen Überwachung ihres Dienstes nicht verpflichtete Beklagte hat vor einem entsprechenden Verletzungshinweis keine Kenntnis, welche der bei ihr gespeicherten Dateien öffentlich zugänglich sind und urheberrechtlich geschützte Inhalte haben. Sie hat somit keine Kenntnis der konkreten rechtswidrigen Handlungen. Die jedenfalls aufgrund der zahlreichen Verletzungshinweise vorhandene allgemeine Kenntnis der Beklagten, dass über ihre Plattform massenhaft Urheberrechtsverletzungen begangen werden, begründet keine Kenntnis hinsichtlich der einzelnen Haupttaten.
Kenntnis von den Haupttaten hatte die Beklagte erst nach Eingang des Schreibens vom 10.01.2014 bzw. mit Zustellung der Klageschrift am 08.07.2014 und Zugang der weiteren Schriftsätze der Klägerin, in denen ihr die Links zu den entsprechenden Dateien mitgeteilt wurden. Auf eine nicht unverzügliche Löschung der Dateien nach Verletzungshinweis gemäß § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG werden die geltend gemachten Ansprüche nach den Ausführungen der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017 ausdrücklich nicht gestützt (vgl. Bl. 834 d. Akten), sondern lediglich auf die Nichtlöschung weiterer, das gleiche Werk enthaltende Dateien. Ein Verletzungshinweis zu einer bestimmten Datei vermittelt der Beklagten keine Kenntnis hinsichtlich weiterer Dateien, die das urheberrechtlich geschützte Werk ebenfalls enthalten. Auch nach einem Verletzungshinweis zu einer konkreten Datei hat die Beklagte grundsätzlich weder Kenntnis davon, ob das betroffene Werk überhaupt noch über weitere sich auf ihrem Server befindlichen Dateien öffentlich zugänglich gemacht wird noch ggf. über welche. Da die Beklagte hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes über andere, das gleiche Werk enthaltende Dateien durch einen auf einen konkreten Link bezogenen Verletzungshinweis keine Kenntnis erhält, haftet die Beklagte jedenfalls aufgrund der Privilegierung des § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG für weitere das gleiche Werk betreffende Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich nicht als Gehilfin.
ee) Dem steht nicht entgegen, dass Urheberrechtsverletzungen werkbezogen sind und im Sinne der Störerhaftung Verletzungshandlungen gleichartig sind, durch die dieses Urheberrecht erneut verletzt wird (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Tz. 49 – File-Hosting-Dienst). Die Werkbezogen-heit der Urheberrechtsverletzung im Rahmen der Störerhaftung hat mit der gemäß § 10 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 TMG erforderlichen Kenntnis des Anbieters „von der rechtswidrigen Handlung“ bzw. „tatsächlichen Kenntnis“ des Anbieters „von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information“ (Art. 14 Abs. 1 a) RL 2000/31 EG) nichts zu tun. Jede öffentliche Zugänglichmachung eines Werkes durch den Upload des Werkes und die Veröffentlichung des Links durch einen Nutzer stellt eine eigene „rechtswidrige Handlung“ bzw. „rechtswidrige Tätigkeit“ dar, von der die Beklagte für eine Haftung (tatsächliche) Kenntnis haben müsste.
ff) § 10 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 TMG befasst sich mit der Verantwortlichkeit des Anbieters bei Fahrlässigkeitstaten und spielt im Rahmen der nur vorsätzlich möglichen Gehilfenhaftung keine Rolle.
gg) Dies bedeutet nicht, dass die Beklagte in keinem Fall als Gehilfin haftet, solange sie die entsprechenden Dateien nach Verletzungshinweis jeweils unverzüglich löscht (vgl. BGH MMR 2011, 172 Tz. 33 – Kinderhochstühle im Internet). Ein entsprechender konkret auf die rechtswidrige Handlung bezogener Vorsatz kann etwa dann vorliegen, wenn der Anbieter nach Verletzungshinweis keine Maßnahmen zum Schutz des betroffenen Werkes trifft und dies z. B. dazu führt, dass das betroffene Werk nach Löschung der Datei wiederholt durch denselben Nutzer zeitnah wieder über seine Plattform öffentlich zugänglich gemacht wird. Erhält der Anbieter Kenntnis von wiederholten Urheberrechtsverletzungen desselben Werkes und stellt fest, dass diese jeweils durch den gleichen Nutzer erfolgten und sperrt gleichwohl nicht dessen Account, ist von einer Kenntnis des Anbieters hinsichtlich weiterer etwaiger konkreter Haupttaten auszugehen. Vorliegend bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Werke Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten hatte.
3. Die Beklagte haftet aber als Störerin gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19 a UrhG hinsichtlich der streitgegenständlichen Werke auf Unterlassung, so dass die Beklagte gemäß dem erstinstanzlich gestellten zweiten Hilfsantrag, den die Klägerin in ihrer Anschlussberufung nochmals ausdrücklich gestellt hat, zur Unterlassung zu verurteilen war.
Auf Unterlassungsansprüche aufgrund Störerhaftung findet die Haftungspriviligierung nach § 10 TMG keine Anwendung. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (BGH GRUR 2016, 855 Tz. 19 – www.jameda.de, m.w.N.). Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der RL 2000/31/EG. Art. 14 RL 2000/31/EG lässt nach seinem Abs. 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (BGH a.a.O. Tz. 20 – www.jameda.de).
a) Die streitgegenständlichen Musikwerke sind urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG.
b) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Aufgrund der vorgelegten Berechtigungsverträge (Anlage K 2a) ist sie zur Ausübung der ihr von den Urhebern übertragenen Rechte im eigenen Namen berechtigt. Aufgrund der in § 10 der Verträge enthaltenen Verlängerungsklausel ist von einem Fortbestand der Verträge auszugehen.
c) Die Werke Nr. 1 bis 16 der Anlage K1 waren sowohl vor als auch nach Zugang des Schreibens vom 10.01.2014 über auf Linksammlungen veröffentlichte Downloadlinks von den Servern der Beklagten herunterladbar. Alle streitgegenständlichen Werke waren sowohl vor als auch nach Zustellung der Klageschrift am 08.07.2014 öffentlich zugänglich. Alle streitgegenständlichen Werke waren bei allen fünf von der Klägerin in den Jahren 2014 und 2015 durchgeführten Recherchen öffentlich zugänglich. In etlichen Fällen waren die Werke über zahlreiche Downloadlinks herunterladbar und die Links zu den rechtsverletzenden Dateien waren in den Linksammlungen an etlichen Stellen veröffentlicht (vgl. Zusammenstellungen der Hoster-URLs und Aggregator-URLs in den Anlagen K 39, K 57, K 59, K 66 und K 71).
d) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchge-nommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 -File-Hosting-Dienst Tz. 30 m. w. N.). Insbesondere können Prüfpflichten hinsichtlich bestimmter urheberrechtlich geschützter Werke bei einer besonderen Gefahrengeneigtheit des angebotenen Dienstes bestehen; eine solche ist unter anderem anzunehmen, wenn der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, a. a. O., – File-Hosting-Dienst Tz. 31 m. w. N.).
aa) Die Beklagte hat durch das von ihr gewählte Tarifsystem in Kombination mit der von ihr an Uploader in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Downloads ihrer Dateien gezahlten Vergütung, der anonym möglichen Nutzung ihres Dienstes und der standardmäßigen Ausgabe eines unbeschränkten Downloadlinks auf die Dateien die Gefahr der rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes erheblich gefördert. Die Nutzer werden eher geneigt sein, einen kostenpflichtigen Premium-Account mit erheblichen Vorteilen beim Download zu buchen, wenn sie über den Dienst der Beklagten ohne weitere Kosten attraktive, urheberrechtlich geschützte Werke herunterladen können. Durch die Direktvergütung der Uploader für häufige Downloads ihrer Dateien und die Beteiligung an Account-Neuabschlüssen werden die Uploader motiviert, Dateien hoch-zuladen, die voraussichtlich oft heruntergeladen werden, und die die Downloader animieren, Premium-Accounts abzuschließen. Für die Uploader stellt sich das Vergütungssystem so dar, dass die Vergütung für ihre Uploads umso höher ausfällt, je attraktiver diese für die Downloader sind. Für die Uploader ist es daher aufgrund des Vergütungssystems attraktiv, urheberrechtlich geschützte und für die Downloader ansonsten grundsätzlich nur kostenpflichtig zu erlangende Dateien einzustellen. Durch die unbeschränkten Downloadlinks ist es den Uplo-adern unproblematisch möglich, ihre Dateien über die Linksammlungen für alle interessierten Nutzer auffindbar und abrufbar zu machen, und durch die Anonymität des Dienstes ist für die Uploader die Gefahr, für ihre Urheberrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen zu werden, geringer. Durch die konkrete Ausgestaltung ihres Dienstes schafft die Beklagte somit entgegen der von Prof. Dr. H. in seinem Privatgutachten vertretenen Auffassung (Anlage B 42) einen erheblichen Anreiz, ihren Dienst für massenhafte Rechtsverletzungen zu nutzen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 36 ff. – File-Hosting-Dienst). Dass die Beklagte in ihren AGB den Nutzern Urheberrechtsverstöße über ihre Plattform untersagt, wirkt dem nicht effektiv entgegen.
bb) Die Beklagte war zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG nicht zur anlasslosen Überwachung der bei ihr gespeicherten Dateien verpflichtet, ihr oblag aber, nach Zugang des Schreibens vom 10.01.2014 hinsichtlich der dort aufgeführte Werke und hinsichtlich aller streitgegenständlichen Werke ab Zustellung der Klageschrift alles technisch und wirtschaftlich Zumutbare zu tun, um weitere Rechtsverletzungen im Hinblick auf diese Werke auf ihren Servern zu verhindern (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Tz. 47 – File-Hosting-Dienst). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte -wie die zahlreichen festgestellten Rechtsverletzungen nach dem Verletzungshinweis vom 10.01.2014 bzw. nach Zustellung der Klageschrift zeigen – nicht im ausreichenden Umfang nachgekommen.
Da die Beklagte durch ihr konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet, ist ihr eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf ihren Dienst verweisen (BGH a.a.O. Tz. 58 – File-Hosting-Dienst). Die Prüfpflichten des Störers bestehen bei jedem Werk, zu dem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, im selben Umfang. Sie verringern sich nicht dadurch, dass sie in Bezug auf eine große oder sehr große Werkzahl – im Streitfall zunächst über 9.500 Werke auf ca. 800 Webseiten – erfüllt werden müssen. Denn der urheberrechtliche Schutz kann nicht dadurch geschwächt werden, dass es im Rahmen eines an sich zulässigen Geschäftsmodells zu einer großen Zahl von Rechtsverletzungen kommt (BGH a.a.O. Tz. 59 – File-Hosting-Dienst). Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte als branchenkundiges Unternehmen die veröffentlichten Links nicht ebenso hätte auffinden können, wie die an einem rechtsverletzenden Herunterladen interessierten Internetnutzer oder die Klägerin (BGH a.a.O. Tz. 63 – FileHosting-Dienst). Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe bereits umfangreiche proaktive und reaktive Maßnahmen getroffen und weitergehende Prüfpflichten seien ihr nicht zumutbar, kann dies nicht überzeugen. Die zahlreichen festgestellten Rechtsverletzungen zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen offensichtlich nicht ausreichend waren, um weiteren Rechtsverletzungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Werke wirksam entgegenzutreten. Die von der Beklagten durchgeführten Kontrollen der Linksammlungen sind offenbar nicht geeignet, die Rechtsverletzungen hinsichtlich der Werke aufzufinden. Dass der Beklagten engmaschigere und genauere Kontrollen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar wären, hat die Beklagte, die insoweit die sekundäre Darlegungslast trägt, nicht dargelegt. Aus den Ausführungen der Beklagten kann nicht nachvollzogen werden, dass sie ihren Dienst bei einer Intensivierung der Kontrollen der Linksammlungen nicht mehr wirtschaftlich betreiben könnte. Es fehlen schon Angaben zu den Umsätzen und Gewinnen, die sie mit ihrem Dienst erzielt.
4. Da die Beklagte nur Störerin, nicht aber Täterin oder Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzungen ist, haftet sie nicht auf Schadensersatz (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2015, Az. I ZR 104/14, juris, Tz. 40 – Posterlounge), so dass die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Schadensersatzfeststellungsanspruchs und des der Bezifferung des Schadensersatzes dienenden Auskunftsanspruchs begründet und die Klage insoweit abzuweisen war.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der geltend gemachten Unterlassungsansprüche waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Zwar handelt es sich jedenfalls im vorliegenden Fall bei dem auf die Täterschaft der Beklagten gestützten Unterlassungsanspruch, dem auf Gehilfenhaftung gestützten Anspruch und dem Anspruch aufgrund Störerhaftung um drei verschiedene Streitgegenstände, da die Klägerin ihre Ansprüche insoweit mit drei unterschiedlichen Anträgen verfolgt. Im Rahmen der Kostenverteilung war jedoch zu berücksichtigen, dass die Anträge wirtschaftlich denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG betreffen. Insoweit ist entscheidend, ob die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist (vgl. BGH NJW-RR 2003, 713). Dies ist vorliegend bei der Störerhaftung im Verhältnis zur Haftung als Täter oder Gehilfe der Fall. Unter Berücksichtigung der Abweisung der Schadensersatz- und Auskunftsansprüche, die mit 3/10 des Gesamtstreitwerts bewertet wurden, ergibt sich die ausgewiesene Kostenquote.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.


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